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ZEITSCHRIFT
FÜR
HYGIENE
UND
INFEKTIONSKRANKHEITEN.,
HERAUSGEGEBEN
VON
Dr. R KOCH, und Dr. c. flügge,
OKH. MEDICINALRATIf UND O. ö. PROFESSOR UND DIRECTOR
DIRECTOR DES INSTITUTES FÜR INFECTIONS- DES HYGIENISCHEN INSTITUTES DER
KRANKHEITEN ZU BERLIN, UNIVERSITÄT BRESLAU.
VIERUNDVIERZIGSTER BAND.
MIT ZAHLREICHEN ABBILDUNGEN IM TEXT UND ZEHN TAFELN.
LEIPZIG,
VERLAG VON VEIT & COMP.
1903.
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Druck von Metzger & Willig iu Leipzig.
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Inhalt.
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W. Kollb u. E. Got8Ciilich, Untersuchungen über die bakteriologische Cholera¬
diagnostik und Specificität des Koch’sehen Choleravibrio. 1
Camillo Tkrni, Studien über die Pest. (Hierzu Taf. I—IV.).129
F. Neufeld, Ueber Immunität und Agglutination bei Streptokokken .... 161
F. K. Kleine, Ueber Rotz.183
Jaroslav Elgart, Zur Prophylaxe der acuten Exantheme.196
Wilh. Koelzbb, Eine Anmerkung zu dem Lehrsätze: „Die ruhige Exspirations¬
luft des Phthisikers ist vollkommen frei von Tuberkelbacillen“ .... 217
H. Jaeger, Die specifische Agglutination der Meningokokken als Hilfsmittel zu
ihrer Artbestimmung und zur bakteriologischen Diagnose der epidemischen
Genickstarre.225
Walter Körte, Ein Beitrag zur Kenntniss des Paratyphus.243
A. Jürgelunas, Ueber die Serumtherapie des Milzbrandes.273
Otto E. Vogel, Die Seuche unter den Agoni des Lago di Lugano.281
J. Schüt je., Ueber das Absterben von Bakterien beim Kochen unter erniedrig¬
tem Druck. (Hierzu Taf. V.).323
August von Sz^kely, Beitrag zur Lebensdauer der Milzbrandsporen .... 359
Francesco Sanfblice, Ueber die pathogene Wirkung der Blastomyceten. VI. Ab¬
handlung. (Hierzu Taf. VI u. VIL).364
J. Mitülescu, Beiträge zur Aetiologie der Tuberculose.397
B. Möllers, Beitrag zur Verbreitung und Prophylaxe der Tuberculose . . . 407
Albert Schütze, Zur Frage der Ditferenzirung einzelner Hefearten mittels der
Agglutinine.423
Arthur Schlesinger, Experimentelle Untersuchungen über das Hämolysin der
Streptokokken.428
Matthes, Zur Frage der Erdbestattung vom Standpunkt der öffentlichen Ge¬
sundheitspflege .439
Paul Krause und Gborg Stertz, Ein Beitrag zur Typhusdiagnose aus dem
Stuhle mittels des v. Drigalski-Conradi’schen Verfahrens.469
C£sar Axelrad , Ueber Morphologie der Colonieen pathogener Bakterien.
(Hierzu Taf. VHI—X.).477
Georg Jochmann, Ueber das fast constanto Vorkommen influenzaälinlieher
Bacillen im Keuchhusten-Sputum.498
A. Negri, Zur Aetiologie der Tollwuth.519
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[Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin.]
(Director: Geh. Med.-Rath Prof. Dr. R. Koch.)
Untersuchungen
über die bakteriologische Choleradiagnostik und
Specilicität des Koch’schen Choleravibrio . 1
Unter Mitarbeit von
Dr. H. Hetsch, Dr. 0. Lentz, Dr. K. Otto.
Stabsarzt, Kretsaasistansarzt, Oberarzt,
oomroandirt zum König]. Institut für lnreetionskrankbeiten.
Von
Prof. Dr. W. KoUe, Dr. E. Gtotsohlioh,
AbthsilungsTorsteber am Könlgl. Institut Sanitatsinspector der Stadt Alexandrien.
Ar Infectionskrankheiten.
Die letzte Choleraepidemie, welche Aegypten im vorigen Jahre heim¬
suchte, hat die Gelegenheit für die mitzntheilenden Beobachtungen and
Vibrionenfunde, sowie die daran sich anschliessenden Experimentalstudien
gegeben. Die Arbeit ist in der Weise getheilt worden, dass der eine von
uns (Dr. Gotschlich) die klinischen und epidemiologischen Beobach¬
tungen und Aufzeichnungen bei den Personen, aus deren Dejecten oder
Darminhalt die Vibrionen isolirt worden sind, gemacht und die Isolirung
mittels der Peptonmethode und nachfolgenden Züchtung auf Agarplatten
vorgenommen hat. Die in Reinculturen gewonnenen Vibrionen wurden
dann sobald als möglich an das Institut für Infectionskrankheiten gesandt,
wo die weitere Verarbeitung des Materials von den anderen Mitarbeitern
(Kolle, Hetsch, Lentz, Otto) geschah.
Eine Anzahl der übersandten Culturen gelang es uns nach der Ankunft
in Berlin nicht mehr zu übertragen, weil sie während des Transportes von
Alexandrien nach Berlin verunglückt waren. Sie sind auf den folgenden
Tabellen als „todt“ bezeichnet. In Alexandrien waren meist keine Duplicate
zurückbehalten, so dass also eine nochmalige Sendung der Culturen nicht
erfolgen konnte. Zur Vermeidung von Irrthümern, welche hei der räum-
1 Eingeliefert im April 1903. Die Untersuchungen, welche im Juli 1902 be¬
gonnen wurden, gelangten im März d. J. zum Abschluss. Die Einlieferung der Manu-
scripte wurde durch die räumliche Trennung der Autoren verzögert.
Zeitachr. t Hygiene. XLIV.
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2
W. Kolle und E. Gütschlich:
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Tabelle I.
Verzeichuiss und Herkunft der untersuchten Culturen.
Lfd.
Nr.
Bezeichnung der Cultur
Herkunft der Cultur
Cholera
1
Cholera Pfeiffer
aus dem Institut für Infectionskrankheiten
ja
2
„ Hankin
von Prof. Fränkel*Halle
ja
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Cultur Metschnikoff
von Prof. Pfeiffer-Königsberg
nein
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Nordhafen
von Prot Dunbar-Hamburg
nein
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Aegypten I
Aegypten (letzte Epidemie), von
ja
Dr. Gotschlich in Alexandrien isolirt
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El Tor I
v.
durch Prof. Pfeiffer-Königsberg
Prof. Bitter aus Pilger-Station El Tor
ja
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ii
„ II
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ii ii
29
ii
Moucha
ja
aus Moucha, Dorf in Oberägypten,
wo der erste Choleraausbruch erfolgte
30
1
Maassen
von Dr. Maassen-Berlin
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Aegypten XXII
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1 Die Cultur X, aus demselben Krankheitsfälle gezüchtet, war eine echte Cholera-
y'-kultur, ist aber nicht naher von uns untersucht worden, weil sie vei^rap gegangen war.
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Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 3
Tabelle I. (Fortsetzung.)
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Nr.
i
Bezeichnung der Cultur
Herkunft der Cultur
Cholera ?
1
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Cultur Aegypten XXXII 1
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4
W. Kolle und E. Gotschlich:
Tabelle I. (Fortsetzung.)
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Nr.
Bezeichnung der Cultur
Herkunft der Cultur
Cholera 'i
86
Cultur Aegypten LXXVII
nein
87
„ „ LXXVIII
nein
88
„ „ LXXIX
nein
89
„ „ LXXX
ja
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„ „ LXXXI
► Dr. Gotschlich - Alexandrien
ja
91
„ „ Lxxxn
ja
92
„ „ Lxxxni
ja
93
„ „ LXXXI V
ja
94
„ „ LXXXV
i
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95
Cultur Jaffa
Dr. Lorch - Jaffa
ja
In Summa
. . . 95 Culturen (85) 1
davon nicht angegangen 8 „ (8)
bleiben 87 Culturen (77).
Von diesen 87 Culturen waren:
Cholera ... 65 (59),
Nichtcholera . 22 (18).
liehen Trennung in den in Alexandrien und Berlin geführten Listen hei
etwaiger Aenderung der Nummern der Culturen hätten Vorkommen können,
sind dieselben in den Listen mitgeführt.
Im Vordergründe des Interesses standen für uns das Verhalten der
isolirten Vibrionenculturen gegenüber einem specifischen Choleraserum,
sowie die Versuche, welche zur Gewinnung eines Urtheils über die prak¬
tische Brauchbarkeit der Agglutinationsprobe bei der Choleradiagnose zur
Identifizirung und Differenzirung der Vibrionen und über die Specificität
des Agglutinationsphänomens ausgefübrt wurden. Die Experimente, die
sich auf diese Feststellungen beziehen, haben sich über viele Monate er¬
streckt. Ihre Resultate sind in den beiliegenden Tabellen übersichtlich
und vollständig niedergelegt. Alle Versuche sind unter gegenseitiger Con-
trole ausgeführt worden.
Wir haben aber die Culturen auch in Bezug auf sämmtliche morpho¬
logischen, culturellen und biologischen Eigenschaften, sowie auf Thier¬
pathogenität einem eingehenden Studium unterworfen.
Ehe wir näher auf dieselben eingehen, ist es nothwendig, das
epidemiologisch und klinisch Wichtige bezüglich der Personen zu erfahren,
aus denen die in Tabelle I zusammeugestellten ägyptischen Culturen ge¬
wonnen sind:
1 Die eingeklammerten Zahlen gehen die Zahl der von der letzten Epidemie in
Aegypten stammenden Culturen an, welche von Dr. tiotsehlieh isolirt sind.
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3 3 §32
Gck igle
Original from
UNIVERSITY 0F CALIFORNIA
Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 9
Epidemiologische and klinische Notizen über die in Tabelle I
enthaltenen, ans Aegypten stammenden Cnltnren.
Es erscheint zweckmässig, für die folgenden Betrachtungen von vorn¬
herein die echten Choleraculturen von den Nicht-Choleracul-
turen zu scheiden und jede dieser beiden Hauptgruppen gesondert zu
besprechen. Wir gehen dabei zunächst nach der Reihenfolge der römi¬
schen Ziffern vor, mit denen die Culturen in Tabelle I bezeichnet sind,
am dann am Schluss noch verschiedene besonders interessante Gruppen
von zusammengehörigen Fällen zu besprechen.
Die Zusammenfassung dieser Tabelle A ergiebt — nach Abzug der
Nicht-Choleraculturen und der während des Transportes von Alexandrien
nach Berlin abgestorbenen Culturen, sowie mit Berücksichtigung der
Thatsache, dass Nr. XXIII und LXIII (beide echte Choleraculturen) von
der gleichen Agarplatte und aus demselben Fall gezüchtet sind — eine Ge-
sammtzahl von 59 Choleraculturen, deren jede einem Cholerafall entspricht.
Von diesen 59 Culturen stehen zehn in Form von vier Familiengruppen
von je zwei oder mehr Fällen mit einander in engstem epidemiologischen
Zusammenhang; es sind dies die Gruppen I, II, VI — VII, VIII, IX —
XLI, XLH — XLV, XLVI.
In diesen vier Gruppen sind alle Culturen auch bakteriologisch voll¬
ständig untersucht.
Ferner stehen 17 weitere Culturen mit je einem oder mehreren
typischen Cholerafällen der gleichen Familie (oder der nächsten Umgebung)
in Zusammenhang, — ohne dass jedoch diese letzteren Fälle ihrerseits
bakteriologisch untersucht worden wären; desgleichen stammen drei weitere
Culturen von Fällen, die von iuficirten Ortschaften des Inneren Aegyptens
zugereist sind. Im Ganzen ist also bei 30 Culturen, d. h. bei der Hälfte
aller unserer Cholerastämme, der epidemiologische Zusammenhang deutlich
klargestellt, und in zehn von diesen Fällen ist die absolute Identität der
in der gleichen Familie mehrfach gefundenen Choleravibrionen durch ge¬
naueste bakteriologische Untersuchung (Bakteriolyse im Thierversuch
und Agglutination) erwiesen.
B. Nicht-Choleraculturen.
Nr. IV. Am 11. August wurde Dr. Gotschlich durch den behandeln¬
den Arzt zu einem etwa 60 Jahre alten griechischen Koch gerufen, der
nach Aussage des Collegen Tags vorher unter choleraverdächtigen Sym¬
ptomen (Durchfall und Fir brechen) erkrankt war. Dr. Gotschlich fand den
Patienten am Mittag des 11. August anscheinend völlig wohl, im Bette
sitzend und sich mit einem (im heissen Sommer üblichen) kleinen
Digitizeit by
Gck igle
Original frum
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10
W. Kölle und E. Gotschuch:
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Fächer Kühlung zufächelnd! Körpertemperatur und Puls bieten nichts Ab¬
normes; Dejectionen waren nicht zu erhalten und leider auch Tags vorher
vom behandelnden Arzt nicht aufgehoben worden. Patient gab an, dass er
Tags vorher eine starke Dosis Ricinusöl eingenommen habe und führte
hierauf seine Diarrhöe zurück. — Ara Abend des nächsten Tages ver¬
schlimmerte sich der Zustand plötzlich (Erbrechen, Sinken der Körpertempe¬
ratur, Collaps); auch jetzt konnte der behandelnde Arzt keine Dejection er¬
langen, schickte mir aber eine kleine Menge dünnfäculenter gelbbrauner
Flüssigkeit, die er durch Einfuhren eines elastischen Katheters in’s Rectum er¬
halten hatte. Originalpräparate bieten nichts Besonderes. Die Pepton wasser-
cultur enthielt nach 10 Stunden zahlreiche Vibrionen von typischem
morphologischen Habitus. — Patient stirbt in der Nacht vom 13. auf den
14. August. — Zur Zeit der Erkrankung des Patienten waren in Alexandrien
überhaupt erst zwei Choleraherde vorhanden gewesen (Familiengruppe I,
II, VI u. 8. w. und Fall III), die beide im Süden der Stadt räumlich weit
entfernt von der Wohnung des Patienten lagen. Andererseits schlossen
sich auch keine weiteren Fälle in der Umgebung und Nachbarschaft
des Patienten an. Auch zu Cairo oder sonstigen inflcirten Ortschaften
im Innern bestand keine Beziehung. Endlich sei erwähnt, dass die
bakteriologische Untersuchung mehrerer Personen, mit denen Patient in
täglicher Berührung stand, quoad Vibrionenbefund in den Fäces völlig
negativ war. — Vom rein epidemiologisch-klinischen Standpunkt ist dieser
Fall also nicht als Cholerafall anzusehen; damit steht der negative Aus¬
fall des Originalpräparates und die Nicht-Choleranatur des Vibrio Nr. IV voll¬
ständig im Einklang.
Nr. V. Am 30. Juli kam aus Cairo (wo damals eine starke Cholera¬
epidemie wüthete) ein ziemlich wohlhabender Grieche von etwa 50 Jahren
in Alexandrien per Eisenbahn an. Bei der am Ankunftsbahnhof stattfinden¬
den ärztlichen Revision fiel dieser Passagier durch starke Abgeschlagenheit
und Diarrhöe auf und wurde daher sogleich angehalten und nach dem
Isolirspital gebracht. Ausser mässiger fäculenter Diarrhöe und Schwäche
konnten daselbst keine weiteren klinischen verdächtigen Symptome erhoben
werden; jedenfalls handelte es sich nicht um einen frischen Cholerafall;
es könnte aber sehr wohl ein reconvalescenter Fall gewesen sein. Ein¬
gehende epidemiologische Nachforschungen ergaben jedoch später, dass
auch diese Eventualität auszuschliessen war. Patient hatte nämlich (wie
durch ärztliches Zeugniss erhärtet wurde) ein Hospital in Cairo, in dem er
wegen eines chronischen Leberleidens längere Zeit verpflegt worden war,
erst wenige Tage vor seiner Ankunft in Alexandrien verlassen, und zwar
in demselben Zustand, in dem er in Alexandrien ankam. Vom Hospital
in Cairo hatte sich Patient direct nach Matarieh, einem etwa 7 kra von
Cairo entfernten Villenvorort begeben und daselbst bis zur Abreise nach
Alexandrien bei einem seiner Verwandten gewohnt. Da sowohl in dem
betr. Hospital in Cairo, wo Pat. verpflegt worden war, als auch in Matarieh
während dieser ganzen Zeit kein einziger Cholerafall vorgekommen war, —
somit Patient gar keine Gelegenheit gehabt hatte, mit dem Cholerainfectionsstoff
in Berührung zu kommen —, da andererseits die ganze Vorgeschichte des
Patienten genau von ärztlicher Seite festgestellt ist, — so ist auch in diesem
Gck igle
Original from
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Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 11
Falle schon vom epidemiologisch-klinischen Standpunkt aus Cholera mit grösster
Wahrscheinlichkeit auszuschliessen.
Die bakteriologische Untersuchung der dünn-fäculenten gelbbraun ge¬
färbten Dejecte ergab Folgendes: Originalpräparate bieten nichts Besonderes.
In Peptonwasservorcultur massenhaft typisch geformte Vibrionen. Gelatine-
platten aus Peptonwasser übersät mit typischen Colonieen (vielleicht etwas
dunkler als Choleracolonieen). — Die Wiederholung der bakteriologischen
Untersuchung am 4. und am 13. August ergab beide Male ein durchaus
negatives Resultat, während sich der klinische Zustand des Patienten nicht
wesentlich gebessert hatte; Patient wurde in Privatpflege entlassen.
Nr. Xa. Die Nicht-Choleracultur Xa ist neben der typischen (auch
durch specifisches Serum verificirten) echten Choleracultur Nr. X aus einem
in jeder Beziehung (epidemiologisch, klinisch und bakteriologisch) typischen
Cholerafall gezüchtet; vergl. die Angaben sub Nr. X in Tabelle A.
Nr. XII. Aus den durchaus normal geformten Dejecten einer voll¬
ständig gesunden etwa 25 jährigen Araberin gezüchtet, die mit einer zur
Cholera-Familien gruppe (I, II, VI) gehörigen, an echter Cholera erkrankten
Frau in gleichem Hause wohnte, aber nicht der gleichen Familie angehörte.
Auch können Beziehungen zwischen diesen beiden Frauen nur während einer
einzigen Nacht nach der Erkrankung der letzteren (cholera-inficirten) Frau
stattgefunden haben. Die Angehörigen der oben erwähnten Familiengruppe
hatten nämlich in drei Häusern, und zwar in ganz verschiedenen Stadt¬
vierteln gewohnt. Die Cholera war zuerst am 3. August bei zwei Familien¬
mitgliedern (Mutter und Sohn) in dem einen Hause ausgebrochen; auf die
Nachricht von der Erkrankung der Mutter waren die beiden Töchter, die
in den beiden anderen Häusern mit ihren Familien wohnten, in’s elterliche
Haus geeilt und hatten dort eine Nacht und einen Tag geweilt. Erst am
späten Abend des 4. August, als die Mutter bereits in der Agonie war,
entschloss sich die Familie den Arzt herbeizurufen, und noch am gleichen
Abend verliessen die Töchter, gleichfalls bereits beide cholerakrank,
das elterliche Haus und kehrten zu ihren Familien zurück, woselbst sie am
nächsten Morgen Seitens des Sanitätsbeamten aufgefunden und isolirt wurden.
Die gesunde Nachbarin Nr. XII hatte also während einer Nacht mit der
cholerakranken Frau im gleichen Hause gewohnt. — Wir geben diese
Details so genau wieder, um auch vom epidemiologischen Standpunkte aus
der Unhaltbarkeit einer etwa geltend zu machenden Annahme entgegen zu
treten, als habe es sich im Fall XII nur um einen (durch Aufenthalt im
Darm einer gesunden, vielleicht unempfänglichen Person soweit veränderten
Choleravibrio gehandelt, dass er neben allen seinen sonstigen Eigenschaften
auch die specifische Agglutinabilität verloren hätte. Ganz abgesehen davon,
dass eine solche Annahme an sich durchaus willkürlich und unbewiesen
wäre, so würde sie gerade im gegebenen Falle besonders unzutreffend sein,
indem die Zeit zwischen der supponirten Infection des Falles XII und der
Auffindung des Vibrio im Stuhlgang nur zwischen 12 und 24 Stunden be¬
trug und eine so tiefgreifende Umwandlung eines Vibrio jedenfalls nicht in
so kurzer Zeit erfolgen könnte; um so weniger, als der zur gleichen
Familie gehörige „Choleraträger“ Nr. VI unter durchaus analogen zeitlichen
Verhältnissen der Infection ganz typische Choleravibrionen aufwies. -—
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Gck igle
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12
W. Kölle und E. Gotschlich:
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Es handelt sich hier einfach um ein zufälliges Zusammentreffen des Be¬
fundes choleraähnlicher Vibrionen im Darm einer gesunden Person einerseits
mit einer (übrigens recht losen) Beziehung dieser Person zu einem echten
Cholerafall andererseits. — Bemerkenswerth ist endlich, dass der Vibrionen¬
befund in der Peptonwasser-Vorcultur nur spärlich war!
Nr. XXXI. Arabischer Koch, 40 Jahre alt, am 7. November in seiner
Wohnung in einem östlich von Alexandrien (bei Ramleh) gelegenen Araber¬
dorf, todt aufgefunden. Nach eingezogener Erkundigung kann die Krank¬
heitsdauer nur kurz (etwa 24 h ) gewesen sein; der äussere Leichenbefund
war typisch für Cholera. In der gleichen Wohnung folgte nach zwei Tagen
ein zweiter typischer, gleichfalls tödtlicher Cholerafall (der leider nicht zur
bakteriologischen Untersuchung gelangt ist). — Im Fall Nr. XXXI hat es
sich daher aller Wahrscheinlichkeit nach um einen echten Cholerafall
gehandelt, mit gleichzeitigem zufälligen Befund eines choleraähnlichen Vibrios,
und die von der Agarplatte zur Weiterzüchtung ab geimpfte Colonie war
gerade eine Colonie des letzteren Vibrio.
Nr. XXXIV. 18 jähriger Araber, am 13. November in seiner Wohnung
(im Süden der Stadt) todt aufgefunden. Aeusserer Leichenbefund typisch
für Cholera. Wahrscheinlich echter Cholerafall mit zufälligem gleichzeitigen
Befund von choleraähnlichen Vibrionen.
Nr. XXXV. Araberin, 20 Jahre alt, am 13. November in Kharabah,
einer aus mehreren Araberdörfern und Beduinenniederlassungen bestehenden,
im Osten Alexandriens, in der Nähe von Abonkir gelegenen Ortschaft, —
in ihrer Wohnung todt aufgefunden. Aussehen der Leiche typisch für
Cholera.
Tags darauf wurde in der gleichen Wohnung ein anderer Cholerafall
(Frau von 25 Jahren) todt aufgefunden; Leichenbefund typisch; bakterio¬
logische Untersuchung ergiebt den echten Choleravibrio Nr. XXXVIII,
vergl. Tabelle A.
Hiernach ist Fall XXXV sicher auch als Cholerafall anzusehen; mit
gleichzeitigem Befund eines choleraähnlichen Vibrio, welch letzterer zu¬
fällig allein von der Agarplatte abgeimpft wurde; (vergl. das bei Nr. XXXI
Gesagte).
Nr. L. Grieche, etwa 25 Jahre alt, am 19. November als choleraver¬
dächtig gemeldet, aber am 23. November durch den behandelnden Arzt als
geheilt bezeichnet. Die mit Nr. L bezeichnete Cultur stammt von einer
Colonie aus der (aus Peptonwasservorcultur gezüchteten) Agarplatte, die
bei der ersten Abimpfung Vibrionen vom morphologischen Aussehen des
Choleravibrio aufwies. Zwei andere Colonieen der gleichen Platte Nr. LXIV
und LXV erwiesen sich schon bei der ersten Abirapfung als aus sehr
langen schlanken (morphologisch unverdächtigen) Vibrionen bestehend;
Colonie LXV erschien etwas dicker. Da die spätere Untersuchung die
völlige Identität dieser drei von drei verschiedenen Colonieen der gleichen
Agarplatte gezüchtete Vibrionen ergab, so sind dieselben nur als eine
Cultur zu zählen. — Wahrscheinlich kein Cholerafall.
Nr. LIT. 4jähriger arabischer Knabe in Kharabah am 19. November
an klinisch typischer Cholera erkrankt und am gleichen Tag verstorben.
Original from
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Cntebsüchtjngen über d. baktebiol. Cholebadiagnostik u. s. w. 13
Der Kranke ist von einem zuverlässigen europäischen Arzt gesehen worden.
Mit Rücksicht auf diesen klinischen Befund und das Vorkommen innerhalb
der wohlcharakterisirten ziemlich heftigen Dorfepidemie von Kharabah (vgl.
Tabelle A, Nr. XXXVHI—XLVI, LIU—LXI) ist dieser Fall als echter
Cholerafall anzusehen, in dem der Vibrio Nr. LII nur einen accidentellen
Befund darstellt
Nr. LVI. Araberin, 50 Jahre alt, am 16. November in ihrer Wohnung
todt aufgefunden; Leichenbefund, laut zuverlässiger ärztlicher Aussage, typisch
für Cholera. — Fall ebenso wie Nr. LII als echter Cholerafall mit acciden-
tellem Nebenbefund eines anderen Vibrio zu beurtheilen. — Besonders be-
merkenswerth ist, dass die beiden Fälle Nr. LVI und LII nicht bloss der
gleichen Dorfgruppe, sondern sogar dem gleichen kleinen Dorf (Ezbeh el
Asr) angehören, und dass trotzdem die beiden Vibrionen von einander ver¬
schieden sind; wahrscheinlich hat in den schmalen Irrigations¬
canälen, denen das Trinkwasser des Dorfes (vor Erbohrung
von Abyssinierbrunnen) entnommen wurde, eine reichliche
Vibrionenflora vegetirt.
Nr. LXII. Araberkind, 2 Jahre alt, am 28. November in seiner
Wohnung im äussersten Westen der Stadt todt aufgefunden. Wochen
lang vor- und nachher war dieser ganze Stadttheil völlig frei von Cholera.
Die in der Peptonwasservorcultur in grosser Zahl gefundenen Vibrionen
Hessen schon nach ihrem morphologischen Verhalten vermuthen, dass es sich
nicht um Cholera handle, — ein Verdacht, der durch Anwendung der
Agglutination bestätigt wurde. — Wahrscheinlich kein Cholerafall.
Nr. LXIV und LXV, vgl. oben bei Nr. L.
Nr. LXXVI. Arabisches Mädchen, 10 Jahre alt, am 27. December in
seiner Wohnung im äussersten Westen der Stadt todt aufgefunden.
Ganz isolirter Fall; Wochen lang vor- und nachher kein Cholerafall in der
ganzen Umgebung vorgekommen. — Der im Peptonwasser in reichlicher
Menge gefundene Vibrio zeigte bereits ein ganz abweichendes morphologisches
Verhalten (lange dünne, schwach gekrümmte Stäbchen); negativer Ausfall
der Serumreaction. — Wahrscheinlich kein Cholerafall.
Nr. LXXVII. Arabisches Mädchen, 2 Jahre alt, am 28. December
todt aufgefunden.
Nr. LXXVIII. Arabischer Knabe, 8 Jahre alt, am 29. December todt
aufgefunden.
Nr. LXXIX und LXXXV werden am besten gemeinsam besprochen,
da sie in der gleichen Familie bei Sohn (LXXIX) und Mutter (LXXXV),
und zwar bei jedem dieser Fälle erst in der Reconvalescenz gefunden wurden,
und sowohl vom Choleravibrio als auch unter sich sowohl durch morpho¬
logische und culturelle Merkmale als auch durch Agglutination (Serum LXXXV
agglutinirt nur Cultur LXXXV, nicht aber Cultur LXXIX!) deutlich unter¬
schieden sind, wenn auch die Aehnlichkeit zwischen den beiden Nicht-
Choleraculturen eine sehr weitgehende ist.
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14
W. Kolle und E. Gotschlich:
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Am 31. December wurde Dr. Gotschlich zu einem jungen (20 Jahre
alten) Syrier gerufen, der, nach Aussage des behandelnden Arztes, schon
seit 5 Tagen mit Brechdurchfall erkrankt war und besonders Tags vorher
die klinischen Symptome eines typischen algiden Choleraanfalles dargeboten
hatte. Auch am 31. December (und noch mehr am 2. Januar) war der
Allgemeinzustand sehr suspect; die Dejectionen waren jedoch stets dunkel¬
grünbraun bis schwarz. Die an diesen bei den Tagen vorgenommene Unter¬
suchung mittels Peptonwasser lieferte beide Male ein durchaus negatives
Resultat quoad Cholerabacillus; jedoch Hessen sich auf den von Pepton-
wassor angelegten Agarplatten vom 2. Januar spärliche Colonieen des
Vibrio LXXIX züchten, der schon durch sein morphologisches Verhalten
sich als gänzlich verschieden vom Choleravibrio erwies.
In völlig unerwarteter Weise wurde die Sachlage geklärt, indem am
4. Januar die Mutter des Patienten, die denselben die ganze Zeit über ge¬
pflegt hatte, unter allerdings leichten Allgemeinsymptomen, aber mit typischen
Reiswasserstühlen erkrankte, aus denen sich der echte Choleravibrio ohne
Mühe herauszüchten liess (Cultur LXXX). Da die Wohnung seit dem
31. December polizeilich abgesperrt war, — da ferner seit vielen Wochen
in dem ganzen benachbarten Stadtviertel kein einziger Cholerafall vorge¬
kommen war — und da auch alle sonstigen Infectionsgelegenheiten auszu-
schliessen waren (Trinkwasser einwandfrei!) —, so muss als sicher ange¬
nommen werden, dass sich die Mutter von ihrem Sohne aus angesteckt hat,
und dass der letztere wirklich Cholera gehabt hatte. Der negative Ausfall
der zweimaligen Untersuchung erklärt sich wohl dadurch, dass Patient am
31. December schon seit einer Woche krank war und dass die Cholerabacillen
zur Zeit der Untersuchung bereits abgestorben waren (vgl. oben die fäculente
Beschaffenheit der Dejecte).
Das Merkwürdigste aber ist, dass eine erneute bakteriologische Unter¬
suchung der Dejecte der Mutter am 18. Januar zwar Abwesenheit des
Cholerabacillus ergab, aber das Vorhandensein des von Cholera grundver¬
schiedenen Vibrio Nr. LXXXV erwies, der, obzwar dem Vibrio Nr. LXXIX
sehr ähnlich, doch von demselben morphologisch, sowie durch die Immunitäts-
reactionen unterschieden werden kann.
Fassen wir die epidemiologisch-klinischen Angaben dieser Tabelle B
zusammen (und berücksichtigen wir, dass die Culturen L, LXIV und LXV
natürlich nur als eine einzige Cultur gezählt werden können), so ergiebt
sich, dass von den 16 Nicht-Choleraculturen (die 16 Krankheitsfällen
entsprechen) keine einzige zwei Mal in der gleichen Familie
vorkommt; die beiden Culturen Nr. LXXIX und LXXXV, die bei zwei
Individuen der gleichen Familie gefunden wurden, sind deutlich von
einander zu unterscheiden. — Dahingegen kann der gleiche Vibrio in
zwei räumlich und zeitlich gänzlich getrennten Fällen Vorkommen;
so ist der in Alexandrien am 21. August gefundene Vibrio X mit dem
im Frühjahr desselben Jahres in der Pilgerquarantänestation El Tor auf
der Sinaihalbinsel gefundenen Vibrio „El Tor II“ völlig identisch. —
In 5 Culturen von 16 handelt es sich um Fälle (Nr. XXXI, XXXV,
Gck igle
Original from
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Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 15
LU, LVI, LXXIX), die sach ihrem klinischen und epidemiologischen
Verhalten als Cholerafälle angesprochen werden müssen, indem in der
gleichen Familie ein zweiter typischer Cholerafall nachfolgte. In diesen
Fällen ist offenbar neben dem echten Cholera vibrio als zufälliger Be¬
gleiter noch der choleraähnliche Vibrio vorhanden gewesen. Direkt be¬
wiesen wird diese Vermuthung durch das Beispiel zweier weiterer Fälle (X
und LXXXV), in denen beide Vibrionen (der echte Cholerabacillus und
der ähnliche Vibrio) faktisch in demselben Falle gefunden wurde, und
zwar entweder gleichzeitig und in der gleichen Stuhlprobe (X und Xa),
oder bei den zwei successiven Untersuchungen. Die Frage, weshalb denn
in den anderen 5 Eällen der intermittirende ähnliche Vibrio, nicht auch
der Cholerabacillus, gefunden wurde, wird weiter unten, bei Besprechung
der Untersuchungstechnik, ihre Lösung finden.
Gegenüber diesen 7 Cholerafällen, in denen als accidenteller Befund
choleraähnliche Vibrionen auftreten, sind dann andererseits 5 Fälle zu
nennen (IV, V, XII, LXII, LXXVI), für die aus epidemiologischen
Gründen Cholera als sehr unwahrscheinlich zu bezeichnen ist. Endlich
bleiben 4 Fälle (XXXIV, L, LXXVII, LXXVIII) übrig, in denen mangels
näherer epidemiologischer Angaben eine sichere Entscheidung, ob es sich
um Cholera gehandelt habe oder nicht, unmöglich ist; doch spricht das
klinische Bild in einem dieser Fälle (XXXIV) mehr für, in einem anderen
(L) mehr gegen Cholera.
Schliesslich muss noch einiger Lücken und Unvollständigkeiten ge¬
dacht werden, die den in Alexandrien gemachten Untersuchungen an¬
haften, die aber unter den gegebenen äusseren Verhältnissen, im Sturm
und Drang einer grossen Choleraepidemie, unvermeidlich waren. Hierher
gehört zunächst, dass in keinem Falle Originalplatten direct aus den De-
jecten gemacht wurden; so können wir über die Menge, in denen sich die
choleraähnlichen Vibrionen in den betreffenden Fällen ursprünglich
(vor der Anreicherung durch das Peptonwasserverfahren) vorfanden, nichts
Sicheres aussagen. Immerhin sprechen für die aus allgemeinen Er¬
wägungen abzuleitende Annahme, dass es sich meist nur um eine relativ
geringe Zahl dieser (ja nur zufällig, etwa aus dem Trinkwasser in den
Darm gelangten) Vibrionen handeln wird, auch zwei directe Beobachtungen.
Erstens nämlich waren die Vibrionen auch im Peptonwasser bisweilen nur
in spärlicher Anzahl zu finden (vgl. Culturen XII und LXXIX); zweitens
boten die aus den Dejecten angelegten Originalpräparate (z. B. in
den Fällen IV und V) nichts Besonderes, speciell keine irgend wie
auffallende Anwesenheit von Vibrionen. Leider waren Original-
priparate (aus Zeitmangel) nur in einer kleinen Minderheit von Fällen an¬
gelegt worden. Wir mussten uns nothgedrnngen auf das praktisch Wichtigste
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Gck igle
Original fro-m
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
16
W. Kölle und E. Gotschuch:
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(Peptonwasser und Agarplatte) beschränken. Von der Agarplatte wurde zur I
Weiterzüchtung und Versendung nach Berlin in der Regel nur von einer
einzigen Colonie abgeimpft; so erklärt es sich, dass in den 5 Fällen
(XXXI, XXXV, LH, LVI, LXXIX) die nach ihrem klinischen und epidemio¬
logischen Verhalten als echte Cholerafälle angesprochen werden mussten,
doch der echte Choleravibrio nicht gefunden wurde; die einzige zur Weiter¬
züchtung benutzte Colouie der Agarplatte war eben zufällig eine solche
des choleraähnlichen Vibrio, neben der auf der gleichen Platte mög¬
licher Weise echte Choleracolonieen vorhanden gewesen sein konnten.
Andererseits ist allerdings auch die Möglichkeit nicht direct von der Hand
zu weisen, dass einmal bei gleichzeitigem Vorhandensein des Koch'sehen
Cholerabacillus und eines anderen Vibrio der letztere den echten Cholera¬
erreger in der Peptonwassercultur überwuchert. Die Folgerungen, die sich
daraus für die praktische Choleradiagnose ergeben, werden später, bei Be¬
sprechung des Peptonwasserverfahrens, gewürdigt werden. — Endlich muss
noch eines Missstandes gedacht werden, welcher bei der Art der Material¬
entnahme bei unseren todt aufgefundenen Fällen vorlag. Unter den
gegebenen äusseren Verhältnissen war die Leichenöffnung, selbst nur be- .
hufs Entnahme einer Dünndarmschlinge, nur bei den ersten Fällen mög- j
lieh, musste aber später fast stets unterbleiben; unter solchen Umständen '
blieb nichts Anderes übrig, als mittels einer Sonde möglichst tief in das «
Rectum eiuzugehen und auf diese Weise das Material zu entnehmen. Es
ist ja bekannt, dass derartiges Material nicht so geeignet für die Auf- :
findung von Vibrionen ist, wie der Dünndarminhalt, weil die Vibrionen
in dem, oft ziemlich stark sauer reagirenden, Dickdarminhalt zu Grunde
gehen können.
Morphologische Unterschiede der Einzelindividnen der
echten Choleracultnren.
Die Differenzen beziehen sich auf Grösse, Krümmung und Beweg¬
lichkeit der Culturen. Die durchschnittliche Länge der einzelnen Vibrionen¬
exemplare schwankt zwischen 1 und 3 u. Eine Gruppe von Culturen j
weist constant ganz kurze Individuen auf mit ganz geringer Krümmung. '
Nur an einer Minderzahl der gefärbten Individuen erkennt man, dass die j
Reincultur aus Kommabacillen besteht; die meisten Exemplare dieser
Vibrionen erscheinen dagegen als kurze, ovoide Stäbchen, oft sogar kokkeu-
ähnlich. In Bezug auf Wachsthum in Gelatineplatten, Thierpathogenität, j
Agglutination, Bakteriolyse verhalten sich diese Culturen absolut typisch,
so dass an ihrer Choleranatur nicht zu zweifeln ist, obwohl selbst der j
Geübteste hier nicht aus dem mikroskopischen Bilde sagen könnte, das
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 17
er es mit einer Reincultur von Kommabacillen zu thun hat. Es beziehen
sich diese Angaben über Morphologie ausnahmslos auf solche Culturen,
die mit den unten noch zu besprechenden Methoden absolut sicher als
echte Choleraculturen identificirt sind. Vor Allem ist mit den Culturen
auch durch Immunisirung ein Serum an Kaninchen hergestellt, welches
mittels Agglutination und Bakteriolyse Einfluss nur auf echte Cholera¬
culturen ausübt. (Vgl. Tabelle II.)
Eine zweite Gruppe von Cholerastämmen enthält Individuen, welche
bei schöner gebogener Form eine mittlere Länge besitzen; die Mehrzahl
der Individuen imponirt ohne Weiteres als typische Kommabacillen. Zur
dritten Kategorie gehören Culturen mit Vibrionen, welche ausserordent¬
lich lang und schlank und dabei kaum gekrümmt sind, sondern in der
Mehrzahl als gerade Stäbchen an die Bacillen des malignen Oedems
(Vibrion septique), wenn auch in erheblich kleineren Dimensionen, erinnern.
Nicht nur hei gewöhnlicher Fuchsinfärbung, sondern auch bei Anwendung
der Zettnow’sohen Geisselfärbungsmethode treten diese Unterschiede zu
Tage. Trotzdem sammtliche Culturen (mit Ausnahme von Nr. III) wohl-
eihaltene Geissein aufweisen, waren doch die Unterschiede in der Beweg¬
lichkeit bei den einzelnen Stämmen grosse, sowohl im Thierkörper wie
in Bouillonculturen. Durch häufige Uebertragungsversuche schlecht be¬
weglicher Culturen von Peptonröhrchen auf Peptonröhrchen kann man
zwar die Bewegungsfähigkeit der Individuen verschiedener Culturen heben,
aber es blieben stets erhebliche Unterschiede bei diesen frischen ägyptischen
Culturen, die im Uebrigen unter den gleichen Bedingungen gehalten und
gleichaltrig, vom Zeitpunkt der Isolirung ab gerechnet, sind, bestehen.
Bekannt ist, dass die alten, lange in den Laboratorien fortgezüchteten
Choleraculturen, die meist aus der letzten deutschen Choleraepidemie
stammen, in der Regel ausserordentlich lange und sehr wenig gekrümmte
Vibrionen enthalten. Eine dieser Culturen, die in vielen Laboratorien
unter der Bezeichnung Cholera Pfeiffer vorhanden ist (dieselbe ist von
Kolle im Juli 1893 aus den Fäces des an Cholera erkrankten Hrn. Prof.
Pfeiffer isolirt), weist diese Eigenthümlichkeit in erhöhtem Maasse auf. Sie
ist auch schwerer färbbar als die ägyptischen frischen Culturen, welche sich
mit verdünnter Fuchsinlösung gut und schnell färben. Die Beweglichkeit
der Cultur Pfeiffer im Reagensglase ist keine sehr starke; im Thierkörper
wird die Cultur, obgleich sie sich darin vermehrt, sehr rasch völlig un¬
beweglich.
Aus dem Gesagten geht hervor, dass die morphologischen Charaktere
der Einzelindividuen einer Vibrionenoultur zu einer Arterkennun" allein
durchaus nicht genügen.
Zeitachr. t Hygiene. XL1V.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
1
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18 W. Rolle und E. Goxschlich:
Tabelle II. Morphologische uni
Laufende Nr.
Bezeichnung der Cultur
1
Form
im mikroskopischen Bilde
Bewegliclikei;
im hängenden Tr»:*]
1
Cultur Pfeiffer
1
ziemlich langer, dünner kaum
gebogener Vibrio
beweglich
2
i»
Hankin
mittel grosser, stärker ge¬
bogener Vibrio
yy
3
»»
i
Metchnikoff
stark gebogener Vibrio
sehr beweglichj
4
**
Nordhafen
desgl.
. . i
5
»»
Aegypt I
kurzer, wenig gebog. Vibr.
gut
6
»»
.. II
desgl.
yy yy
4
»»
.. III
ganz kurzer wenig gebog. Vibr.
sehr schlecht beweg
8
>♦
„ IV
1
etwas grosser u. stärker gebog.
wie III
unbeweglich
9
»*
V
1 grosse gebogene Stäbchen
gut beweglich
10
M
.. VI
ganz kurzer wenig gebog. Vibr.
sehr
11
i»
VII
Imittelgrosse, leicht gebogene
Stäbchen
grut „
12
>»
VIII .
1 desgl.
sehr „
13
t*
„ IX i
desgl.
yy :»
14
1
Xa l
zieml. kurze, gebogene Vibr.
1
gut
15
»*
.. XI
mittelgr., leicht gebog. Vibr.
yy yy
16
»*
XII
|
kurze, gut gebog. Kommaform
yy yy
17
f*
XIII i
mittelgr., leicht gebog. Vibr.
yy yy
18
»»
„ XIV
todt
19
XV
| mittelgr., leicht gebog. Vibr.
yy yy
!
20
”
XVI
todt
21 1
1
»*
„ xvu
mittelgr., leicht gebog. Vibr.
yy yy
22 !
•»
„ XVIII
i desgl.
yy yy
23 1
»>
„ XIX
1
| desgl.
yy yy
24 1
yy
XX
i desgl.
yy yy
25
yy
„ XXI 1
desgl.
yy yy
26
yy
Messina 1
1
| mittelschlankes, massig ge*
bogenes Stäbchen
yy yy
1 Cultur X (Cholera) ist, wie oben bereits
^j^&den gekommen ist.
gesagt, nicht näher untersucht, weii
Original from
UNIVERSITV OF CALIFORNIA
i
Untebsuchungen übeb d. baktebiol. Cholera Diagnostik u. s. w. 19
#sltarelle Eigenschaften der Culturen.
— - = - j
u
Dos. letal.
u
a>
/—*4
, 8b
op«
r O
Cholera-
min. für
1*8
cv.
SS
Wachsthuin in Gelatine
fh 5?
•a.s
35
Roth-
Reaction
Meerschw.
(intra¬
£ S
^ ® 0
o
rP
o
peritoneal)
_
1
+
V 4 Oese
positiv
0
ja
1
+
0
ja
irk verflüssigende, theils dunklere,
1
+
negativ
+
nein
lb gefärbte, glattrandige u. massig
irk granul., theils hellere, aufge-
ackerte u. gröber granul. Colonieen
1
+
+
nein
p. Wachsthum; neben grösstentheils
atten viele dunklere stärker granul.
1
+
*/ 4 Oese
positiv
0
ja
Colonieen
ie Aegypt. I, doch nur vereinzelte
ärker granul. Col. mit deutl. Ver¬
1
+
v». „
0
ja
flüssigungszone
p. Colonieen, ganz vereinz. br&unl.,
starker granul. Col.
1
+
7« »
»
0
ja
3lle fein und dunkle gröber granul.
1
+
’/.o „
negativ
0
nein
Colonieen
wie Aegypt. IV
1
+
VlO >’
+
nein
eile und dunkle Colonieen, typisches
1
+
7,o „
positiv
0
ja
Wachsthum
fast nur glatte helle Colonieen,
1
+
7-, „
! o
ja
typisches Wachsthum
nur helle, glatte, feingrauul. CoL
1
n
0
ja
deßgl.
1
+
78 „
0
ja
rösstentheils dunklere, aber nicht so
eutlich wie bei Chol, granul. Col.;
1
+ schwach
negativ
+
nein
einzelne feinere u. hellere Col.
typisches Wachsthum: beide Typen
1
+
7. >,
positiv
0
i ia
helle, feingranulirte Colonieen,
1
meist An¬
74 »
negativ
0
nein
z. T. in Blattform
deutung -f-,
zeitweise 0
ypisches Wachsthum; fast nur helle,
feinkörnige Col.
1
+
7,o „
positiv
0
ja
of Originalplatte überwiegend dunkle,
laneben helle Col. und Blattformen.
1
+
7. »
n
! 0
ja
luf 1-Verdünnungsplatte fast nur helle
Colonieen
wie Aegypt. XV
1
+
7« „
V
0
ja
desgL
1
+
7o „
11
0
ja
desgl.
1
+
lü »
11
0
ja
überwiegend glatte Colonieen
1
+
7,# „
11
0
ja
desgl.
1
+
7s „
»
0
1
! ja
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1
+
1
i
0
ja
2 *
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Gck 'gle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
20
W. Kölle und E. Gotschlich:
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Tabelle L
Laufende Nr.
Bezeichnung der (’ultur
i
Form
im mikroskopischen Bilde
i
T
Beweglichkeit j
im hängenden Tr
27
Cultur El Tor 1 i
mittelgr., gut gebog. Vibrio
gut beweglich
28
El Tor II
kurzer, gut gebog. Vibr.
„ 1
29
1 ”
i »
Moncha
mittelgr., leicht gebog. Vibr.
ft
30
Maassen
kurzes, stark gebog. Stäbchen
yy
31
ft
Aegypt. XXII
kurzes, gut gebog. Stäbchen
schwach
32
1 »»
1
XXIII
desgl.
gut
Tf
33
1 99
XXIV
ganz lange, schlanke Stäbchen
stark
yy
34
*■
1
XXV
plump, kurz, Kommaform
1
gut
yy
35
1 tt
XXVI
kurz, gebogen
lebhaft
»»
36
t*
„ XXVll
kurz, fast grau (Coccob.)
sehr lebhaft
yy
37
1 **
XXVIII
kurz, gebogen
lebhaft
yy
38
i
»»
M XXIX
mittellang, schön gekrümmt
sehr lebhaft
yy
39
tt
.. XXX
1 lang, schlank, gebogen
gut
yy
40
1
l >*
XXXI
desgl.
lebhaft
41
tt
XXX11
mittel lang, massig schlank
»
yy
42
ff
XXXIII
1 todt
43
t*
XXXIV
dick, plump, wenig gebog.
yy
yy
44
**
XXXV
lang, schlank, wenig gebog.
45
.»»
„ XXXVI
kurz, gebogen
yy
46
»»
„ XXXVII
schön gebogen, ganz kurz
j
yy
47
tt
XXXVIII
kurz, plump
unbeweglich
48
tt
XXXIX
todt
49
i »•
XL
mittelschlank, schön gebog.
ausserordentlich lebL^
i
beweglich
50
»»
XU
desgl.
1 !
sehr beweglich
51 |
tt
„ XLII
1
1 desgl.
lebhaft
52
„
XLIII
todt
53
i
„ XLIV
todt
*) Bei den wenig virulenten Culturen, bei denen die Dosis lethalis grösser als */ 3
am Leben blieben, aber im Bauchliühlenexsudat das Phänomen der Kügelchenbildung e iö-
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
UNTKB8TTCHTmGEN ÜBER B. BAKTERIOL. CHOLERADIAGNOSTIK U. S. W. 21
£E?orteetzimg).
Wachsthum in Gelatine
Anzahl der
Geissein
Cholera-
Roth-
Reaction
Dos. letal,
min. für
Meerschw.
(intra¬
peritoneal)
Pfeijffer'scher
Versuch
Tauben¬
pathogenität
mtramuscul.)
Cholera?
überwiegend glatte Colonieen
1
+
positiv
0
ja
desgl.
1
+
negativ
+
nein
desgl.
l
+
positiv
0
ja
+
negativ
0
nein
ihr helle Colonieen, nur wenige trübe
l
+
7.
Oese
positiv
0
ja
grober grannlirte
•
fast nur helle, feingranulirte Col.,
1
+
Vs
0
ja
wenige trübe
fast nur helle, feingranulirte Col
1
+
Vs
>>
0
ja
t trübe, grob grannlirte, unregelm.
1
+
Vs
n
u
0
ja
grenzte, bräunliche Colonieen, auch
I-Verdünnung nach 18Std. ziemlich
stark verflüssigt
ben spärlichen typischen überwiegend
1
+
Vs
n
0
ja
übe, deutl. grobgranulirte Colonieen.
Schlingenbildnng
ie 26, trübe Colonieen, nur weniger
1
+
>7,
»*
*)
u )
0
ja
grob grannlirt
die and trübe Colonieen. Schlingen-
i
+
>7,
n
0
ja
bildung. Die trüben grobgranulirt
nur helle, feingranulirte runde Col.
i
I +
V,
H
u
0
ja
ehr helle Col., weniger feingranul.
t
+
Vs
11
n
0
ja
dnnkle Col. Schlingenbildnng
bräunliche, stark verflüssigende Col.
l
+
Vs
11
negativ
0
nein
überwiegend trübe, nicht so stark
1
+
7,0
„
positiv
0
ja
grannlirte Col.
anz unregelmässige, bräunliche, grob-
l
-f
7,0
>> !
negativ
0
nein
grannlirte, stark verflüssigende Col.
i
ihr dicke, dnnkle, grobkörnige Col.
l
+
Vs
»> |
>>
0
nein
mit zackigem Bande
überwiegend trübe Col., grobkörnig,
l
+
>7,
nicht
0
ja
weniger helle
möglich
berwiegend helle Colonieen, weniger
l
+
V.
11
positiv
0 1
ja
unklere trübe von mittlerer Körnung.
Schlingenbildnng bei den hellen
fast nur helle feinkörnige Col.
l
+
>7.
11
nicht
0 ’
ja
möglich
iberwiegend helle Col., weniger trübe
l
+
Vs
11 i
positiv
0
ja
stärker grannlirte
weniger helle, mehr bräunliche, runde,
l
+
Vs
n
0 i
ja
rröber granul. Col., verflüssigt stärker
auch bei I-Verdünnung nach 18 Std.
fast nur helle, feinkörnige, runde.
+
>7.
11
nicht
0
ja
typische Colonieen
i j
möglich
1
war, ist der Pfeiffer’sche Versuch als positiv auch in den Fällen bezeichnet, wo die Thiere
wandsfrei (d. h. unter Heranziehung von Controlthieren) nachgewiesen werden konnte,
Coogle
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
22
W. Kolle und E. Gotschdich:
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Tabelle 1
;
1
’S 1
Bezeichnung der Cultur
Form
Beweglichkeit
a
im mikroskopischen Bilde
im hängenden Tr*
ci
»-3
54
Cultur Aegypt.
XLV
mittellang, deutliche Komma-
lebhaft bewegli
i
form
55
99
XL VI 1
sehr kurzer, massig gebog.
Vibrio
99
»?
56
9»
XLVII
todt
57
99
99
XL VIII
kurz, plump
gut
n
58
99
9t
XLIX
todt
59
99
99
L
sehr schlank u. lang, gerade
ziemlich lebhaft
99
60
99
«»
LI
1
schlank, wenig gebogen
sehr „
79
61
99
99
UI
kurz, plump
massig
99
62
99
99
LIII
mittellang, deutlich gebogen
sehr
99
63
”
99
UV
lang, schlank, gebogen
wenig
99
64
99
99
LV
massig schlank, gebogen
sehr
99
65
1
9 9
JjVI
plump, ohne Kommaform
ziemlich gut
66 :
99
99
LV11 |
kurze Kommaiorm
gut
99
67
99
LVI11 1
mittelschlanke Kommaform
sehr gut
99
68 ;
1
! 99
99
L1X
i
desgl.
sehr lebhaft
99
69
1
99
9*
LX
kurze Koimnaform
99 99
J9
70
1
|
99
LX1
kurze, schlanke Kommaform
sehr wenig
99
71
99
99
'i
TiXII
ganz kurzes Stäbchen
gut
99
72
99
99
LX11I
kurze, mittelschlanke Vibr.
sehr
■i
*3
99
LXIV
I lang, schlank, kaum ge-
mässig
99
74
> bogene Vibrionen, z. T. in
I Fäden
99
99
LXV
99
75
>•
LX VI
kurzes gebogenes Stäbchen |
1
lebhaft
99
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 23
Fortsetzung).
"
-
Dos.
letal.
ö '
" ~\m Ö
:cfl rz
Wachsthum in Gelatine
nzahl de
Geissein
Cholera-
Roth-
Reaction
min. lur
Meerschw.
(intra-
eiffePsch
Versuch
i -m ö
§ o |
Cholera?
<3
peritoneal)
r wiegend helle grobgranulirte Col.,
1
+
>v.
Oese
nicht
0
ja
ereinzelte dunklere grobgranulirte
ine feingranul. helle Col., vereinzelte
grössere dunklere grobgranulirte
1
4-
7.
»
möglich
positiv
0
ja
Twiegend grobgranul. dunklere Col.,
1
+
>v.
yy
nicht
0
ja
*r auch viele feingranul. hellere Col.
möglich
gz schwach granul. helle u. dunkle
4-8
0
>v.
yy
negativ
0
nein
1. Fast keine Verflüssigung. Glatt
•istens helle grobgranulirte Col., da¬
wischen dunklere grobgranul. Col.
1
+
7*
yy
positiv
0
ja
ist dunklere grobgranulirte Col., da-
-i sehen vereinz. helle grobgranul. Col.
1
0
> 7*
yy
negativ
0
nein
t nur kleine, ganz feingranul. helle,
1
+
>v.
yy
nicht
0
ja
ütte Col., ganz vereinzelte dunkle,
möglich
gröber granulirte
*ig. helle grobgranul. Col. mit un-
g Im. Rand, I-Verdünnung, u. fein-
1
+
V«
yy
positiv
0
ja
grau ul. mit scharfem Rand
öxsere feinkörnige und kleinere grob-
1
+
7*
yy
0
ja
granul. helle Col.
helle u. feingranul. Colonieen
1
0
>7,
yy
n. mögl.
0
nein
die kleine, grob u. dunklere grössere
1
+
V.
positiv
0
ja
feingranul. Col.
eile kleinere grobgranul. u. dunklere
ro>sere, etwas weniger grobgranul. Col.
1
+
7.
yy
yy
0
ja
iele helle Col. (wenig verfl.), dazwischen
unklere grobgranul.(starkverfl.) (Platte
1
+
>'li
>»
yy
0
ja
war dicht)
1
+
7,
yy
yy
0
ja
helle feingranul. Col., dazwischen
unklere gröber granul. Col. mit un-
1
+
>7,
yy
yy *)
0
ja
regelm. Rand
n *-ist grosse mittelhelle, gelbe, glatt-
andige, fein granulirte Col. (keine hellen,
1
0
Via
yy
negativ
0
nein
feinkörnige, typ.)
helle feingranul. Col. mit nicht
^nz glattem Rande, dazwischen grössere
1
+
1/
/ 3
yy
positiv
0
ja
ebensolche
!
lauter kleine helle Col. ohne bes.
Giarakter. I-Verdünnung lauter blasse,
v üartüonturirte, sehr fein granul. Col.
4
0
>7*
yy
negativ
0
nein
genau wie 64
4
0
>7j
yy
0
nein
verflüssigt. I-Verdünnung neben
‘‘uv grauen wenige hellbraune Col. von
llI,r, *p*lTn. Contur, beide in gleicher
1
+
7.
y>
positiv
0
ja
Weise mittelgrob granulirt
j
1
Digitized by GOO^lC
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
24
W. KoiiliE UND E. GoTSCHLICH:
Tabelle II
b
*5 1
1
j
•S 1
«I II
2 li
i i
Bezeichnung der Cultur |
i 1
Form
im mikroskopischen Bilde
Beweglichkeit i
im hängenden Trop: j
c3 H
1
j
76 ]
|
Cultur Aegypt.
1
LXVlf 1
ganz kurzes, gebog. Stäbchen!
i i
lebhaft bewegüa
77
1
| ** w
1
lxviu
desgl.
sehr „
78 1
1
|
ff ff
XIX
ziemlich kurzes, gebogenes
Stäbchen
lebhaft „
i
79 |
i
ff ff
LXX
desgl.
*» ??
1
80
1
! ff
LXXI
desgl.
sehr lebhaft t .
81 1
1
i
I *f ”
i
i
LXXII
mittelschlanke, gebogene
Stäbchen
g* t
i
82 1
\
ff ff
Lxxm
desgl.
sehr „
i
83 1
1
7t ?>
1
LXX IV
kurzes, gebogenes Stäbchen
mit Koramaform
lebhaft
84 1
1
! ff ff
LXXV
kurze, dicke Vibrionen
sehr „
85 |
\
t» ff
LXX VI
lange, schlanke Stäbchen
gut
86 '
1 tt ff
LXXVII
1 mittellange, schlanke Vibr.
sehr „
87 1
1
ff ff
|
LXX VIII
ganz kurzes Stäbchen
Molekularbewegung
88 1
89
1* tt
” ff
LXX1X |
1
IjXXX i
j grosse schlanke Stäbchen
j (Fäden)
j kleine, gebogene Stäbchen
schwerfällige, wurm
artige Bewegung
stark beweglich
90
|
t? ff
LXXXI 1
3
1 kurze Kommaform
|;
gut
i
91
ff ff
l
LXXXII (
]
desgl.
lebhaft v
92
1 n ff
LXXXII1
plumpe Kommaform
» »t
93 |
| >» 1*
LXXXIV
gedrungene, kurze Komma-
, form
»» ff
i
94
1t tt
LXXXV
ziemlich langer, schlanker
Vibrio
1
i
1
ff »t
95 .:jj
Chol. Jaffa
'
1
schön gebogener, mittel-
1 schlanker Vibrio
ausserordentlich lebbart
| beweglich
Digitized by Gougle
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Untersuchungen über d. bakteriol. Cholera Diagnostik u. s. w. 25 • j
(Fortsetzung). j
(-i
r> 08 .
letal. 1
1
*3 '''T
:e? T3
■ 1
1
1
<D
Cholera-
min. für
.—3 rl
S § 1
§g 1
cv.
es
f-> 1
Wachsthnm in Gelatine
1
'S 00
ao
CS ’r*
eO
Roth-
Reaction |
1
Meerschw.
(intra-
M ijQ
|as
3 A H
g
* a
o •
”o
<
peritoneal)
PL. I
•anz helle weisse, feingekörnte, daneben
innkL grobgekörnte, aufgelockerte Col.
1
+
7,
Oese
positiv
0
ja i
;anz helle, grosse, aufgelockerte Col.,
aneben etwas dunklere u. feiner ge-
1
-f
7,
»
>♦
0
ja
körnte Colonieen
iemlich scharf umschriebene, feinge-
örnte helle, daneben kleinere, mehr
1
+
>7,
»
i, *)
0
ja :
i
aufgelockerte dunkle CoL
dunkle feingekörnte, daneben noch
1
+
1
nicht !
0
•I
ja !
dunklere grobgekörnte Col.
möglich i
oitteldunkle, grosse, feingekörnte, dazw.
kleinere, dunklere, aufgelockerte Col.
1
1 +
>7,
positiv*)
0
ja |
)rig. verflüssigt. I-Verdünnung neben
lunklen (olivgrau) grobgranul. wenige
1
+
73
»
0
ja <
belle (gelbbräunliche) aufgelock. Col.
)rig. verflüssigt. I-Verdünnung helle,
•twas aufgelockerte u. dunkle feiner
1
+
7„
ff
0
i
ja '■>
\
granulirtc Col.
j
idle, kleine grob- n. dunklere, grössere,
1
+
7u
ff
ff
0
ja
weniger grobgranul. Col.
dunkle niittelgrob granul. Col.
1
+
>7j
ff
ff )
0
1
ja ;
helle, glattrandige feingranul. Col.
4
0
>7.
f *
negativ
0
nein 1
icharfrandige feinkörn. Col., z. Th. von
leller, z. gr. Th. von dunklerer Farbe
1
+
7,o
ff
i»
0
nein
aieht verflüss., helle, sehr scharfrandige
Col., sehr feingekörnte oberflächl. Col.,
2 — 4
+
»
0
nein
blattartig ansgebreitet
helle glattrandige, feingranul. Col. u.
2-6
0
>7,
ff i
nicht
0
nein
grössere gTobgranul. dunklere
1
möglich
helle scharfumschriebene feingranulirte
1
+
>7,
ff
positiv
0
ja !
Col., daneben einige grobgranul.
überwiegend maulbeerförmige, stark
iranul. helle, stark lichtbrech. Col.,
l
+
1
7«
ff
ff
0
ja
daneben helle u. glatte
\ 0
!
überwiegend helle, stark lichtbrechende
maulbeerförmige, glatte Col, daneben
spärlich gelbe trübe, theils glatt, theils
1
+
7*
ff
„ *)
ja
stark granulirt
vorwiegend trübe feingranulirte Col.,
daneben glatte, maulbeerförmige, stark
1
+
>7*
ff
„*)
! o
ja
lichtbrechende Col.
maulbeerförmige, stark lichtbrechende
belle u. glatte, helle scharfrandige, da¬
1
+
7:,
ff
ff
1 0
i
ja i
neben spärliche gelbl. Col.
1
glattrandige, scharf licht brechende,
schwach granul., daneben weniger gelb¬
liche, auch schwach granul. Col.
2-4
0
>7,
ff
negativ
0
1 nein j
i
I
1
+
1
positiv
0
ja
Digitized by
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
26
W. Kölle und E. Gotschlich:
Digitized by
lieber die Untersuchungen, welche Hr. Prof. Zettnow bezüglich des
Verhaltens der Geissein bei den 87 Vibrionenculturen angestellt hat, hat
uns derselbe die folgenden Notizen gütigst überlassen:
„Die Färbung der Geissein geschah nach meinem in der Zeitschrift
für Hygiene Band 30 veröffentlichten Verfahren durch Beizung mit gerb¬
saurem Antimonoxyd und nachfolgender Versilberung. Da es sich in
diesen Fällen nicht um Anfertigung von Musterpräparaten für Photographie
handelte, sondern die kräftige Färbung der Geissein für oculare Beobach¬
tung genügte, so kam das in der Arbeit von Kolle: Ueber den jetzigen
Stand der bakteriologischen Choleradiagnose l , von mir beschriebene, etwas
abgekürzte Verfahren unter Benutzung von 18- bis 20 ständigen Agar-
culturen zur Verwendung; es gestattete jedes Mal sechs Culturausstriche
gleichzeitig in Arbeit zu nehmen und hat auch nicht ein Mal bei den 87
geprüften Stämmen versagt, sogar gezeigt, dass die Geissein bei ihnen
hinsichtlich der Dicke erheblich verschieden sind, da bei völlig gleicher
Behandlung der Präparate der eine Stamm sehr kräftige, ein anderer
dem Anscheine nach ebenso bewegliche, bedeutend zartere Geissein zeigte.
Ein gut gelungenes Präparat zeigt auf völlig hellem und klarem,
nicht etwa gelbem Untergründe die schwarz gefärbten Geissein; bei zu
geringer Erhitzung erscheinen diese oft gelbbraun.
Die 65 durch die Serumreaction als echte Cholera gekenn¬
zeichneten Stämme zeigten ohne Ausnahme eine Polgeissel; hinsichtlich
ihrer Länge und gewellten Form machten sich jedoch deutliche Unter¬
schiede bemerkbar; auch in der Dicke zeigten sie eine solche Verschieden¬
heit, dass diese, da die Beizung und Behandlung von sechs gleichzeitig
in Arbeit genommenen Ausstrichen möglichst gleichartig sich vollzog,
nicht auf die Art und Weise der Präparation zurückgeführt werden könnt«.
Eine Gruppe kennzeichnet sich durch eine sehr kräftige Geissei, eine
andere durch eine sehr zarte, ohne dass bei Beobachtung der lebenden
Bakterien ein augenfälliger Unterschied in der Schnelligkeit der Bewegung
sich hätte erkennen lassen, eine dritte Gruppe zeigt eine lange Geissei
mit drei, selbst vier Wellen gegenüber einer vierten, bei welcher die
Geissein kürzer und nur an der Spitze seitwärts gebogen sind. Bei Be¬
nutzung einer jungen Cultur erscheinen bei diesen gut beweglichen Vibrio¬
nen mindestens 80 Procent, oft über 90 Procent im Präparat mit Geissein;
bei den weniger gut bis fast unbeweglichen (Stamm Aegypten HI) nimmt
die Zahl bedeutend ab, so dass man oft erst im zweiten Gesichtsfelde ein
Geisselbacterium findet. Bei Stamm Aegypten III beobachtete ich im ganzen
Präparat nur 5 Vibrionen mit Geisselu. Recht constaut scheint auch die
1 Klin. Jahrbuch. 1903. Bd. XI.
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Untersuchungen übeb d. bakteriol. Cholebadiagnostik u. s. w. 27
Kommaform bei einzelnen Stämmen sich zu erhalten. So wurde ich, ohne
die Herkunft des Stammes bei der Beobachtung zu wissen, durch das
Ansehen des einen Präparates (Nr. 2) lebhaft an die früher in den
Laboratorien so häufig benutzte und zur Zeit eingegangene „Calcutta“-
Cholera erinnert; dieses Präparat war von einer „Hankin“-Cholera, also
indischen Ursprungs, angefertigt.
Unter den 22 Stämmen, welche durch Choleraserum nicht agglu-
tinirt wurden, befanden sich 13 Vibrionen verschiedener Art, welche im
Präparat von echten Cholerabakterien nicht zu unterscheiden waren. Ein
Stamm erwies sich als mit langen, seitenständigen Geissein versehen,
7 Stämme stellten mehrgeissliche Spirillen dar, deren Geisselbüschel, wenn
intact, 4 bis 8 Geissein zeigte, doch waren auch viele Individuen mit nur
3 bis 1 oder gar keiner Geissei versehen. Ich halte sie für identisch mit
der sogenannten „Massauah“-Cholera, von welcher ich aus dem Jahre 1895
ein nach Löffler’s Verfahren hergestelltes Geisselpräparat besitze.“
Gelatineplatten.
Die Gelatineplatten, welche früher das wichtigste, wenn nicht gar
souveräne Differenzirungsmittel der Cholerabakterien von anderen cholera¬
ähnlichen Mikroorganismen waren, haben diese beherrschende Stellung
in der Choleradiagnostik verloren. Dies hat seinen Grund einmal darin,
dass die Agarplatten eingeführt sind, auf denen die Cholerabakterien viel
üppiger und rascher bei der höheren Temperatur, bei der man sie verglichen
mit Gelatineplatten halten kann, wachsen. Sodann aber ist die Gelatine¬
platte zwar ein sehr geeignetes Mittel, um Vibrionencolonieen von den übrigen
Dannbakterien (es kommen in erster Linie die Colonieen des Bacterium coli
in Frage) zu differenziren, aber sie ist weder ein absolut sicheres, noch objec-
tives Unterscheidungsmittel für Vibrionencolonieen. Denn das, was man als
das typische Wachsthum der Colonieen in Gelatine bezeichnet, ist keines¬
wegs ein feststehender Begriff. Wir haben uns jetzt gelegentlich der Ver¬
arbeitung der frischen Culturen wiederholt davon überzeugen können, dass
geübte Bakteriologen, welche viele Choleraculturen gesehen hatten, Colo¬
nieen, welche andere ebenso geübte Bakteriologen als typisch erklärten,
für atypisch hielten, ja es ist uns häufig während der im Aufträge des
Hm. Cultusministers im Institut für Infectionskrankheiten abgehaltenen
Choleracurse vorgekommen, dass Bakteriologen vom Fach die Colonieen
von Vibironen, die sicherlich keine Choleravibrionen waren, für Colonieen
dieser letzteren erklärten und umgekehrt. Wenn man nun noch bedenkt,
dass das Wachsthum der Choleraculturen in der Gelatine nicht unerheb¬
lichen Aenderungen durch die Zusammensetzung, den Alkalitätsgrad u. s. w.,
Digitized by
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
28
W. Kölle und E. Gotschlich:
Digitized by
Dinge, welche man doch nicht absolut gleichmässig herstellen kann, be¬
dingt wird, so wird die früher allein ausschlaggebende Bedeutung der
Gelatineplatten in anderer Weise corrigirt werden müssen. Da cholera-
ähnliche Vibrionen nicht nur in den Dejecten Cholerakranker und -ver¬
dächtiger Vorkommen können, sondern namentlich auch in weiter Ver¬
breitung im Wasser vorhanden sind, so wird man aus den oben angeführten
Gründen den Werth der Gelatineplatten anders beurtheilen als zu jener
Zeit, wo ausser den Choleravibrionen andere choleraähnliche Mikroorga¬
nismen nicht bekannt waren. Heute aber, wo wir namentlich in Folge
der Funde, die uns die letzte ägyptische Epidemie geliefert hat, wissen,
dass auch im Darm von gesunden oder oholerakranken Menschen eholera-
ähnliche Vibrionen nicht so selten Vorkommen, muss man sich immer
bewusst bleiben, dass uns die Gelatineplatten nur ein subjectives Kriterium
darbieten können, weil wir ja nur aus dem Aussehen der Colonieen den
Schluss herleiten: die betreffende Colonie ist eine Choleraoolonie oder
nicht. Als wesentliches Hülfsmittel bei der Stellung der Choleradiagnose
ist natürlich die Gelatineplatte auch heute noch zu betrachten, nament¬
lich in denjenigen Fällen, wo auf den direct aus Fäces oder
Darminhalt hergestellten Gelatineplatten Vibrionencolonieen
in grösserer oder geringerer Menge erscheinen. Denn wir kennen
keine andere Darmkrankheit, bei welcher die stark licht¬
brechenden Vibrionencolonieen in erheblicher Menge durch
das Gelatineplattenverfahren gewonnen werden können, als
eben nur die Cholera.
Für die Beurtheilung des Werthes der Gelatineplatte sind folgende
Erwägungen nie zu vergessen:
Für die Erkennung der Choleracolonieen auf den Gelatineplatten ist
es nothwendig, sich das Aussehen der sog. typischen Colonieen stets vor
Augen zu halten. Für den Geübten, welcher das Aussehen vieler Cholera-
culturen in Gelatine von verschiedener Zusammensetzung studirt hat und
alle Stadien der Entwickelung der Coloniefonnen genau kennt, sehen die
Choleracolonieen auf dicht besäten Platten am charakteristischsten ans.
Auf den Platten, die direct aus menschlichen Fäces oder Darminhalt her-
gestellt sind, trifft man am häufigsten das, was allgemein als typische
Colonie bekannt ist. Aber neben diesen typischen Colonieen werden sehr
häufig atypische angetroflfen. In Platten, welche aus Reinculturen
der Cholerabakterien hergestellt sind, können diese atypischen Colo¬
nieen überwiegen und so zu irrthümlichen Auffassungen führen, z. B.
zu der Annahme, es handle sich um eine verunreinigte Cultur. Petri
hat zuerst mit Präcision darauf hingewiesen, dass neben typischen in
manchen Choleraculturen sog. atypische Vorkommen, die er als „gelappte“
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 29
bezeichnet Spätere Beobachtungen Ton Dönitz und Pfuhl zeigten, dass
durch besondere Zusätze, z. B. durch Asparagin, zur Gelatine oder auch
schon bei sehr niedrigem Procentgehalt derselben an Gelatine (3 bis
5 Procent), also in sehr weicher Gelatine die Choleracolonieen nicht als
runde, hell lichtbrechende, wie mit kleinsten Glassplittern bestäubte
Scheiben mit leicht gebuchtetem Rande erscheinen, sondern gelblich ge¬
färbt, von gröberer Structur und mit unregelmässigem Rande, der zuweilen
wie gefasert erscheint (Schlingenbildung), wie dies die alten aus der
früheren Epidemie stammenden Laboratoriumsculturen jetzt fast stets
aufweisen.
Die sorgfältige, darauf gerichtete Untersuchung der frisch aus Aegypten
erhaltenen Culturen hier in Berlin hat keinen Zweifel daran gelassen, dass
in sämmtlichen, von dort frisch erhaltenen Stämmen, nachdem dieselben
nur einmal oder einige Male über Nährböden gegangen waren, stets beide
Arten von Colonieen, die wir als helle und trübe bezeichnen möchten, vor¬
handen sind. Auf diese Thatsache muss deshalb mit dem grössten Nach¬
druck hingewiesen werden, weil von manchen Seiten auch jetzt noch die
Gelatineplattenmethode als das wichtigste differentialdiagnostische Mittel
hingestellt werden soll, obwohl wir jetzt weit einwandsfreiere Differeqzirungs-
mittel besitzen und obgleich wir wissen, dass auch manche choleraähnliche
Vibrionenculturen in Gelatine genau so aussehen wie die echten Cholera-
cnlturen. Für Culturen, die längere Zeit in Laboratorien auf künstlichen
Nährböden fortgezüohtet sind, ist es schon längst bekannt, dass sie das
charakteristische Aussehen in Gelatine eingebüsst hatten und deshalb mit
Hülfe der Gelatineplatte nicht mehr ideutificirt werden konnten. Der¬
artige Culturen verlieren häufig ganz die Fähigkeit, die Gelatine zu ver¬
flüssigen, sehen bräunlich gefärbt aus, bilden Schlingen und weisen auch
nicht mehr die eigenartigen Lichtbrechungsphänomene auf, an denen der
Geübte die Vibrionen zu erkennen in der Lage ist. Es giebt, wie die
Untersuchung der frischen, ägyptischen Culturen gezeigt hat, Cholera¬
stämme, bei welchen schon nach einer Uebertragung auf Nährböden dieser
Typus der atypischen (trüben oder dunklen) Colonieen überwiegt, welche
die grösste Aehnlichkeit mit den Colonieen der Vibrionen aus der Gruppe
des Vibrio Metchnikoff zeigen. Unsere Aufmerksamkeit wurde be¬
sonders auf diese Verhältnisse durch eine Cultur (Nr. VI) gelenkt, in
welcher die beiden Typen der Choleracolonieen so scharf ausgeprägt vor¬
handen waren, dass Herr Professor Kos sei bei Untersuchung dieser Cultur,
an eine Verunreinigung der Cultur mit einem choleraähnlichen Vibrio
dachte. Herr Professor Kossel stellte dann von den beiden Arten von
Colonieen Reinoulturen her, die er als Cultur hell und trübe be¬
zeichnet« und uns zur weiteren Prüfung übergab. In den Gelatine-
Digitized by
Gck igle
Original frum
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
30
W. Kölle und E. Gotschlich:
Digitized by
platten der Cultur „hell“ erscheinen fast nur die stark lichtbrechen¬
den, fein granulirten, glattrandigen Colonieen, deren Oberfläche wie mit
feinsten Glassplittern bestäubt aussieht, während der Stamm „trübe“
in der Gelatineplatte ganz überwiegend aus stark granulirten Colonieen
mit unregelmässigen, oft in Schlingen aufgelöstem Band besteht Die
Colonieen sind im Durchschnitt erheblich grösser als diejenigen des
Stammes „hell“ und verflüssigen die Gelatine stärker. Vor allem sind
sie stark gelblich gefärbt, ja weisen einen ins Bräunliche gehenden Far¬
benton auf, wie er den alten Cholera-Laboratoriumsculturen eigen ist.
Diese Unterschiede sind nach 18 bis 24 Stunden schon vorhanden, nehmen
aber nach 48 Stunden noch zu. Eingehende Prüfung mittels specifiscben
Choleraserums hat ergeben, dass beide in ihrem Wachsthum auf der
Gelatineplatte so durchaus verschiedene Stämme echte Choleraculturen
sind und nichts weiter darstellen als Wuchsformen einer einzigen Vibri¬
onenart, die nicht einmal constant sind, sondern in einander übergehen.
Sie werden beide von einem agglutinirenden Cholera-Kaninchenserum bis
1:2000 agglutinirt, vom normalen Serum nur bis 1:20; beide Culturen
werden im Pfeiffer’schen Versuch von einem specifisch bakteriolytischeu
Kanincben-Choleraserum bei einer Dosis von 1 / 3 m » im Meerschweinchen¬
peritoneum in Granula verwandelt. Andere Vibrionensera hatten keinen
Einfluss auf die beiden Stämme. Mit jedem derselben wurde ferner ein
Kaninchen immunisirt. Das Serum der Kaninchen zeigte bei der Agglu-
tinationsprobe sowie im Pfeiffer’schen Versuch nur gegenüber echten
Cholerabakterien und den beiden Stämmen „hell“ und „trübe“ eine Wirkung,
nicht dagegen bei den in unserem Besitze befindlichen choleraähnlichen
Vibrionen, z. B. Nr. IV, V, Tor II, X, XII u. s. w.
Für die praktische Choleradiagnose sind aus diesen Beobachtungen
die nöthigen Consequenzen zu ziehen. Wenn nämlich auch in den frisch aus
Choleradejecten auf Gelatineplatten erhaltenen Culturen die typischen hellen,
stark Licht brechenden runden) Colonieen erfahrungsmässig überwiegen,
so dass die atypischen Colonieen vielfach übersehen werden, so ist doch
keineswegs eine Garantie gegeben, dass nicht einmal auch diese atypischen
Colonieen in den aus Fäces oder aus den Peptonröhrchen der Vorcultur
hergestellten Platten vorwiegen. Diese Gefahr ist am grössten, wenn auf
den Gelatineplatten erst nach 36 Stunden die Vibrionencolonieen gefunden
werden. Das ist bei Platten, welche aus Fäces gegossen werden, aber
häufig der Fall. Nach 36 bis 48 ständigem Wachsthum weisen die
Choleraculturen, wie es auch bei unseren ägyptischen Culturen der Fall
war, neben den im allgemeinen als typisch bezeichneten Colonieformen
in grösserer Zahl Colonieen von dem geschilderten zweiten Typus auf, der
leicht zu Verwechselungen mit choleraähnlichen Vibrionen und Fehl-
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 31
Schlüssen führen kann. Das Aussehen der Colonieen in Gelatineplatten
zeigt übrigens auch zuweilen bei dem gleichen Stamm im Laufe der Zeit
erhebliche Veränderungen. Während z. B. die Nicht-Choleracultur Nr. V
anfangs (in der ersten Zeit nach der Herauszüchtung) fast ganz für
Cholera typische Colonieen (vielleicht nur etwa dunkler) bildete, näherte
sie sich später mehr und mehr dem Wachsthum des Stammes Nr. IV
an. Da die Vorcultur in Pepton, die für die Choleradiagnose, wie wohl
allgemein heute zugegeben wird, unentbehrlich, ja das wichtigste Hülfs-
mittel ist, auch häufiger, als man annahm, choleraähnliche Vibrionen zur
Anreicherung bringt, so muss die Gelatineplattenmethode eine Ergänzung
in der Agarplattenmethode erfahren, die ihrerseits wieder durch die
Heranziehung der Agglutinationsmethode ergänzt wird.
Wachsthum der Culturen auf den Agarplatten.
Die Einführung der Agarplatten in die bakteriologische Cholera¬
diagnostik ist neben der Anwendung der Peptonmethode der wesentlichste
Fortschritt in der Verfeinerung der Diagnostik. Das Wichtigste bei der
Benutzung der Agarplatten ist die Gewinnung isolirter, ziemlich grosser
Oberflächencolonieen in 8 bis 12 Stunden. Vorbedingung für die Er¬
reichung dieses Zweckes ist die Herstellung von Platten, deren Oberfläche
völlig trocken ist; man erreicht dies am besten, indem man die Platten,
ehe sie geimpft werden, eine halbe Stunde bei 37° im Brütschranke mit
der Fläche nach unten offen stehen lässt oder indem man sie 5 bis
10 Minuten in gleicher Weise in einem Thermostaten bei 60° aufbewahrt.
Eine zweite Vorbedingung ist die gleichmässige Vertheilung der Keime auf
der Oberfläche. Man kann verschiedene Methoden anwenden, um dies zu
erreichen. Fast jede ist gut, falls man sich nur genügend darin eingeübt.
Man verfährt entweder so, dass man ein und dieselbe Oese, nachdem sie
mit dem Untersuchungsmaterial beschickt ist, auf drei Platten nach
einander, ohne sie abzuglühen, vertheilt; man kann aber auch statt dessen
so verfahren, dass eine Oese des Aussenmaterials auf 5 ccm Nährbouillon
vertheilt und hiervon je eine Oese auf eine Platte übertragen wird. In
diesem Falle empfiehlt es sich, die Platte nach dem Impfen noch eine
halbe Stunde mit der Fläche nach unten offen stehen zu lassen. Statt
der Platinöse kann auch ein Platinpinsel, ein Wattebausch oder ein Glas¬
spatel zur Verreibung des Materials benutzt werden.
Auf der Agaroberfläche lassen sich die Choleracolonieen von den
Colonieen der meisten in menschlichen Fäces vorkommenden Bakterien
durch ihre eigenthümliche Transparenz bei auffallendem Lichte unter¬
scheiden. Zwischen den Colonieen der echten Choleravibrionen und
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Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
32
W. Kolle und E. Gotschlich:
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anderen choleraähnlichen Vibrionen treten auf der Agarplatte diagnostisch
verwerthbare Unterschiede nicht zu Tage.
Häufig beobachtet man bei Aussaat von Reincuituren der echteu
Choleravibrionen auf Agar zwei Arten von Colonieen, homogene und solche,
welche eine deutliche Randbildung oder Ringbildung aufweisen. Diese
zwei Typen von Colonieen gelingt es fast bei allen Cholerastämmen nach¬
zuweisen; es besteht hier also eine Analogie zwischen dem Wachsthum
auf Agar und demjenigen auf Gelatine.
Die Agglutlnationsversuche.
Der Hauptgrund für die Nothwendigkeit der Anwendung der Agglu¬
tination zur Sicherstellung der Diagnose liegt in der Einführung der
Peptonmethode, deren Unentbehrlichkeit für die schnelle bakteriologische
Diagnosestellung der klinisch ausgeprägten Cholera nicht minder wie für
die Auffindung der Choleravibrionen bei scheinbar gesunden Menschen.
Reconvalescenten und im Wasser von verseuchten Flussläufen wegen ihrer
grossen Empfindlichkeit allgemein anerkannt ist Die Koch’sche Pepton¬
methode bringt nun aber leider nicht nurCholeravibrionen in electiver Speci-
ficität zur Anreicherung, sondern auch andere Kommabacillen, überhaupt
alle Vibrionen. Wenn nun in dem Untersuchungsmaterial choleraähnliche
Vibrionen, sei es mit den echteu Cholerabacillen oder ohne die letzteren,
vorhanden sind und zwar selbst dann, wenn sie in ganz geringen Mengen
vorhanden sind, so kann durch die Benutzung des Peptonverfahrens leicht
ein diagnostischer Irrthum herbeigeführt werden. Damit soll nun keines¬
wegs das Peptonverfahren als ein leicht zu Irrthümern führendes hinge¬
stellt werden, ganz im Gegentheil. Die Vorcultur im Pepton mit nach¬
folgender Isolirung der angereicherten Keime auf festen Nährböden ist
der wichtigste Fortschritt, welchen die Choleradiagnostik während der
letzten Epidemieen erfahren hat. Aber gerade wegen der Feinheit und
Sicherheit, mit welcher die Peptonmethode alle Vibrionenarten, selbst
wenn sie nur in ganz geringen Mengen in dem Ausgangsmaterial vor¬
handen sind, zur Anreicherung bringt, ist es nothwendig, ein sicheres
und zugleich leicht auzuwendendes Differeuzirungsmittel für die aus der
Vorcultur auf festen Nährböden isolirten Keime heranzuziehen. Diesem
Zwecke eines Differenzirungsmittels dient die Agglutinations¬
probe. Die Gelatineplatten können in diesem Falle nicht als sicheres
Differeuzirungsmittel herangezogen werden. Abgesehen davon, dass dem
subjectiven Ermessen des Untersuchers die Entscheidung, ob die ge¬
wachsenen Colonieen typische Choleracolonieen sind oder nicht, über¬
lassen wird, ist es in den meisten Fällen vollkommen unmöglich, die
Gck igle
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Untkbsuchungen übeb d. baktebiol. Chouebadiagnostik u. s. w. 33
choleraähnlichen Vibrionen von den echten Cholerabakterien auf der
Gelatineplatte zu differenziren. Die Sache liegt aber bei den aus der
Vorcultur hergestellten Gelatine- und Agarplatten ganz anders als bei
denjenigen Gelatine- und Agarplatten, die aus Koth oder Danninhalt
direct hergestellt sind. In letzterem Falle werden nur ganz ausnahms¬
weise Vibrioneneolonieen in grösseren Mengen auf den Platten erscheinen.
Bei Platten, die aus Peptonröhrchen hergestellt sind, wird dagegen, wenn
überhaupt Vibrionen in dem Ausgangsmaterial vorhanden waren, eine
mehr oder weniger vollständige Reincultur von Vibrionen auf den festen
Nährböden erzielt werden. Nun sind es aber keineswegs hypothetische
Vorstellungen, welche zu diesen Reflexionen geführt haben. Es sind
nackte Thatsachen, welche schon in früheren Epidemieen, vor allem aber
durch die vorliegenden Untersuchungen während der letzten Epidemie in
Aegypten gewonnen sind. Von 81- Vibrionenculturen, welche aus den
Fäces von Cholerakranken oder -verdächtigen isolirt wurden, waren
19 keine Choleraculturen. Die meisten dieser choleraähnlichen Vibrionen
waren in Bezug auf Thierpathogenität, Grösse, Form, Beweglichkeit,
Cholerarothreaction, Wachsthum auf Agar- und Gelatineplatten den
echten Cholerabakterien äusserst ähnlich; einige derselben waren aller¬
dings durch die Zahl der Geissein (2, 4, 6), andere durch das Wachs¬
thum auf den Gelatineplatten und ihr pathogenes Verhalten gegenüber
Tauben auch ohne die specifischen Immunitätsreactionen von den echten
Koch’schen Vibrionen zu differenziren.
Die Vorbedingung für die Differenzirung der auf Agar isolirten
Colonieen mittels der Agglutination ist ein hochwerthig agglutinirendes
Serum. Ein Serum, welches einen hohen Gehalt an Agglutininen hat,
stellt man am besten durch Immunisirung von Kaninchen, oder Eseln
her. Es empfiehlt sich nämlich aus praktischen Gründen, das Serum
von solchen Thierarten zu gewinnen, bei welchen das Normalserum,
d. h. das Serum gesunder Thiere derselben Thierart, möglichst geringe
agglutinirende Eigenschaft gegenüber den Cholerabakterien besitzt. Wir
haben die normalen Serumproben von Kaninchen, Eseln, Pferden,
Ziegen, wie aus den beigegebenen Tabellen hervorgeht, auf ihre Agglu¬
tinationswirkung gegenüber einer Anzahl von Choleraculturen verschieden¬
ster Virulenz geprüft. Dabei hat sich gezeigt, dass das Serum von
Kaninchen und Eseln sehr geringe Agglutinationswirkung hat, während
das Serum von Pferden und Ziegen oft in stärkerem Maasse aggluti-
nirend wirkt. Die Werthe der Titres der normalen Sera waren z. B. bei
den Culturen Aegypten XVII und XVIII:
bei Kaninchen . >1:10,
„ Esel . . . >1:20,
Zeitachr. f. Hygieno. XLIV. 3
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W. Kölle und E. Gotschlioh:
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1 Diosofl Serum Ist mit der Cultur Pfeiffer vom Jahre 1895 horgrestellt. * Das Zeichen ± bedeutet „Gronze".
Untebsuchungen übee d. baktebiül. Cholekabiagnostik u. s. w. 35
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Maassen
\
I
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Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 37
Tabelle VI.
Vergleichende Zusammenstellung der Agglutinations-Titres der nor¬
malen Serumproben bei den verschiedenen Culturen.
[jfd.l
N,|
1
B
ezeichnung
der
1 Agglutinationstiter mit normalem
Cholera
1 bezw.
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Esel-S.jPferde-S. Kaninchen-S.
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1:20
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1 : 50
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1:20
1 : 10
ja
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Aegypt. XII
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1:50
1 :200
1 : 20
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nein
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ja
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1 : 10
1:40
1 : 10
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ja
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0
1 : 10
1 : 10
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0
1:20
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99
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1 :200
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1:20
0
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1 0 bedeutet, dass s
elbst bei
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sine Aggl
utination vor!
handen is
t. Bei den
nicht ausgefüllten Reihen ist die Agglutination überhaupt nicht ausgeführt.
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38
W. Kolle und E. Gotschlich:
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bei Pferd . . . >1:40,
„ Ziege . . . >1:50.
Die Vorbehandlung der Thiere zur Gewinnung eines agglutinirenden
Serums geschieht am besten durch intravenöse Injectionen abgetödteter
Choleraculturmassen. Die Abtödtung der Cholerabakterien erfolgt durch
einstündige Erwärmung auf 60° C. Bei Kaninchen genügen drei Ein¬
spritzungen (1 Oese, 3 Oesen, 5 Oesen) in 7tägigen Intervallen, um ein
kräftig agglutinirendes Serum zu erzeugen. Virulente frische Culturen
liefern ein besser agglutinirendes Serum als alte, avirulente und atypische.
7 Tage nach der letzten Injection wird das Serum entnommen. Bei
Eseln, Pferden und Ziegen bedarf es dagegen einer etwas längeren Vor¬
behandlung; es müssen mehrere abgetödtete Agarculturen in 7 tägigen
Zwischenräumen intravenös injicirt werden. Pferde sind trotz des reichen
Gehalts des Normalserums an Agglutininen geeignet zur Immunisirung,
weil es bei ihnen gelingt, den Agglutinationstiter sehr hoch zu treiben, was
bei Ziegen nicht mit gleicher Sicherheit und Leichtigkeit zu erreichen ist
Bei Pferden ist die Technik der Injection und Blutentnahme, namentlich
wenn es ruhige Thiere sind, sehr leicht und bequem auszuführen Auch für
die Fälle, wo agglutinirendes Serum in grossen Mengen, z. B. in einer
Controlanstalt für Gewinnung von Choleraserum, dargestellt werden soll,
kommen Pferde in erster Linie in Betracht. Die Hochtreibung muss mög¬
lichst rasch d. h. mit 3 bis 4 Injectionen kräftiger Dosen erfolgen, da bei
längerer Vorbehandlung Partialagglutinine vielleicht auftreten. Mit Eseln
ist das Manipuliren nicht so angenehm wie mit Pferden. Trotzdem
dürfte, wenn diese technischen Schwierigkeiten überwunden werden, das
Eselserum für Zwecke der praktischen Agglutinationsprobe grossen Werth
besitzen, weil das normale Eselserum so geringe Agglutinationswirkungen
auf die Choleravibrionen besitzt. Das Kaninchenserum ist besonders gut
geeignet, aber die Menge Serum, welche von einem Thiere gewonnen
werden kann, ist sehr gering. Es ist nicht nur unnöthig, sondern direct
auch für die Erzielung hoher Agglutinationswerthe schädlich, wenn die
Vorbehandlung der Thiere mit zu grossen Dosen (mit sog. Schlägen) er¬
folgt. Die Thiere kommen dadurch zu sehr herunter und der Aggluti¬
nationstiter des Serums fällt, anstatt zu steigen, nach jeder zu schweren
Reaction.
Die Agglutinine erfahren in dem flüssigen Serum, mag dasselbe nun
mit oder ohne Phenolzusatz aufbewahrt werden, ziemlich rasch eine Ver¬
änderung. Es kommt, wie fast in allen chemischen Lösungen ähnlicher
Art, z. B. Giftlösuugen, sehr leicht zu einer Dissociirung der gelösten
Stoffe. Diese Dissociirung tritt auch in agglutinirendem Serum auf. So
sind wohl die als Agglutinoide, Pro-Agglutinoide u. s. w. bezeichneteu
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Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagrostik u. s. w. 39
Stoffe aufzufassen. Rein praktisch gesprochen kann man sagen: das
Serum schwächt sich ab; es ist aber noch ein anderer Gesichtspunkt dabei
im Auge zu behalten. Derartig abgeschwächte Serumproben, welche also
an Stelle der Agglutinine Agglutinoide, Pro-Agglutinoide u. s. w. ent¬
halten, sind zur Differenzirung der Choleravibrionen von den choleraähn¬
lichen Vibrionen nicht zu benutzen. Der Agglutinationsprocess verläuft,
wie unsere Versuche ergaben und worauf auch Paltauf, Bail und
Wassermann besonders hingewiesen haben, bei Anwendung derartiger,
lange in flüssigem Zustande auf bewahrter Sera nicht in der regelmässigen
Tab. IX. Immumsirungscurve eines Pferdes.
und prompten Weise, wie er hei Anwendung frisch gewonnenen, hoch-
werthig agglutinirenden Serums, das nur die primären Agglutinine enthält,
erfolgt Versuche, welche wir mit Trocknen des Serums angestellt haben,
haben nun ergeben, dass es bei vorsichtigem Trocknen gelingt, die Agglu-
tinine zu conserviren, ohne dass eine Abschwächung oder Veränderung
eintritt. Auf Veranlassung von Prof. Kolle ist von Herrn M. Lauten¬
schläger ein Apparat zum Eintrocknen des Serums construirt worden,
der allen Anforderungen an eine ^bequeme Handhabung genügt und zu
gleicher Zeit vorzügliche Resultate liefert. 1
1 Siehe Klin . Jahrbuch . Bd. XI.
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40
W. Kölle und E. Gotschlich:
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Wir haben derartig getrocknetes Serum mehrere Monate hindurch in
zugeschmolzenen braunen Röhrchen aufbewahrt und nach Ablauf dieser
Zeit den Gehalt des Serums an Agglutininen bei genauer Titrirung un¬
verändert gefunden. Nach den Beobachtungen, welche hier im Institut
mit dem Pariser Pesttrockenserum gemacht sind, bewahrt das Pesttrocken¬
serum seinen Gehalt an Agglutininen unverändert länger als ein Jahr.
Wir haben keinen Grund, anzunehmen, dass die Choleraagglutinine sich
in Bezug auf Conservirung in trockenem Zustande anders verhalten sollten,
als die Pestagglutinine.
Das wieder aufgelöste Serum ist sofort zu benutzen, da es nur wenige
Tage sich unverändert hält.
Was nun die Methoden, welche zur Anstellung der Agglutinations¬
probe gebräuchlich sind, betrifft, so sind leider verschiedene Methoden im
Umlauf, die keineswegs völlig einwandsfrei sind. Es wird bei Agglutina¬
tionsversuchen mehr gesündigt, als man glaubt. Jeder wird das zugeben,
der selbst Gelegenheit gehabt hat zu sehen, wie in Krankenhäusern die
sogenannte Widal’sehe Reaction zur Frühdiagnose des Typhus abdominalis
angewandt wird. Man kann da die eigenartigsten Dinge zu Gesicht be¬
kommen. Die Verdünnungen werden vielfach mit Bouillon gemacht, die
natürlich ein für diese feinen Reactionen ungeeignetes, weil in ihrer Zu¬
sammensetzung nie völlig gleichmässig herzustellendes, Fluidum ist. Werden
dann obendrein noch Bouillonculturen zur Agglutination benutzt, wo¬
möglich nicht einmal frische, und findet man, dass an Stelle von klarem
Serum stark von Blutkörperchen getrübtes Serum zur Herstellung der
Verdünnung benutzt wird, so werden die eigenartigen Resultate, welche
vielfach mit der sogenannten Widal’schen Reaction erhalten sind, er¬
klärlich. Am schlimmsten ist es aber, wenn für die Feststellung der
Agglutination nicht die mit blossem Auge oder bei schwacher Vergrösse-
rung sichtbare Häufchenbildung benutzt wird, sondern mit der Oel-
immersion in der Bakterienaufschwemmung nach agglutinirten Bakterien¬
häufchen geforscht wird. Man kann dann zu solchen Fehlschlüssen
kommen, wie manche Autoren, die schreiben, es sei dann noch Agglu¬
tination vorhanden, wenn man vier bis sechs zusammengelagerte Typhus¬
bacillen findet. In Bakterienaufschwemmung oder Bouillonculturen der
Typhusbacillen findet man stets, auch ohne dass Agglutination vorliegt,
kleinste, zusammengeballte Bakterienhäufchen bei Benutzung der starken
Vergrösserung.
Es ist daher nothwendig, sich an eine ganz bestimmte Methodik bei
der Ausführung der Agglutinationsprobe zu halten und sich in dieser
einen Methode absolut sicher einzuüben. So unzweideutige und objective
Resultate die Agglutinationsprobe bei Anwendung dieser Methode in der
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Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 41
Hand des Geübten liefert, so widersprechende und unsichere Resultate
können zu Tage treten, wenn man eine der Vorsichtsmaassregeln und der
unerlässlichen Controlen ausser Acht lässt. Wer aber die von uns
bezüglich der Agglutination bei Cholera erhaltenen Resultate nachprüfen
will, der muss sich auch streng an die von uns empfohlene Methodik
halten.
In der neuen von R. Koch, M. Kirchner und Kolle verfassten
Anleitung zur bakteriologischen Choleradiagnose 1 sind zwei Methoden der
Agglutination als zulässig angegeben und beschrieben worden:
1. die Agglutinationsprobe im hängenden Tropfen bei schwacher Ver-
grösserung und 2. die quantitative Bestimmung der Agglutinirbarkeit bei
Beobachtung der Bakterienaufschwemmung im Reagensglase mit blossem
Auge.
Bezüglich der Agglutinationsprobe im hängenden Tropfen ist zu be¬
merken, dass nur dann aus dieser Probe ein Schluss zu ziehen ist, wenn
die Resultate über allem Zweifel eindeutig sind.
Bei nicht eindeutigem Ausfall der Agglutinationsprobe, im hängenden
Tropfen ist es nothwendig, ein endgültiges Urtheil über die Natur einer
Colonie oder Cultur nicht eher abzugeben, ehe nicht die quantitative Be¬
stimmung der Agglutinirbarkeit der betreffenden Cultur festgestellt ist. Es
ist auch bereits bei der Beurtheilung des Befundes unter 8. darauf hin¬
gewiesen worden. Es heisst dort: „Giebt die Agglutinationsprobe im hängen¬
den Tropfen nicht absolut einwandsfreie Resultate, so ist die quantitative
Bestimmung der Agglutinirbarkeit vorzunehmen, sobald eine Reincultur von
der verdächtigen Colonie gewonnen worden ist.“ In den wichtigen Fällen, vor
allen Dingen, wo es sich um die erste Feststellung von Cholera in einem
Ort, in einem Bezirk oder Lande handelt, ist die Agglutinationsprobe im
hängenden Tropfen nicht allein ausschlaggebend, wie weiter ausgeführt
wird. Die orientirende Agglutinationsprobe im hängenden Tropfen soll
vor allen Dingen dazu dienen, auf den Agarplatten die Colonieen, von
welchen man abimpfen will, herauszufinden. Neben den Choleracolonieen
können andere Vibrionencolonieen auf den Agarplatten erscheinen, wenn
diese letzteren aus den in der Vorcultur angereicherten Peptonröhrchen
gewonnen sind.
Bei einem Pferdeserum mit einem Titer 1:10000 sind die Dosen
für die orientirende Agglutinationsprobe z. B. auf 1:2000 uud 1:3000
angegeben. Bei diesen Concentrationen werden auch die allervirulentesten
und schwer agglutinirbaren Culturen in ganz kurzer Zeit, spätestens
1 Min.-Blatt für die prcujs. Mcdicinal-Angelegenheiten. 1902. Nr. 12.
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42
W. Kolle und E. Got8Chlich:
innerhalb 30 Minuten agglutinirt. Man kann diese Agglutination schon
mit blossem Auge sehen, indem der kleine hängende Tropfen wie mit
einem Netzwerk von starken Maschen erfüllt aussieht, falls Agglutination
stattgefunden hat. Ist keine Agglutination vorhanden, so ist das auch
schon meist mit blossem Auge zu sehen, indem der Tropfen gleichmässig
getrübt erscheint. Bei schwacher Vergrösserung (Zeiss D. D.) kann man
am besten die orientirende Agglutinationsprobe beurtheilen. Controlen
sind gerade bei diesem onentirenden Agglutinationsversuch von der grössten
Bedeutung. Auch muss man stets daran denken, dass es Vibrionenarten
giebt, welche im hängenden Tropfen sich so schwer verreiben lassen, dass
leicht Häufchenbildung vorgetäuscht werden kann. Diese Eigenschaft
mancher Vibrionenculturen kann gerade hier noch leichter zu Täuschungen
Veranlassung geben als bei Anstellung der Agglutinationsprobe im Ee-
agensglase.
Die Technik dieses orientirenden Versuches ist am besten in folgender
Weise auszuführen. Man bringt ein Tröpfchen der betreffenden Lösungen
(specifisches Serum, normales Serum in 0*8 procentiger Kochsalzlösung) je
auf ein Deckgläschen. Mit einer spitzen Platinnadel streift man einen
kleinen Theil der Colonie ab und vertheilt denselben unter Verreiben in
dem Tröpfchen möglichst gleichmässig. Es wird in gewöhnlicher Weise ein
hängender Tropfen hergestellt. Wichtig ist vor allen Dingen, nicht zu
viel Material zu nehmen, damit die Aufschwemmung nicht- zu dicht wird.
Fällt diese orientirende Agglutinationsprobe bei verdächtigen Colonieen
negativ aus, so kann man bei positivem Ausfall einer Controle, welche
mittels Choleraserum und einer Testcholeracultur angestellt ist, mit einer
an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit sagen, dass die betreffende
Vibrionenart keine Choleracultur ist. Es ist allerdings stets in solchen
Fällen, wenn es sich um wichtige Feststellungen handelt, erst nach An¬
stellung der quantitativen Agglutinationsprobe ein Urtheil abzugeben.
Die quantitative Bestimmung der Agglutinirbarkeit ist eine Methode,
bei welcher die auch sonst in der Naturwissenschaft gebräuchlichen Methoden
der Messung und Wägung in Anwendung gebracht werden sollen. Dass
die Abmessungen des Serums, welche in Form der Verdünnungen her-
gestellt werden, absolut sichere Mengenverhältnisse ergeben, wird ohne
Weiteres von jedem zugegeben werden können. Bezüglich der Oesen,
welche das Maass für die mit dem Serum zu mischende Culturmasse dar¬
stellen, könnte eingewandt werden, dass die Oesen nicht stets die gleiche
Menge Culturmasse fassen. Dem gegenüber soll darauf hingewiesen werden,
dass man bei einiger Uebung sehr rasch dahin gelangt, fast stets die
gleiche Menge Agarculturmasse mit einer Platinöse von der Oberfläche
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Untersuchungen über d. bakteriol. Choberabiagnostik u. s. w. 43
einer solchen Cultur abzustreifen. Messungen und Zählungen haben er¬
geben, dass eine sogenannte Normalöse, welche man sich leicht mit einem
sogenannten Oesenbieger von gleicher Grösse herstellen kann, wenn man
nur stets einen Platindraht von constanter Dicke gebraucht, ein viel
constanteres Maass ist, als gemeinhin angenommen wird. Sie enthält mit
ganz geringen Schwankungen 2 B * Culturmasse bei Benutzung 18-stün-
diger Choleraagarculturen. So berechtigt vom theoretischen Standpunkte
aus also gewisse Einwürfe gegen die Constanz der angewandten Messungs¬
methode mittels der Oese sein mögen, so wenig begründet erweisen sich
diese Ein würfe bei praktischer Prüfung. Wir haben häufig, ja sehr viele
Male die Probe auf das Exempel gemacht, indem verschiedene Arbeiter
nach dieser Methode den Werth eines Serums quantitativ bestimmt haben.
Es hat sich dabei herausgestellt, dass die Werthe, welche von den ver¬
schiedenen Herren erhalten wurden, stets ganz genau übereinstimmten.
Es ist natürlich auch bei Anwendung der quantitativen Agglutinations¬
methode nothwendig, gewisse Cautelen nicht ausser Augen zu lassen. So
ist es nothwendig, Nährböden zu benutzen, welche den vorgeschriebenen
Alkalitätsgrad besitzen und auf dem die Cholerabakterien gut zur Ent¬
wickelung gelangt sind. Die Culturen, welche der Agglutinations¬
probe unterworfen werden, dürfen nicht älter als 18 Stunden
und müssen gut entwickelt sein. Auch Controlversuche sind nie zu
unterlassen. Es ist absolut unerlässlich, stets folgende Controlen zu
machen:
1. Mit der verdächtigen Cultur und mit normalem Serum derselben
Thierart, aber in zehnfach stärkerer Concentration;
2. mit derselben Cultur und mit der Verdünnungsflüssigkeit;
3. mit einer bekannten Choleracultur von gleichem Alter wie die zu
untersuchende Cultur und mit dem Testserum.
Die erste Controle ist auszuführen, weil es Culturen giebt (und zwar
handelt es sich hier bei frischen, aus den Menschen isolirten Culturen
meist um choleraähnliche Culturen), welche von dem normalen Serum
ziemlich stark beeinflusst werden; namentlich das Pferde- und Ziegen¬
serum besitzt gegenüber einigen Culturen, z. B. Nr. X, Tor H, sehr er¬
hebliche Agglutinationswirkung. Die unter 2. genannte Controle ist vor¬
gesehen worden, um diejenigen Culturen auszuschalten, welche etwa in
der 0*8procentigen Kochsalzlösung agglutinirt werden. Frische Cholera-
culturen — es sind sämmtliche aus Aegypten erhaltenen Stämme daraufhin
geprüft — zeigen in 0*8procentiger Kochsalzlösung auch bei mehr¬
stündigem Verweilen im Thermostaten nicht die geringste Agglutiuations-
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W. KolijE und E. Gotschuch:
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Wirkung. Die alten, lange in Laboratorien fortgezüchteten Vibrionen-
culturen zeigen allerdings sehr häufig schon in 0-8procentiger Koch¬
salzlösung eine Zusammenballung. Es ist das nicht eine eigentliche
Agglutination in dem Sinne, wie wir sie durch die specifischen Agglu-
tinine eintreten sehen, sondern es handelt sich hier um eine Art
Pseudoagglutination, wie wir diesen Vorgang benennen möchten.
Durch die Uebertragung solcher alten Vibrionenculturen von den festen
Nährböden in das flüssige Medium tritt bei vielen Exemplaren, da
dieselben sehr wenig widerstandsfähig sind, eine Plasmolyse ein und
mit diesen in Lösung gehenden Plasmasubstanzen hängt es wohl zu¬
sammen, dass ein Theil der Vibrionen zusammengeballt wird. Dass
es sich bei derartigen Phänomenen nicht um echte Agglutination
handelt, geht unter Anderem daraus hervor, dass dieser Process nie
wie bei der echten Agglutination ein fortschreitender ist. Die Häufchen,
welche übrigens weniger zusammengebaute Vibrionenklumpen, als an
einander gelagerte Bakterien verbände sind, bleiben, man mag der¬
artige pseudoagglutinirte Bakterien noch so lange bei Blutwärme oder
Zimmerwärme auf bewahren, gleich gross, auch tritt in solchen Fällen
nicht eine völlige Klärung der Flüssigkeit nach 1 bis 2 Stunden ein,
wenigstens dann nicht, wenn die betreflenden Bakterien beweglich bleiben.
Gerade bei diesen alten Laboratoriumsculturen der Vibrionen, die zum
Theil schon bis zu 10 Jahren meist auf Agar fortgezüchtet sind, tritt
durch die Uebertragung von Agar in die Kochsalzlösung leicht eine
Lähmung und ein Losreissen der Geissein ein, so dass die Vibrionen wie
unbewegliche Bakterien sich zu Boden senken. Die Kenntniss aUer dieser
Vorgänge ist absolut nothwendig für denjenigen, welcher sich mit den
Agglutinationsvorgängen vertraut machen will. Besonders muss hervor¬
gehoben werden, dass die Agglutination zur Identificirung
bezw. Differenzirung alter, viele Monate oder Jahre in den
Laboratorien fortgezüchteten Vibrionenculturen aus eben
diesen Gründen meist nicht geeignet ist. Es giebt alte Vibrionen¬
culturen, welche sich auch in Bezug auf ihr Verhalten gegenüber den
Agglutininen noch typisch zeigen; das sind aber Ausnahmen. 1
1 Dass alte Laboratoriumsculturen zur Differenzirung mittels der Agglutination
nicht geeignet sind, konnten wir in häufig wiederholten Versuchen u. a. mit Cul¬
turen feststellen, die wir von Prof. Dun bar erhielten. Diese Culturen stammten
aus der Sammlung des Genannten, welche Vibronenculturen aus dem Jahre 1894
und 1895 enthielt. Die Culturen waren seit jener Zeit auf künstlichen Nährboden
fortgezüchtet und wiesen meist schon in physiologischer Kochsalzlösung oder in
Verdünnungen normaler Serumproben Agglutination auf, erwiesen sich also zur
Differenzirung mittels der Agglutinine als unbrauchbar.
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U NTEBSUCHUNGEN ÜBEB, D. BAKTEKIOL. ChOLEBADIAGNOSTIK U. S. W. 45
Hierher sind za rechnen die auch in den Tabellen aufgeführten
Colturen: Chol. Pfeiffer, Chol. Hankin. Solche alte Colturen, wenigstens
die meisten derselben, sind auch mittels des Pfeiffer’schen Ver¬
suches, weil sie meist völlig avirulent sind, nicht mehr zu prüfen.
Handelt es sich darum, hei diesen alten Vibrionenculturen der Labo¬
ratorien ihre Natur festzustellen, so bleibt als einziges Mittel die Im-
munisirung von Kaninchen mittels derselben übrig, um festzustellen, ob
das so gewonnene Serum auf die echten Choleravibrionen (bezw. auf
welche andere Vibrionenart) agglutinirend oder bakteriolytisch wirkt.
Solche alte Culturen sind es, wodurch immer wieder die un¬
zutreffende Behauptung von dem Vorhandensein der soge¬
nannten Gruppenreactionen, auf die wir noch zu sprechen
kommen, aufgefrischt wird. Die unter 3. beschriebene Controle ist
nothwendig, um die Wirksamkeit des zur Agglutination benutzten Serums
zu beweisen.
Das Verfahren zur Anstellung der Agglutinationsprobe ist in der
„Anleitung zur bakteriologischen Choleradiagnose“ mit folgenden Worten
sehr präcis beschrieben: „Mit dem Testserum werden durch Vermischen
mit 0-8procentiger, behufs völliger Klärung zwei Mal durch gehärtete
Filter filtrirte Kochsalzlösung Verdünnungen im Verhältnis von 1:50,
1:100, 1:500, 1:1000 und 1:2000 hergestellt. Von diesen Verdünnungen
wird je 1 00111 in Beagensröhrchen gegeben und je eine Oese der zu prüfenden
Agarcultur am Bande des Glases verrieben, dann in die Flüssigkeit ge¬
schwemmt und durch Schütteln gleichmässig vertheilt. Nach längstens
einstündigem Verweilen im Brutschränke bei 37° werden die Böhrchen
herausgenommen und besichtigt und zwar am besten so, dass man sie
schräg hält und von unten nach oben mit dem von der Zimmerdecke
reflectirten Tageslicht mit dem blossen Auge oder bei schwacher Lupen-
vergrösserung betrachtet. Der Ausfall der Untersuchung ist nur dann als
positiv anzusehen, wenn unzweifelhafte Häufchenbildung bis zu den vor¬
geschriebenen Verdünnungen erfolgt ist.“
Es versteht sich von selbst, dass der Ausdruck Verdünnung und
Concentration nur die Bezeichnung für eine bestimmte Menge des Serums
ist; z. B. 1:1000 bedeutet, dass das Serum mit der 1000 fachen Menge
Kochsalzlösung verdünnt ist, dass also in 1 ccm Flüssigkeit, in welchem
eine 2 mg -Oese 18 ständiger Choleraagarcultur verrieben werden soll, 1 ra>!
Serum enthalten ist.
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W. Kolle und E. Gotschlich:
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Tabelle VII. Agglutination.
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Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 49
Die echte Agglutination ist ein zeitlich fortschreitender
Process, d. h. die Häufchenbildung nimmt bis zu einem Maximum in
einer bestimmten Zeit zu. Die Culturmasse ist in allen Röhrchen ebenso
wie die Flüssigkeitsmenge (1 ocm ) stets die gleiche. Das Wechselnde bei
der Bestimmung der quantitativen Agglutinirbarkeit einer Cultur ebenso
wie bei der Aichung eines Serums ist die Quantität des Serums. Das
Einheitsmaass, auf welches der Titer bezogen wird, ist eine Oese Cultur*
masse.
Mit dieser Agglutinationsmethode sind die 77 Culturen, welche
Dr. Gotschlich mittels der Peptonmethode aus echten Cholerafällen
(Fäoes und Darminhalt von Choleraleichen) sowie aus Fäces choleraver¬
dächtiger Fälle und scheinbar Gesunder aus der Umgebung von Cholera¬
kranken isolirt hat, geprüft. (Vgl. Tab. VII.)
Es ist uns stets schon mittels der orientirenden Agglutinationsprobe
gelungen, die echten Choleraculturen von den Nichtcholeraculturen in
wenigen Minuten zu trennen. Alle späteren Versuche, welche wir mit
den Culturen angestellt haben, haben unsere erste Diagnose bestätigt.
Mit den Culturen haben wir folgende Untersuchungen angestellt. 1. Es
sind alle morphologischen, culturellen und biologischen Eigenschaften,
welche für die Erkennung der Cholerabakterien angegeben worden sind,
herangezogen worden, Form, Stellung und Zahl der Geissein, Beweglichkeit,
Wachsthtun in Gelatine, auf Agar, Cholerarothreaction, Pathogenität für
Meerschweinchen, Pathogenität für Tauben u. s. w. 2. Sämmtüche Culturen
sind der quantitativen Agglutinationsprobe mittels der verschiedensten
Serumproben unterworfen worden. Wir haben mit einer grossen Anzahl
der aus Aegypten erhaltenen echten Choleraculturen sowie mit jeder Cultur,
welche wir als nicht zu den echten Choleraculturen gehörig erkannt hatten,
ein Serum hergestellt. Dieses Serum wurde von grossen, möglichst
kräftigen Kaninchen gewonnen und zwar so, dass dieselben mehrere Male
bei 60° abgetödtete Choleraculturen intravenös injicirt erhielten (zunächst
1 Oese, 7 Tage später 3 Oesen und, wenn das Serum dann noch nicht
genügend wirksam war, ö Oesen). Es wurden so nicht weniger als 40
verschiedene Serumproben gewonnen. Diese verschiedenen Serumproben
wurden nun in eingehendster Weise nicht nur gegenüber den Culturen,
mit welchen sie hergestellt waren, geprüft, sondern auch gegenüber den
sälnmtliohen oder den meisten anderen Culturen. Ausserdem wurden die
Culturen geprüft mit einem Serum, welches uns aus der letzten Cholera¬
epidemie 1895 zur Verfügung stand und hergestellt war mit der schon
erwähnten alten Choleracultur (Cholera Pfeiffer). Einige Versuche wurden
auch (und zwar mit genau gleichen Resultaten) mit einem in Italien im
Jahre 1895 hergestellten Choleraserum angestellt; für Ueberlassung dieses
Zeltachr. f. Hygiene. XLIY.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
50
W. Kölle und E. Gotschlich:
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Serums sind wir Hm. Dr. Milton Crendiropoulos in Alexandrien zu
Dank verpflichtet. Es standen uns ausserdem Choleraculturen zur Ver¬
fügung, welche aus Indien stammten, ferner eine Cultur ans Jaffa in
Syrien und eine Cultur aus Messina. Das alte aus dem Jahre 1895
stammende Choleraserum hesass auch gegenüber diesen Culturen eine
specifische Agglutinationswirkung. 3. Die sämmtlichen Culturen worden
dem Pfeiffer’schen Versuch mit Hülfe eines specifischen Cholera-Kanin¬
chenserams unterworfen, soweit sie die genügende Virulenz besassen.
Es hat sich nämlich herausgestellt, dass eine Anzahl der Culturen, die ja
alle unter vollkommen gleichen Verhältnissen auf bewahrt und gleichalteng
waren, nur eine so geringe Virulenz besassen, dass die Dosis lethalis
minima erst bei mehr als einer halben oder ganzen Oese lag. Derartige
Culturen (in den Tabellen mit * bezeichnet) sind aber zur Anstellung des
Pfeiffer’schen Versuches nicht mehr zu benutzen Die meisten Culturen
waren allerdings genügend virulent, um sie dem Pfeiffer’schen Versuche zn
unterwerfen. Ob diese schwach virulenten oder avirulenten Culturen schon
bei der Isolirung aus den Fäces so wenig virulent für Meerschweinchen
waren, wie sie sich einige Wochen nach ihrer Isolirung bei der Prüfung
im Institut für Infectionskrankheiten zeigten, lässt sich nicht bestimmt
sagen. Auffallend ist, dass von den unter den gleichen Verhältnissen auf¬
bewahrten Culturen eine Anzahl sich hochvirulent erwies, während andere
völlig avirulent für Meerschweinchen waren. Auf jeden Fall zeigten also
die Culturen ein verschiedenes Verhalten bezüglich der Erhaltung der
Virulenz unter gleichen Bedingungen.
Es hat sich nun eine absolute Uebereinstimmung zwischen
den Resultaten ergehen, welche durch die morphologischen und
biologischen Untersuchungen, sowie durch die Agglutinations¬
probe und den Pfeiffer’schen Versuch erhalten sind. Alle
Culturen, welche wir durch die Agglutination als echte Cholera¬
culturen erkannt hatten, wurden durch die Sera aller anderen
echten Choleraculturen agglutinirt, aber nie durch das Serum
von Culturen, welche wir mit unserem Standardserum als nicht
zu den echten Choleraculturen gehörig erkannt hatten. Die
Serumproben ferner, welche mit den choleraähnlichen Vibrionen
hergestellt waren, beeinflussten nur sich selbst, nie dagegen
eine von den anderen Culturen, Cholera wie choleraähnliche,
stärker als normales Serum derselben Thierart. Eine Ausnahme
von dieser Regel machten nur einige wenige der Culturen von
choleraähnlichen Vibrionen, welche sich als unter einander
identisch erwiesen. Unter denjenigen Culturen, welche wir
durch Agglutination als nicht zu den Choleraculturen gehörig
Gck igle
Original frum
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 51
erkannt hatten, stimmten theilweise auch die anderen morpho¬
logischen und biologischen Eigenschaften nicht mit dem Typus
der Choleraculturen überein. So enthielt eine Anzahl dieser
Cultnren, mit mehreren Geissein versehen, Vibrionen (2, 4
bis 6), andere Cultnren waren hoohpathogen für Tauben (z.B.
Nr. V, X, Tor II) bei Impfung kleinster Mengen in den Brust¬
muskel. Sie tödteten dieselben unter Vibrionensepticämie und
erwiesen sioh als zur Gruppe des Vibrio Metschnikoff gehörig.
Andere dieser Vibrionen wiesen in Gelatine ein atypisches
Wachsthum auf. Eine vollständige Zusammenstellung aller
unserer choleraähnlichen Vibrionen, gruppenweise nach ihren
natürlichen Verwandtschaftsbeziehungen geordnet, findet sich
in Tab. X.
Besonders wichtig ist, dass es uns nicht gelungen ist, mit
einer einzigen dieser Culturen, die wir in die Gruppe der
choleraähnlichen Vibrionen zu rechnen haben, ein Serum zu
erzeugen, welches im Pfeiffer’sohen Versuch oder in der Agglu¬
tinationsprobe eine Beeinflussung der echten Cholerabakterien
gezeigt hätte.
Es hat sich also nicht nur eine vollkommene Congruenz
zwischen den 'verschiedenen morphologischen und biologischen
Methoden gezeigt, sondern auch eine vollkommene Ueberein-
Stimmung zwischen den Besultaten der Agglutinationsprobe
und der Pfeiffer’sohen Versuchsanordnung. Allen Methoden
überlegen erwies sioh in Bezug auf Schnelligkeit und bei Be¬
nutzung des hochwerthigen Serums auch in Bezug auf Sicher¬
heit die Agglutinationsprobe. Auch da, wo die Culturen nicht
mehr virulent waren, gelang es uns mittels der Agglutinations¬
probe in kurzer Zeit eine Entscheidung herbeizuführen. Wenn
auch die Mehrzahl der aus dem Menschen isolirten Culturen
eine solche Virulenz besitzen wird, dass sich der Pfeiffer’sche
Versuch damit anstellen lässt, so ist doch, wie die Virulenz¬
prüfung der aus Aegypten erhaltenen Culturen gezeigt hat, mit
erheblichen Unterschieden in der Virulenz der frischen Culturen
zu rechnen. Denn die ägyptischen Culturen waren nur ein Mai
oder einige wenige Male über Nährböden umgezüchtet. Es ist
gar nicht ausgeschlossen, dass man verhältnissmässig häufiger,
als man das wohl früher erwartet hatte, frische Culturen findet,
welche bei Meerschweinchen erst bei Einverleibung von mehr
als Vs Normalöse einer 18-stündigen Agarcultur tödtlich sind.
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Original from
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52
W. Kölle und £. Gotschlich:
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Besprechung benöthigt noch die Frage, ob die Agglutinirbarkeit der
Choleraculturen eine so wechselnde ist, dass beispielsweise eine Cultur,
die von einem specifischen Choleraserum bis 1:3000 agglutinirt wird, durch
irgend welche Umstände, z. B. Passage des Meerschweinchen- oder Kanin¬
chenkörpers, so verändert werden kann, dass die Agglutinirbarkeit durch
dasselbe Serum z. B. auf 1:100 oder 1:50 sinkt. Es wird ja von manchen
Autoren behauptet, dass derartige Verhältnisse bei Typhusbakterien Vorkom¬
men sollen. Bei Pestbakterien hat die Passage durch die verschiedensten
Thierarten, Wachsthum unter den verschiedensten Verhältnissen bei hohen
und niedrigen Temperaturen, wie von Kolle und Martini vielfach ge¬
prüft worden ist, nicht den mindesten Einfluss auf die Agglutinirbarkeit;
dieselbe steht vielmehr im umgekehrten Verhältniss zur Virulenz. Bei
den ägyptischen Vibrionenculturen haben wir Veränderungen der Agglu¬
tinirbarkeit in dem Sinne, wie sie bei Typhusbakterien z. B. in Folge
Passage des Meerschweinchenkörpers Vorkommen sollen, nie beobachtet
Insbesondere haben sich die Culturen der choleraähnlichen Vibrio¬
nen nach vielen Uebertragungen auf künstliche Nährböden sowie anderer¬
seits auch bei Abimpfung aus sehr alten, Monate lang nicht umge¬
züchteten Culturen (bekanntlich Bedingungen, unter denen besonders
leicht grössere sprunghafte Variationen auftreten) in Bezug auf die
Agglutinirbarkeit durch ein Choleraserum (z. B. von Kaninchen VIII)
genau so verhalten, wie am ersten Tage der Prüfung,- wo sie seit Iso-
lirung aus den menschlichen Fäces höchstens 1 bis 3 Umzüchtungen
auf Nährböden erfahren hatten; der Agglutinationstiter war in beiden
Fällen 1:20, d. h. nicht höher als gegenüber normalem Kaninchenserum.
Wenn schon durch diese Feststellungen der Einwand hinfällig
wird, dass die nicht von unserem Choleraserum agglutinirten
Vibrionen etwa schwer agglutinirbarer oder inagglutinable
Choleraculturen seien, so ist diese Annahme von vornherein ausge¬
schlossen durch den Umstand, dass wir mit den choleraähnlichen Vibrio¬
nen bei Kaninchen nur solche Serumarten erzeugen konnten, welche auf
die betreffenden oder andere choleraähnliche Vibrionen, aber nie auf echte
Choleravibrionen agglutiuirend und im Thierversuch bakteriolytisch wirkten.
Die zu Tabelle Villa beigegebnen Einzeltabellen zeigen in leicht über¬
sichtlicher Weise diese Verhältnisse.
Damit soll nun nicht gesagt sein, dass es nicht Unterschiede in der
Agglutinirbarkeit der verschiedenen Cholerastämme giebt. Wir müssen
leicht und schwer agglutinable Stämme anerkennen. Von
Pfeiffer und Kolle 1 wurde angenommen, dass diese Verschiedenheit in
1 Ccntralblaft für Bakteriologie. 1896.
Go^ 'gle
Original frum
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 53
der Agglutinirbarkeit eine Funktion der Virulenz sei oder doch in einem
nahen Verhältnis zu ihr stehe. Die Prüfung der ägyptischen Culturen
zeigt indessen, dass echte Cholerastämme von gleicher Virulenz
erhebliche Unterschiede in der Agglutinirbarkeit zeigen, die indessen bei
Benutzung eines hochwerthigen Serums z. B. vom Titer 1:5000 höchstens
schwanken zwischen 1:2000 bis 1:5000. Umgekehrt zeigten einige
der frischen ägyptischen Culturen, die für Meerschweinchen fast aviru-
lenfc waren, den gleichen Agglutinationstiter wie die virulenten. Unter¬
schiede, wie sie bei Typhusculturen Vorkommen sollen, haben wir bei
unseren untersuchten frischen Choleraculturen nicht gesehen. Worauf die
Unterschiede in der Agglutinirbarkeit beruhen, ist zur Zeit noch nicht
aufgeklärt. Wichtig ist, dass die alten, lange in Laboratorien fort¬
gezüchteten Choleraculturen eine ausserordentlich gute Agglutinirbarkeit
besitzen. Es ist oben bereits angedeutet, worauf diese leichte Agglutinir¬
barkeit wahrscheinlich beruht, und auch die Pseudoagglutination erwähnt.
Von den Gegnern der Specificität der Agglutinationsphänomene ist ge¬
sagt worden, die Agglutinationswirkungen eines specifisch agglutinirenden
Serums seien zum Theil als Gruppenreaction aufzufassen. Es konnte
diese Behauptung allerdings nicht für die Choleravibrionen ohne Weiteres
aufgestellt werden, wenigstens nicht mit wissenschaftlicher Berechtigung.
Denn es war in den letzten Jahren keine Thatsacheb ekannt geworden, welche
einen derartigen Schluss vom wissenschaftlichen Standpunkt aus gerecht¬
fertigt erscheinen liess. Die Benutzung der Agglutinine zur Differential¬
diagnose der Cholerabakterien von den choleraähnlichen Vibrionen war von
Gruber und Durham 1 und fast gleichzeitig von Pfeiffer und Kolle 2
empfohlen worden. Es war von den genannten Autoren im Jahre 1895
eine grosse Anzahl aus der Epidemie von 1892 bis 1894 stammender
Choleraculturen daraufhin untersucht worden, ob sie mit Hülfe eines hoch¬
werthigen specifischen Choleraziegenserums sich identificiren bezw. von den
choleraähnlichen Vibrionen differenziren Hessen. Die damals an 29 Stämmen
von Pfeiffer und Kolle erhaltenen Resultate hatten ein Resultat,
welches sehr zu Gunsten einer Specificität der Agglutinine sprach, gezeitigt.
Auch die an einer grösseren Zahl von Vibrionenstämmen ausgeführten
Untersuchungen von Gruber und Durham sprachen für eine Specificität
der Choleraagglutinine. Eine schwer wiegende Ausnahme, welche immer
gegen das Gesetz der Specificität angeführt wurde, war die Agglutination
des sogen. Vibrio Berolinensis. Dieser von M. Neisser unter Günther’s
Leitung isolirte und beschriebene Vibrio sollte nach Ansicht mehrerer
1 Münchener med. Wochenschrift. 1S95.
* Deutsche med. Wochenschrift. 1895.
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
54
W. Kolle und E. Gotschlich:
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Bakteriologen kein Choleravibrio sein, trotzdem aber von Choleraserum
genau so stark wie echte Choleraeultnren agglutinirt werden. Dieser Ein¬
wurf kann allerdings nicht als sehr stichhaltig betrachtet werden. Ab¬
gesehen davon, dass im Jahre 1895 bereits zwei verschiedene Vibrionen¬
arten existirten, welche unter dem Namen Vibrio Berolinensis geführt
wurden (die eine derselben, Cultur A, wurde im Pfeiffer’schen Versuch
durch Choleraserum beeinflusst, war also eine Choleracultur, während der
andere Culturstamm, Berolinensis B, nicht dadurch beeinflusst wurde), er¬
laubte die Herkunft dieses Vibrio den Verdacht, dass der eine Stamm
desselben thatsächlich eine echte Choleracultur war. Denn dieser Vibrio
war isolirt worden aus einer Wasserprobe, welcher Cholerabakterien ab¬
sichtlich zugesetzt waren, um die Einwirkung von Desinfectionsmitteln
auf Choleravibrionen zu studieren.
Bis zum Beginn der jetzt herrschenden Epidemie in Aegypten sind
von Fachbakteriologen keine zuverlässigen Versuche angestellt, inwieweit
die Agglutinationsprobe ein sicheres Erkennungsmittel der frisch aus dem
Menschen isolirten Cholerabakterien ist. Unsere Untersuchungen haben
nun, wie aus der anliegenden Uebersichtstabelle zu ersehen ist, keine
Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die sog. Gruppenreaetionen bei den
Choleraagglutininen, überhaupt den Vibrionenagglutininen eine Bolle spielen.
Wie bereits gesagt, haben wir eine grosse Anzahl vonverschiedenen Serum-
arten hergestellt. Jede dieser Serumproben ist quantitativ genau austitrirt
worden gegenüber einer grossen Anzahl von Culturen. Es hat sich stets
gezeigt, dass das Serum, welches hergestellt war mit Choleraculturen, nur
wieder die echten Choleraculturen, welche auch anderweitig sich als echte
Choleraculturenlegitimirten,beeinflusste. Dagegen beeinflusste solches
in Bezug auf Agglutination ziemlich hochwerthiges, von Ka¬
ninchen in der angegebenen Weise gewonnenes Serum die
anderen Vibrionen nicht mehr oder bisweilen nur ganz unerheb¬
lich quantitativ kaum mehr nachweisbar als normales Serum.
Die Gruppenreaetionen, welche bei Typhus und Coliserum vorhanden sein
sollen, treten bei den Vibrionen nicht zu Tage. Wir haben sie bei unseren
zahlreichen (über 1000 verschiedenen quantitativen) Bestimmungen ebenso
wenig nachweisen können, wie sie bei den Pestagglutininen nach den Unter¬
suchungen von Markl, Kolle und Martini bestehen. Auch das Serum
hoch gegen Pest immunisirter Pferde zeigt nur Agglutinationswirkung
gegenüber den Pestbakterien, nicht dagegen auf die den Pestbakterien
nahe stehenden Mikroorganismen, wie Hühnercholerabakterien u. s. w.
Aber selbst wenn bei Hochtreibung von Thieren zwecks Gewinnung hoch
agglutinirenden Serums mittels Injection steigender massiver Dosen der
Culturmasse eine gewisse Gruppen Wirkung zu Tage treten würde oder zu
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Original frum
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Untebsuchungeb übeb d. baktebiol. Chobebadiagnostik u. s. w. 55
Tage tritt, so ist dieselbe nach unseren Versuchen so ausserordentlich ge¬
ring, dass sie unter praktischen Verhältnissen für die Differentialdiagnose
keine Rolle spielt. Wir besitzen ein hochwerthiges agglutinirendes Pferde¬
serum, welches in der Verdünnung von 1:20000, d. h. also 1 / 20 mg 1 Oese
Choleracultur agglutinirt, das aber in der Verdünnung von 1:100, d. h.
also in der Dosis von 1 <*, d. h. dem 200fachen derjenigen Menge, in der
es bereits auf Cholerabakterien wirkt, nicht eine Spur agglutinirend auf
die choleraähnlichen Vibrionen wirkt, so weit diese letzteren nicht schon
durch die Verdünnung 1:100 des normalen Pferdeserums agglutinirt
werden. Bei Kaninchenserum haben wir nie eine Andeutung dieser
Gruppenagglutinationswirkung, wie auch aus den Protokollen zu ersehen
ist, wahrgenommen. In der grossen Tabelle, Nr. VIII, auf welcher wir
diese Resultate sehen, ist eine sehr grosse Zahl von Agglutinations¬
versuchen vereinigt. Es steckt eine ganz gewaltige Arbeit in der Aus¬
arbeitung dieses Materials, an dem vor allen Dingen die Herren Hetsch,
Lentz und Otto mitgearbeitet haben.
Wenn man berücksichtigt, dass hier 30 verschiedene Serumproben
mit 30 verschiedenen Culturen quantitativ austitrirt sind und dass also
in diesen 900 Versuchen nicht ein einziges Mal sich Gruppenreaction zu
erkennen gegeben hat, so wird man doch an der Zuverlässigkeit der¬
jenigen Experimentatoren, welche die Choleraagglutinine als ein Gruppen¬
reagens auf Vibrionen hinstellen möchten, etwas zweifeln müssen. Bei
Anwendung der angegebenen Methodik haben wir eine Gruppenreaction
nicht gesehen; nur ein Mal glaubten wir, eine Gruppenreaction festgestellt
zu haben. Das Serum von Kaninchen VI, welches wir bereits mehr¬
mals geprüft hatten, ohne eine Wirkung bei diesem Serum auf andere
als auf echte Cholerabakterien nachweisen zu können, zeigte nach einer
erneuten Injection der Cultur VI auch eine Beeinflussung der Cultur V.
Die Cultur V ist aber keine Choleracultur, sie ist ein taubenpathogener
Vibrio, dessen Serum nur auf diese eine Vibrionenart wirkt, nicht da¬
gegen auf Choleraculturen. Schon waren wir im Glauben, nun auch bei
Cholera die Gruppenreaction annehmen zu müssen, da ergab eine Nach¬
prüfung unserer Culturen, dass einige Tage vor der Injection des
Kaninchens mit der angeblichen Cultur VI eine Verwechselung der
Culturen V und VI durch Verwischen der Signatur eingetreten war.
Das Kaninchen hatte eine Einspritzung von Cultur V und nicht von
Cultur VI in Wirklichkeit erhalten, und in Folge dessen zeigte das
Serum VI eine Wirkung gegenüber der Cultur V. Man wird ohne
Weiteres zugestehen müssen, dass, wenn hier nicht durch sofortige
Durchsicht der noch vorhandenen, im Eisschrank aufgehobenen Culturen
der Fehler nachgewiesen worden wäre, wir bei weiteren Versuchen immer
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56
W. Kölle und E. Gotschlich
Tabelle VIII. (JebersiditH
Serum Nr.:
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Untersuchungen über d. baktebiol. Choleradiagnostik u. s. w. 59
Tabelle VIIIb2.
Cultur Hankin wird agglutinirt von:
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
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Tabelle VIIIb3.
Cultur Metschnikoff wird agglutinirt von:
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Lfd. Nr.
Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 61
Tabelle VIIIb4.
Cultur Nordhafen wird agglutinirt von:
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W. Kölle und E. Gotschlich:
Tabelle Vlllbs.
Cultur Aegypten I wird agglutinirt von:
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Original from
UMIVERSITY OF CALIFORNIA
Lfd. Nr.
Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 63
Tabelle VHIbß.
Cultur Aegypten II wird agglutinirt von:
bis zur Verdünnung von
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1 Pfeiffer
2 Hankin
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22 „ XVIII
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28 El Tor H
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
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Cultur Aegypten III wird agglutinirt von:
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
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Tabelle VIIIb8.
Cultur Aegypten IV wird agglutinirt von:
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
66
W. Kolle und E. Gotsculicu:
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Cultur Aegypten V wird agglutinirt von:
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Unteusi:cuungen über d. bakteriol. Cholera Diagnostik u. s. w. 67
Tabelle VHIbio.
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
68
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Tabelle VHIbU.
Cultur Aegypten YII wird agglutinirt von:
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Cultur Aegypten VIII wird agglutinirt von:
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Cultur Aegypten IX wird agglutinirt von:
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Untersuchungen über d. bakteriol. Cholera Diagnostik u. s. w. 7l
Tabelle Vlllbu.
Cultur Aegypten Xa wird agglutinirt von:
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
72
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Cultur Aegypten XII wird agglutinirt von:
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
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C’ultur Aegypten VIII wird agglutinirt von:
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Cultur Aegypten XV wird agglutinirt von:
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Cultur Aegypten XVII wird agglutinirt von:
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Tabelle VIHb2i.
Cultur Aegypten XVIII wird agglutinirt von:
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
78
W. Kölle und K. Gotschlich:
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Tabelle VIIIb 23 .
Cultur Aegypten XIX wird agglutinirt von:
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ÜNTEBSUCHUNGEN ÜBEB D. BAKTERlOIi. ChOLEBADIAGNOSTIK U. S. W. 79
Tabelle VIIIb 24 .
Cultur Aegypten XX wird agglutinirt von:
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Tabelle VIÜb25.
Cultur Aegypten XXI wird agglutinirt von:
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
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Untersuchungen über p. bakteriol. Ciioleradtagnostik ti. s. w. 81
Tabelle VIIIb26.
Cultur Messina wird agglutinirt von:
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Cultur El Tor I wird agglutinirt vou:
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Untersuchungen über d. bakteriol. Cuoleradiagnostik u. s. w. 85
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86
W. Kölle und E. Gotsculicu:
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Serum Pfeiffer agglutinirt:
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Lfd. Nr.
Untersuchungen über d. bakteriol. Cholera Diagnostik u. s. w. 87
1
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22
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27
28
29
30
Tabelle VIIIc2.
Serum Hankin agglutinirt:
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Bemerkungen
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88
W. Kou<e und E. Gotsciilich:
Tabelle VIIIc3.
Serum Metschnikoff agglutinirt:
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Lfd. Nr.
Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 89
Tabelle VIIIc*.
Serum Nordhafen agglutinirt:
bis zur Verdünnung von
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(Stamm)
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Gougle
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Ltd. Nr.
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W. Kolle und E. Gotschlicu:
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Tabelle YIIIc5.
Serum Aegypten I agglutinirt:
bis zur Verdünnung von
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
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Tabelle VIlIcB.
Serum Aegypten II agglutinirt:
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Bemerkungen
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
92
W. Kölle und E. Gotsciilicu:
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Tabelle VIHc7.
Serum Aegypten III agglutinirt:
bis zur Verdünnung von
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1
Bemerkungen
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Lfd,
Untersuchungen ürer d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 93
Tabelle VIIIcö.
Serum Aegypten IV agglutinirt:
bis zur Verdünnung von
Cultar
(Stamm)
1 : 10
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1:50
1 : 100
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
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Lfd. Nr.
Untersuchungen über d. bakteriou. Choueradtagnostik u. s. w. 95
Tabelle VIIIc 10.
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
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W. KoLiiE und E. Gotschlich:
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
10000
Untersuchungen über d. baktemol. ChoIiEradiagnosttk u. s. w. 95
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W. Kölle und E. Gotschlich:
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20000
Untersuchungen über u. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 95
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
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Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 97
Tabelle VIIIci2.
Serum Aegypten VIII agglutinirt:
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15
99
XI
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0
16
99
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0
17
99
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4-
+
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4-
4-
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4-
0
18
99
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19
99
XV
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1 + 1
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4-
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4-
4-
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99
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21
99
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4-
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22
99
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+
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4-
4-
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+
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0
23
99
XIX
4-
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4-
4-
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0
24
99
XX
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0
25
99
XXI
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4-
4-
4-
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+
4-
0
26
Messina
+
4-
4-
4-
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4-
4-
4-
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4-
±
27
El Tor I
+
4-
4-
4-
+
4-
4-
4-
4-
4-
±
28
El Tor II
4-
+
0
29
Moncha
+
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4-
4-
4-
4-
4-
4-
±
30
Maassen
4-
4-
0
§
1
Zeitachr. f. Hygiene. XLTV. 7
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Gck igle
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
96 W. Kölle und K. Gotschlich:
Tabelle Villen.
Serum Aegypten VII agglutinirt:
bi» zur Verdünnung von
Ltd. Nr.
(Kultur
(Stamm)
o
o
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200
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2000
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4-
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4-
4-
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4-
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0
24
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4-
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0
25
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0
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27
El Tor I
4-
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30
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1
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1
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
i
Lfd. Nr.
Untersuchungen über d. baktebiol. Cholebadiagnostik u. s. w. 97
Tabelle VIIIci2.
Serum Aegypten VIII agglutinirt:
0 u 1 t u r
(Stamm)
2 1
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
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Hankin
Metschnikoff
Nordhafen
Aegypten I
II
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„ IV
„ V
„ vi
„ VII
VHI
„ IX
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„ XH
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„ XIV
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„ XVI
„ XVH
„ xvni
„ xix
„ XX
„ XXI
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El Tor I
El Tor H
Mouoha
Maassen
Zeitachr. f. Hygiene. XLIV.
7
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
98
W. Kölle und E. Gotschlich:
Tabelle VIIId3.
Serum Aegypten IX agglutinirt:
bis zur Verdünnung von
-
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2
C a 1 t u r
(Stamm)
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4-
4-
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4-
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12
VIII
+
+
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4-
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15 |
XI
+
4-
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16
„ XII
+
0
17
„ XIII
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4-
4-
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„ XIV
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„ XV
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4-
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26
Messina
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27
El Tor I
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29
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1
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1 4-
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30
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0
1
1
i
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
1
Untersuchungen über h. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 99
Z|Cultur
2 | (Stamm)
Tabelle Vllld*-
Serum Aegypten Xa agglutinirt:
bis zur Verdünnung von
I
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„ XI + 0
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„ xm o
„ XIV t o d t
„ XV 0 |
„ XVI t o d t
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„ xvm o
„ xix o
„ xxi + o
Messina 0
El Tor I 0
El Tor II + +
Moucha 0
Maasscn 0
+ + + + + + + 0
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
100
W. Kölle und E. Gotschlich
Tabelle Vilich
Serum Aegypten XI agglutinirt:
bis zur Verdünnung
von
Lfd. Nr
C u 1 t u r
(Stamm)
o
o
<M
o
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100
o
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10000
20000
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-
-
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0
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4-
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99
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4-
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0
13
99
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+
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0
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99
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+
0
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99
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4-
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4-
4-
0
16
99
XII
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0
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18
99
XIV
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19
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4-
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20
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22
99
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4-
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4-
0
1
23
99
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4-
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1
0
24
99
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4-
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25
99
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4-
4-
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26
Messina
4-
4-
4-
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0
27
El Tor I
4-
4-
4-
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4-
4-
1
4-
0
28
El
Tor II
4-
4-
0
29
Moncha
4-
+
! +
4-
4-
4-
4-
4-
0
3°
Maassen
4-
0
1
■
i
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Google
Original fro-m
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Ltd.
Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 101
Tabelle VHIcie.
Serum Aegypten XII agglutinirt:
1
Pfeiffer
2
Hankin
3
Metschnikoff
4
Nordhafen
5
Aegypten I
6
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7
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10
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22
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23
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24
„ XX
25
XXI
26
Messina
27
El Tor I
28
El Tor 11
29
Moncha
30
Maassen
Digitized by Gougle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
102
W. Kölle und E. Gotschlich:
Digitized by
Tabelle VIIIci®-
Serum Aegypten XIII agglutinirt:
bis zur Verdünnung von
Lfd. Nr
Cnltor
(Stamm)
o
o
<M
o
lO
100
o
o
CM
500
1000
2000
5000
10000
20000
Bemerkungen
**
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-
-
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-
1
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0
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0
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4-
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12
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4-
4-
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4-
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13
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„ Xa
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0
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0
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XII
+
0
17
„ XIII
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4-
4-
4-
4-
4-
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0
20
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4-
0
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4-
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4-
4-
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4-
0
25
„ XXI
4-
4-
4-
4-
4-
4-
4-
4-
0
26
Messina
+
4-
4-
4-
4-
4-
4-
4-
4-
0
27
El Tor I
4-
+
4-
4-
4-
4-
4-
4-
0
28
El Tor II
4-
0
29
Moucba
4-
4-.
4-
4-
4-
4-
4-
4-
0
30
Maasscn
0
Gck 'gle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Lfd. Nr.
Untersuchungen über d. bakteriol. Cholera Diagnostik u. s. w. 103
Tabelle VIIIciU
Serum Aegypten XV agglutinirt:
Difitized by Gougle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
104
W. Kolle und E. Gotschlich:
Digitized by
Tabelle Vinc2i.
Serum Aegypten XVII agglutinirt:
bis zur Verdünnung von
9m
Ö5
C u
1 t n r
o
Lfd.
(Stamm)
2
mm
o
<N
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1 : 100
1 :200
1 :500
1 : 1000
1 : 2000
1:5000
o
o
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1
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4-
4-
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4-
4-
2
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+
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0
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4-
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0
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VI
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0
11
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4-
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+
4-
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0
13
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4-
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0
14
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+
0
15
99
XI
4-
4-
+
4-
4-
4-
4-
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Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 105
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Serum Aegypten XVIII agglutinirt:
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
106
W. Kölle und E. Gotschltch:
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Serum Aegypten XIX agglutinirt:
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
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Tabelle VIIIc24.
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
108
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
1
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W. Kolle und E. Gotschlich:
Tabelle Vlllc27.
Serum El Tor I agglutinirt:
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Lfd. Nr.
UnTEBSUCHUNGEN ÜBEU D. BAKTEBIOL. ChOLEBADIAGNOSTIK ü. S. W. 111
Tabelle VlIIc28.
Serum El Tor II agglutiuirt:
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Beinerkungen
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Digitized by
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Lfd. Nr.
Untersuchungen über d. bakteriol. Cholerauiagnostik u. s. w. 113
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Serum Maassen agglutinirt:
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Bemerkungen
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W. Kolle und E. Gotschlich:
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Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 115
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W. Kolle und E. Gotschlich:
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weiter in das Gebiet der Gruppenreactionen hineingekommen wären, und
dass das Gebäude der absoluten Specificität der Agglutinationswirkung,
das in der Folge immer festere Stützen erhalten hat, in Folge dieses
kleinen Versehens zusammengestürzt wäre. Wie leicht kann aber in
einem Laboratorium, in dem viel gearbeitet wird und Thiere mit den
verschiedensten Culturen immunisirt werden, nicht einmal eine Verwechse¬
lung einer Cultur oder eines Thieres Vorkommen. Wir haben allerdings
mit der grössten Sorgfalt gearbeitet und unser Menschenmöglichstes gethan.
um Verwechselungen der Culturen oder Versuchsthiere zu verhüten uud
zwar, wie unsere Resultate zeigen, mit Erfolg. Ich will nicht unerwähnt
lassen, dass es auch noch eine andere Möglichkeit giebt, um etwaige
Gruppenreactionen zu erklären, nämlich die, dass man nicht mit Rein-
culturen die Immunisirung von Thieren vornimmt, sondern mit Culturen.
welche z. B. zwei Vibrionenarten enthalten. Dass derartige Culturen bei
Anlegung der Reinculturen von Agar- oder Gelatineplatten entstehen können,
haben wir bereits oben auseiuandergesetzt. Hieraus erhellt, dass man
verlangen muss, dass Jeder, der das Vorhandensein von Gruppenreactionen
behauptet, den Nachweis erbringen muss, dass er bei seinen Arbeiten
mit Sicherheit alle diese Fehlerquellen und Irrthümer ausgeschlossen und
vermieden hat.
Unsere hier im Institut für Infectionskrankheiten angestellten Unter¬
suchungen sind stets von uns Allen, die wir daran Theil genommen
haben, controlirt worden. Wir haben nie eine Gruppenreaction gesehen,
weder zwischen echten Choleravibrionen und choleraähnlichen Vibrionen
noch auch zwischen verschiedenen Arten dieser letzteren. In dieser Be¬
ziehung sind negative Resultate beweisend, positive Resultate in Bezug
auf Gruppenreaction haben sich bisher auf andere Weise erklären lassen.
Dass theoretisch das Entstehen von Gruppenreactionen unter An¬
nahme von sog. Partialagglutiniuen, wie Wassermann die auf mehrere
verschiedene Vibrionen wirkenden Agglutinine nennen möchte, möglich
ist, soll nicht bestritten werden. Wir müssen uns die Agglutinine als
Reactiunsproducte der Organismen auf die Wirkung der Substanzen
denken, welche in den Vibrionen enthalten sind; sie sind abgestossene
Seitenketten nach Ehrlich’s Theorie, Amboceptoren zweiter Ordnung.
Wie nun ein Vibrio nicht eine einheitliche chemische Substanz darstellt,
sondern ein Gemisch derselben, so sind auch die Agglutinine natürlich
keine einheitlichen Körper. Es kann deshalb wohl denkbar sein, dass
gewisse Substanzen vielen oder allen Vibrionen gemeinsam sind und des¬
halb auch lteceptoren und Amboceptoren finden: Par tialagglut inine.
Ueber die Ausführung des Pfeifler’schen Versuches brauchen nähere
Angaben hier nicht gemacht zu werden. Die Methodik ist genau dieselbe,
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Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 117
wie die in dem schon citirten Ministerialerlass 1 beschriebene. Während
für die Gewinnung agglutinirenden Serums intravenöse Injectionen am
geeignetsten sind, können wir auf Grund unserer Erfahrungen für die
Herstellung eines möglichst wirksamen bakteriolytischen Serums die sub-
cutane oder intraperitoneale Vorbehandlung der Thiere empfehlen. Sehr
instructiv ist für die Beurtheilung dieser Verhältnisse die oben auf S. 39
enthaltene Immunisirungscurve des Pferdes, welches zuerst mit abgetödteten,
dann lebenden Choleraculturen subcutan und später mit abgetödteten, dann
lebenden Agarculturen intravenös inficirt wurde. Die Curven des bakterio¬
lytischen und des agglutinirenden Titre gehen keineswegs parallel. So¬
bald die intravenösen Injectionen erfolgen, steigt der Agglutinatinationstiter
um ein Vielfaches, während der bakteriolytische Titer rapide sinkt. Aehn-
liche Erfahrungen haben wir bei Ziegen, Eseln und Kaninchen gemacht.
(Vgl. Tab. IX.)
Was nun die Thierart betrifft, bei der das bakteriolytische Serum
herzustellen ist, so empfiehlt es sich, eine Thierart zu benutzen, bei welcher
das Serum normaler Weise eine nur ganz geringe Wirkung gegenüber
Choleraculturen entfaltet. Das Pferdeserum, Ziegen- und Eselserum sind
deshalb ungeeignet: Die Durchschnittswerthe für die bakteriolytischen
Titer der normalen Sera dieser vier Thierarten, bestimmt mit einer viru¬
lenten, frischen Cultur am Meerschweinchen nach den Vorschriften der
Anleitung, sind:
Pferdeserum. . . . 0»005 bis 0-01,
Eselserum .... 0-01 „ 0.02,
Ziegenserum . . . 0*02 „ 0*05,
Kaninchenserum . . 0*1 „ 0«3.
Da also das normale Kaninchenserum nur sehr geringe bakterien-
auflösende Wirkungen gegenüber den Choleraculturen bei der Pfeiffer’-
schen Versuchsanordnung zeigt, so wird man specifisch-bakteriolytisches
Choleraserum am besten vom Kaninchen gewinnen. Vergleichende Ver¬
suche haben nnn gezeigt, dass man am raschesten und sichersten in
recht wirksames Serum durch eine intraperitoneale Injection einer
ganzen, bei 56° C. eine Stunde lang erwärmten Choleraagarcultur erzielt.
Um eine grössere Menge derartigen Serums (z. B. 1 Liter) herzustellen,
werden eine Anzahl Kaninchen (20 bis 25) 14 Tage nach der Injection
entblutet und das abgeschiedene Serum sorgfältig gemischt. Man erhält
so im Durchschnitt 40 ccm Serum pro Kaninchen. Das Serum wird ge¬
trocknet, in kleinen braunen Glasröhrchen ä 0*2 eingeschmolzen und
dann genau geaicht. Alle hierauf bezüglichen Daten werden gebucht und
auf den Etiquetten der Röhrchen vermerkt. Zur Anstellung der Controlver-
1 Vom 10. November 1902.
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W. Kolle und E. Gotschlich:
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suche dient Serum normaler Kaninchen, in der gleichen Weise getrocknet
u. s. w. Es wird den mit der Choleradiagnose betrauten Instituten eine be¬
stimmte Anzahl Röhrchen von beiden Proben zur Verfügung gestellt.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass unsere Versuche mit ver¬
schiedenen Serumproben, welche im Thierversuch gegenüber verschiedenen
Vibrionenarten geprüft wurden, die Specificität der bakterioly tischen Stoffe
von Neuem dargetban hat. Das Serum IV z. ß. brachte nur den Vibrio
IV zur Auflösung im Meerschweinchenperitoneum, nicht dagegen den
Vibrio V oder Tor II, Nordhafen oder irgend welche Choleracultur. Es
war aus äusseren Gründen natürlich nicht möglich, sämmtliohe Serum¬
arten mit sämmtlichen Vibrionenculturen in ähnlicher Weise zu prüfen,
wie das bei der Agglutination geschehen ist. Wir haben indessen sehr
zahlreiche Stichproben gemacht und eine völlige Congruenz zwischen den
Resultaten der Agglutination und denjenigen des .bakteriolytischen Thier¬
versuches gefunden. Mit einem specifisch-bakteriolytischon Serum sind
sämmtliche Culturen, soweit sie ihrer Virulenz wegen dazu geeignet waren,
geprüft worden, wie aus Tabelle II hervorgeht
Herkunft der in menschlichen Dejecten gefundenen
choleraähnlichen Vibrionen.
Das verhältnissmässig häufige Vorkommen von choleraähnlichen
Vibrionen, die sich zum Theil nur mittels der specifischen Immunitäts-
reactioueu von den echten Cholerabakterien unterscheiden lassen, — in
den Fäces von cholerakranken oder choleraverdächtigen Menschen, die
mit Cholerakranken in Berührung gekommen waren und zur Zeit einer
Choleraepidemie, wie es diesmal in Aegypten der Fall war, — könnte nun
zu Deutungen Veranlassung geben, denen auf Grund der folgenden That-
sachen und Erwägungen von vornherein entgegengetreten werden muss.
Die augestellten Untersuchungen haben die absolute Specificität des
Koch'sehen Vibrio dargetban. Bei der Mehrzahl aller untersuchten
Fälle (bei denen Verdächtige und Gesunde aus der Umgebung Cholera-
kranker eingeschlossen sind) haben sich die Koch’schen Vibrionen ge¬
funden. Weil choleraähnliche Vibrionen bei Choleraerkrankungen oder
bei Darmerkraukungen, die unter choleraähnlichen Symptomen verliefen,
gefunden wurden, ist nun aber keineswegs ohne Weiteres anzunehmen,
dass es verschiedene Arten von Vibrionen giebt, welche Cholera hervor-
rufen. Wenn solche Vibrionen die Erreger einer besonderen Form der
Cholera asiatica wären, die wir dann als „Paracholera“ (in Anlehnung an
das Wort und die analogen Verhältnisse beim sogen. „Paratyphus“, der
wohl noch weiterer Aufklärung bedarf) zu bezeichnen hätten, so müsste
ein und derselbe choleraähnliche Vibrio sich auch einmal bei einer
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Untersuchungen über d. bakteriol. Cholehadiagnostik u. s. w. 119
Gruppe von Personen, z. B. in einer Familie oder in einem Hause, wo
Contactinfectionen Vorgelegen haben, finden, so wie wir den echten
Choleravibrio finden. Das ist aber bisher niemals der Fall gewesen.
Nur gelegentlich, theils mit, theils ohne den Koch'sehen Vibrio sind
die anderen Vibrionen gefunden worden, und zwar stets nur mittels der
Peptonmethode. Krankheitsfälle mit dem klinischen Bilde der Cholera asiatica,
bei denen choleraähnliche Vibrionen in Reincultur mittels des mikrosko¬
pischen Präparates oder der directen Züchtung auf festen Nährböden
nachgewiesen wären, sind bis jetzt nicht beobachtet. Das spricht sehr
gegen die Wahrscheinlichkeit einer pathogenen Wirkung der
choleraähnlichen Vibrionen.
In ganz anderem Lichte erscheinen die Vibrionenfunde aber, sobald
wir uns vergegenwärtigen, dass in jedem fliessenden und stagnirenden
Wasser, namentlich zur warmen Jahreszeit, in den heissen Ländern nicht
minder wie in denjenigen der gemässigten Zone, die choleraähnlichen
Vibrionen vorhanden und mittels der Peptonmethode nachweisbar sind.
Es hat sich herausgestellt, dass in allen offenen Wasserläufen eine ausser¬
ordentlich reichhaltige Vibrionenflora vorhanden ist, über deren Herkunft
uns namentlich die unter Gaffky’s Leitung angestellten Untersuchungen
von Kutscher 1 Aufschluss gegeben haben. Wie Kutscher fand, sind
die jauchehaltigen Abwässer von Thierställen, namentlich Schweineställen,
von Dunggruben, gedüngten Feldern u. s. w. ausserordentlich reich an
Vibrionen und Spirillen. Auch im Darm von Schweinen und anderen
Haust hieren sind stets Vibrionen nachzuweisen. Man hat demnach als
Quelle für die Vibrionen der offenen Flussläufe und Teiche u. s w. in erster
Linie derartige Zuflüsse, verunreinigt mit Koth von Thieren, zu betrachten.
Je mehr ein Wasserlauf mit Abwässern der beschriebenen Art verunreinigt
wird, desto grösser wird die Zahl der Vibrionen und der Arten sein.
Prof. Dun bar hatte eine Sammlung derartiger choleraähnlicher Wasser¬
vibrionen angelegt, die über 3Ü0 Arten umfasste. 2 Viele dieser Arten
wurdentheils im Hygienischen Institut zu Hamburg, theils im Institut für
Iufectionskrankheiten sowie einigen Universitätsinstituten zu Zeiten und an
Orten isolirt, die seit vielen Jahren frei von Cholera waren; auch wurden
sie gefunden in Wasserläufen, aus denen zahlreiche Menschen Trinkwasser
entnahmen, ohne an Cholera zu erkranken.
1 Diese Zeitschrift .
* Wie uns Hr. Prof. Dun bar mündlich mitgetheilt hat, ist der grösste Thcil der
Culturen dieser Sammlung im vorigen Jahre eingegangen. Zu Agglutinationsversuehen
dürfte die Mehrzahl der 8 Jahre auf künstlichen Nährböden fortgezüchteten Culturen,
wie schon oben bemerkt, auf Grund unserer Erfahrungen wegen ihres Alters nicht,
geeignet gewesen sein.
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W. Kölle und E. Gotsohlich:
In Aegypten mit den zahlreichen, langsam fliessenden und stark mit
organischen Substanzen verunreinigten Canälen sind die Bedingungen für
Entwickelung einer grossen Vibrionenflora, namentlich während der warmen
Jahreszeit besonders günstig. Das Canalwasser ist aber auch Trinkwasser
und kann auf diese Weise die Vibrionen dem menschlichen Darm zuführen.
Wenn nun Jemand, der viel ungekochtes Wasser trinkt — wie es die
meisten eingeborenen Bewohner Aegyptensthun —, an Cholera oder an
einer anderen diarrhoischen Darmkrankheit erkrankt, so liegt kein Grund
vor, weshalb nicht im Dünndarminhalt sich zufällig mit dem Trinkwasser
dorthin gelangte Wasser Vibrionen auch vermehren sollen. Damit ist keines¬
wegs angenommen, dass die Wasservibrionen nun auch das Darmepithel
invadiren. Der Dünndarminhalt aber, der unter Anderem auch sehr viel
gelöste Peptone enthält, ist ein Anreicherungsmedium wie die reine Pepton¬
lösung für jede in ihm vorhandene Vibrionenart, vor allem unter patho¬
logischen Verhältnissen wie beim Choleraprocess.
Wenn nun die Fäces oder der Darminhalt in solchen Fällen wieder
zwecks Anreicherung an Vibrionen in Peptonröhrchen übertragen werden,
so können gelegentlich — das konnte man eigentlich schon a priori Vor¬
hersagen — auch Vibrionen einmal neben den Choleravibrionen an ge¬
reichert werden und nachher für die letzteren gehalten und isolirt werden.
8chlo88betrachtangen.
Als Schlussbetrachtungen ergeben sich aus den Besultaten unserer
Versuche die folgenden Sätze:
Die bakteriologische Choleradiagnostik, welche die sichere Grundlage
des rationellen Bekämpfungssystems der Cholera bietet, kann vor Allem
die Peptonmethode nicht entbehren. Bei Benutzung derselben kommen
viel häufiger, als man früher annahm, choleraähnliche Vibrionen zur An¬
reicherung. Diese choleraähnlichen Vibrionen, welche sich morphologisch
und biologisch völlig wie die echten Choleravibrionen verhalten können,
führen nothwendiger Weise zu falscher Diagnose, wenn nicht die specifischen
Immuuitätsreactionen zur Identifizirung bezw. Differenzirung der Vibrionen
herangezogen werden. Denn weder die Thierpathogenität noch die Cholera-
rothreaction oder das Wachsthum auf den Gelatineplatten gestatteten in den
meisten Fällen mit der nöthigen Sicherheit, wenn überhaupt, Unterschiede
der einzelnen Vibrionenarten festzustellen. Als ein leicht zu handhabendes
und in der Hand des Geübten ausserordentlich sicheres Erkennungsmittel
der Choleravibrionen hat sich ein hochwerthig agglutinirendes Choleraserum
erwiesen, das in Folge seines hohen Gehaltes an specifisch, d. h. nur auf die
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Untersuchungen über d. bakterioij. Choleradiagnostik u. s. w. 121
Cholera Vibrionen wirkenden Stoffen (Choleraagglutinine) in starken Verdün¬
nungen (1:2000, 1:3000, 1:5000, je nach der Werthigkeit) zur raschen
Differenzirung der choleraähnlichen Vibrionen dient. Unterschiede in der
Agglutinabilität der Culturen spielen dabei keine Rolle, da nur so hochwerthiges
Serum zur Differenzirung herangezogen werden kann, welches auch die am
schwersten agglutinirbaren Culturen rasch (innerhalb einer Stunde) in obigen
zur Agglutination bringt. Gruppenreactionen scheinen hei den vibrionen-
agglutinirenden Serumproben nicht vorzukommen; sie sind ganz sicher nicht
vorhanden bei Verwendung des Serums von Kaninchen, welche in der oben
mitgetheilten Weise mit 2 bis 9 intravenösen Injectionen vorhehandelt sind.
Mit Hülfe der choleraähnlichen Vibrionen ist es nicht gelungen, hei
Kaninchen ein Serum zu erzeugen, welches auf echte Choleraculturen stärker
agglutinirend wirkte, als das normale Kaninchenserum. Dagegen agglu-
tinirten derartige Serumproben die homologen Culturen in Verdünnungen
bis 1:1000 und mehr; nur wenige der choleraähnlichen Vibrionen konnten
auf diese Weise als unter einander identisch erkannt werden; die meisten
waren von einander völlig verschieden. Im Gegensatz hierzu wurden
sämmtliche Choleraculturen, die von einem echten Choleraserum (z. B.
dem mit Cultur Nr. VIII hergestellten) agglutinirt wurden, auch von allen
anderen Serumarten beeinflusst, welche mit echten Choleraculturen her¬
gestellt waren. Geringe Schwankungen in der Agglutinabilität der Cholera¬
culturen kommen vor; jedoch sind die Unterschiede des Titers von
schwer und leicht agglutinirbaren Culturen gering. Es kann nach unseren
überaus zahlreichen Versuchen nicht zweifelhaft sein, dass sich mit Hülfe
der Immunisirung und Gewinnung specifisch agglutinirender Serumproben
ein natürliches System der Vibrionen aufstellen lässt, das eine ideal sichere
Classification der Vibrionen gestattet. Wir unternehmen zum ersten Male
einen vorläufigen Versuch einer solchen natürlichen Gruppirung nach den
morphologischen und biologischen Merkmalen in Tab. X.
Durch die Anwendung der Agglutinationsprobe und die dadurch bei
einer grossen Anzahl von Culturen durchgeführte Artbestimmung, wie sie
bisher noch nicht ausgeführt ist, war es möglich, vergleichende Studien
über die morphologischen, culturellen und biologischen Eigenschaften der
Choleraculturen anzustellen. Die Einzelheiten dieser Untersuchungen sind
in der Arbeit selbst nachzusehen. Wichtig ist aber vor Allem die Fest¬
stellung, dass sämmtliche echten Choleraculturen eine endständige Geissei
besassen, während die choleraähnlichen Culturen theils eine, theils zwei, theils
vier und mehr endständige Geissein aufweisen. Ferner konnte bei den
65 Choleraculturen keine gefunden werden, welche bei Impfung in den
Brustmuskel mittels inficirter Platinnadel Tauben getödtet hätte, während
unter den 22 choleraähnlichen Culturen sechs sich befanden, die bei Ver-
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Stamm XXXI gehört zu Gruppe 1, Stamm LVI zu Gru]>pe 2.
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Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 123
impfung kleinster Mengen in den Brustmuskel Vibrionensepticämie und den
Tod der Thiere herbeiführten. Diese letzteren Culturen waren auch hei
Meerschweinchen nach subcutaner Impfung einer Platinöse Culturmasse
in eine Hauttasche hochpathogen.
Die morphologischen und biologischen Eigenschaften der Cholera-
culturen waren nicht unerheblichen Schwankungen unterworfen. Die
Grösse und Krümmung der einzelnen Individuen, ihre Beweglichkeit in
Nährmedien und nach Einverleibung in den Thierkörper, ihre Fähigkeit
der Indol- und Nitritbildung, die pathogenen Eigenschaften gegenüber
Meerschweinchen bei intraperitonealer Injection, das Wachsthum in Gelatine
zeigten hei den einzelnen Culturen recht erhebliche und constante Unter¬
schiede, die unter gewissen Bedingungen bald stärker, bald schwächer
hervortraten. Namentlich die Virulenz der Culturen verdient Erwähnung;
sie schwankte zwischen 1 und V 16 Oese.
In den Gelatineplatten fanden sich zwar bei allen Culturen sogenannte
„typische“ Colonieen; aber neben diesen typischen wurden auch atypische
gefunden, bei den einen Stämmen mehr, bei den anderen weniger. Beim
Vergleich der einzelnen Stämme unter einander und mit den cholera¬
ähnlichen Vibrionen zeigt sich, dass es völlig unmöglich ist, eine Dilferen-
zirung der Vibrionen mit auch nur annähernder Sicherheit herbeizuführen.
Der Begriff, was eine typische Choleracolonie ist, ist ein keineswegs fest¬
stehender Begriff, der stets einer subjectiven Beurtheilung entspringt. Für
die praktische Choleradiagnose ist es aber wichtig, festzustellen, dass neben
den typischen häufig atypische Colonieen in den Gelatineplatten Vor¬
kommen, die überwiegen können in den Platten, sobald dieselben älter
als 24 Stunden sind.
Aus diesem Grunde ist bei der Choleradiagnose den Agarplatten, die
sachgemäss (mit trockener Oberfläche) hergestellt und in geeigneterWeise
(möglichste Verkeilung des Materiales zur Erzielung isolirter Colonieen)
beschickt sind, die grösste Verwendung zuzusichern, sowohl in Verbindung
mit der Peptonmethode, wie für directe Aussaat aus Fäces und Darm-
inbalt. Die auf den Agarplatten erhaltenen Colonieen sind geeignet für
die orientirende Agglutinationsprobe im hängenden Tropfen. Es ist noth-
wendig, bei negativem Ausfall der Agglutinationsprobe möglichst viele der
auf den Agarplatten vorhandenen Vibriouencolouieen der Agglutinations¬
probe zu unterwerfen. Es gilt das namentlich für die aus den Pepton¬
röhrchen der Vorcultur angefertigten Agarplatten. Mit Rücksicht auf die
wohl praktisch nicht in Frage kommende, aber doch nicht von der Hand
zu weisende Möglichkeit, dass einmal bei gleichzeitigem Vorhandensein
des echten Cholerabacillus und eines choleraähnlichen Vibrio der letztere
den Choleraerreger im Peptonwasser überwuchern und gar nicht auf-
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W. Kolle und E. Gotschlioh:
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kommen lassen könnte, bat der Ministerialerlass betr. Anweisung zur
Choleradiagnose auch neben dem Peptonwasser die Beibehaltung der
Originalplatten vorgesehen, auf denen eine solche Ueberwucherung Seitens
eines fremden Vibrio weit weniger zu fürchten ist. — Jedenfalls erhebt
die Verbindung der Agglutinationsprobe mit dem Agarplatten- und Pepton¬
verfahren die Choleradiagnose, welche weder bezüglich der Schnelligkeit
noch bezüglich der leichten Ausführbarkeit durch die Combination dieser
Methoden leidet, über jede Subjectivität der Untersucher, bas Fehlen
oder das Vorhandensein der Agglutination, welche nach chemischen Ge¬
setzen blind arbeitet, entscheidet.
Am Schluss dieser Arbeit wollen wir uns vergegenwärtigen, in welcher
Beziehung die gefundenen Resultate zu der Lehre der Specifität des
Koch’schen Vibrio als des alleinigen und ausschliesslichen Er¬
regers der Cholera asiatica stehen. Lassen wir die Thatsachen reden.
In 59 Choleralallen, wovon 3 sogenannte „Choleraträger“, d. h. klinisch ge¬
sunde Personen aus der unmittelbaren Umgebung von Cholerakranken sind,
haben wir den echten Koch’schen Choleravibrio gefunden. Andererseits
liessen sich in 16 Fällen (wir beschränken uns jetzt nur auf die
ägyptische Choleraepidemie, mit Ausschluss der älteren Vibrionen Metschni-
koff, Nordhafen, Maassen, sowie des Vibrio El Tor II) im Ganzen
13 verschiedene Arten von choleraähnlichen Vibrionen nachweisen,
die sowohl unter sich, als auch vom Koch’schen Vibrio unzweifelhaft
artverschieden sind. Von diesen 16 Fällen scheiden sofort aus 5
(vgl. oben S. 15), in denen die Diagnose Cholera durch epidemiologische
und klinische Betrachtung mit grosser Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen
ist; ferner sind 2 Fälle, in denen der choleraähnliche Vibrio neben dem
echten Koch’schen Vibrio gefunden ist, schon oben unter den 59 Cholera¬
fällen mitgezählt. Nehmen wir nun selbst an, dass alle übrigen 9 Fälle,
in denen choleraähnliche Vibrionen gefunden wurden, wirklich asiatische
Cholera waren (obgleich das bei 4 derselben mangels näherer Angaben nicht
zu entscheiden ist (vgl. oben S. 15), so haben wir eine Gesammtzahl von
68 Cholerafällen. In 59 dieser Fälle (d. h. in 87 Procent der Gesammt¬
zahl) haben wir, wie gesagt, den echten Koch’schen Vibrio gefunden,
— in 2 dieser Fälle neben dem echten Koch’schen Vibrio noch je
einen choleraähnlichen Vibrio; — in 9 anderen Fällen endlich fehlte der
Koch'sehe Vibrio scheinbar und es wurden darin 8 (im Ganzen also 10)
artverschiedeue choleraähnliche Vibrionen gefunden. Dass dieses Fehlen des
Koch’schen Vibrio in Wirklichkeit nur scheinbar ist, und dass in diesen
9, ganz ebenso wie in den soeben erwähnten 2 Fällen, es sich wohl um
gleichzeitiges Vorhandensein beider Vibrionen — des echten und des
falschen — gehandelt hat, sowie die Gründe, die es hinlänglich erklären,
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Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u. s. w. 125
weshalb nicht auch in diesen 9 Fällen der Koch’sche Vibrio uns zu Ge¬
sicht gekommen ist, das alles haben wir in unserer Arbeit vielerorts ein¬
gehend erörtert.
Wie verhalten sich nun unter einander einerseits die 59 Culturen
des echten Koch'sehen Vibrio, andererseits die 10 Culturen der cholera-
ähnlichen Vibrionen?
In epidemiologischer Beziehung ist zu bemerken, dass von den
Stämmen des echten Koch'sehen Vibrios eine grosse Anzahl in typischen
Familien-, Häuser- und Dorfgruppen zusammengehört, während anderer¬
seits nie derselbe choleraähnliche Vibrio zwei- oder mehrmals in einer
solchen epidemiologisch zusammengehörigen Gruppe vorkommt. Dagegen
kommen 5 Mal solche choleraähnliche Vibrionen in einzelnen Fällen vor,
in denen die Diagnose „Cholera“ mit grosser Wahrscheinlichkeit als aus¬
geschlossen zu erachten ist.
In bakteriologischer Hinsicht ergiebt sich folgender Gegensatz:
Alle 59 Culturen des Koch'sehen Vibrio sind unter einander gleich und
stellen eine und dieselbe, streng einheitliche Art dar; ja noch mehr, es
besteht auch vollständige Identität mit allen vier daraufhin untersuchten
Stämmen des Koch'schen Vibrio aus anderen, zeitlich und örtlich ganz
verschiedenen Choleraepidemieen (Vibrio Cholera Pfeiffer aus der deutschen
Epidemie von 1893, Vibrio Hankin aus Indien, Vibrio Messina aus Italien,
Vibrio Jaffa aus der syrischen Epidemie 1902) die Identität aller dieser
Stämme des echten Koch’schen Vibrio documentirt sich in erster Linie
durch das absolut gleichmässige Verhalten gegenüber den beiden unabhängig
von einander bestehenden speciüschen Serumreactionen: Bakteriolyse und
Agglutination. Und zwar reagirt jede einzelne Cultur des Koch’¬
schen Vibrio in derselben Weise auf jedes einzelne mit einer beliebigen
Cultur des Koch’schen Vibrio hergestellte Serum, in wie mannigfaltiger
Weise man auch die einzelnen Culturen und Sera combiniren mag. Ferner
besteht dasselbe durchaus gleichmässige und streng specitische Verhalten
auch zwischen den Culturen und Sera der ägyptischen Epidemie einer¬
seits und den Culturen und Sera ausserägyptischer Epidemieen anderer¬
seits; sowohl werden die Culturen Pfeiffer, Hankin, Messina, Jaffa durch
sämmtliche Sera der ägyptischen Stämme des Vibrio Kochi agglutinirt,
als auch sämmtliche ägyptischen Culturen des Koch’schen Vibrio werden
durch ausserägyptische Cholerasera in gleicher Weise specifisch agglutinirt
(altes deutsches und altes italienisches Serum vom J. 1895 u. a. m.). -
Dagegen wird keine einzige, weder ägyptische noch ausserägyptische,
Cultur des Koch’schen Vibrio durch auch nur ein einziges derjenigen Sera
agglutinirt, die mittels der choleraähnlichen Vibrionen bereitet wurden.
Also kurz: strengste Specifität; absolut gleichmässiges reciprokes
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W. Kölle und K. Gotschlich:
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Verhalten zwischen je 2 Culturen und ihren Sera; bei Benutzung des
liochwerthigen Kaninchenserums keine Spur von Gruppen re act io n.
Die einzig mögliche Erklärung für ein so absolut eindeutiges und gleich-
massiges Verhalten von über 60 verschiedenen Culturen — durch viele
Hunderte wechselnder Combiuationen hindurch — ist eben nur die
Wesensgleichheit und Einheitlichkeit der Art aller dieser Stämme:
der eine Vibrio Kochi.
Aber wir brauchen uns nicht einmal auf die specifischen Serum-
reactionen zu beschränken; auch die morphologischen und culturellen
Merkmale zeigen in gewissen Punkten eine vollständig strenge Einheit¬
lichkeit (Geisselbildung, Rothreaction, Fehlen der Pathogenität für Tauben),
wenn auch in anderen Beziehungen, wie z. B. Morphologie, Colonieenbildung
in Gelatine, Virulenz, die Variabilität, und zwar sowohl beim Vergleich der
einzelnen Culturen, als auch bei einem und demselben St amm im Lauf«
der Zeit, grösser ist, als bisher bekannt war.
Wie ganz anders sind die wechselseitigen Beziehungen der 16
choleraähnlichen Culturen! Mit Ausnahme von je zwei zusammen¬
gehörigen Paaren (die unter einander identisch sind) zeigen alle 14 Arten
streng specifische Verschiedenheit sowohl unter einander als auch
gegenüber dem Koch’schen Vibrio. Keiner dieser choleraähnlichen
Vibrionen wird, weder im Pfeiffer’schen Versuch noch auch im Agglu¬
tinationsversuch in vitro, durch irgend eines unserer zahlreichen Sera des
Vibrio Kochi beeinflusst; kein Serum irgend einer dieser Vibrionenarten
beeinflusst andererseits den echten Koch’scheu Vibrio. Auch unter
einander, zwischen den einzelnen choleraähulichen Vibrionen zeigt sich
dasselbe specifisch differente Verhalten. Das ist aber, bei den mehreren
Hunderten von Combiuationen der Versuchsanordnung, nur möglich, wenn
diese choleraähnlichen Vibrionen unter sich und vom echten Koch’schen
Vibrio wesens- und artverschieden sind.
Auch hier bestätigen die culturellen und morphologischen Merkmale
vollauf den Ausfall der Serumreaction; die choleraähnlichen Vibrionen
lassen sich mühelos in etwa ein halbes Dutzend verschiedener Gruppen¬
type u (vgl. Tab. X) einordnen, die sich unter einander und vom Cholera¬
vibrio, zum Theil sogar durch sehr auffallende Merkmale, wie mehrfache
Geissein, Taubenpathogenität, unterscheiden.
Die Einheit der Art des Koch’schen Vibrio einerseits, und die
Artverschiedenheit der choleraähnlichen Vibrionen andererseits
ist der springende Punkt in der ganzen Frage. Berücksichtigt man dabei
noch das ungeheuere rein numerische Ueberwiegen des Koch’schen
Vibrio in 87 Procent der Untersuchungsresultate, sowie ferner die Thatsaehe,
dass die choleraähnlichen Vibrionen theils als Begleiter des echten Koch’-
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Untersuchungen über d. bakteriol. Choleradiagnostik u.s. w. 127
sehen Vibrio, theils als Schmarotzer in Erkrankungsfällen, die zweifellos
keine Cholerafälle waren, gefunden wurden, bedenkt man endlich, dass
für ein pathogenetisches Vermögen dieser Vibrionen beim Menschen keinerlei
Beweis vorliegt, so springt einerseits die rein zufällige, für den Cholera-
process durchaus bedeutungslose Natur dieses Vibrionenbefundes ohne
Weiteres in die Augen, und andererseits erhält die Lehre, dass der
Koch’sche Vibrio die specifisch einzige und ausschliessliche
Ursache der Cholera asiatica ist, die glänzendste Bestätigung.
Es erübrigt noch, auf einige Missdeutungen einzugehen, die bei
oberflächlicher Betrachtung unserer Befunde entstehen hönnten. Da ist
zuerst der von Zeit zu Zeit immer wieder auftauchenden Annahme einer
Pluralität der Choleraerreger entgegenzutreten. Wollte man unsere Be¬
funde in diesem Sinne deuten, so sähe man sich gegenüber der unerklär¬
lichen Thatsache, dass in unseren 68 Cholerafällen 9 verschiedene Cholera¬
erreger ätiologisch betheiligt gewesen seien, von denen ein einziger (der
Koch’sche Vibrio) allein für sich 59 notorisch ansteckende Fälle ver¬
ursacht hätte, während auf das Conto der übrigen 8 nur je eine völlig
isolirt bleibende Erkrankung (in einem Falle zwei, die aber epidemisch
nicht das Mindeste mit einander zu thun hatten) kommen würde. Ueber
eine solche Annahme wäre kein Wort mehr zu verlieren.
Ferner wäre der Möglichkeit zu gedenken, dass etwa Jemand auf
Grund des gleichzeitigen Befundes echter Cholerabacillen und choleraähn¬
licher Vibrionen in einigen unserer Fälle die diblastische Theorie
wieder auferstehen lassen wollte. Dem gegenüber wäre auf die relative
Seltenheit solcher Befunde hinzuweisen, im Vergleich zu den vielen
Tausenden in Aegypten wie anderwärts beobachteter Fälle, wo der Cholera¬
vibrio allein gefunden wurde.
Endlich ist mit dem Einwand zu rechnen, dass die von uns als
choleraähnliche bezeichneten Vibrionen in Wirklichkeit nur sehr stark bio¬
logisch abgeänderte Choleravibrionen seien. Ganz abgesehen davon, dass
dieser Annahme jeder thatsächliche Beleg, ja auch jeder Analogiefall fehlt, —
da es nämlich bis jetzt noch Niemandem gelungen ist, eine natürliche oder
künstliche Variation irgend eines pathogenen Keimes zu erzeugen, welche
die specifische Beeinflussung durch das betreffende Immunserum eingebüsst
hätte —, so sprechen auch noch die folgenden Erwägungen ganz direct
gegen eine solche Annahme. Erstens sind diese choleraälmlicben Vibrio¬
nen zum Teil bei Fällen nachgewiesen, bei denen jede epidemiologische
Beziehung zur Cholera (soweit dies überhaupt möglich ist) ausgeschlossen
war (vgl. Fall V). Ferner sind die Unterschiede zwischen dem echten
Choleravibrio und unseren choleraähnlichen Vibrionen nicht etwa bloss
negativer Natur, die sich durch Abschwächung des echten Cholera-
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128 W. Kölle und E. Gotschlich: Untersuchungen u. 8. w.
vibrio erklären liessen, sondern es handelt sich zum Theil um ganz ausser¬
ordentlich auffallende neue positive Eigenschaften, wie mehrfache
Geissein, Taubenpathogenität. Solche Fälle von Variiren sind biologisch
völlig unwahrscheinlich. Endlich zeigt sowohl die Erfahrung, wie die
theoretische Ueberlegung, dass die specifische Agglutinabilität diejenige
Eigenschaft eines Krankheitserregers ist und sein muss, die im Laufe
des Variirens am zähesten festgehalten wird. Als Erfahrungsthatsachen
können wir einmal unsere fast avirulenten ägyptischen Culturen anführen,
deren Agglutinabilität ganz normal war, ferner den Fall der echten
Choleracultur El Tor I, die auch früher (nach mündlicher Mittheilung von
Prof. Bitter in Cairo) sehr wenig virulent war, aber durch specifisches
Serum 1:2000 agglutinirt wurde. Aber auch vom theoretischen Stand¬
punkte aus ist es verständlich, dass die Agglutinabilität das am zähesten fest¬
gehaltene Artcharakteristicum einer Bakterienspecies darstellt; ko mm t doch
die Agglutinabilität nicht bloss geformten lebenden Elementen, sondern
auch ungeformten Eiweissstoffen in streng specifischer Weise zu; und im
Bakterienleib ist die Agglutinabilität eben höchst wahrscheinlich an die¬
jenigen Stoffe gebunden, die das Artcharakteristicum der Leibessubstanz
des betreffenden Bacteriums ausmachen.
Nachdem wir so alle anderen Deutungen als unzulässig erwiesen
haben, bleibt als einfachste Erklärung, die allen Thatsachen gerecht wird,
die aufs Neue erwiesene und bekräftigte Specificität des Koch’schen
Vibrio als des wahren und einzigen Choleraerregers.
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Studien über die Pest.
Von
Prof. Dr. Camillo Terni,
Director des bakteriologischen Instituts so Messina.
(Hierzu Taf. I-IV.)
I. Theil.
Klinische Diagnose.
Die Diagnose der Bubouenpest bietet in der Praxis sehr grosse
Schwierigkeiten, besonders in den ersten Fällen, denn auch der ge¬
schickteste, mit guten Kenntnissen der Pathologie ausgestattete Arzt
bleibt immer schwankend Angesichts der Verantwortung einer solchen
Diagnose und der daraus folgenden Maassnahmen, und gewöhnlich wird
der tödtliche Ausgang'*eines oder mehrerer Fälle abgewartet, bevor auch
nur der Verdacht einer pestösen Infection ausgesprochen wird. Dies ge¬
schieht nicht aus Unwissenheit oder aus dem Wunsche, die Krankheit zu
verheimlichen, sondern aus Mangel an vorhergehenden klinischen Beob¬
achtungen, geeignet, die charakteristische Symptomathologie der Pest in
ihren Anfangsformen zu erklären, und weil auch in den neuesten Ab¬
handlungen über Tropenkrankheiten genaue Kenntnisse fehlen, welche
dem praktischen Arzte als Führer dienen könnten beim Ausspruch der
Diagnose im Vergleiche mit anderen ähnlichen Krankheiten.
Deshalb sehen wir beim Erscheinen der ersten Fälle pestöser In¬
fection von vielen Aerzten besonders der heissen Länder den diagnostischen
Ausdruck Lymphatitis, Lymphatitis perniciosa, Lymphatitis malarica u. s. w.
gebraucht, was ein Irrthum vom Standpunkte der Pathologie aus ist, der
ernste Folgen hervorrufen kann, da er die Pestfälle verbirgt und so ebenso
viele Herde für die Verbreitung der Krankheit bildet.
ZtitKhr. f. Hygfone. XLIV. 9
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Camillo Terni:
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In allen Ländern, wo die Pest in diesen letzten Jahren aufgetreten
ist, wurden gutartige Initialfalle beobachtet, manchmal von spontaner
Heilung gefolgt, und deshalb wollte man einen Unterschied finden zwischen
diesen gutartigen Pestfällen und jenen tödtlichen, die an Zahl zunehmeu.
wenn die directe Ansteckung von Individuum zu Individuum sich zeigt,
denn dann erwirbt der inficirende Keim grössere Virulenz.
In Aegypten discutirte man lange über diese Anfangsfalle gutartiger
Pest, die für Lymphatitis diagnosticirt wurden, und man behauptete, dass
ähnliche acute Krankheiten der Lymphdrüsen sich leicht jedes Jahr in
der Sommerperiode zeigten, und besonders wenn die Wasser des Nils sich
zurückziehen nach Aufhören der Regenzeit der Aequatorgegenden.
In Indien, in Oporto und besonders in Brasilien fanden dieselben
doctrinären Discussionen statt mit demselben Resultate, denn es wurde
klar bewiesen, dass die Lymphatitis nichts Anderes als Bubonenpest war.
Man begreift, wie nothwendig es ist, für eine sichere Diagnose zu
sorgen, um festzustellen, ob mit dem Namen Lymphatitis eine besondere
Krankheit der heissen Länder zu verstehen ist mit von der Bubonenpest
verschiedener Aetiologie. Die Prophylaxis gegen die Pest, die haupt¬
sächlich auf Isolirung der ersten Fälle und auf sorgfältigster Desinfection
basirt sein muss, um die Gefahr von Epidemieen zu vermeiden, erfordert
vom Arzte das sichere Bewusstsein der Diagnose, ganz besonders in den
tropischen und subtropischen Regionen, wo die Pest günstige Verhältnisse
finden kann, um endemisch zu werden, wenn es auch möglich ist, mit
geeigneten Schutzmitteln den Ausbruch wirklicher Epidemieen zu verhüten.
Ich habe Gelegenheit gehabt, in verschiedenen Localitäten Fälle von
Bubonenpest zu untersuchen, die für Lymphatitis perniciosa oder
malarica diagnosticirt waren. Deshalb habe ich es für nützlich gehalten,
die der pestösen Infection in ihrem Anfänge eigenen klinischen Merkmale
und die Mittel, welche dem praktischen Arzte in der genauen Diagnose
der Krankheit helfen können, zu erörtern, denn schon jetzt muss ich
behaupten, dass die Pest, besonders in der Bubonenform leicht zu curiren
ist, wenn sie von Anfang an mit entsprechenden Methoden behandelt
wird, wie wir in der Folge sehen werden. Die klinische Erfahrung, die
ich im Studium von mehr als 1000 Pestkranken mir erworben habe, be¬
sonders aus den im Hospital Paula Candido in Rio Janeiro gesammelten
Beobachtungen, überzeugt mich von der Nützlichkeit dieser Arbeit, um
die Aufmerksamkeit des praktischen Arztes auf die dieser Krankheit eigenen
Symptomathologie zu lenken.
Wir werden uns zunächst mit der Differentialdiagnose der so¬
genannten Lymphatitis und des Pestbubos beschäftigen, denn fast
immer zeigen sich die ersten Pestfälle mit Bubonenform, und erst später
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Studien übeb die Pest.
131
mit der Anpassung und der erhöhten Virulenz des Pestbacillus bemerkt
man die gastrointestinalen oder septicämischen und pneumonischen Formen,
mit denen wir uns auch beschäftigen werden, bevor wir unsere Kenntnisse
über Pathogenie und rationelle Kur der Pest darlegen.
Lymphatitis nnd Pestbubo.
In der Tropenpathologie hat sich, besonders durch die brasilianischen
Aerzte, ein besonderes Capitel gebildet für die sogenannte Lymphatitis
perniciosa oder malarica und begriff unter solcher Benennung Fälle
von Lymphdrüsenentzündung und Lymphgefässentzündung mit raschem
inficirendem Verlauf, die jedoch die Symptome der gewöhnlichen Phleg¬
mone aufweisen. Die Krankheit beginnt gewöhnlich mit Bläschen, Papeln
oder Hautgeschwüren in Folge von kleinen Wunden oder Insectenstichen.
An der verwundeten Stelle bildet sich ein nekrotischer Schorf dem Kar¬
bunkel ähnlich, mit violetten Bändern, gefolgt von bemerkenswerther
Hyperämie und Geschwulstinfiltration in die umgebenden Theile. Der
Entzündungsprocess dehnt sich dann längs der Lymph- und Venenbahnen
aus, und rasch treten alle Symptome einer allgemeinen Infection auf,
begleitet von Drüsenentzündung, die stärker auftritt in den Punkten, wo
die Hautverletzungen bestehen, und von Lymphangioitis und Adern¬
entzündung. Die Fieberanfälle mit Frostschauern erinnern in gewisser
Weise an den Malariafiebertypus und können irreführen, wenn die Initial¬
symptome der Infection leicht sind und unbeobachtet bleiben.
Wie Rho sehr richtig bemerkt, kann das Auftreten von ausser¬
ordentlich schweren Phlegmonen nicht verwundern in Individuen, die
meistens lymphatisch, anämisch, vom heissen Klima und von anderen
vorhergehenden Infectionen erschöpft sind, ohne dass die bestimmende
Ursache die Malaria sei.
In allen von mir beobachteten Fällen handelte es sich um Septicämie
von Streptococcus pyogenes herrührend, selten von Staphylokokken be¬
gleitet nnd in zwei Fällen von Diplococcus, jeden Zweifel über mitwirkende
malarische Infection ausschliessend.
In den Tropenländern werden auch andere Infectionen, wie der Milz¬
brand, der Rotz und Oedem malignum leicht für Lymphatitis diagnosticirt.
Dieses Capitel der Tropenpathologie ist natürlich bestimmt zu verschwinden
vor der Verbreitung der neuen Kenntnisse der modernen Medicin.
Inzwischen muss ich gleich bemerken, dass die Diagnose von Lym¬
phatitis nicht nur ein Irrthum ist, sondern auch nichts Genaues ausdrückt,
denn mit diesem Worte will man Lymphdrüsen- oder Lymphgefäss¬
entzündung oder die beiden pathologischen Kundgebungen zusammen im
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Camillo Terni:
allgemeinsten Sinne audeuten, während dieselben sehr verschiedene Merk¬
male annehmeu im Anfang, im Verlauf und im Ausgang, je nach der
Natur des ätiologischen Agenten, der sie bestimmt.
Es ist unnöthig, uns mit der gewöhnlichen acuten Lymphangioitis
in einer Differeutialdiagnose der Pest zu beschäftigen, denn in dieser
Infection bemerkt man nie entzündliche Reactionen der Lympligefasse im
Fig. l.
Verlauf von einer Lymphdrüsenpleiade zu anderen, ln der Bubonen¬
pest bemerkt man die Verbreitung des Processes nur an der
allmählichen Anschwellung der Lymphdrüsen in einem vom
primitiven Herde immer entfernteren Punkte, auf diese Weise
eine Serie von Bubonen bildend, die unabhängig von einander
scheinen. Wenn z. B. der Initialbubo in der Schenkeldrüse ist, beginnt
nach zwei oder drei Tagen oder auch in weniger Zeit der Leistenbubo.
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Studien über die Pest.
133
aber für viele Tuge bleiben sie einer vom anderen vollkommen geschieden,
auch erscheint kein vermittelnder Eutzündungsprocess der Lymphgefasse,
um die beiden Infectionsherde zu verbinden. In der grossen Mehrzahl
der Fälle gehen der Bildung des Bubos keine primären Hautläsionen
voraus, welche uns den Punkt angeben können, wo die Keime durch den
Hautweg eingedrungen sind. Manchmal bemerkt man eine unbedeutende
Papel oder ein kleines Bläschen, fast immer in der vorderen äusseren
Region der unteren Glieder localisirt oder auf dem Spann des Busses wie
in den Figg. 1 und 2, und noch seltener einen Furunkel oder ein eiteriges
Geschwür mit violetten Rändern und ichorösem Inhalt: aber man bemerkt
keine vermittelnden Alterationen zwischen den Hautläsionen und dem Bubo.
Fig. 2.
In sehr seltenen Fällen kann auch eine Entzündung der Lymph-
gefässe auftreten, jedoch immer in chronischen Pestformeu und wenn ver¬
spätete Hautlocalisationen Vorkommen, und im Allgemeinen tritt dann das
Eiudringen anderer pyogener Keime (Staphylokokken und Streptokokken)
auf, die ihre pathogene Wirkung derjenigen des Pestbacillus zugesellen.
Jedoch auch in diesen Fällen geht der pestösen Lymphangioitis immer
der charakteristische Bubo voraus, und sie beschränkt sich auf kurze
Strecken der Lymphgefässe, die wie knotige und sehr schmerzhafte Schnüre
erscheinen, und niemals nimmt sie die Merkmale der gewöhnlichen von
pyogenen Keimen verursachten Lymphangioitis an, wie z. B. bei der
Phlegmone.
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Camillo Terni:
Die pestöse Lymphangioitis ist nicht nur sehr selten, son¬
dern auch immer secundär und zeigt sich in Pestfällen mit
langsamem Verlauf, wenn die Initialperiode schon vorüber und
die Diagnose schon mit Sicherheit für alle anderen Symptome
festgestellt ist.
Wir brauchen uns ebenfalls nicht zu beschäftigen mit all’ den
Lymphdrüsenentzündungen mit chronischem Verlauf von Tuberculose.
Syphilis, Rotz herrührend, und mit den von Malaria oder anderen Infec-
tionen abhängigen Degenerationen, da sie klar definirte eigene Merkmale
in der Pathologie und in der Klinik haben und sicher nicht mit dem
Pestbubo verwechselt werdeu können.
Die beiden Infectionen, die in gewissen Grenzen die Aufmerksamkeit
des praktischen Arztes auf sich lenken müssen bei einer Differential-
diaguose der Bubonenpest, sind die acute gewöhnliche Lymplidrüsen-
Fig. 3.
entzündung (Abscess) meistens von gewöhnlichen pyogenen Keimen ver¬
ursacht, und die venerische Lymphdrüsenentzündung, besonders wenn der
Bubo inguinal oder crural ist.
In dem einen und dem anderen Falle kann eine primäre Läsion der
Harn- und Geschlechtswege bestehen, die es uns möglich macht, dia¬
gnostische Fehler zu vermeiden: aber die wichtigsten Symptome, welche
die Pest von jenen beiden Infectionen unterscheiden, und die vor allem
vom Kliniker berücksichtigt werden müssen, beziehen sich auf die ersten
Symptome und die Entwickelung des Bubos, auf den localen
Schmerz, den Gang der Temperatur und die Symptome der all¬
gemeinen Intoxication, wie Tachycardie und Delirium.
In allen anderen acuten Entzündungen der Lymphdrüsen gebt die
Anschwellung dem Fieber voraus, das nach und nach zuuimmt mit der
Bildung des Pus an der kranken Stelle: die charakteristischen Symptome
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Studien übeb die Pest.
135
des Entzündungsprocesses geben immer dem Fieberaufall voraus, und
gewöhnlich findet unmittelbare Theilnahme der die Lymphdrüsenplejade
umgebenden Gewebe statt. Die Bubonenpest dagegen fangt mit mehr
oder weniger hohem Fieber an, begleitet von einem in dem Punkte, wo
später die Schwellung der Drüsen erscheint, localisirten Schmerz. Das
Fieber, dem ein starker Kopfschmerz vorausgeht, erreicht rasch
39 bis 40° C., der stechende locale Schmerz wird immer stärker, während
die Lymphdrüsen nur etwas infiltrirt erscheinen; diese Vorbereitungs¬
periode dauert gewöhnlich einen Tag.
In der Folge schreitet die progressive Entwickelung der Schwellung
der Drüsen fort bis zur Bildung des wirklichen Bubos, der gewöhnlich
am 4. bis 5. Tage der Infection die Grösse eines Hühnereies nicht über¬
schreitet und dann stationär bleibt, schmerzhaft, hart, immer ohne
Fluctuation, isolirt von den weichen umgebenden Geweben und ohne
irgend welche Theilnahme der Haut, die über der Geschwulst beweglich
und vollkommen normal erscheint. Man bemerkt local weder Hyperämie
noch Zunahme an Hitze.
Die Temperatur bleibt immer hoch: 39 bis 40° C. und mehr, die
höchstens um einen Grad abnimmt innerhalb 24 Stunden, gewöhnlich des
Morgens.
Am 2. bis 3. Tage mit der fortschreitenden Zunahme des Bubos
faugen die Symptome einer allgemeinen Intoxication an zu erscheinen
mit Stupor, Delirium, das sehr viel Analogie mit der Trunkenheit hat,
Tachycardie und allgemeiner Schwäche. Die Zunge ist belegt, mit roth-
violetten Rändern, der Athem übelriechend, die Conjunctiven stark hyper-
ämisch.
Auch wenn eine gutartige! Krisis stattfindet, charakterisirt durch
rasche Abnahme des Fiebers mit nachfolgender Heilung, bestehen die
allgemeinen nervösen Phänomene, und besonders das Delirium und die
Tachycardie, manchmal noch mehrere Tage fort, während die Temperatur
normal wird.
Das hat seinen Grund darin, dass, während durch die directe Action
der Leukocyten der infective Process aufgehalten wird mit der Zerstörung
der Pestbacillen, doch immer im primitiven Herd (Initialbubo) eine Monge
von toxischen Producten bleibt, die nicht leicht aus dem Organismus
entfernt werden können, und die absorbirt fortfahren, die charakteristischen
toxischen Symptome der pestösen Infection hervorzurufen. In schwachen
Individuen kann die langsame Wirkung der im Bubo vorhandenen Toxine
eine pestöse Kachexie verursachen mit tödtlichem Ausgange, wenn nicht
für eine rationelle Kur durch zeitige Ausscheidung des Bubo gesorgt wird.
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136 Camillo Tekni:
Die Symptome der Bubonenpest haben so augenscheinliche Unter¬
scheidungsmerkmale, dass eine Verwechselung mit anderen acuten Lymph¬
drüsenentzündungen nicht zulässig ist; auch wenn der Pestbubo cervical
ist, in Folge von pestöser Mundinfection, kann die Diagnose nicht zweifel¬
haft sein, wenn man sich den klinischen Verlauf der Krankheit in ihrem
Anfänge vergegenwärtigt, den wir wie folgt zusammenfassen können:
1. Fieber mit stechendem Schmerze, localisirt in irgend
einer Drüseuplejade (inguinal, axillar oder cervical) und leichte
Schwellung der entsprechenden Lymphdrüsen.
2. Progressive und rasche Schwellung der Lymphdrüsen
bis zur Bildung einer einzigen harten, sehr schmerzhafteu,
scharf abgegrenzten, auf den tiefliegenden Geweben und unter
der Haut beweglichen Geschwulst.
3. Schwere Symptome von allgemeiner Intoxication (Tachy-
cardie, Delirium, Stupor, Adynamie), die nicht im Verhältnis?
stehen zur Entität der localen Läsion, und die nach und nach
zunehmen bis zum Tode, wenn nicht eine günstige Krisis statt¬
findet.
4. Im Pestbubo findet während der Periode der acuten In-
fection keine Eiterung statt. Nur sehr viel später und in vor¬
geschrittener Reconvalescenz bemerkt man eine Erweichung der Geschwulst
mit Adhäsion der Haut und eventueller spontaner Oeffnung. Aber im
Allgemeinen ist der Process spontaner Heilung sehr langsam und geht
durch Absorption der Geschwulst vor sich. In ausnahmsweise seltenen
Fällen, in denen das Eindringen anderer mit dem Pestbacillus vereinigter
Bakterien vorkommt, besonders des pyogenen Streptococcus, können im
Anfänge die localen Symptome in gewisser Weise verwechselt werden mit
der gewöhnlichen Lymphdrüsenentzündung, aber immer findet eine viel
accentuirtere Schwellung der Lymphdrüsen der Region statt (Bubo), und
die allgemeinen Symptome sind auch ohne Vergleich ernster.
5. Die Störungen des Circulationsapparates und besonders die Tacbv-
cardie und die folgende Dilatation des rechten Herzens sind coustante
Symptome der Pestinfection. Auch in sehr leichten Fällen mit den ein¬
fachsten Manifestationen, wie der Pestfurunkel, begleitet von einer
ephiimeren Schwellung der Lymphdrüsen und von Fieber, das 38° C.
nicht überschreitet, ist die Geschwindigkeit des Pulses so augenscheinlich,
dass sie sofort die Aufmerksamkeit des Arztes auf sich zieht, als ob ein
mit wirkendes Herzleiden existirte. Die Störungen des Circulationssystems
sind manchmal so ernster Art, dass sie den fast blitzartigen Tod des
Kranken veranlassen, während die localen Läsionen der Krankheit eine
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i
Studien üuek me Pest.
137
günstige Prognose stellen lassen. Auch in vorgeschrittener Recouvalescenz,
besonders wenn noch Eiterungsherde existireu, können die Alterationen
des Pulses für lange Zeit fortfahren. Ich erinnere mich an den Fall
eines im Hospital Paula Candido in Jurujuba behandelten Knaben, der
noch einen Monat nach der Genesung Aussetzen des Pulses zeigte.
Wie wir bei der Besprechung der Pathogenie der Pest sehen werden,
bilden die Störungen des Oirculationsapparates die am meisten charakte¬
ristische Kundgebung der Wirkung des pestöseii Giftes im thierischeu
Organismus.
Wenn wir uns diese Symptome vergegenwärtigen zusammen mit den
anderen wichtigen Kenntnissen, die wir der Anamnesis entnehmen werden,
können wir mit Sicherheit die klinische Diagnose der Bubonenpest fest¬
stellen und mit der grössten Beschleunigung die von dem Falle erforderte
Kur anwenden. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die neuen Er¬
rungenschaften der Mikroskopie und Bakteriologie dazu beigetrageu haben,
die Diagnose der Pest zu vervollständigen mittels directer Beobachtung
des ätiologischen Agenten der Pestiufectiou, und deshalb wird der prak¬
tische Arzt, besonders in den ersten Fällen die Intervention des Bakterio¬
logen fordern müssen, falls er sich der Diagnose aus den klinischen
.Symptomen nicht sicher fühlt. Aber auf alle Fälle hat er die Pflicht,
nicht erst das Ergebuiss der Laboratoriumsforschungen abzuwarten, bevor
er für die dringendste Pflege und für die Isolirung des Kranken sorgt.
Septicämische Pest und pestöse Gastroenteritis.
Die Diagnose der anderen klinischen Formen der Pest können keine
grösseren Schwierigkeiten bieten, denn gewöhnlich zeigen sich Fälle von
pestüser Septicämie oder von Pestpneumonie, wenn in der Localität schon
Fälle von Bubonenpest vorgekommen sind und die Gravität der Symptome
den klinischen Arzt sofort veranlasst, besondere pestöse lnfectioueu zu
vermuthen.
Die primitive pestöse Septicämie ist ausserordentlich selten, und
meiner Erfahrung nach kann ich behaupten, dass sie nicht existirt. Der
Septicämie geht immer eine gastro-intestinale Infection oder der Bubo
voraus, mag dieser auch sehr klein, fast unbemerkbar sein und mit
raschem Verlauf in Individuen mit besonderer Prädisposition.
Die septicämischen Formen zeigen sich besonders wenn der Bubo
cervical oder axillar ist, da die Beziehungen unmittelbarer Continuitüt
mit den tiefliegenden Lymphwegen des Mediastinums die Verbreitung der
Bacillen im Organismus leichter machen.
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Camillo Terni:
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Meine Beobachtungen veranlassen mich zu der Behauptung, dass oft
auch in den schwersten septicämischen Formen mit raschem Verlauf,
noch ehe die Pestbacillen im Blute erscheinen, eine mehr oder weniger
augenscheinliche Schwellung irgend einer Drüsenpleiade stattfindet, be¬
gleitet von stechendem Schmerz, ein Anzeichen der ersten Localisation
der Pestbacillen. In den Autopsieen von an septicämischer Pest Ge¬
storbenen findet man beständig hypertrophische und hämorrhagische
Drüsen der Achselhöhle und des Genickes, deren Gewebe von Pestbacillen
durchzogen ist. Auch kann man nicht annehmen, dass diese Drüsen
eine secundäre Localisation der allgemeinen Infection repräsentiren, weil
sie gewöhnlich in beschränkter Zahl und in bestimmten Regionen sind.
Vom pathogenen und klinischen Standpunkte aus kann daher kein Unter¬
schied zwischen Bubonenpest und Pestsepticämie bestehen, denn diese ist
nur eine letzte Phase der anderen.
Nur in Fällen von Septicämie durch primitive gastro-intestinale In¬
fection haben wir etwas verschiedene klinische Initialsymptome, die mit
denen der schwersten intestinalen Mycosis (Milzbrandinfection) verwechselt
werden können. Die Temperatur bleibt fast constant auf 39° 0., und
die anderen Symptome folgen: trockene belegte Zunge mit bläulich rotliem
Rande, übelriechender Athem, Rhinorrhagie, galliges Erbrechen, grüne
und reisartige Diarrhöe, Meläna, Stupor, Delirium, allgemeine Adynamie.
Krampf der Wadenmuskeln. In Folge der Verbreitung des Infections-
processes von den Lymphwegen der Bauchhöhle aus kann man eine zwei¬
seitige Schwellung der inguinalen und cruralen Lymphdrüsen haben, die
jedoch niemals das Volumen eines wirklichen Bubos erreicht.
Dieselben Symptome mit umgekehrtem Verlauf bemerkt man, wenn
die pestöse Infection sich von einem cruralen und inguinalen Bubo auf
die Bauchhöhle überträgt.
Ich wiederhole, die septicämische Pest existirt nicht als besondere
klinische Form, sie ist die letzte Phase einer durch die Haut oder durch
die Schleimhäute zugezogenen Infection mit vorhergehendem Bubo, oder
sie folgt auf eine gastro-intestinale Infection. Gewöhnlich stellen die
Kliniker die Diagnose von septicämischer Pest fest, wenn sie den Kranken
in adynamischem Zustande sehen mit sehr schwachem Puls, Hypotermie.
Stupor, Delirium, reichlichem Schweiss, während kein Bubo sichtbar wird.
Aber diese sehr ernsten Symptome zeigen sich oft in der letzten Periode
der Bubonenpest, besonders in Fällen mit multiplen Bubonen, und sind
charakteristisch für die durch die Verdauungswege aufgenommene Pest-
Die Diagnose der septicämischen Pest kann man nur mit Hülfe der
mikroskopischen und bakteriologischen Untersuchung des Blutes stellen;
in den meisten, klinisch für septicämische Formen diagnosticirten
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Studien über die Pest.
139
Fällen erfolgt der Tod dagegen durch allgemeine Intoxication noch ehe
die Bacillen im Blute gegenwärtig sind.
In Indien, wo die nekroskopischen Beobachtungen relativ gering sind,
legte man dem klinischen Studium der gastro-intestinalen Pest wenig
Wichtigkeit bei, da man alle schweren Fälle mit der Diagnose der septi-
cämischen Pest verwechselte. Die Symptome der Mycosis haben einen
sehr raschen Verlauf, und gewöhnlich befindet sich der Kranke, wenn er
in’s Hospital gebracht wird, schon fast im Todeskampfe. Aus der nekro¬
skopischen Untersuchung können wir ersehen, dass die schwersten Läsionen
in allen Pestfällen, in denen eine Localisation der oberflächlichen Lymph-
drüsen fehlt (Bubo), sich im Darmcanal und in den Lymphwegen des
Mesenterium und des Mediastinum finden.
Die Beobachtungen Wilms in Canton, diejenigen Bandis und
Stagnittas in Oporto, und die von mir in Brasilien studirten Fälle be¬
stätigen, in unbedingtester Weise, dass die pestöse Septicämie niemals
primitiv ist, und dass die gewöhnlich als septicämische Formen diagnosti-
cirten Fälle von durch die Verdauungswege aufgenommener Infection
herrühren.
Eine atypische Form von intestinaler Pestmycosis mit langsamem
Verlauf wurde von Godinho in Santos studirt und als eine septi¬
cämische Form beschrieben, da er in den verschiedenen Perioden der
Krankheit Pestbacillen im Blute bemerkt hatte. Ihrem Erscheinen ini
Blute ging beständig eine Zunahme der Temperatur und der Darm- und
Magenstörungen voraus. Die allgemeinen Symptome, der Verlauf und
die thermische Curve erinnern an den Verlauf einer schweren typhösen
Infection. Im beschriebenen Falle dauerte die Krankheit ungefähr drei
Monate, worauf die Genesung erfolgte.
Primäre und secundäre Pestpneumonie.
Die classische Form der primären Pestpneumonie hat sehr viel
Analogie mit der Influenzapneumonie und ist allgemein bekannt durch
ihre ausgesprochenen klinischen Merkmale, durch die heftige Art wie sie
ausbricht und durch ihr rasches Ende. Ihr Hauptcharakter ist blitzartig
zu sein. Der Kranke stirbt oft an Herzlähmung noch ehe der Arzt die
Elemente für eine Diagnose gesammelt hat. Mit Unrecht jedoch nahm
man an, dass die Pestpneumonie als primäre Aflection ausbrechen könne;
während ihr immer eine deutliche Vorbereitungsperiode vorhergeht,
charakterisirt durch Tonsillitis oder andere Localisationen des Virus auf
den Schleimhäuten der erst en Luf t wege und der Lull röhrenäste.
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In der Beobachtung des Kranken fällt sogleich der Umstand des
sehr hohen Fiebers auf, das immer zwischen 39 bis 41° C. ist, begleitet
von sehr ernsten allgemeinen Phänomenen: Athmungsbeschwerde, sehr
merkliche Tachycardie, Delirium, Stupor, Adynamie, während die localen
Symptome sehr limitirt sind und den rasch tödtlichen Verlauf nicht
rechtfertigen können. In den in Alexandria beobachteten Fällen und in
anderen von Lutz in S. Paolo studirten war die Infection localisirt in
einem kleinen Theile der Lungenspitze einer einzigen Seite, und der Tod
erfolgte in wenig mehr als 48 Stunden nach dem Anfang des Fiebers.
Der Speichel in diesen Fällen mit blitzartigem Verlauf ist sehr
reichlich, vorwiegend schleimig, manchmal mit Blutstreifen, ausnahms¬
weise gefolgt von wirklichen Lungenblutungen in der dem Tode voraus¬
gehenden Periode. Der Husten ist niemals ernstlich und kann auch
fehlen; die Anstrengung, um den Schleim auszuwerfen, ist eher das
Resultat von Erbrechungsaufällen. Die beunruhigendsten Phänomene sind
die Athembeklemmung und die Tachycardie, die nicht einmal in den
schwersten Formen der Basedow’schen Krankheit ihres Gleichen findet.
Eine andere klinische Form der Pestpneumonie mit langsamem Ver¬
lauf wurde in Kalkutta besonders von Hossack studirt und verdient
erwähnt zu werdeu, weil sie viel allgemeiner ist und als Complication
auch in anderen klinischen Pestformen hinzutreten kann. Die klinischen
Merkmale dieser Form sind sehr verschieden, ihr Ausbruch ist insidiös
und nach 5 oder 10 Tagen können die allgemeinen Symptome so leicht
und unbestimmt sein, dass sie sich leicht der Beobachtung entziehen.
Die Respiration kann wenig verändert sein, manchmal beschleunigt: beim
Auscultiren und Klopfen bemerkt man wenig Röcheln und Rasseln und
unbedeutende Tonuuterschiede. Nach 2 bis 3 Tagen treten die Lungen¬
symptome deutlich auf, und dann bemerkt man einen Pneumouieherd an
der Spitze oder an der Base, wo Verdichtung der Lunge und Zunahme
des Athmungsgeräusches und wenig knisterndes Rasseln wahrgeuommen
wird. Der Husten ist leicht, der Auswurf gering, schleimig, manchmal
eiterig mit Blutstreifen oder leicht rostig; manchmal fehlt er. Die
Sprache und die Intelligenz bleiben immer unversehrt, und wenn
Störungen Vorkommen, so erscheinen sie zuletzt. Es fehlt der Kopf¬
schmerz, die Augen sind geröthet, die Zunge ist kaum belegt. Der Tod
erfolgt am 5. bis 10. Tage, fast immer unerwartet. Die Temperatur
wechselt zwischen 38 und 39° mit plötzlicher Ab- und Zunahme.
Im Verlauf dieser klinischen Form treten zwei Thatsachen hervor:
der plötzliche Tod und der rasche und schwache Puls, der in dem übrigen
Krankheitsbilde keine Erklärung findet, was eine sichere pestöse Infection
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Studien üb he die Pest.
141
anzeigt. Gewöhnlich bemerkt man keine Drüsenschwellungen, sie können
sich jedoch gegen das Ende der Krankheit zeigen und sind kaum sichtbar,
meistens localisirt unter und über dem Schlüsselbein, Genick und Achsel¬
höhle und erscheinen gewöhnlich zuerst an der Seite, wo die Luugen-
läsiouen am ausgesprochensten sind. Der Ausgang ist wie in der vorher¬
gehenden Form immer tödtlich.
Primitive und secundäre pestöse Haut- und Schleimhautläsionen.
Im Anfang und im Verlauf der Pest, besonders der Bubonenpest,
kann man für die Diagnose und für das prognostische Urtheil sehr
interessante Haut- und Schleimhautläsionen beobachten. Gewöhnlich sind
die primitiven, in der Haut localisirten Pestläsionen sehr selten und
erscheinen zusammen mit -dem Bubo oder gehen ihm kurz vorher, fast
immer vom Kranken unbemerkt. Meistens handelt es sich um eine
Papel oder Pustel, oder um ein Bläschen, die sich in einem dem primären
Bubo entsprechenden Punkte der Lymphgegend gebildet haben, und man
begreift leicht, dass diese Läsion die Eingangspforte der inferirenden
Keime darstellt. Diese primäreu Läsionen bleiben fast immer stationär,
auch wenn die Infection fortfahrt und sich vom primären Bubo in die
tiefen Lymphwege verbreitet. Das Bläschen kann höchstens aufbrechen
und sich in ein kleines Geschwür verwandeln mit unregelmässigen Rändern,
umgeben von einem violetten Hof, aus dem saniöser Pus austritt. Aber
bis im localen Entzünduugsprocess keine anderen Keime hinzutreten,
bemerkt man weder Oedem noch Lvmphangioitis. Die geringe Intensität
der primären localen Läsionen pestöser Art contrastirt immer mit der
Schwere der allgemeinen Symptome und steht auch nicht im Verhältnis«
zu den Entzünduugserscheinungen, welche sich in den, den primären Bubi»
bildenden Lymphdrüsen zeigen, so dass mau oft fast bewogen ist, sie für
zufällig oder secundär zu halten.
Sehr viel seltener beginnt die Pest mit einem Furunkel oder mit dem
Karbunkel, mit Unrecht von einigen Forschern als specilische, pestöse
Manifestationen betrachtet, während sich beständig ergiebt, dass sie von
der pathogenen Wirkung der gewöhnlichen, dem Pestbacillus zugesellten
pyogenen Keime herrühren. Der Pestfurunkel unterscheidet sich vom
gewöhnlichen durch die dunkelviolette Farbe und den ichorösen Inhalt.
Der Pestkarbunkel beginnt mit intermediären Merkmalen zwischen
dem gewöhnlichen Anthrax und der Braudbeule. Im centralsten Punkte
bemerkt man einen nekrotischen, vertieften Schorf von dunkelvioletter
Farbe, umgeben von kleinen Bläschen und rings herum eine breite,
hpperämische Zone mit ausgebreitetem Oedem.
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Was die Frequenz der primitiven pestösen Hautläsionen anbetrifft,
die in 450 im Hospital Paula Candido in Rio Janeiro aufgenommenen
Kranken beobachtet wurden, ergab sich: Pestauthrax 5 Fälle, Furunkel 9,
Bläschen 10, Papeln oder Pusteln 17. In allen Fällen waren die Läsionen
einzig, und in bestimmten, dem primären Bubo entsprechenden Regionen
localisirt. Dieses Merkmal hat grossen Werth, um die primären Läsionen
von den secundären zu unterscheiden, die in vorgeschrittener Periode der
Krankheit erscheinen, wenn die Keime in den Circulationstrom eingedrangen
und im ganzen Organismus verbreitet sind.
Die secundären pestösen Hautmanifestationen haben also allgemeinen
Charakter und bestehen manchmal in Eruptionen von Furunkeln, oder in
Petechien, oder in Papel- oder Pustelausschlag, besonders verbreitet an
den unteren Gliedmaassen und auf dem Rumpf, seltener auf dem Gesichte
und auf den Armen (Fig. 3). Die dem Nesselausschlag ähnlichen Papeln
sind von violetter Färbung und manchmal verwandeln sie sich in Bläschen
und in Braudgeschwüre. Die Form von pestösem Ausschlag ist häufiger
bei den Weissen.
Bei farbigen Individuen bemerkt man vorzugsweise einen pustel¬
artigen, der Varicella ähnlichen Ausschlag. Das Erscheinen des Ausschlages
ist fast immer von verhängnisvoller Prognose: er bricht gewöhnlich im
letzten Stadium der Bubonenpest aus und zeigt sich oft zusammen mit
ernsteren Läsionen der tiefen Gewebe (eiterige Infiltration der Muskelhüllen.
Periostitis u. s. w.).
In einigen Fällen von primären Axillarbubonen wurde eine ödematöse
Anschwellung beobachtet, umschrieben in einem Punkte der Rumpfwand
auf der Seite des Bubos, während eine Läsion der Haut fehlte, welche nur
stark hyperämisch erschien. Diese primäre pestöse Läsion, die mit den
Merkmalen des Erysipels beginnt, ist ausserordentlich selten und wird von
der Gegenwart des dem Pestbacillus zugesellten Streptococcus verursacht.
Die zugänglichsten Schleimhäute können der Sitz von primären
pestösen Läsionen sein. In sechs von mir beobachteten Fällen hatte sich
die Infection kundgegeben mit einem von einer Balano-postitis und pestösen
Uretritis hervorgerufenen Leistenbubo. Die pestöse Uretritis und Gonorrhöe
beschränken sich auf die äusseren Theile und verursachen keine sehr
schweren localen Symptome und können unbeachtet bleiben, während die
Aufmerksamkeit des Kranken und des Arztes von der Entwickelung des
Leistenbubos angezogen wird. Dasselbe kann man von dem pestösen
Schnupfen und der Pesttonsillitis sagen, die sich nicht durch besondere
klinische Symptome unterscheiden; sie gehen gewöhnlich den bronchialen
und Lungenerkrankuugen voraus. In Brasilien war die primäre Pest¬
tonsillitis ziemlich häufig bei Kindern, fast immer begleitet von cervicalen,
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Studien über die Pest.
143
subauricularen und submaxillaren Bubonen. Bei 450 im Hospital Paula
Candito aufgenommenen Kranken wurden 62 Fälle von pestöser Pharyn¬
gitis beobachtet, besonders bei Kindern.
Die pestöse Conjunctivitis und ihre Complicationen, wie die pustulöse
und parenchymatöse Keratitis, Irido cyclitis, Hypopion, sind immer
secundär und treten in Fällen mit langsamem Verlauf auf, wenn schon
andere Localisationen der Haut und Schleimhäute vorhanden sind..
Fieber und Storungen des Circnlationssystems nnd der
Respiration.
Beim Studium der klinischen Formen der Pest verdienen besondere
Beachtung der Gang der Temperatur und die Störungen des Circulations-
systems und der Respiration, da sie eng verbunden sind mit der Action
der vom Pestbacillus im Organismus bereiteten toxischen Producte, wie
wir in der Folge bei der Behandlung der Pathogenie sehen werden.
Die primären Hautmanifestationen der Pest am Eingangspunkte sind
nie von Zunahme der Temperatur begleitet, ausgenommen, wenn sich ein
Furunkel oder Anthrax bildet, durch das Hiuzutreten der gewöhnlichen
pyogenen Keime. So lange die primären pestösen Läsionen an der Haut
localisirt sind, bleiben sie fast unbeachtet und geben zu keinen allgemeinen,
merkbaren Symptomen Veranlassung. In verschiedenen, von Pest infi-
cirten Localitäten habe ich 28 Fälle von pestösen Blattern oder Furunkeln
beobachten können, die auf dem Wege spontaner Heilung waren, in
Individuen, die nicht die geringste Störung bemerkt hatten. Das typische
Pestfieber erscheint nur, wenn die Infection die Lymphdrüsen oder andere
Organe durch die Luft- oder gastro-intestinalen Wege angreift und hier
besondere anatomische Veränderungen erzeugt.
In den typischen Fällen bubouischer Form unterscheidet man klar
eine initiale Fieberperiode mit vorhergehendem Schüttelfrost, in der die
Temperatur rasch auf 39 bis 40 0 C. steigt und mit kleinen und kurzen
Remissionen in diesen Grenzen 3 bis 6 Tage bleibt: dies ist die Periode
für die Bildung des primären Bubo. Darauf fällt das Fieber durch Krisis,
und in den gutartigen Fällen wird die Temperatur entweder wieder
normal oder steigt von Neuem mit leichten Schwankungen bis zu 38 0 C.,
bis der Bubo definitiv in Heilung übergeht durch Absorption oder Suppu-
ration. Wenn im Eiterungprocess des Bubos die gewöhnlichen pyogenen
Keime hinzutreten, steigt das Fieber von Neuem und zeigt tägliche, sehr
accentuirte Schwankungen von zwei bis drei auch mehr Graden, und es
hört vollkommen auf mit dem Aufbruch des Bubos. Die spontane Suppu-
ration des Pestbubos, wenn er die Phase der Nekrose erreicht hat, und
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Camillo Terni:
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eine Erweichung der Masse und die Aussonderung des Inhaltes als fremder
Körper ohne Anwesenheit pyogener Bakterien eintritt, verläuft ohne Fiel*r
und ist der gewöhnliche Ausgang der leichten Bubonenpest.
In schweren Fällen jedoch, wenn der Infectionsprocess fortfährt sieh
über andere Lymphplejaden auszubreiten, steigt die Temperatur nach
einer Pause von 12 bis 48 Stunden wieder auf 39 bis 40° C., und es
beginnt die zweite Periode, die gewöhnlich mit dem Tode oder Kachexie,
oder mit mühsamer und verzögerter Genesung nach 10 bis 12 Krankheits¬
tagen endet.
Die zweite Periode, die wir als die septicämische bezeichnen könnten,
denn sie zeichnet den Uebergang der Infection vom oberflächlichen
Lymphsystem (primärer Bubo) zum tiefliegenden uud zum kreisenden
Blute, ist charakterisirt durch’eine thermische Curve mit grossen, täglichen
Schwankungen mit sprungweisem Steigen und Fallen in directer Beziehung
zur Bildung neuer Pestherde, bis sie wieder normal wird durch Lysis,
oder es tritt Hypothermie uud Colaps ein. Wenn im Infectionsprocess
die gewöhnlichen Eiterungskeime, besonders der pyogene Streptococcus
oder der Diplococcus, sich dem Pestbacillus zugesellen, bietet die thermische
Curve bemerkenswerthe, regelmässige Schwankungen mit einem, der
typhösen Infection ähnlichen Verlauf. Dasselbe kommt in der gastro¬
intestinalen Pest mit langsamem Verlauf vor, in der sich ein oder mehrere
eiternde mesenteriale Bubonen bilden.
In der acuten pestösen Gastro-Euteritis tritt nach kurzer Fieberperiode
der Colaps ein, und die Temperatur sinkt und bleibt unter der normalen
bis zum Tode. In den primären Pneumonieen und in den sogenannteu
septicämisclien Formen bleibt das Fieber nach einer kurzen Remission
immer sehr hoch, um 39 bis 40 0 C. und mehr, und nur in der Periode
des Todeskampfes zeigt sich in einigen Fällen eine Colapstemperatur.
Es ist bemerkenswerth, dass auch in diesen Pestformen mit raschem Ver¬
lauf die thermische Curve constant eine sehr accentuirte Pause bietet,
welche den Gang der Krankheit in zwei Perioden theilt: eine Initialperiode
mit continuirlichem und subcontinuirlichem Fieber uud eine zweite durch
ausgesprochene Remissionen charakterisirt, die von wenig praktischen
Beobachtern für ein augenscheinliches Zeichen der mehr oder weniger
günstigen Wirkung einiger Medicamente, das antipestöse Serum nicht
ausgenommen, gehalten werden, während es sich um ein normales Verhalten
der thermischen Curven der Pest handelt. In der Pest ist die Thatsaehe
bemerkenswerth, dass der Fieberanfall nie von Schüttelfrost begleitet ist,
wie es bei allen anderen Iufectionen von pyogenen Keimen der Fall ist,
und nicht mit Schweiss aufhört. Wenn diese Symptome erscheinen, kann
man sicher sein, dass die Infection durch die Gegenwart anderer Keime.
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Studien über die Pest.
145
gewöhnlich des pyogenen Streptococcus, complicirt ist. Die Störungen
des Circulationsapparates sind so charakteristisch und constant, dass sie
das Hauptsymptom für die Diagnose auch in den leichtesten Anfangs¬
formen bilden.
Wie ich schon im Anfang erwähnt habe, zeigt sich der Puls ausser¬
ordentlich beschleunigt, mit 120 bis 130 Pulsationen unabhängig vom
Fieber, und in den ersten Tagen der Krankheit erhält er sich kräftig
gross und elastisch. Wenn in der Folge die Phänomene der allgemeinen
Intoxication sich accentuiren, nimmt die Frequenz zu, aber die Welle
wird immer flacher, bis die sphygmographische Curve fast wie eine gerade
Linie erscheint, wo die Hebung der sehr kleinen Wellen kaum bemerkt
wird. Den dicroten Puls bemerkt man oft in den Fällen mit sehr raschem
Verlauf, und besonders in der ersten Periode der septicämischen Formen
gastro-intestinalen Ursprungs und in den primären Pneumonieen.
Der Gegensatz zwischen dem Gang der thermischen Curve und dem
Puls tritt noch deutlicher hervor beim Fortschreiten der Krankheit, denn
im Zusammenhang mit den Colapstemperaturen unter 36 0 C. beobachtet
man eine immer steigende Zunahme der Herzpulsationen bis zu 160 bis 180
und mehr.
Die Frequenz des Pulses um 120 kann lange Zeit in der Recon-
valescenz fortdauern, auch mehr als einen Monat nach Auf hören des
Fiebers, bis der durch den Bubo dargestellte locale Herd der Intoxication
vollständig absorbirt ist Der sofortige chirurgische Eingriff mit der totalen
Ausscheidung der inficirten Drüsen versetzt den Puls sofort wieder in
normalen Zustand, und das beweist die Nothwendigkeit der Operation
als einziges Mittel, um die von den Bacillen im primitiven Sitze der
Infection bereiteten Toxine zu entfernen, da die curative Wirkung des
antipestösen Serums sich als erfolglos ergiebt, weil es fast ohne Anti¬
toxine ist.
Die schwersten Störungen des Circulationsapparates bis zur Herz¬
paralyse zeigen sich, wenn in den nekrotischen Herden des primären Bubo
eine Degeneration der Pestbacillen stattfindet, deren Protoplasma wie
dialysirt durch die Bacterienmembran erscheint. In den mikroskopischen
Präparaten der Lymphe bemerkt man dann deutliche bipolare Bakterien¬
formen und andere degenerirte in Scheiben-, Ring- oder Sporenform (die
Bläschen- und Siegelringformen von Albrecht und Ghon) und Reste
von Bakterien in Auflösung, die nicht oder fast nicht in den Färbe¬
substanzen gefärbt werden.
Wir werden in der Folge sehen, wie aus den Experimenten Lustig’s
und Galeotti’s mit dem, den Bakterienkörpem entzogenen Gifte und
aus den meinigen mit dem filtrirten Safte des Bubos und pestöser Organe
ZdtMhr. f. HnrtoM. XLIV.
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sich als bewiesen ergiebt, dass die Intoxication bei der Pest fast aus¬
schliesslich auf das Circulationssystem wirkt, und dass auch die allgemeinen
nervösen Störungen (Delirium, Stupor) von der gestörten Blutcirculation
abhängen. Besonders in den pneumonischen und Bubonenformen (multiple
Bubonen) tritt der Tod durch Herzlähmung und Paralysis vaso-motoria
ein, noch ehe die localen oder metastatischen Läsionen derartig sind, dass
sie das Leben des Kranken in Gefahr bringen.
Es ist ein Irrthum, zu glauben, dass die Läsion im Herzen sitzt:
es handelt sich nicht um Herzschwäche in Folge von Degeneration des
Herzmuskels, denn es ist schwer, in den Autopsieen Veränderungen des
Herzens zu bemerken. Nach Sticker, der sich besonders mit der
Mechanik des Herzens in der Pestinfection beschäftigt hat, arbeitet das
Herz regelmässig, nur mit grösserer Geschwindigkeit und Kraft, so dass
die Achseladern und die Carotis noch schlagen können, während der
Pulsus radialis erloschen ist und die Extremitäten schon kalt sind; aber
es pumpt in träge Gefässe, welche das Blut nicht mehr in Pression erhalten
und die Blutwellen nicht mehr vorwärts treiben. Es handelte sich um
Paralysis vaso-motoria, die besonders auf die Capillar-Innervation wirkt.
Die Herzparalyse ist secundär und kein klinisches Symptom spricht für
eine directe und primäre Läsion oder für Herzschwäche.
Wie schon gesagt, wenn es sich um Bubonenpest handelt, kann der
erfahrene Kliniker in der Diagnose der verschiedenen klinischen Formen
der Pest nicht fehlgehen, auch ohne die Mithülfe der mikroskopischen
Untersuchung, um so weniger, wenn in dem Orte schon sicher festgestellte
Fälle von Bubonenpest vorgekommen sind. Aber da wir Mittel besitzen,
um die Diagnose in absoluter Weise festzustellen, ist es immer nützlich,
das Urtheil des Bakteriologen zu fordern, um jeden Zweifel zu heben,
um so mehr in den Fällen mit so raschem tödtlichen Verlauf, in denen der
Emst der Symptome oft deu praktischen Arzt hindern kann, rechtzeitig
ein präcises Urtheil zu fällen, indem er den Fall einfach als verdächtig
betrachtet. Auch darf sich der Arzt nicht darauf beschränken, die Hülfe
des Bakteriologen zu fordern in sehr schweren Fällen und in ohne Pflege
erfolgten Todesfällen, sondern in Ausnahmeperioden, wenn die öffentliche
Gesundheit von wenig bekannten Krankheiten bedroht wird, ist es nicht
nur Pflicht des Arztes, sondern ein Act von Klugheit und hoher Bildung,
den Beistand desjenigen zu fordern, der die Pflicht hat, der Entwickelung
der Wissenschaft zu folgen, um ein Gehülfe des praktischen Arztes zu
sein im Studium der Krankheiten und der Cur- und prophylaktischen Mittel.
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Studien übeb die Pest.
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Mikroskopische Untersuchung.
Die mikroskopische und bakteriologische Diagnose der Pest besteht
in dem Nachweis und der Identificirung des fast gleichzeitig von Kitasato
und Tersin entdeckten Bacillus, der den ätiologischen Agenten dieser
Infection darstellt.
Der Pestbacillus ist leicht oval oder rund in. den jungen Formen
(Coccobacillus), und wenn er vollkommen entwickelt ist, hat er deutlich
die Form von Stäbchen mit abgerundeten Extremitäten. Er ist unbeweg¬
lich und färbt sich nicht nach der Gram’sehen Methode.
Die in Canton von Kitasato, in Oporto von Yorge, Bandi und
Stagnitta beobachteten, leicht beweglichen Pestbacillen müssen als
seltene Varietäten des typischen Pestbacillus Yersin angesehen werden.
Das Merkmal, das dazu dient, den Pestbacillus innerhalb der Gewebe,
besonders im Bubo zu unterscheiden, besteht in der besonderen Keaction
seines Protoplasma unter der Wirkung der basischen Färbesubstanzen,
besonders des Gentianaviolett und des Fuchsin. Die ausgewachsenen Pest¬
bacillen innerhalb der Gewebe färben sich nicht gleichmässig und haben
einen mehr oder weniger grossen, klaren, centralen Baum, der manchmal
das Ansehen von Sporen oder eines Vacuums annimmt. Kein anderer,
für den Menschen pathogener Keim hat in der Färbung diesen Charakter,
ausgenommen der Diplococcus, der, wie wir in der Folge sehen werden,
leicht durch andere Merkmale differenzirt werden kann. Das Unter¬
suchungsmaterial wird aus dem Bubo, aus dem Blute, aus den Excreten
und Secreten des Kranken oder aus der Leiche gesammelt.
In den Formen von Bubonenpest aspirirt man mit einer sterilen
Hohlnadelsyringe von grossem Caliber (0 • 5 mm ) einige Tropfen Lymphe
aus dem Bubo, den man drückt, um den Austritt des Materials zu
erleichtern, das gewöhnlich aus einer serös-blutigen Flüssigkeit mit
Stückchen nekrotischen Gewebes der Lymphdrüsen besteht. Dieses
Material dient für die mikroskopischen Präpatate und für die weiteren
bakteriologischen Forschungen.
In alle für die Diagnose der Pest nöthigen Operationen habe ich
versucht, nützliche Modificationen einzuführen, um das Resultat sicherer
und rascher zu machen. Für die mikroskopische Untersuchung rathe ich
die folgende Methode:
1. Man stelle das Präparat auf dem Objectträger her, indem man
das Material in sehr dünneUSchicht ausbreitet; ist es coagulirt, verdünnt
man es mit einem Tropfen destillirten Wassers.
2. Man trockne es hoch über der Flamme bei schwacher Hitze.
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Camillo Tekni:
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3. Man fixire für 3 bis 10 Minuten in der Flüssigkeit Roux (abso¬
luter Alkohol und Aether zu gleichen Theilen) und trockne.
4. Färbung während weniger Secunden mit einer schwach carbol-
säurehaltigen Lösung von Gentianaviolett oder Fuchsin. 1
5. Reichliche Waschung mit destillirtem Wasser.
6. Trocknen und Einlegen in Balsam.
Mit dieser Methode erhält man sehr demonstrative Präparate und
erzielt in bester Weise augenscheinlich alle Eigentümlichkeiten des Ge¬
webes und die morphologischen Merkmale des Pestbacillus, d. h. die zwei¬
polige Form mit klarem Mittelpunkt (Vacuolo).
Wenn das Präparat gut gemacht ist, genügt die mikroskopische
Untersuchung, um die Diagnose der Bubonenpest festzustellen, denn kein
anderer acuter Entzündungsprocess der Lymphdrüsen wird begleitet von
Bacillen mit den Merkmalen derjenigen der Pest.
Wenn der Bubo noch in der Initialperiode ist (2. oder 3. Tag der
Krankheit), können die ausgewachsenen Bacillen mit den angegebenen
morphologischen Merkmalen noch sehr selten sein, während die Formen
von Coccobacillen fast gleichmässig gefärbt in der ganzen Masse vorwiegen,
aber es ist immer möglich, auch sehr charakteristische Bacillen zu finden,
und nur auf Grund der Anwesenheit dieser können wir die Diagnose der
Pest aus der einfachen mikroskopischen Beobachtung feststellen, obgleich
auch die jungen Formen des Pestbacillus nicht mit anderen, eventuell in
der Lymphe des Bubos gegenwärtigen Keimen verwechselt werden können
(Taf. I, Fig. 6).
In vorgeschrittener Periode der Krankheit, wenn der centrale Theil
der Drüse schon in eine Masse nekrotischen Gewebes verwandelt ist,
bemerkt man in der Lymphe der Bubonen eine ausserordentliche Menge
von Bacillen mit sehr evidentem Vacuum, das um so grösser ist, je aus¬
gebildeter der Bubo ist und je schwerer im Kranken die Symptome der
Intoxication sind (Taf. I, Fig. 7).
Aus der einfachen mikroskopischen Untersuchung ist also nicht nur
die absolute Sicherheit der Diagnose der Pest möglich, sondern wir können
auch aus der Quantität und morphologischen Qualität der Bacillen die
Schwere der Infection und der Prognose beurtheilen.
1 Mutterlösung:
Aqua dest.lOOTheile
Krystallisirte Carbolsäure. 2 „
Gesätt. alkoh. Lös. v. Gentianaviolett od. Fuchsin 10 „
20 bis 30 Tropfen dieser Lösung in 30 ccra Aqua dest. sind für das Färbebad
der Präparate genügend. Um sehr klare Färbungen zu erhalten, muss man die Farbe
für einige Secunden agiren lassen und die Farbelösung oft erneuern.
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Studien über die Pest.
149
Ich habe gesagt, dass keine andere Krankheit der Lymphdrüsen die
Merkmale des Pestbubos annimmt und dass man in anderen Infectioncn
keine den Pestbacillen ähnliche Bacillen vorfiudet. Diese Behauptung
bedarf jedoch einiger Erklärung. Im Pestbubo können wir eventuell mit
dem Bacillus Kitasato-Yersin andere Keime vereinigt finden, wie die
pyogenen Mikrokokken, den Streptococcus, den Diplococcus Fraenkel,
seltener den B. pyocyaneus, auch verschiedene Proteusarten, wenn Stellen
offener Eiterung vorhanden sind. Diese mit dem Pestbacillus zusammen
in die Haut eingedrungenen Bakterien finden sich jedoch immer in geringer
Zahl im Bubo, wo der Pestbacillus absolut vorherrscht, und auch in der
mikroskopischen Untersuchung können sie Irrthümer in der Diagnose
nicht veranlassen, wenn der Untersucher in mikroskopischen und bakterio¬
logischen Arbeiten geübt ist. Mit der einfachen mikroskopischen Unter¬
suchung kann man die dem Pestbacillus eventuell beigefügten Bakterien
nicht identificiren, sei es ihrer geringen Zahl wegen, sei es, weil eine nur
auf die morphologischen Merkmale basirte Diagnose derselben nicht mög¬
lich ist; wir können jedoch behaupten, dass es sich um vom Pestbacillus
verschiedene Keime handelt, da die dem Pestbacillus eigenen, morpho¬
logischen Merkmale als specifisch betrachtet werden müssen, wenn wir
mikroskopische Präparate der vom Bubo herrührenden Lymphe unter¬
suchen. Die dem venerischen Bubo entnommene Lymphe, wenn er noch
nicht in der Eiterungsperiode ist, zeigt mit dem Pestbubo identische,
makroskopische Merkmale; aber bei der mikroskopischen Untersuchung
bemerkt man entweder gar keine Keime irgend welcher Art, oder zusammen
mit den an Zahl vorwiegenden, gewöhnlichen Bakterien der Eiterung kann
man auch den Bacillus Ducrey antreffen, der nicht mit dem Pestbacillus
verwechselt werden kann, da er immer sehr selten ist, und auch seiner
sehr verschiedenen morphologischen Merkmale wegen, denn er hat bedeutend
grössere Dimensionen und das Protoplasma gleichmässig gefärbt, und auch
in den jungen Initialformen bemerkt man deutlich die Bacillusform.
Das einzige Bacterium, das bei der mikroskopischen Untersuchung
der Lymphe des Pestbubos manchmal einigen Zweifel hervorrufen könnte,
ist der Diplococcus, da er gewöhnlich zu zweien in einer Kapsel vereinigt
ist und bis zu einem gewissen Punkte ein Vacuum wie der Pestbacillus
zeigen kann. Aber der Diplococcus, wie die anderen gewöhnlichen
Pyogenes, dringt in den Pestbubo als zufälliger, dem Pestbacillus zugesellter
Keim ein und trägt nicht direct dazu bei, den vorwiegenden Charakter
der Infection zu bestimmen, er findet sich immer in sehr geringer Zahl,
und wenn das Präparat sorgfältig gemacht ist, können sehr charakteristische
Pestbacillen nicht fehlen, so dass man sicheres l-rtheil über die specilische
Natur des Bubo bilden kann.
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150
Camillo Tebni:
Wie wir sehen, gewinnt die mikroskopische Untersuchung die grösste
Wichtigkeit in der Diagnose der Bubonenpest und bietet die besten
Bedingungen für die Ansprüche der praktischen Medicin wegen der
Leichtigkeit, Schnelligkeit und Sicherheit des Urtheils.
Diese minutiösen Differenzialbemerkungen dürfen nicht für übertrieben
gehalten werden, denn in den leichten Formen und in den chronischen
Manifestationen nimmt die Pest manchmal so dunkle und insidiöse
klinische Merkmale an, dass die Sicherheit der Diagnose sehr schwer wird,
während die anzuwendeuden sauitären Maassregeln ein rasches und ge¬
eignetes Urtheil verlangen.
Ich stimme vollkommen überein mit Frosch und Kossel, bei der
Untersuchung von aus infecten Localitäten kommenden Individuen die
grösste Aufmerksamkeit allen geschwollenen Lymphdrüsen zuzuwenden,
auch wenn das Allgemeinbefinden jeden Verdacht bezüglich Pest aus-
schliesst.
Mit denselben, eben aus einander gesetzten Kriterien können wir die
Untersuchung jeden anderen Materials ausführen, das von zweifelhaften
oder verdächtigen Pestfällen in ihren verschiedenen klinischen Formen
herrührt, aber in diesen Fällen kann die einfache mikroskopische Unter¬
suchung nicht immer positive und sichere Resultate geben, und man muss
sie vervollständigen mit der bakteriologischen Untersuchung.
In der pestösen Gastro-Enteritis giebt die Untersuchung des Erbrochuen
und der diarrhöeartigen Entleerungen immer positive Resultate und man
bemerkt darin zahlreiche specifische Bacillen, meistens in Zooglöa ver¬
einigt, au den Zellen des Epithels anhaftend, und in den Schleimflocken
und auch isolirt in Ketten, wie man sie in flüssigen Cultuimitteln be¬
obachtet. Es giebt Fälle, in denen der Inhalt des Magens und die weiss-
lichen oder grünlichen Entleerungen fast eine reine Cultur des Pestbacillus
ergeben, und auf alle Fälle ist die Gegenwart der anderen gewöhnlichen
Bakterien des Magendarmcanals niemals derartig, dass sie die Möglichkeit
der mikroskopischen Diagnose compromittiren könnte.
In der septicämiscben Pest gastro-intestinalen Ursprungs findet eine
Schwellung der inguinal-cruralen Lymphdrüsen statt mittels Diffusion des
Proeesses von den Lymphdrüsen der Bauchhöhle aus. Wenn man diese
geschwollenen Drüsen, die jedoch nie die Dimensionen eines wirklichen
Bubos erreichen, ansticht, so kann man in der Lymphe Pestbacillen
beobachten, noch ehe diese im Blute vorhanden siud.
In den sogenannten septicämiscben Formen ist die Diagnose unter
Beihülfe des Mikroskopes ebenso leicht, denn entweder sind sie die Folge
einer Infection, die sich im Anfang mit einem Bubo gezeigt hat, oder sie
sind gastro-intestinalen Ursprungs (Wilm). In dem einen wie dem
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Studien über die Pest.
151
anderen Falle haben wir die Möglichkeit, unter den besten Verhältnissen
das Untersuchungsmaterial zu sammeln, um die Diagnose sicher zu stellen.
Die Untersuchung des Blutes ist durchaus nicht sicher, und es erregt
Erstaunen, dass Galeotti und Andere ihren Werth in der Diagnose der
Pest, besonders in den Initialformen, haben behaupten können. In sehr
vielen, als pestöse Septicämie diagnosticirten Fällen ist die mikroskopische
und bakteriologische Untersuchung des Blutes negativ, auch post mortem,
und die Bacillen finden sich ausschliesslich localisirt in den Lymph wegen;
auch in den schwersten Formen in besonders zur Infection prädieponirten
Individuen finden sich die Bacillen im Blute immer in sehr beschränkter Zahl,
niemals vergleichbar mit dem, was in der Infection anderer septicämischer
Keime, wie z. B. des Milzbrandbacillus oder des Diplococcus vorkommt;
und nur in der Periode des Todeskampfes kann man eine ausserordent¬
liche Vermehrung der Bacillen im Blute wahrnehmen, aber immer in
ausnahmsweise seltenen Fällen. Die Pestbacillen zeigen sich im Blute
mit ausgesprochenem Vacuum, manchmal isolirt, oder zu zweien vereinigt
oder in Ketten von drei bis vier Elementen mit sehr augenscheinlicher
Kapsel, so dass man sie mit dem Diplococcus verwechseln kann. Und
da der Pestbacillus wie der Diplococcus eine sehr accentuirte Veränderlich¬
keit der Form und der Dimension zeigt, ist es immer nützlich, die Unter¬
suchung mit der Gr am'sehen Methode zu vervollständigen. ,
In der Pestpneumonie zeigt uns die mikroskopische Untersuchung
des Auswurfs immer eine ausserordentliche Menge von Pestbacillen mit
klar definirten morphologischen Merkmalen. Aber da ihnen gewöhnlich
zahlreiche Diplokokken beigesellt sind, und da man auch im normalen
Auswurf oft Bacillen vorfiudet, welche dem Pestbacillus sehr ähnliche
morphologische Merkmale zeigen, können wir kein sicheres Urtheil daraus
herleiten, obgleich man aus der ausserordentlichen Anzahl von bipolar
gefärbten Bacillen und Coccobacillen mit den Merkmalen des Pestbacillus
mit fast obsoluter Sicherheit gleich die Diagnose von Pestpneumonie
bestätigen kann, indem man sich auch die anderen klinischen Symptome
der Krankheit vergegenwärtigt.
Ich habe einen Fall beobachtet, in dem der Pestbacillus augenschein¬
lich mit dem der Influenza vereinigt war, der sich ebenfalls in grosser
Anzahl im Auswurf vorfand. Es ist jedoch sicher, dass in der mikro¬
skopischen Untersuchung keine Verwechslung dieser beiden Keime Vor¬
kommen kann, da sie sehr verschiedene morphologische Merkmale haben.
Im pneumonischen Auswurf erscheinen die Pestbacillen entweder
isolirt oder in Zooglöen vereinigt und haben keine Kapseln, während sie
deutlich die bipolar gefärbte Form oder die des Coccobacillus (junge
Formen) zeigen. Auch beobachtet man keine Kettenformen, wie der
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152
Camillo Terni:
Diplococcu8, dessen Gegenwart im Auswurf übrigens zu keinem Diagnose¬
irrthum Veranlassung geben kann, wenn die Untersuchung nach genauer
Methode gemacht und mit der Gram’schen Färbung controlirt wird.
In einigen Fällen Ton septischer Pneumonie, die für Pestpneumonie
gehalten waren, habe ich beständig, zusammen mit sehr vielen anderen
Keimen, wie dem Streptococcus und dem Diplococcus, auch grosse
gekapselte Bacillen beobachtet mit dem Pestbacillus sehr ähnlichen
morphologischen Merkmalen. Es handelt sich gewöhnlich um Proteus,
wie wir besser bei der bakteriologischen Untersuchung sehen werden, und
übrigens auch die physischen Merkmale des Auswurfs, der vorzugsweise
eiterig und flüssig ist, beweisen einen Process pneumonischer Infection,
der sehr verschieden ist von dem durch den Pestbacillus hervorgerufenen.
Die mikroskopische Untersuchung des Pus in den pestösen Läsionen
der Haut und der Schleimhäute zeigt immer eine vorwiegende Menge von
Pestbacillen vermischt mit anderen gewöhnlichen Keimen. Bei der
Conjunctivitis und Uretritis finden sich die Bacillen oft in Zooglöa ver¬
einigt, den Epithelialelementen anhaftend, und manchmal innerhalb der
Zellen, so dass sie an die Anordnung des Gonococcus erinnern.
Bakteriologische Untersuchung.
Wir haben gesehen, wie man die Diagnose der Pest feststellen kann
auf Grund der klinischen Symptome und mit der mikroskopischen Unter¬
suchung. Diese kann jedoch nicht genügend sein vom wissenschaftlichen
und praktischen Standpunkte aus, wenn es sich um die ersten Fälle
handelt, denn man muss dann jeden leisesten Verdacht eines Irrthuines
in der Untersuchung ausschliessen, und wir müssen uns auch vergewissern,
dass der Bacillus, den wir nach seinen morphologischen Merkmalen für
den Pestbacillus halten, es auch wirklich ist und fähig, die Krankheit in
den Versuchsthieren zu reproduciren, wenn er in reiner Cultur aus dem,
den Bubonen oder dem Blute, dem Auswurf oder anderen Secretions-
substanzen des Kranken oder dem Leichnam entnommenen Material
isolirt ist.
Die Isolirung des Pestbacillus kann mit den gewöhnlichen Methoden
der bakteriologischen Technik leicht ausgeführt werden, besonders in
Platten- oder Strichcultureu. Vers in hat sich mit Vorliebe der Gelatine
als Culturmittel bedient. Pfeiffer hält Agar-Agar für ein wenig günstiges
Culturmaterial für den Pestbacillus, obgleich die Colonieen sich in 2 Tagen
darin entwickeln, während in den Gelatineculturen 3 bis 5 Tage nöthig sind.
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Studien übek die Pest.
153
Die Gelatine verdient für die Nachforschung des Pestbacillus nicht
den Vorzug, besonders weil die Entwickelung der Colonieen zu langsam
ist und die besonderen Eigenschaften derselben sehr spät erscheinen. Um
die Identification und die consecutive Diagnose des Bacillus zu vervoll¬
ständigen, ist das Siudium der Entwickelung in Gelatine nöthig, aber
wenn es sich darum handelt, mit der grössten Eile und Sicherheit eine
Entscheidung zu geben, die keinen Aufschub leidet, so darf man dieser
Methode nicht folgen.
Der Pestbacillus bildet in der 12 bis löprocentigen Gelatine bei einer
Temperatur von 22 bis 24 0 C. nach 36 Stunden kleine, körnige Colonieen
mit unregelmässigen, globusartigen Bändern von gelblichbrauner Farbe.
Am 2. bis 8. Tage wächst die Colonie besonders im inneren Theile und
verdichtet sich in eine braune Masse, die in der Folge sich mit mehr
oder weniger ausgesprochenen Windungen hebt, während der Rand oft
die dreilappige Form annimmt. In den folgenden Tagen bilden sich an
der Peripherie der Colonie Granulationen oder kleine Erhebungen und
auch im Innern nimmt die Masse ein strahlenförmiges körniges Aussehen
an (Taf. I, Figg. 1—5). Obgleich die Colonie des Pestbacillus im Anfang
Merkmale hat, die denjenigen einiger Proteus (Proteus mirabilis) ähnlich
sind, differenzirt sie in ausgesprochener Weise am 4. bis 6. Tage und
nimmt ein recht charakteristisches Aussehen an, um das Erkennen zu
sichern für jeden, der etwas Uebung in der mikroskopischen und bakterio¬
logischen Beobachtung hat (Taf. I, Figg. 4 u. 5). Die kaum bewegliche
Varietät des Pestbacillus zeigt einige kleine Differenzen auch in den
Merkmalen der Colonie, die regelmassigere Ränder hat, und am 4. bis
5. Tage der Entwickelung, während die centrale Masse in Globen ver¬
einigt bleibt, ebnet sich der Randtheil und bildet fast eine blätterige Aus¬
dehnung mit Adern, welche an die Colonieen des Typhus- und Colibacillus
erinnern.
Auf die Entwickelung der Culturen des Pestbacillus üben einen
grossen Einfluss der Alkalinitätsgrad und die Temperatur aus. Die
Reaction des Culturmaterials muss alkalinisch sein, und die günstigste
Temperatur sind 30 bis 32° C.; deshalb verlangen die Culturen in Gelatine,
die einer höheren Temperatur als 25 0 C. nicht ausgesetzt werden können,
die doppelte Zeit für die Entwickelung der Colonieen. Löffler räth den
Gebrauch des Serums mit Zusatz von Glukose, um eine raschere Ent¬
wickelung zu erhalten.
Unserer Erfahrung nach müssen wir sagen, dass die günstigsten
Culturmittel für die Entwickelung des Pestbacillus und die geeignetsten
für die Nachforschung und Isolirung desselben die Mittel sind, denen
Glycerin im Verhältniss von 3 Procent zugefügt ist und für die Isolirungs-
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154
Camillo Terni:
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culturen ist glycerinirter Agar-Agar besonders vorzuziehen, indem man
die Aussaat durch Aufstreichen ausführt. Auch das Blutserum mit
Glycerin oder Glukose ist nicht so günstig als Isolirungsmittel des Pest¬
bacillus, besonders wenn dieser sich mit anderen pyogenen Keimen
zusammenfindet.
ln Agarculturen mit Glycerin (3 Procent) und einer Temperatur von
30 bis 35 0 C. ausgesetzt, erzeugt der Pestbacillus mit blossem Auge sicht¬
bare Colonieen innerhalb 24 Stunden, die im Anfänge denjenigen des
Streptococcus oder der Diphtherie oder des Diplococcus gleichen. Mit
einem mikroskopischen Präparate ist es leicht, die Diagnose zu stellen,
da die Coccusbacillenform augenscheinlich ist, und auch wenn es noch
nicht möglich ist, bipolar gefärbte Formen zu sehen, haben wir Differenzial¬
merkmale, um ihn vom Diplococcus zu unterscheiden, weil dieser Keim
sich langsamer bei der angegebenen Temperatur entwickelt und sich mit
der Gram’schen Methode färbt.
Da die Colonieen des Pestbacillus keine gut definirten, specifischen
Merkmale für eine Differentialdiaguose haben, weder in Gelatine- noch iu
Agarculturen, scheint uns für den Zweck der Diagnose die Beobachtung
der Colonie von geringer Wichtigkeit, während es dagegen interessirt, mit
der grössten Schnelligkeit das Resultat der pathogenen Wirkung in deu
Thieren zu erhalten, womit wir in der überzeugendsten Weise die Diagnose
der Pest feststellen können.
Deshalb säen wir gleichzeitig mit den Culturen in glycerinirter Agar-
Agar einen Theil des aus dem Bubo oder dem Blute gesammelten Materials
in Glasröhren mit Bouillon und Glycerin (3 Procent) und inoculireu dann
die Flüssigkeit in die Bauchhöhle der Meerschweinchen. Auch wenn
andere pathogene Keime dem Pestbacillus beigefügt sind, nimmt dieser
die Oberhand im Organismus empfindlicher Thiere, wie die Meerschweinchen,
und schon uach 12 Stunden kann man mit einer Spritze ein an Pest¬
bacillen reiches Exsudat aufsaugen, das sowohl für mikroskopische Präparate
dienen kann wie für Isolirungsculturen, wenn die Gegenwart anderer
Keime noch zweifelhaft ist.
Gewöhnlich ist das aus der Bauchhöhle entnommene Material eine
reine Cultur von Pestbacillen und man kann direct in Bouillon aussäen,
um die der Cultur eigenen Merkmale in diesem Nährboden zu beobachten,
d. h. langsame Entwickelung nach 36 Stunden mit an den Wänden des
Glasrohres anhaftenden, denjenigen des pyogenen Streptococcus und des
Milzbrandes ähnlichen Flocken, die Bouillon vollommen klar lassend.
Es existirt. eine Varietät des Pestbacillus, die einzige, bisher be¬
schriebene und ausserdem sehr seltene, die leicht beweglich ist im Anfang
der Entwickelung in flüssigen Culturmitteln mit ausgesprochen albalinischer
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Studien übeb. die Pest.
155
Reaction, und deshalb trübt sie in leichter Weise die ganze Masse der
Bouillon wie die Culturen des Diplococcus, aber es fehlen nie die
schwebenden oder an den Wänden des Glasrohrs anhaftenden Flocken, die
sich leicht durch Schütteln der Flüssigkeit auflösen, im Gegensatz zu den
Culturen des pyogenen Streptococcus und des Milzbrandes.
Die Meerschweinchen sterben gewöhnlich in zwei Tagen, und es ge¬
nügt das kleinste Tröpfchen der Bubolymphe oder des Blutes, auch wenn
die Keime im mikroskopischen Präparate sehr spärlich sind, vorausgesetzt,
dass die intraperitoneale Inoculation mit ca. 10 ccm glycerinirter Bouillon
gemacht wird. Das Thier stirbt an Septicämie, und im Blute wie in
allen Organen beobachtet man zahlreiche Pestbacillen.
Wenn das primitive Culturmaterial stark mit anderen Keimen ver¬
unreinigt ist, wie es bei den Ausleerungen und im Auswurf vorkommt,
giebt der von uns befolgte Process immer vorzügliche Resultate, denn alle
anderen pathogenen Keime zeigen im Meerschweinchen und in der Ratte
keine so rasche Entwickelung und inficirende Kraft wie der Pestbacillus.
Es ist nützlich, in diesen Fällen nach wenigen Stunden eine kleine Menge
des Exsudates aufzusaugen, um neue Aussaat in Bouillon zu machen und
eine andere Serie von Thieren zu iuoculiren. Auf diese Weise kann man
sehr rasch die Isoliruug des Pestbacillus erhalten, mit successiver Passage
von Thier zu Thier.
Indem ich dieser Methode folgte, habe ich constant positive Resultate
in der Nachforschung des Pestbacillus erhalten unter für die Qualität
des Materials manchmal sehr schwierigen Verhältnissen, da ich es auch
aus Leichnamen in vorgeschrittener Fäulniss sammeln musste, vermengt
mit saprophytischen Keimen, welche die directe Isolirung mit Gelatine¬
oder Agarculturen fast unmöglich machen.
Die bakteriologische Diagnose der Pest gewinnt einen absoluten
Werth, da es nicht möglich ist, den Pestbacillus mit anderen, für den
Menschen und die Thiere pathogenen Keimen zu verwechseln, und wir
kennen keine saprophytischen Bacillen mit ähnlichen morphologischen und
Culturmerkmalen.
. Yersin hat in Hong-Kong aus dem Boden einiger Wohnungen von
Pestkranken einen Bacillus isoliren können mit den Merkmalen des Pest¬
bacillus, aber ohne Virulenz und glaubte daher, es handelte sich um einen
durch das saprophytische Leben in der Erde abgeschwächten Pestbacillus.
Die Beobachtung Yersin’s wurde übrigens von Wilm nicht bestätigt,
der ebenfalls viele Nachforschungen anstellte, um den Pestbacillus in den
Häusern der Pestkranken zu finden. Und auch in meinen Beobachtungen,
die ich in den Wohnungen der Pestkranken und in von Kranken über¬
füllten Hospitalräumen ausführte, indem ich den von den Wänden und
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1T)G
Camillo Terni:
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vom Fussboden gesammelten Staub untersuchte, habe ich nie den Pest-
bacillus isoliren, noch andere ähnliche Keime finden können. Ebenfalls
im gesunden Meuschen und in an gewöhnlichen Krankheiten Leidenden,
auch während der Pestepidemie, war es nicht möglich, Pestbacillen noch
andere mit ähnlichen Merkmalen zu beobachten.
In einigen Fällen septischer Pneumonie, die als der Pest verdächtig
anzusehen waren, habe ich Gelegenheit gehabt, einen Bacillus zu isoliren,
den ich in den morphologischen und Culturmerkmalen für identisch mit
Proteus hominis capsulatus von Foä und Bordoni-Uffreduzzi halte.
Bei der mikroskopischen Untersuchung des Auswurfes kann einiger Zweifei
in der Diagnose aufkommen, da er mit den angegebenen Färbungsmethoden
dem Pestbacillus ähnliche Merkmale zeigt, obgleich die Dimensionen in
den ausgewachsenen Formen viel grösser sind. Mit Löffler’s Blau färbt
er sich stärker und die grosse Kapsel, die ihn umgiebt, tritt stärker
hervor. Diese Reaction ist nützlich, um ihn vom Pestbacillus im Aus*
wurf zu unterscheiden. Er ist pathogen für die Thiere (Meerschweinchen.
Kaninchen, Ratten), verliert aber leicht, viel rascher als der Pestbacillus,
die Virulenz in den Culturmitteln. Im Blute und in den Exsudaten der
in Folge der Inoculation gestorbenen Thiere zeigen sich die Bacillen
meistens in runder oder eiförmiger Form des Coccobacillus, gleichmäßig
gefärbt und gekapselt, es fehlen jedoch nie völlig entwickelte Formen mit
Vacuum im Centrum, vollkommen dem Pestbacillus ähnlich. In den
Culturmitteln kann er leicht unterschieden werden, denn in Agar-Agar
und in Gelatine, bei gewöhnlicher Temperarur, bietet er nach 24 Stunden
runde, sehr kräftige Colouieen, die sich in der Folge in ein dickes, speck-
artiges Häutchen verwandeln. Er trübt gleichmässig Bouillon und bringt
das Glycerin in Gährung, was bei dem Pestbacillus niemals vorkommt.
Kürzlich isolirten Courmont und Cade aus einem Falle von septischer
Pyämie des Menschen mit klinischen Symptomen, die den Verdacht der
Pest erregten, einen anaerobischen Bacillus, der sich sehr gut mit deu
gewöhnlichen Anilinfarben färbt und mit Ziehl’schem Fuchsin, während
mit Phenol-Gentiauaviolett die Färbung langsamer vor sich geht uud der
Mittelpunkt des Bacillus farblos bleibt. Er färbt sich nicht mit Gram's
Methode, und in den anaerobischen Culturen in Bouillon entwickelt er
sich wie der Pestbacillus; er ist nicht pathogen für die Ratten und zeigt
eine bemerkenswerthe pyogene Wirkung.
Die Beobachtung Courmant’s und Cade’s interessirt als Beitrag
zum Studium der septischen Pneumonien, ebenso wie diejenige Rochas.
Lepierres und Fonsecas, die aus einem der Pest ähnlichen Pneumonie¬
falle einen lluorescirenden, vom Pestbacillus auch in den Culturmerkmalen
sehr verschiedenen Bacillus isolirten. Wir müssen aber bemerken, dass
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Studien über die Pest.
157
die von diesen Beobachtern mitgetheilten klinischen Symptome in den
beschriebenen Fällen sehr verschieden sind von denjenigen der pneumo¬
nischen und Bubonenpest, und das schwächt sehr den Wert der ange¬
gebenen Beobachtungen, um bei der Differentialdiagnose der Pest darauf
Rücksicht zu nehmen.
In Oporto isolirten zuerst Yorge, dann Bandi und Stagnitta aus
mehreren Pestkranken zusammen mit dem typischen Pestbacillus eine
Varietät, die der von Kitasato in seinen ersten Studien beschriebenen
sehr ähnlich ist, aber ohne Zweifel nicht als ein besonderer Nebenbacillus
betrachtet werden darf, sondern als eine Varietät des Pestbacillus. Er
unterscheidet sich vom typischen Bacillus nur durch den Charakter
der Colonie in Gelatine, die an der Oberfläche ausgebreiteter ist, mit
der Tendenz, den Colonieen des Typhus ähnliches Geäder zu bilden; er
trübt gleichmässig die Bouillon in den ersten Tagen der Eutwickelung.
Als Schluss dieses Theiles meiner gegenwärtigen Arbeit fasse ich
in kurzen Anmerkungen zusammen, was nöthig ist, sich bei der mikro¬
skopischen und bakteriologischen Diagnose der Pest zu vergegenwärtigen.
1. Der Pestbacillus hat gut definirte, eigene morphologische Merk¬
male, welche ihn bei der mikroskopischen Untersuchung der pathologischen
Producte der Pestkranken oder an pestöser Infection Gestorbenen erkennen
lassen.
2. Wir kennen keine acuten, durch Keime hervorgerufenen Lymph¬
drüsenentzündungen, die mit der Bubonenpest verwechselt werden können.
3. Alle als Lymphatitis und Lymphatitis perniciosa diagnosticirteu
Lymphdrüsenentzündungen sind Fälle von Bubonenpest oder verdächtig,
so dass es nöthig ist, die mikroskopische und bakteriologische Untersuchung
zu verlangen.
4. Die mikroskopische und bakteriologische Diagnose der Pest ist auf
so positive, wissenschaftliche Daten gegründet, dass Zweifel über die
Resultate des Experimentes nicht zulässig siud.
5. Wenn in einer Localität mit der bakteriologischen Untersuchung
diagnosticirte Pestfälle festgestellt wurden, genügen die klinischen Symptome
auch ohne die mikroskopische Untersuchung, um die Natur der Krankheit
sicher zu stellen und die sanitären Maassregeln und die nöthigen Cureu
zu bestimmen.
6. Die fundamentalen klinischen Symptome in den Initialfällen sind:
a) Das Fieber und der stechende Schmerz in Zusammenhang mit einer
oder mehreren Lymphdrüsenplejaden, wo später (nach 18 bis 24 Stunden)
die Schwellung einer oder mehrerer Lymphdrüsen erscheint (primärer
Bubo), b) Tachykardie und Zunahme des Pulses bis über 120, unabhängig
von der Temperatur, c) Der Bubo zeigt sich nicht schwankend, hart,
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beweglich unter der Haut und in den tiefen Geweben, schmerzhaft beim
Befühlen, und erreicht am 8. bis 5. Tage als höchstes Maass die Grösse
eines Hühnereies, d) Symptome allgemeiner Intoxication, die der Inten¬
sität der localen Läsion nicht entsprechen.
Mit Hülfe der mikroskopischen und bakteriologischen Untersuchung
wird die Diagnose der Pest in all ihren klinischen Formen ziemlich leicht
auch in den nicht entwickelten, von rascher Genesung gefolgten Fällen,
vorausgesetzt, dass das Material in der acuten Periode der Krankheit
gesammelt wird. Die Pestbacillen verschwinden rasch, wenn die Genesung
durch Absorption des Bubos erfolgt, da der Entzündungsprocess der Drüsen
aufgehalten wird, ehe die Nekrose des Gewebes eintritt. In solchen Fällen,
in denen das Fieber durch Krisis schon am 8. Tage der Krankheit sinkt,
sind die Bacillen sehr spärlich und fast ohne Virulenz. Wenn dagegen
der Bubo die nekrotische Phase erreicht hat und in der Recouvalescenz
die Erweichung und spontane Oeffnung erfolgt, kann man die Pestbacillen
im Pus und in der Kapsel des Eiterungsherdes finden, länger als einen
Monat nach Auf hören der acuten Periode der Krankheit Dies sind die
für die Ansteckuug und Verbreitung der Keime gefährlichsten Fälle, da
häufig die Läsionen klinisch mit gewöhnlichen Eiterungen verwechselt
werden, und während der Kranke glaubt, auf dem Wege der Heilung zu
sein, fährt mauchmal der Infectionsprocess in hinterlistiger Weise fort
und greift langsam neue Lymphherde an, bis er die serösen Cavitäten
erreicht, in welchem Falle eine heftige Verschlimmerung der Krankheit
und der Tod durch Septicämie stattfindet; in anderen Fällen folgt dagegen
eine Kachexie durch Intoxication.
Die klinischen Symptome, auf die der praktische Arzt bei der Diagnose
in ähnlichen Fällen rechnen muss, beziehen sich ausser auf die Daten
der Anamnese auf die Qualität des saniösen Pus, niemals bonum et
laudabile nach dem Ausspruch der Alten, und auf die Frequenz des
Pulses. So lange ein von Pestbacillen verursachter Eiterungs- und
Intoxieatiousherd besteht, bemerkt man constant Störungen im Circulations-
system: sehr kleiner und beschleunigter Puls (über 100), auch wenn die
Temperatur fast normal ist, und nachfolgende Erweiterung des rechten
Herzens. In den fast immer sehr gutartigen Fällen, in denen der Pest¬
bacillus sich mit den pyogenen Staphylokokken zusammen findet, tritt die
Eiterung des Bubos rasch, während der acuten Periode der Kranheit ein,
und ebenso rasch ist das Verschwinden der specifischen Bacillen, die sich
gewöhnlich schon von Anfang an in geringer Zahl vorfinden. Zwei oder
drei Tage nach dem Aufbruch des Geschwüres wird der Nachweis des
Pestbacillus unmöglich, auch wenn man das Material aus den Wänden
der eiternden Cavität sammelt.
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Studien über die Pest.
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Litteratur-V erzeichniss.
1. W. Griesinger, v. Ziem ssen’s Handbuch. Bd. II.
2. Rho, Malattie predominanti nei paesi caldi e temperali. Torino 1897.
3. Patrick Man so u, Tropical Diseases 1900.
4. Cor re, Traite clinique des maladies des pays chauds. Paris 1892.
5. H. F. Müller, Bericht der Kaiserl. Akademie der Wiss. in Wien. 1898.
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10. Hossack, Ann. de Med . Navale 1900.
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160
Camillo Tekni: Studien über die Pest.
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Erklärung der Abbildungen.
(Taf. I—IV.)
Tafel L
Fig. 1. Pestbacillencolonieen in Gelatine nach 36 bis 48 Stunden bei gewöhn¬
licher Temperatur.
Fig. 2. Desgl. am 3. bis 4. Tage.
Fig. 3. Desgl. nach 5 bis 6 Tagen.
Figg. 4 u. 5. Charakteristische Colonieen am 7. und 8. Tage.
Fig. 6 . Mikroskopisches Präparat von Lymphe, die einem Pestbubo im Anfang
der Entwickelung, 6 Stunden nach dem Fieberanfall entnommen wurde. Die Bacillen
zeigen kaum eine Andeutung von Vacuolisirung. (Oc. 4, Comp. Obj. Vis Apocrom.
Koristka. Rohr 160 mro .) Färbung im Text angegeben.
Fig. 7. Mikroskopisches Präparat von Lymphe, die einem Bubo in der nekro¬
tischen Phase am 3. bis 5. Tage entnommen wurde, wenn die schwersten Intoxi-
cationssymptome sich zeigen. Im Präparat bemerkt man einige Diplokokken den in
Degeneration befindlichen Pestbacillen untermengt (Scheiben-, Ring- und grosse Bi-
polarfonnen).
Figg. 8 u. 9. Präparat aus dem Erbrochenen und dem Blute in einem Falk
von pestöser Gastroenteritis gefolgt von Septicämic (s. Curven, Taf. II, Fig. 6).
Figg. 10 u. 11. Blutenthaltendes und eitriges Sputum in Fallen von Pest¬
pneumonie und -bronchitis.
Figg. 12 u. 13. Präparate von Exsudat in Fällen von pestöser Conjunctivitis
und Blenorrhöe.
Tafel II.
Fi ge. 1, 2, 3. T ypische Fiebercurven in Fällen von Bubonenpest mit lang¬
samem Verlauf ohne jede Behandlung.
Figg. 4, 5, 6, 7. Pestsepticämie (Infection durch die Verdauungswege).
Fig. 8 u. Taf. IV, Figg. 0 u. 7. Fälle, in denen die Heilung durch Exstir¬
pation der Bubonen erfolgte, nachdem das Serum wirkungslos geblieben war.
Tafel III.
Figg. 1, 2, 3, 4. Fiebercurven in Pestlällen mit raschem Verlauf (gemischte
Bubonen- und scpticämisehe Form), Krankheitsfälle in vorgerückter Periode, wenn
die Infection im Lymphsystem der Cavitäten verbreitet ht.
Figg. 7, 8, 9, 10, 11. Fiebercurven in Initialfällen von Bubonenpest mit
Serumbehandlung. (Die endovenösen oder subcutanen Injectionen sind in den Curven
mit den Buchstaben E und S bezeichnet.)
Figg. 5, 6, 12, 13, 14, 15 u. Taf. IV, Figg. 5, 8, 9, 10, 11, 12. Typische
Fiebercurven in Fällen von Bubonenpest in vorgeschrittener Periode der Infection.
operirt mit der Exstirpation des primären Bubos.
Tafel IV.
Figg. 1, 2, 3, 4. Fiebercurven in Fällen von primärer und secundärer Fest-
pneumonie.
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[Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin.]
(Director: Geh. Med.-Rath Prof. Dr. R. Koch.)
Ueber Immunität und Agglutination bei Streptokokken.
Von
Dr. P. Neufeld,
Assistenten am Institut.
Iu einer im vorigen Jahre veröffentlichten Arbeit 1 habe ich meine
Erfahrungen über die Immnnisirung verschiedener Thierspecies, ins¬
besondere von Kaninchen gegen die Fränkel’schen Diplokokken der
Pneumonie und über die specifischen immuuisireuden sowohl wie agglu-
tinirenden Eigenschaften des Serums der vorbehandelten Thiere mitgetheilt.
Es hatte sich dabei ergeben, dass es durch eine ganz einfache Methode
mit Sicherheit gelingt, die Thiere gegen sehr hohe Multipla der tödtlichen
Dosis zu festigen, und dass das Serum solcher Thiere schon nach kurzer
Vorbehandlung zweifellose Schutzwirkung gegenüber relativ hohen Dosen
sowie eine deutliche Agglutinationswirkung zeigt, welch’ letztere beim
zahlenmässigen Vergleich mit den bei der Agglutination anderer Mikro¬
organismen erhaltenen Werthen allerdings nur schwach erscheint, dafür
aber dadurch von Interesse ist, dass der Verlauf des Agglutinations¬
phänomens in mancher Beziehung von dem bei anderen Bakterien be¬
kannten erheblich abweicht.
Die guten Resultate, die ich bei der Immunisirung gegen Pneumo¬
kokken erhielt, haben mich nun veranlasst, frühere Versuche über
Streptokokkenimmunisirung wieder aufzuuehmen und zu versuchen,
ob nicht etwa die bei jenen Mikroorganismen erprobten Methoden auch
bei den Streptokokken anwendbar wären.
* Ueber die Agglutination der Pneumokokken und über die Theorieen der Agglu¬
tination. Diese Zeitschrift. 1901.
Zciucbr. f. Hygien«. XLIV. 11
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Allerdings musste die Aussicht auf einen ähnlich schnellen Erfolg
bei der Immunisirung am Kaninchen gegen Streptokokken zunächst ah
recht gering erscheinen; wenigstens lassen die Angaben derjenigen
deutschen Autoren, welehe eine besonders reiche Erfahrung auf diesem
Gebiete haben, die Gewinnung eines Antistreptokokkenserums gerade beim
Kaninchen als eine besonders schwierige und aussichtslose Aufgabe er¬
scheinen. So sagt Aronson in einer im Sommer 1902 erschienenen
Arbeit: 1 „Die Immunisirung von kleinen Thieren (Kaninchen) gegen
wirklich hoch virulente Streptokokken gehört zu den schwierigsten
Aufgaben“ und die mehrfach mit Giften vorbehandelten Thiere dieses
Autors zeigten nur „eine gewisse Resistenz gegenüber der Infection mit
virulenten Kokken: Sie gingen viel später zu Grunde als die zur Controle
dienenden Kaninchen.“ Ebensowenig ermuthigend erscheinen die Resultate
von Lingelsheim’s,® dessen Sera wenigstens bei Mäusen eine so geringe
Wirkung hatten, dass die behandelten Thiere nicht am Leben blieben,
sondern die Controlen nur um einige Tage überlebten; und auch um
diese schwache Wirkung erkennen zu lassen, mussten grosse Mengen
Serum (0-5 bis 0*75 ocm ) und zwar vermischt mit der einfach tödtlichen
Dosis applicirt werden.
Angesichts dieser Angaben von wirklich erfahrenen Autoren war ich
in der That überrascht, als es mir ohne Weiteres gelang, durch eine
einzige Injection einer relativ geringen Menge todten Materials Kaninchen
gegen das vielfach der sicher tödtlichen Dosis zu festigen, und nach nur
zwei bis drei Injectionen von ihnen ein Serum zu gewinnen, dessen
immunisirende und agglutinirende Eigenschaften mir nicht weit hinter
den besten Serumproben zurückzustehen scheinen, die man bisher durch
Monate und Jahre lange Behandlung grosser Thiere erhalten hat
Hiernach glaube ich, dass mein Verfahren bei der Immunisirung gegen
Streptokokken, so überaus einfach und naheliegend dasselbe auch er¬
scheinen mag, dennoch eineu erheblichen Fortschritt gegenüber den
früheren Versuchen darstellt.
Ferner bietet die Möglichkeit einer schnellen Immunisirung von
kleinen Versuchsthieren gegenüber der langdauernden Vorbehandlung von
Pferden, die nach den bisherigen Mittheilungen über viele Monate fort¬
gesetzt werden muss, um ein wirksames Serum zu erzielen, ausserordent¬
liche Vortheile, um einige Fragen zu klären, die schon seit vielen Jahren
mit die Hauptrolle in der ganzen Streptokokkenforschung spielen, ohne
1 Berliner klin . Wochenschrift. 1902. Nr. 42|43.
* Beiträge zum Wesen und zur Bekämpfung der Streptokokkeninfectionen.
Archiv, internation . de Pharmacodynamie et de Therapie . 1899.
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Original frum
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Über Immunität und Agglutination bei Streptokokken. 163
dass jedoch eine allgemein anerkannte Lösung herbeigeführt worden wäre.
Zunächst die bekannte Frage nach der Unität der Streptokokken über¬
haupt. In derselben war auf Grund klinischer und experimenteller Beob¬
achtungen, unter denen die bekannten Arbeiten Petruschky’s die ent¬
scheidenden sind, schliesslich ziemlich allgemein der Standpunkt der
Einheitlichkeit der verschiedenen Streptokokkenarten acceptirt worden, als
sowohl von van de Velde als auch von vielen Autoren, die mit dem
Serum von Marmorek arbeiteten (Mery, Courmont u. A.), behauptet
wurde, dass ein mit einem bestimmten Streptococcus gewonnenes Serum
nur gegen denselben, nicht aber gegen andere Streptokokkenstämme
Schutz verleihe, und dass hierdurch die Vielheit der Streptokokken er¬
wiesen sei. Der Verlauf der sich daran schliessenden Controverse ist
bekannt; durch Petruschky 1 wurde nämlich nachgewiesen, dass in dem
von Marmorek ausgegebenen Serum, zum Mindesten in mehreren Proben
desselben, überhaupt gar keine specifiach immunisirenden Stoffe, auch
nicht gegen Marmorek’s eigenen Streptococcus enthalten waren.
Marmorek’s scheinbare Erfolge beruhten jedenfalls zum grossen Theil auf
dem einfachen Versuchsfehler, dass zur Prüfung der Immunität so starke
Verdünnungen (1:10 bis 100 Millionen junger Bouillonculturen) in An¬
wendung kommen, welche nicht mehr mit Sicherheit lebende Keime ent¬
halten. Petruschky’s einschlägige Versuche sind niemals widerlegt
worden, und seither haben sich auch viele andere Autoren (vgl. auch
Aronson a. a. 0.) von der gänzlichen Unzulänglichkeit des Marmorek’-
schen Serums überzeugt. Es ist wohl möglich, dass andere Serumproben,
wie aus den Angaben einiger französischer Autoren hervorzugehen scheint,
eine ganz schwach immunisirende Wirkung gegenüber kleinsten Dosen
besessen haben mögen, jedenfalls war dieselbe gänzlich ungenügend, um
daran die Frage nach der Unität der Streptokokken studiren zu können.
Die voreiligen Veröffentlichungen Marmorek’s hatten seiner Zeit grosses
Aufsehen gemacht, und bei dem darauf folgenden Rückschläge haben die
weit werthvolleren Arbeiten von Denys, Leclef und van de Velde lange
Zeit hindurch nicht die gebührende Beachtung gefunden, und viele Autoren
gingen so weit, die Möglichkeit eines gegen Streptokokken wirksamen
Serums überhaupt zu bezweifeln.
Von neueren Arbeiten genügt es diejenigen von Aronson* zu nennen,
da nur bei ihnen eine exaete Prüfung des Serums mit hochvirulenten
' Diese Zeitschrift. 1896. Bd. XXII.
* A. a. O. Eine gute Uebersicht über die weitere Litteratur findet man bei
Fr. Meyer, Zur Einheit der Streptokokken. Berliner klin. Wochenschrift. 1902.
Nr. 40.
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Culturen stattgefunden und einen zweifellosen Schutzwerth desselben er¬
geben hat, wie ich selbst an einer Probe des von der Sehering’sehen
Fabrik ausgegebenen Serums bestätigen konnte. Aronson kommt nuu
zu dem Resultat, dass ein mit einem Streptokokkenstamme gewonnenes
Serum (Pferdeserum) nicht nur gegen diesen, sondern auch gegen beliebige
andere Stämme Schutz gewähre. Auch die aus Scarlatina gewonnenen
Stämme machen nach Aronson keine Ausnahme davon, und dürften
hiernach keine Sonderstellung einnehmen.
Zu ganz anderem Resultat kommen zwei Veröffentlichungen neuester
Zeit, die sich speciell mit Scarlatina beschäftigen, und zwar beide auf
Grund von Agglutinationsversuchen. In Paltauf’s Institut wurde durch
langdauemde Behandlung von Pferden mit einem aus menschlicher
Scarlatina isolirten Streptococcus ein Serum von bis dahin unbekannter
Stärke der Agglutinationswirkung gewonnen, über welches Moser auf dem
Karlsbader Congress (1902) Mittheilung gemacht hat. 1 Dasselbe agglu-
tinirt (bei mikroskopischer Bestimmung des Grenzwerthes) die Scarlatina-
cultur des Autors bis zu einer Verdünnung von über 1:100000, andere
Stämme von Streptokokken, darunter auch der Scarlatinastreptococcus von
Aronson wurden dagegen ganz unvergleichlich viel schwächer beeinflusst.
Auch Salge und Hasenknopf 2 , die ihre Untersuchungen in der Heub-
ner’sehen Kinderklinik anstellten und hauptsächlich mit dem Serum von
Scharlachkranken bezw. Reconvalescenten arbeiteten, sahen eine exclusive
Wirkung auf die von ihnen aus Scharlachflllen gezüchteten Streptokokken
gegenüber anderen Stämmen. Durch das liebenswürdige Entgegenkommen
der genannten Autoren war es mir möglich, das im Wiener Institut her¬
gestellte Serum in seiner Wirkung auf den Wiener sowohl als auf die
Berliner Scarlatinastämme von Salge & Hasen knöpf und von Aronson
zu prüfen, ferner auf einige andere in meinem Besitz befindliche Strepto¬
kokken verschiedener Herkunft. Es ergab sich in der That, wie aus den
unten anzuführenden Zahlen hervorgeht, dass durch das Wiener Serum
der Wiener Scarlatinastreptococcus noch in sehr hoher Verdünnung
agglutinirt wurde, während andere, etwa aus Eiterungen stammende
Streptokokken und ebenso auch der Scarlatinastamm von Aronson sehr
viel geringere Werthe ergaben; dagegen wurde der von Salge & Hasen¬
knopf zu ihren Versuchen benutzte Scharlachstreptococcus in derselben
Weise wie der Moser’sehe beeinflusst. Man konnte in der That den
Eindruck erhalten, dass die beiden Scarlatinastreptokokkenstämme von
M oser und Salge & Hasenknopf für sich allein ständen und von allen
1 Ref. Münchener med. Wochenschrift. 1902. Nr. 41.
* Ref. j Ebenda.
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Übeb Immunität und Agglutination bei Streptokokken. 165
übrigen, darunter auch dem Aronson’schen ebenso weit verschieden
seien, wie etwa die echten Typhuserreger von manchen typhusähnlichen
Bacillen, die eine partielle Agglutination durch Typhusserum zeigen.
Dass das Aronson’sche Serum alle Stämme in etwa gleichem Grade
agglutinirte, würde dieser Annahme nicht im Wege stehen, da dieser
Autor nur von Agglutinationswerthen bis 1:50 spricht; bei solchen
Werthen können wir aber auch Typhus- und typhusähnliche Bacillen
nicht immer unterscheiden. Meine weiteren Versuche haben jedoch diesen
ersten Eindruck von einer specifischen Agglutination der genannten beiden
Scharlachstämme nicht bestätigt, sondern zu einem ganz anderen Resultat
geführt, wie unten ausgeführt werden wird.
Bekanntlich sind schon von mehreren Seiten Antistreptokokkensera
zur Behandlung von Menschen nergestellt und auch in den Handel ge¬
bracht worden. Obgleich ich selbst bei meinen Untersuchungen nur
theoretische Fragen im Auge gehabt habe, so glaube ich, dass die Resultate
derselben auch eine Kritik der zum klinischen Gebrauche empfohlenen
Antistreptokokkensera enthalten. Ich werde unten zeigen, dass ich von
einem Kaninchen, welches nur zwei Injectionen, eine von todtem und
eine von lebendem Material bekommen hatte, ein Serum erhielt, das un¬
gefähr denselben Immunisirungswerth hatte, wie ein von Aronson nach
einer viele Monate fortgesetzten Immunisirung von einem Pferde ge¬
wonnenes und als lOfach normal bezeichnetes Serum. Da das Aronson’sche
Serum wohl zweifellos augenblicklich als das im Thierversuche weitaus
wirksamste bezeichnet werden muss, so darf man hieraus wohl den Schluss
ziehen, dass die Autoren bisher entweder in der Wahl der zur Serum¬
gewinnung bestimmten Thiere oder in ihrer Methode der Immunisirung
auf einem falschen Wege sind.
Es muss hier noch eine Frage aufgeworfen werden, die meines Wissens
bisher nicht berührt worden ist. In den meisten Arbeiten scheint als selbst¬
verständlich angenommen zu werden, dass ebenso wie wir es von der
Immunisirung bei anderen Bakterien her kennen, auch bei Streptokokken
das Gesetz gelten müsste, dass bei richtig geleiteter Immunisirung im
Allgemeinen die specifischen Stoffe des Serums nach jeder Injection in
steigender Menge sich anhäufen müssten. Es ist dies aber eine Annahme,
die für die Streptokokken erst aufs Neue bewiesen werden müsste, die aber
bisher keineswegs bewiesen ist. Von vornherein möchte ich es gar nicht für
ausgeschlossen halten, dass sich die Streptokokken in dieser Beziehung, wie
in mancher anderen, abweichend von anderen Bakterien verhalten. Es
war mir selbst leider nicht möglich, meine Versuche lange genug fort¬
zusetzen, um hierüber Klarheit zu gewinnen, und es wäre daher sehr
wünschenswerth, dass einer derjenigen Autoren, welche Thiere viele Monate
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lang immunisirt haben, eine exacte Cnrve über den Verlauf der Immuni-
sirung und die bei jeder Blutentnahme erhaltene Wirkung des Serams
veröffentlichen würde.
Ich möchte hierbei an eine früher von mir mitgetheilte Erfahrung
in Bezug auf Pneumokokken erinnern, die sich allerdings nicht auf die
Schutzwirkung, sondern auf die Agglutinationskraft des Serums bezieht. Ich
konnte mit Sicherheit feststellen, dass die Agglutinationshöhe im Verlaufe
der Immunisirung mit Pneumokokken absolut nicht etwa entsprechend
der Grösse der injicirten Dosen wächst, sondern dass dieselbe allein ab¬
hängig zu sein scheint von der Stärke der zuletzt durchgemachten Reaction.
So habe ich beispielsweise gesehen, dass ein Kaninchen im Beginne der
Immunisirung nach einer geringen Dosis, etwa nach 1 /j 0 oo ocm lebender
Pneumokokkenbacillencultur eine heftige Reaction durchmachte und dar¬
nach ein so stark agglutinirendes Serum lieferte, wie ich es überhaupt je
erzielen konnte; dasselbe Thier wurde mit steigenden Dosen weiter
immunisirt und vertrug schliesslich die lebenden Pneumokokken, die aus
mehr als 100 ccm Bouilloncultur abcentrifugirt waren: inzwischen wurde
die Agglutinationskraft des Serums häufig bestimmt, aber dieselbe erreichte
niemals mehr die frühere Höhe. Ich habe entsprechende Beobachtungen
oft und unter verschiedenen Variationen des Immunisirungsmodus sowie
bei verschiedenen Thierarten gemacht, so dass ich nicht annehmen kann,
dass ein derartiges Resultat etwa auf unrichtigem Vorgehen bei der Vor¬
behandlung der Thiere beruht, sondern dass ich es für aussichtslos halten
muss, durch langdauernde Immunisirung ein erheblich höher agglutiniren¬
des Serum gegen Pneumokokken zu erhalten. Was die immunisirende
Kraft des Antipneumokokkenserums anlangt, so habe ich vielfach ganz
entsprechende Erfahrungen gemacht. Ich habe z. B. durch ganz kurze
Behandlung von Kaninchen, wobei jedoch das Thier zuletzt eine starke
Reaction durchgemacht haben musste, ein Serum erhalten, von welchem
1*0 genügte, um bei intravenöser Applikation ein Kaninchen gegen 0*1
eines maximal virulenten Stammes zu schützen, von dem 0«000001 ein
Controlthier sicher tödtete, während bei einer Maus etwa 0*2 gegen die
gleiche Dosis wirksam war. Es ist mir dann nicht gelungen, durch
weitere Behandlung den Titer des Serums nennenswerth zu steigern; aber
immerhin möchte ich meine Erfahrungen darüber nicht für zahlreich
genug halten, um ein abschliessendes Urtheil über diese wichtige Frage
abzugeben. Was die Streptokokken anlangt, so bin ich noch weniger
zu einem abschliessenden Urtheil berechtigt, und muss mich begnügen,
auf diese Lücke in unseren Kenntnissen hingewiesen zu haben.
Angesichts der Empfehlung von Streptokokkenserum zur therapeutischen
Anwendung in der Klinik möchte ich noch auf einen ferneren Umstand
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Übe» Immunität und Agglutination bei Streptokokken. 167
aufmerksam machen. Es ist nämlich bisher nicht der Beweis geliefert
worden, dass heim Menschen sich nach überstandener Streptokokken-
infection dieselben immunisirenden Stoffe wie hei Tieren im Blute vor¬
finden. Ich selbst habe früher 1 einen Fall mitgetheilt, welcher nach
schwerster Infection (die Streptokokken wurden aus dem Blute isolirt) zur
Heilung kam: bei demselben Hessen sich im Blute keine Immunkörper
nachweisen. Ich habe später noch mehrfach, insbesondere bei Erysipel
dasselbe negative Resultat gehabt, und zwar auch dann, wenn die Blut¬
entnahme sofort nach dem Fieberabfall gemacht wurde. Im Gegensatz
dazu konnte ich in Bestätigung der bekannten Mittheilungen von K lern per er
bei Pneumonie-Reconvalescenten fast ausnahmslos eine recht hochgradige
Schutzwirkung des Blutes (für Kaninchen und Mäuse) nachweisen.
Meine Methode der Immunisirung gegen Streptokokken ist voll¬
kommen dieselbe, wie ich sie bei der Pneumokokkenimmunisirung als die
beste erprobt und in meiner Eingangs citirten Arbeit mitgetheilt habe. Die
Hauptpunkte derselben sind folgende:
1. Man macht stets nur eine einzige Injection von ab-
getödteter Cultur, um etwa 10 Tage darauf sofort zu lebender, voll-
virulenter überzugehen; mehrfach wiederholte Injectionen von Giften
können nur schaden, anstatt zu nützen. Die erste Injection kann sowohl
subcutan wie intravenös geschehen.
2. Zu der ersten Injection benutzt man nur die Bakterien¬
leiber, die man aus der Bouilloncultur ausschleudert; die im Filtrat
enthaltenen Giftstoffe sind zur Immunisirung vollkommen überflüssig, in
grösseren Dosen höchstens schädlich. Die Bakterienleiber habe ich stets
durch Hitze abgetödtet, wobei das Erwärmen bis auf 70° die immunisirenden
Bestandtheile nicht beeinträchtigt.
3. Bei den Injectionen mit lebender Cultur muss recht
stark gestiegen werden, in ganz anderem Grade, als man es bei
der Immunisirung gegen andere Bakterienarten thut; es ist wünschens-
werth, hohe fieberhafte Reactionen auszulösen, die sich über mehrere Tage
hinziehen.
4 . Geht man zu höheren Dosen lebender Cultur über, so hat es sich
wenigstens bei Pneumokokken als unbedingt nothwendig erwiesen, auch
hier nicht die ganze Flüssigkeitsmenge zu geben, sondern nur die aus
centrifugierten Bakterien; denn gegen die im Filtrat enthaltenen Giftstoffe
trat in meinen Versuchen keine Immunität ein, so dass an diesen Gift-
1 Deutsche med . Wochenschrift . 1895.
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stoffen Thiere eingingeu, die gegen hohe Dosen lebender Bakterien kürper
immun waren. loh selbst habe bei der Immunisirung gegen Strepto¬
kokken niemals so grosse Dosen gegeben, doch möchte ich empfehlen,
sich anch in dieser Beziehung an die bei Pneumokokken gewonnenen Er¬
fahrungen anzuschliessen.
In fast allen Versuchen kam als Nährboden Ascites-Bouillon (etwa
1 Theil Ascitesflüssigkeit auf 8 bis 4 Theile Bouillon) zur Verwendung.
In derselben zeigten alle von mir benutzten Streptokokkenstämme an¬
nähernd die gleiche Wachsthumsform, nämlich gleichmässige Trübung des
Mediums mit ziemlich geringem Bodensatz; mikroskopisch fanden sich
vorwiegend mittellange Ketten von etwa 6 bis 12 Gliedern. Auch solche
Streptokokkenstämme, welche in anderem Nährboden grosse Convolute
gebildet und die Bouillon völlig klar gelassen hatten, nahmen nach mehr¬
maliger Umzüchtung die beschriebene Wachsthumsform an; hierdurch
wurden, wie unten ausgeführt wird, die vergleichenden Agglutinations-
versuche ausserordentlich erleichtert. Dies ist der Grund, weshalb ich
diesen Nährboden dauernd benutzt habe; zur Immunisirung ist die Wahl
des Nährmediums wohl ganz gleichgültig, und hinsichtlich der Erhaltung
der Virulenz leistet, wie ich in Uebereinstimmuug mit anderen Autoren oft
constatirt habe, eine gut gelungene gewöhnliche Bouillon vollkommen
dieselben Dienste.
Ich will nun im Folgenden zunächst einige Beispiele anführen, für
eine wohl gelungene Immunisirung von Kaninchen, alsdann will ich
zeigen, welche deutlichen specifischen Wirkungen das Serum solcher
Thiere schon nach kürzester Zeit erkennen lässt, und schliesslich die Er¬
scheinungen der Agglutination besprechen.
Kaninchen 17 wurde mit Streptococcus F immuuisirt, der aus einer
Phlegmone stammte und schon längere Zeit fortgezüchtet war. Am 5. XI.
erhielt das Thier die aus 90 ccin Ascites-Bouilloncultur abcentrifugirten, bei
68° abgetödtetcn Streptokokken intravenös injicirt; es traten keine sicht¬
lichen Krankheitserscheinungen darnach auf. Am 15. XI. wurde 0-001 der
lebenden, hochvirulenten Cultur subcutan (am Ohr) injicirt, darauf schwer
fieberhafte, über 5 Tage sich hinziehende Reaction, und sehr schweres
Erysipel des Ohres. Am 20. XII. wurde 0-05 lebender Cultur subcutan,
ohne erhebliche Reaction ertragen, während ein gleichzeitig mit 0‘00001
derselben Cultur inficirtes Controlthier in ca. 36 Stunden an Streptokokken¬
sepsis einging. Das Kaninchen vertrug also bereits mindestens das 5000 fache
der tödtlichen Dosis; vermuthlich lag die einfach tödtliche Dosis noch min¬
destens um das 10 fache tiefer, es wurde an dem betreffenden Tage jedoch
die untere Grenze der Virulenz nicht bestimmt.
In der Regel wurde als Anfaugsdosis eine kleinere Menge abgetödteter
Streptokokken gewählt als in dem obigen Beispiele. Aus den beiden
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Über Imm unität und Agglutination bei Streptokokken. 169
folgenden Protokollen geht hervor, dass die Quantität der Giftmenge
auch erheblich kleiner sein kann, und dass eine grössere Dosis davon
nicht immer einen sicheren Erfolg garantirt als eine kleinere.
Zwei Kaninchen von etwa gleichem Gewicht erhalten gleichzeitig am
20.X. eine intravenöse Injection abgetödteter Cultur desselben Streptococcus F,
und zwar Kaninchen 1 die aus 70*0, Kaninchen 2 die aus 20*0 ccm aus¬
geschleuderten Bakterienkörper. Am 29. X. werden beide mit 0-001
lebender Cultur F geprüft: Kaninchen 1, welches die grössere Dosis er¬
halten hatte, geht am 31. X. ein, während Kaninchen 2 nach einer ziemlich
kurzen, aber hohen fieberhaften ßeaction und einem ziemlich schweren
Erysipel am Leben bleibt. Ein Controlthier mit 0*00001 inficirt f am 2. XI.
Das Kaninchen 2 wurde weiter immunisirt, über die Wirkung seines Serums
wird unten berichtet.
Es musste nun zunächst die Frage entschieden werden, ob eine solche
schnelle Immunisirung auch bei anderen Streptokokkenstämmen sich er¬
reichen lässt, oder ob etwa der zufällig von mir zuerst benutzte Stamm
darin eine Ausnahmestellung einnimmt. Es zeigte sich, dass andere
Streptokokken sich bei der Immunisirung ganz entprechend verhalten,
z. B. der von Aronson bei seinen Immunisirungen hauptsächlich be¬
nutzte Streptcoccus, der mir von dem Autor in liebenswürdiger Weise
zur Verfügung gestellt wurde. Es geht dies unter anderem aus folgendem
Versuch hervor.
Kaninchen 10 erhielt am 29. XI. die durch Hitze abgetödteten Strepto¬
kokkenkörper aus 50*0 ccra Cultur; am 7. XII. 0-001 lebender Cultur des¬
selben Strept. Aronson subc. Das Thier machte eine schwere Reaction
durch, blieb aber am Leben, während ein Controlthier nach 0-0001 am
9. XII. starb. Auch hier wurde, wie in den meisten Fällen, nur ein einziges
Controlthier benutzt, die untere Grenze der Wirkung also nicht bestimmt;
doch erwies sich der Streptococcus Aronson bei jeder genaueren Prüfung
so wirksam, dass 0-000001 noch sicher tödtete.
Von Interesse ist auch folgende Beobachtung. Kaninchen 6 erhielt
am 29. XI. die abgetödteten Streptokokken aus 50 ccm der Cultur Aronson
intravenös. Am 7. XII. vertrug es ohne jede Reaction 0*0001 lebender
Cultur, den zehnten Theil der gleichzeitig bei dem vorigen Thiere gegebenen
Dosis. Am 16. XII. wurden 0-005 gegeben: es trat dauerndes hohes Fieber
sowie ein sehr schweres Erysipel auf, welches nach 9 Tagen schliesslich
zum Exitus führte. Im Blute fanden sich mikroskopisch keine Streptokokken;
eine Cultur ist nicht gemacht worden, doch habe ich es sonst öfter gesehen,
dass nach einer Dosis, der gegenüber die Widerstandsfähigkeit des be¬
treffenden Thieres nicht mehr völlig ausreicht, nach längerer Krankheit ein
verspäteter Tod eintreten kann, wobei sich das Blut und die Organe als
völlig steril erweisen. Dass der Streptococcus zur Zeit der letzten Injection
auf der Höhe der Virulenz stand, beweist ein Controlthier, welches gleich¬
zeitig 0-000 001 erhielt und an acuter Sepsis einging.
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Nach den angeführten Beispielen kann es keinem Zweifel unterliegen,
dass die Möglichkeit einer schnellen Immunisirung bei anderen Strepto¬
kokkenstämmen ebenso gut gegeben ist wie bei dem zuerst benutzten
Streptococcus F. Dies bestätigte sich auch bei "Versuchen mit zwei
anderen Streptokokkenstämmen. Vielfach habe ich bei der beschriebenen
Art der Immunisirung Verluste gehabt, jedoch so gut wie ausnahmslos
zum Mindesten eine ganz zweifellose Erhöhung der Widerstandsfähigkeit
der vorbehandelten Thiere gegenüber Controlthieren feststellen können.
Eine solche fand sich auch bei Kaninchen, welche anstatt der abgetödteten
Cultur die verriebenen und sterilisirten Organe (Milz oder Leber) eines
an acuter Streptokokkensepsis eingegangenen Thieres erhalten hatten.
Ich zweifle nicht, dass man bei vorsichtiger Steigerung der Dosen
Verluste beim Immunisiren fast völlig würde vermeiden können; bei
meinen Versuchen kam es mir jedoch darauf an, recht starke Reactionen
zu erzielen, denn ich durfte nach meinen bei der Pneumokokkenimmuni-
sirung gewonnenen Erfahrungen ein stark wirksames Serum am ehesten
von denjenigen Thieren erwarten, welche eine starke Reaction durch¬
gemacht und augenscheinlich eine Dosis erhalten hatten, welche nicht
weit unterhalb der für sie tödtlichen lag.
Bei meinen Versuchen über die immunisirende Wirkung des
Serums meiner Kaninchen kam es mir anf folgende Punkte au: 1. zu
zeigen, dass schon nach der ersten oder zweiten Injection lebender Cultur
das Serum der Thiere einen zweifellosen Schutzwerth besitzt; 2. dass die
zahlenmässige Höhe desselben nicht wesentlich geringer ist, als bei einem
nach den bisherigen Methoden viele Monate lang immunisirten Pferde;
3. wollte ich entscheiden, ob die Schutzkraft des Serums sich nur gegen
denselben Streptococcus richtet, mit dem das Thier behandelt wurde, oder
auch gegen andere Stämme.
Da alle diese Fragen durch Versuche an weissen Mäusen sich ent¬
scheiden liessen, so wurden diese zur Serumprüfung ausschliesslich benutzt.
Die Prüfung führte ich genau in derselben Weise aus, wie ich es für die
Bestimmung des Pneumokokkenserums erprobt hatte: meist wurde das
Serum intraperitoneal, die Cultur etwa 20 bis 24 Stunden darnach subcutan
am Rücken (und zwar stets in 0*1 Flüssigkeitsmenge) gegeben; in anderen
Fällen gab ich umgekehrt das Serum subcutan am Rücken und die Cultur
iutraperitoneal, ein Unterschied beider Applicationsweisen hat sich nicht
herausgestellt. Es kommt nur darauf an, Serum und Cultur nicht an
derselben Stelle zu appliciren, da sonst nicht specifische Resistenzwirkungen
auftreten können; übrigens machen sich solche nach meiner Erfahrung
Gck igle
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Übeb Immunität und Agglutination bei Stbeptokokken. 171
bei Streptokokken viel weniger als bei Pneumokokken bemerkbar.
Meine Controlmäuse erhielten in den meisten Fällen die entsprechende
Dosis von normalem Kaninchenserum, ohne dass irgend ein Einfluss des¬
selben zu Tage trat.
Als Serumdosis wählte ich, ebenfalls im Anschluss an meine Pneumo¬
kokkenuntersuchungen, fast ausschliesslich 0-25 ccm , und variirte die Cultur-
dosis von 0*1 abgestuft meist bis 0*000001, welche Dosis für Control¬
mäuse noch fast ausnahmslos tödtlich war. Ich würde jedoch zögern, ein
Serum als specifisch wirksam anzuerkennen, welches in der angegebenen
Menge nicht mindestens gegen 0*001 schützt, also gegen die tausendfach
tödtliche Dosis, wie es die meisten Autoren bezeichnen. Ich selbst möchte
jedoch eine derartige Bezeichnung lieber vermieden wissen, da dieselbe
leicht zu falschen Vergleichen mit den Immunitätshöhen Anlass geben,
die wir bei den antitoxischen und baktericiden Sera nun so exact fest¬
stellen können.
Die angegebene Prüfungsmethode hat vor allem den grossen Vortheil,
dass sie es völlig vermeidet, aus Versuchen mit einer kleinen Infections-
dosis, die an der Grenze der Wirksamkeit steht, irgend welche Schlüsse
zu ziehen; wie leicht es dadurch zu Fehlschlüssen kommt, lehren die
Versuche von Marmorek. Meine Methode lieferte mir genügend gleich-
mässige Versuchsreihen; freilich dürfen wir, wie auch aus den Versuchen
aller anderen Autoren hervorgeht, eine absolut gleichmässige und sichere
Wirkung, wie sie bei Cholera- oder Typhusserum zu Tage tritt, hier nicht
erwarten. Doch schien mir die von Aronson angegebene Versuchs¬
anordnung, welche ich später gelegentlich zum Vergleich heranzog, noch
weniger regelmässige Resultate zu ergeben. Aronson giebt stets dieselbe
kleine Culturdosis, 0.000001 und stuft die Serummenge ab. Es passirte
mir bei dieser Prüfungsart, dass gegen diese Dosis (welche die Control¬
mäuse tödtete) sich die beiden Mäuse resistent zeigten, welche 0*05 bezw.
0 • 0005 Serum erhalten hatten, während die beiden in der Mitte stehenden
Mäuse mit je 0.001 bezw. 0*005 Serum gleichzeitig mit den Controlen
erlagen. Ich habe mich daher nicht veranlasst gesehen, von meiner
ursprünglichen Prüfungsmethode abzugehen.
Bei derselben trat jedoch nicht ganz selten eine Erscheinung auf,
welche sich vorläufig nicht vollständig erklären lässt, nämlich verspäteter
Tod an Streptokokkeninfection bei vorbehandelten Thieren, welche die
Infection bereits sicher überstanden zu haben schienen. Als extrem späten
Tod möchte ich folgendes Beispiel anführen.
Vier Mäuse wurden intraperitoneal mit 0*25 des von der Schering’-
schen Fabrik ausgegebenen Serums vorbehandelt und am 13. XII. mit
abgestuften Dosen des Streptococcus Aronson inficirt. Die mit 0*1 infi-
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172
F. Neüfeld:
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cirte Maus stirbt am nächsten Tage, die mit 0*01 und 0*001 bleiben
dauernd leben, die mit 0-0001 dagegen stirbt unerwartet am 8.1., also
nach beinah 4 Wochen: im Blut finden sich sehr reichlich Streptokokken.
Wir müssen uns wohl vorstellen, dass sich in derartigen Fällen die
Streptokokken in irgend einer Stelle des Körpers lebend erhalten und so¬
bald das injicirte Serum ausgeschieden ist, wieder vermehrt haben. Die
meisten derartigen verspäteten Erkrankungen sah ich in der zweiten und
dritten Woche nach der Infection auftreten; wir können wohl annehmen,
dass dann die Hauptmenge der Schutzstoffe den Körper bereits wieder
verlassen hat. Weshalb jedoch diese merkwürdige Erscheinung nur in
verhältnissmässig seltenen Fällen und zwar in durchaus unregelmässiger
Weise auf trat, darüber lässt sich schwer eine Vermuthung aussprecheu.
In dem angeführten Beispiele ist es gerade die mit der allerkleinsteu
Dosis inficirte Maus, die nachträglich eingegangen ist, und auch sonst
schien mir dieses Ereigniss gewissermaassen willkürlich aufzutreten; ich
würde es deshalb für praktisch halten, bei der Bestimmung des Sehutz-
werthes eines Serums diejenigen Todesfälle, welche später als 8 Tage nach
der Infection erfolgen, nicht mitzuzählen, 1 zumal jede Werthbestimmuug
bei einem Streptokokkenserum ohnehin immer nur eine ungefähre ist.
Zunächst will ich zwei Versuchsprotokolle anführen, welche sich auf
das Serum des obeu bereits erwähnten Kaninchens 17 beziehen. Aus
denselben geht hervor, dass bereits nach der ersten Dosis lebender Cultur
das Serum eines Thieres einen recht hohen Schutzwerth besitzen kann:
ferner bieten die Versuche Beispiele für die beschriebenen Unregelmässig¬
keiten, die bei der Serumprüfung Vorkommen.
Das Kaninchen 17 hatte am 5. XI. die abgetödteten Streptokokken
aus 90-0 Bouilloncultur des Streptococcus F, am 15. XI. 0-001 der
lebenden Cultur erhalten und eine sehr schwere Reaction durchgemacht.
Am 28. XL wurde eine Blutentnahme gemacht, und das Serum in zwei
Versuchen auf seine Schutzkraft gegenüber demselben Streptococcus F, der
zur Immunisirung gedient hatte, geprüft.
Tn beiden Versuchen erhielten weisse Mäuse 0-25 Serum intraperitoneal,
am nächsten Tage abgestufte Mengen 24stündiger Cultur subcutan am Rücken.
Versuch I.
Maus 1 inficirt mit 0-00001 bleibt leben.
„ 2 „ „ 0-0001
„ 3 „ „ 0-0005 „ ,,
1 In meinen unten mitgetheilten Protokollen sind dagegen diese verspäteten
Todesfälle selbstverständlich sämmtlich mit aufgeführt; die Mäuse wurden fast stets
länger als 1 Monat, mindestens jedoch 3 Wochen lang beobachtet.
Gck gle
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Cbeb Immunität und Agglutination bei Stkeptokokken. 173
Maus 4 inficirt mit 0*001
i> 5 n n 0-005
ii 6 » n 0-01
ii 7 „ «0*1
f nach 3 Tagen.
Reichl. Strept. im Blut,
bleibt leben.
f nach 3 Tagen.
Versuch II.
Maus 1 inficirt mit 0-00001
„ 2 „ „ 0-0001
„ 3 „ „ 0*001
„ 4 „ „ 0-01
„ 5 „ „0*05
bleibt leben.
yy yy
1 1 nach 15 Tagen.
\ Reichl. Strept. im Blut,
bleibt leben,
t nach 11 Tagen,
t nach 36 Stunden.
In jedem Versuche wurden je 6 Controlmäuse mit Dosen von 0-1 bis
herab zu 0*000001 inficirt; sie starben sämmtlich prompt bis auf die im
ersten Versuch mit der kleinsten Dosis 0*000001 inficirte Maus, die dauernd
leben blieb.
Der erste Versuch bietet ein Beispiel für einen unregelmässig, ausser¬
halb der Reihe erfolgten Todesfall, im zweiten kamen sogar zwei der oben
erwähnten verspäteten Todesfälle vor; lässt man letztere, wie ich für richtig
halten würde, ausser Betracht, so würde der Werth des Serums ungefähr
dahin festzustellen sein, dass 0*25 davon bei der gewählten Versuchs¬
anordnung etwa gegen 0-01 bis 0*05, nicht mehr gegen 0*1 hochvirulente
Cnltnr schützt. Uebrigens traten die Unregelmässigkeiten in keinem
meiner übrigen Versuche in so starkem Maasse hervor, wie gerade in deu
soeben angeführten.
Meine nächste Aufgabe war es nun, festzustellen, ob das mit dem
Streptococcus F präparirte Serum auch gegen andere Streptokokken Schutz
gewähre, eventuell ob dieser Schutz merklich geringer sei, als gegenüber
dem eigenen Stamme. Ich wählte dazu zwei Streptokokken von maximaler
Virulenz: den von Aronson, der aus einem Scarlatiuafalle, und den von
Marmorek, der aus einer Angina sammt. Die Prüfung geschah mit
demselben, von Kaninchen 17 stammenden Serum, welches inzwischen
14 Tage mit 0*5 procentigem Carbol versetzt, aufgehoben worden war.
Wiederum erhielten alle Mäuse 0-25 des Serums intraperitoneal, und
wurden am nächsten Tage mit abgestuften Culturmengen subcutan am Rücken
inficirt, und zwar im
Versuch HI mit Streptococcus Aronson:
Maus 1 0*00001 lebt.
„ 2 0-0001
„ 3 0-001
„ 4 0-01
„ 5 0*1 t nach 24 Stunden.
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F. Neufeld:
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Versuch IV mit Streptococcus Marmorek:
Maus 1 0*00001 lebt.
„ 2 0-0001
„ 3 0-001 „
„ 4 0-01 t nach 24 Stunden.
„50-1 t » 24 „
Gleichzeitig wurden 4 Mäuse mit 0-26 von Aronson hergestellten
Pferdeserums in derselben Weise vorbehandelt und mit Strept. Aronson
inficirt.
Versuch V.
Maus 1 0-0001 t nachträglich nach beinahe 4 Wochen.
„ 2 0-001 lebt.
„ 3 0-01 „
„4 0-1 t nach 24 Stunden.
Je 3 Controlmäuse wurdan mit 0-000001, mit 0-00001 sowie 0-0001
der beiden Streptokokkenstämme inficirt, sie starben sämmtlich innerhalb
4 Tagen.
Die Schlussfolgerung aus diesen. Versuchen ist ohne Weiteres ein¬
leuchtend: das mit einem Streptococcus hergestellte Serum schützt nicht
nur exclusiv gegen diesen, sondern auch gegen andere Streptokokken-
stämme, auch die Höhe des Schutzes ist, soweit sie sich zahlenmäßig
feststellen lässt, die gleiche.
Auch das Serum eines anderen Kaninchens, das ebenfalls mit dem
Streptococcus F immunisirt war, erwies sich als stark wirksam gegenüber
dem Streptococcus Aronson.
Das Kaninchen 25 erhielt, wie bereits oben kurz erwähnt wurde, am
20.X. die abgetödteten Streptokokken aus 20-0 Bouilloncultur, am 29. X.
0-001 des lebenden Strept. F, worauf eine recht schwere Reaction erfolgte.
Bei diesem Thier wurde alsdann absichtlich nur ganz langsam mit der Dosis
gestiegen, es erhielt noch vier weitere Injectionen, als letzte am 6. XII. 0-01:
eine Reaction trat niemals mehr auf, um so weniger als sich der Strept. F
damals vorübergehend stark abgeschwächt hatte, da er nicht häufig genug
übergepflanzt wurde und theilweise auf minderwerthigen Agar. Demnach
erwies sich das am 15. XII. entnommene Serum gut wirksam.
Versuch VI.
4 Mäuse mit je 0*25 Serum vorbehandelt, inficirt mit Streptococcus
Aronson:
Maus 1 0-001 bleibt leben.
2 0-01
3 0*05 „ „
4 0-1 f nach 48 Stunden.
11
11
11
Die Controlen bis zu 0-000001 herab f innerhalb 48 Stunden.
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Cbeb Immunität und Agglutination bei Streptokokken. 175
Auch hier erwies sich wiederum das Serum als hochwirksam gegen
einen fremden Streptococcus. Wenn man die Versuche III, V und VI
vergleicht, so kann man daraus wohl schliessen, dass meine Kaninchensera
in ihrer Schutzkraft (auch gegenüber dem Strept. Aronson) nicht weit
hinter dem im Versuch V gebrauchten Aronson’schen Pferdeserum (das¬
selbe war nach der Bezeichnung dieses Autors 10 fach normal) zurück¬
stehen. Das eine meiner Sera schützte in der Dosis von 0*25 gegen
0*05 des Aronson’schen Streptococcus, das andere gegen 0-01, aber
nicht mehr gegen 0*1; eine genauere Bestimmung wurde hier nicht ge¬
macht. Da dasselbe Serum jedoch in Versuchen mit einem anderen
Streptococcus F (vgl. oben) sich ungefähr bis gegen 0-05 einer hoch-
virulenten Cultur wirksam zeigte, so dürfte dasselbe auch für den Strept.
Aronson gelten. Das Aronson’sche Pferdeserum liess nun gegenüber
der doppelten Dosis (0*1) gar keine Schutzkraft mehr erkennen, und da
es mir hier nur auf einen ungefähren Vergleich ankommt, so glaube ich
daraus den Schluss ziehen zu können, dass meine beiden Serumproben
in ihrer Stärke ungefähr dem Aronson’schen entsprachen, zum Mindesten
nicht weit dahinter zurückstanden. In den von Aronson 1 veröffentlichten
Protokollen finden sich keine Versuche mit einer Infectionsdosis über 0*01;
gegen diese letztere Dosis schützte nur 1*0 eines 10 fachen Normalserums,
nicht mehr 0*1, auch hiernach kann man nach meiner Erfahrung und
im Vergleich mit den anderen Protokollen Aronson’s die Schätzung
machen, dass 0*25 des Serums höchstens bis gegen 0*05 der Cultur
wirksam sein würde. In dem citirten Versuche Aronson’s ist die tödt-
liche Dosis seines Streptococcus auf 0*0000001 festgestellt worden,
während ich bei meinen Versuchen Dosen unter 0*0000001 niemals ver¬
sucht habe und daher nicht angeben kann, ob auch noch kleinere Dosen
tödtlich gewirkt hätten; doch kommt es nach meiner Erfahrung, wenn
man, wie ich es stets that, mit grossem Multiplum der tödtlichen Dosis
arbeitet, auf etwaige kleine Virulenzschwankungen gar nicht an. Die
Stärke des Wachsthums war auf meiner Ascitesbouillon die gleiche, wie
auf einer 0-1 procentigen Zuckerbouillon, die mir von Hm. Dr. Aronson
überlassen war.
Schliesslich sei noch ein Immunisirungsversuch mit dem in Palt auf’s
Institut in Wien hergestellten Scarlatinaserum, signirt Bertram, mit-
getheilt.
Versuch VII.
4 Mäuse erhalten je 0*25 des Serums intraperitoneal, am nächsten
Tage abgestufte Dosen des Streptococcus F subcutan am Rücken, und zwar:
1 A. a. 0.
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F. Necfeld:
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Maus 1 0-0001 f innerhalb 40 Stunden.
„ 2 0-001 t „ 40
„ 3 0-01 t „ 24
„40-1 t ti 24 ft
Das Wiener Serum liess also durchaus keine Schutzbraft meinem
Streptococcus gegenüber erkennen. Es war nicht möglich, dasselbe gegen¬
über dem Wiener Streptokokkenstamm, der zur Immunisirung gedient
hatte, zu prüfen, da dieser für Mäuse Yollkommen avirulent war. Bei
Besprechung der Agglutinationsverhältnisse werde ich auf das Wiener
Serum des Näheren zurückkommen.
Die Agglutination hei Streptokokken ist in vieler Beziehung ganz ab¬
weichend von der Agglutination der Pneumokokken. Die Quellungs¬
erscheinungen, welche ich bei letzteren so regelmässig sah, habe ich bei
den Streptokokken nie gefunden, ebenso wenig die regelmässige Anordnung
der agglutinirten Kokken in langen gewundenen Ketten. Die agglutinirten
Streptokokken liegen vielmehr in anscheinend unregelmässiger Weise in
grossen Haufen zusammen, man sieht darin nur dieselben kurzen Ketten,
aus denen die Cultur ursprünglich bestand, und kann daher einen agglu¬
tinirten, kurzen Streptococcus mikroskopisch ganz gut von einem in grossen
Conglomeraten wachsenden Streptococcus longus unterscheiden. Ferner
lassen sich bei Streptokokken unvergleichlich viel höhere Agglutinations-
werthe erzielen als bei Pneumokokken; trotzdem aber verläuft die Aggluti¬
nation bedeutend langsamer. In dieser Beziehung steht sie der Aggluti¬
nation der Tuberkel- und vor allem derjenigen der Rotzbacillen sehr nahe.
Es war mir daher von Nutzen, dass ich die letzteren kurz zuvor durch
Herrn Geheimrath Koch kennen gelernt hatte und mich in der Methodik 1 ,
insbesondere was die Beurtheilung des Agglutinationsergebnisses anlangt,
daran anschliessen konnte.
Ich habe bereits oben mitgetheilt, dass meine sämmtlichen Strepto¬
kokken in der von mir benutzten Ascitesbouillon in kurzen oder mittel¬
langen Ketten unter gleichmässiger Trübung des Mediums und ohne
Knäuel- oder Haufenbildung wuchsen, bezw. nachdem sie einige Zeit in
diesem Nährboden fortgezüchtet waren, das beschriebene Wachsthum an-
nahmen; irgend erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Stämmen
existirten in dieser Beziehung nicht. Somit war ich einer Hauptschwierig¬
keit überhoben, indem meine Culturen von vornherein eine gleichmässige
Bakterienaufschwemmung darstellten, welche ohne Weiteres zu Aggluti¬
nationszwecken geeignet war. Nur ein allerdings ziemlich geringer Boden-
1 Dieselbe ist beschrieben bei F. K. Kleine: Ueber Rotz. Diese Zeitsehr. 1903.
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Gbeb Immunität und Agglutination bei Streptokokken. 177
satz war vorhanden, dieser wurde zum Agglutiniren nicht mit benutzt,
sondern die darüberstehende Flüssigkeit abgegossen. Dieser Flüssigkeit
wurde in der Regel noch 1 / > Procent Phenol hinzugefügt, nachdem ich
mich überzeugt hatte, dass der Verlauf der Agglutination dadurch in
keiner Weise geändert wird. Diese mit Carbol versetzte Agglutinations¬
flüssigkeit kann man einige Zeit, mindestens 14 Tage im Eisschrank auf-
heben, ohne dass sie sich in ihrer Agglutinationsfähigkeit verändert; falls
sich ein Bodensatz gebildet hat, muss die Flüssigkeit vor dem Gebrauch
geschüttelt werden.
Von dieser Flüssigkeit wurde nun jedes Mal 1 ccm in- einem gewöhn¬
lichen Reagensröhrchen mit abgestuften Mengen des Serums bezw. der
Serumverdünnung versetzt. Erhält z. B. das erste Röhrchen 0*1, das
zweite 0 05, das dritte 0*02 von dem unverdünnten Serum, die nächsten
drei je 0*1 bezw. 0*05 und 0*02 eines 10fach-, wiederum 3 Röhrchen
dieselben Mengen eines 100 fach mit Kochsalz verdünnten Serums (die
sich mit einer lOOtheiligen, l ccm fassenden Pipette genügend genau ab¬
messen lassen), und füllt man dann jedes Röhrchen mit der Agglutinations¬
flüssigkeit bis auf 1*0 auf, so hat man die Agglutinationsproben 1:10,
1:20, 1:50 u. s. w. bis 1:5000. Die Proben kommen nun bis zum
nächsten Tage in den Brütschrank, am besten lässt man sie dann erst
abkühlen, ehe man das Resultat feststellt, da der gebildete Niederschlag
nach dem Abkühlen oft deutlicher wird. Ein Röhrchen mit 1*0 der
Agglutinationsflüssigkeit ohne Serumzusatz wird als Controle beigegeben.
Am nächsten Tage bietet das Controlröhrchen folgendes Aussehen:
ein Theil der Bakterien hat sich, der Schwere folgend, zu Boden gesenkt
und füllt als lockere Masse die Kuppe des Reagensglases mehr oder weniger
vollständig aus, während die darüberstehende Flüssigkeit, in der immer
noch die Hauptmenge der Bakterien suspendirt ist, stark und gleichmässig
trübe aussieht. Hält man das Röhrchen hoch und betrachtet es von
unten, so sieht man, dass der Bodensatz sich in einer ganz regelmässigen,
annähernd kreisförmigen Linie gegen die Flüssigkeit absetzt. Schüttelt
man das Röhrchen, so erhält man eine ganz gleichmässig getrübte Flüssig¬
keit, in der keinerlei Haufen oder Körnchen sichtbar sind.
In den Röhrchen dagegen, welche einen genügenden Zusatz von
agglutinirendem Serum erhalten haben, können die suspendirten Bakterien
nicht allein dem Gesetze der Schwere folgen, sondern es treten jene
specifischen Vorgänge dazwischen, welche als eine specifische Anziehung
der Formelemente oder als eine Niederschlags- oder Gerinnselbildung eine
verschiedene Deutung erfahren haben. Das Resultat lässt sich in unserem
Falle wenigstens am besten mit einer Gerinnselbildung vergleichen: wir
finden eine feste, compakte, ziemlich gleichmässig dicke Haut nicht nur
ZciUchr. L Hygiene. XLIV.
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Original fro-m
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F. Neufeld:
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in der Kuppe des Reagensglases, sondern auch höher über dieselbe hinaus¬
reichend an der Wandung des Glases ausgebreitet, welche sich in unregel¬
mässiger Linie, oft zackig oder sternförmig gegen die Flüssigkeit absetzt.
Die letztere ist bei starker Agglutination völlig klar, hei schwächerer noch
mehr oder minder trübe; schüttelt man das Röhrchen, so sieht man
wiederum bei den stärkeren Graden der Agglutination grosse, feste Haufen
in einer klaren Flüssigkeit schwimmen, bei schwächerer Serumwirkung
werden die Haufen kleiner und können schliesslich durch die trübe
Zwischenflüssigkeit verdeckt werden. Ich habe daher weder die Klärung
der Flüssigkeit, noch die nach dem Schütteln sichtbare Haufenbildung
zum Maassstahe genommen, sondern die charakteristische gerinnselartige
Beschaffenheit des Bodensatzes; dieselbe tritt, wenn man ein Röhrchen
zulgeich mit dem Controlröhrchen von unten her betrachtet, so deutlich
zu Tage, dass man bei einiger Uebung über das Resultat nicht mehr
zweifelhaft ist.
Die bei der Agglutination zur Verwendung kommenden Stämme
waren folgende:
Streptococcus Aronson,
Strept. F, aus einer Phlegmone stammend,
Strept. K, isolirt aus der Milz von einem einer spontanen In-
fection erlegenen Kaninchen,
Strept. Marmorek, aus Angina stammend,
Scarlatina-Streptococcus Wien (Moser),
Scarlatina-Streptococcus Berlin (Salge & Hasenknopf).
Zunächst wurde durch einige orientirende Versuche festgestellt, dass man
schon nach kurzer Vorbehandlung ein stark agglutinirendes Serum erhalten
kann, und dass sich die agglutinirende Kraft desselben nicht exclusiv auf
denjenigen Streptokokkenstamm bezieht, mit dem das fragliche Thier
immunisirt ist, sondern auch auf andere Stämme.
Das bereits erwähnte Kaninchen 10 hatte am 29. XI. eine Injection
abgetödteter Cultur des Strept. Arouson, am 7. XII. 0*001 der lebenden
Cultur erhalten und eine schwere Reaction durchgemacht. Eine am
15. XII. entnommene Blutprobe agglutiuirte den Strept. Aronson bis zu
einer Verdünnung 1:1000 stark unter vollkommener Klärung der darüber¬
stehenden Flüssigkeit. Die Grenze der Agglutinationsfahigkeit, die jeden¬
falls noch höher lag, ist in diesem Falle nicht genau bestimmt worden,
ebenso wenig wurde die Wirkung dieses Serums auf fremde Culturen unter¬
sucht.
Das ebenfalls bereits erwähnte Kaninchen 17 lieferte, nachdem es die
erste Dosis lebender Cultur erhalten und ebenfalls eine starke Reaction
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Übeb Immunität und Agglutination bei Stkeptokokken. 179
durchgemacht hatte, ebenfalls ein gut wirksames Serum. Das Thier war
mit dem Strept. F immunisirt worden; sein Serum agglutinirte diesen
selben Streptococcus, den von Aronson, sowie den Strept K in durchaus
gleicher Weise bis 1:300.
Die Resultate der Agglutination fielen aus unten zu erörternden
Gründen nicht immer so regelmässig aus, wie in dem letzten Falle; bis¬
weilen wirkte ein Serum auf die genannten drei Culturen nicht gleich-
massig. Dann war es aber nicht immer der homologe Stamm, der am
stärksten beeinflusst wurde, sondern bisweilen wurde ein fremder Stamm
wesentlich höher agglutinirt, als der eigene. Auf die Gründe dieser Un¬
regelmässigkeiten werde ich noch eingehen. In jedem Falle ergab es sich
aber, dass die agglutinirenden Substanzen des Serums ebenso wenig wie
die immunisirenden exclusiv gegen denjenigen Streptococcus gerichtet sind,
mit welchem das betreffende Thier behandelt worden ist.
Das Hauptinteresse lag für mich darin, durch die Agglutination über
die Stellung der beiden Scarlatinastämme aus Wien und Berlin Klarheit
zu gewinnen, da diese Frage durch die Prüfung der immunisirenden
Eigenschaften der mir zur Verfügung stehenden Sera nicht hatte gelöst
werden können.
Herr Dr. Moser hatte mir in liebenswürdiger Weise zwei Proben
seines durch Immunisirung von Pferden mit seinem Scarlatina-Strepto-
coecus gewonnenen Serums übersandt. Dieselben waren „Egmont“ und
„Bertram“ signirt; da sie bei einer vorläufigen Prüfung ungefähr gleich
gut zu agglutiniren schienen, das Serum „Bertram“ vielleicht noch etwas
stärker als das andere, so wurde die Probe „Bertram“ ausschliesslich zu
allen Versuchen benutzt. Die agglutinirende Kraft dieses Serums erwies
sich in Uebereinstimmung mit den Mittheilungen Moser’s als recht hoch.
Die von mir gefundenen Werthe liegen allerdings niedriger als die von
Moser selbst angegebenen, doch beruht diese Differenz wohl auf der ver¬
schiedenen Methode der Untersuchung, indem Moser die Grenzwerthe der
Reaction durch mikroskopische Beobachtung bestimmte, während ich aus¬
schliesslich das oben beschriebene Verfahren der makroskopischen Be-
urtheilung anwandte. Auch bei der Wiener Cultur habe ich mich noch¬
mals überzeugt, dass der Verlauf der Reaction durch Zusatz von 1 Procent
Phenol in keiner Weise beeinträchtigt wird.
Das Wiener Serum „Bertram“ ergab mit der Wiener Scarlatina-Cultur
nach dieser Methode geprüft als Grenzwerth 1:50000. In dieser Ver¬
dünnung war im Vergleich mit der Controle die Bildung des specifischen
gerinnselartigen Niederschlages am Boden des Röhrchens noch eben deut¬
lich zu erkennen; die darüber stehende Flüssigkeit war dabei dicht getrübt,
sie hellte sich erst in den stärkeren Concentrationen immer mehr auf, so
12 *
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F. Neufeld:
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dass etwa die Röhrchen von 1:5000 an völlig geklärt waren, während
gleichzeitig der Niederschlag immer compacter wurde.
Dasselbe Serum agglutinirt den aus der Heubn er'sehen Klinik
stammenden Scarlatina-Streptococcus ebenfalls sehr stark, jedoch nicht
ganz so weit wie den Wiener, nämlich bis 1:20000.
Alle übrigen Stämme meiner Streptokokken wurden von dem Wiener
Serum bei gleichzeitiger Prüfung in ausserordentlich viel geringerem
Grade agglutinirt: die Stämme F und Aronson zeigten auch bei 1:100
gar keine Klärung der Flüssigkeit, dagegen einen unverkennbaren, aber
ziemlich schwachen specifischen Niederschlag, der bei 1:500 noch ganz
schwach, darüber hinaus nicht mehr erkennbar war, der Streptococcus K
agglutinirte 1:100 ganz schwach, darüber hinaus nicht mehr; der
Marmorek’sche Coccus wurde nur bis 1:500 hinab geprüft und zeigte
in dieser Verdünnung gar keine Beeinflussung. Bei einer späteren Prüfung
agglutinirte der Streptococcus F auch 1:100 gar nicht mehr, während
der Wiener Streptococcus bei einer Reihe von Versuchen stets vollkommen
denselben Werth ergab.
Das angeführte Resultat konnte zunächst den Anschein erwecken, als
seien die in dem Wiener Scarlatinaserum enthaltenen Agglutinine specifisch
gegen die Wiener und die Berliner Scarlatina-Streptokokken gerichtet
Die ganz unvergleichlich schwächere, wechselnde Beeinflussung anderer
Streptokokken konnte mit der partiellen Agglutination, wie wir sie bei
Cholera- und typhusähnlichen Bacillen kennen, verglichen werden; ebenso
wenig wäre es nach der bei Cholera und Typhus gemachten Erfahrung
auffallend gewesen, dass die beiden Stämme aus Wien und Berlin etwas
abweichende Werthe ergaben.
Ehe ich jedoch auf Grund dieser Agglutiuationsergebnisse etwa den
genannten beiden aus Scarlatina stammenden Streptokokken eine Aus¬
nahmestellung gegenüber allen anderen zuwies, glaubte [ich alle anderen
Ursachen ausschliessen zu müssen, die eine solche Differenz hätten erklären
können.
Mit der wichtigste Factor bei der Agglutination ist bekanntlich die
Virulenz der betreffenden Culturen (Pfeiffer und Kolle); bei Typhus*
und Cholerabakterien werden im Allgemeinen avirulente Culturen stärker
beeinflusst als virulente, während bei den Pneumokokken das umgekehrte
Verhältniss herrscht.
Pis galt nun, sich über das Verhältniss der Virulenz zur Agglutinir-
barkeit bei Streptokokken Klarheit zu verschallen.
Während meine Culturen sämmtlich virulent waren (wenn auch der
Grad der Virulenz im Laufe dieser Versuche öftere Schwankungen zeigte),
erwiesen sich die beiden Scarlatiuastämme aus Wien und aus Berlin bei
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Übeb Immunität und Agglutination bei Streptokokken. 181
Prüfung an Mäusen als so avirulent, dass 0,25 Bacillencultur intraperi¬
toneal unwirksam war. Von dem Berliner Streptococcus tödtete einmal 1,0
eine Maus in 48 Stunden, wobei sich die Streptokokken reichlich im Blute
fanden, es gelang jedoch nicht, weitere Passagen zu machen, indem eine
Maus, die mit einem Tropfen des Blutes der ersten inficirt wurde, am
Lehen blieb. Der Versuch, diesen Streptococcus durch fortgesetzte Passagen
virulent zu machen, erschien demnach zum Mindesten als unsicher und
zeitraubend, und ich schlug daher den umgekehrten Weg ein, nämlich
meine vorher virulenten Streptokokken abzuschwächen und dann ihre
Agglutination zu prüfen. Die Abschwächung geschah einfach dadurch,
dass von Culturen, die einige Wochen im Laboratorium bei Zimmer¬
temperatur, z. B. in der Nähe des Fensters gestanden hatten, frische
Culturen in Ascitesbouillon angelegt, und nach 24stündigem Wachstum
geprüft wurden, zum Theil gleichzeitig mit einer virulenten frisch aus dem
Thier stammenden Cultur desselben Streptococcus.
So wurden zwei Culturen des Streptococcus F, eine virulente und eine
abgeschwächte gleichzeitig mit dem Wiener Serum geprüft: die ab¬
geschwächte wurde bis 1:20000, also ungefähr so stark wie der Berliner
Scarlatinastamm agglutinirt, die virulente zeigte an demselben Tage auch
in der Verdünnung 1:100 gar keine Agglutination!
Wenn schon dieses Ergebniss ganz eindeutig war, so wurde es durch
den folgenden Versuch in interessanter Weise ergänzt. Ich machte mit
der abgeschwächten Cultur F mehrere Passagen durch Mäuse, und als ich
nach kaum 8 Tagen denselben Stamm wieder prüfte, hatte er die leichte
Agglutinirbarkeit wieder verloren und verhielt sich so wie früher.
Es ist gar nicht nothwendig, dass der abgeschwächte Stamm seine
Virulenz völlig verliert, und ich möchte auch gar nicht eine völlige
Parallelität zwischen Virulenz und Agglutination behaupten: in dem an¬
geführten Falle z. B. war der abgeschwächte Stamm F immer noch er¬
heblich virulenter als die beiden Scarlatinastämme.
In derselben Weise gelang es mir, den Aron so n’schen Streptococcus
80 zu modificiren, dass bei gleichzeitiger Prüfung mit dem Wiener Serum
die abgeschwächte Modification ebenfalls bis 1:20000 deutlich, 1:50000
noch andeutungsweise agglutinirt wurde, während die virulente Modification
in der Verdünnung 1:500 ein völlig negatives Resultat ergab. Auch vom
Streptococcus K erhielt ich einen abgeschwächten Stamm, der allerdings
nicht so hoch wie die vorgenannten, aber doch bis 1:5000 stark agglu-
tinirt wurde.
Hiernach unterliegt es für mich keinem Zweifel, dass die Agglutinir¬
barkeit bei den Streptokokken ausserordentliche Schwankungen zeigt, die
mindestens bis zu einem gewissen Grade mit den Virulenzschwankungen
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182 F. Neueeld: Über Immunität und Agglutination ü. s. w.
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Hand in Hand gehen, indem abgeschwächte Culturen in der Regel viel
stärker agglutinirt werden, als vollvirulente. Irgend ein Beweis für eine
specifische Bedeutung der aus Scarlatina gezüchteten Streptokokkenstänune
ist durch Agglutinationsversuche bisher nicht geliefert worden.
Die vorstehenden Untersuchungen mussten aus äusseren Gründen vor¬
zeitig abgebrochen werden und ich hoffe, dieselben später wieder fort¬
setzen zu können. Insbesondere war es mir unmöglich, Kaninchen längere
Zeit und mit höheren Dosen zu immunisiren, und zu sehen, ob sich der
Gehalt des Blutes an specifischen Stoffen dadurch erheblich steigern lässt.
Ferner war es mir nicht möglich, das Blut von Scarlatinareconvalescenten
auf seine immunisirenden und agglutinirenden Eigenschaften gegenüber
verschiedenen Streptokokken zu prüfen; auch ein aus menschlichem Ery¬
sipel stammender Streptococcus stand mir zur Zeit nicht zur Verfügung.
Aus meinen bisherigen Versuchen glaube ich jedoch zu folgenden
Schlussfolgerungen berechtigt zu sein:
1 . Es gelingt leicht, Kaninchen nach derselben Methode wie gegen
Pneumokokken auch gegen relativ hohe Dosen von hochvirulenten Strepto¬
kokken zu immunisiren.
2. Das Serum solcher Thiere enthält schon nach kurzer Vorbehand¬
lung sowohl immunisirende, als auch agglutinirende Stoffe in erheblicher
Concentration.
3. Beide Arten specitischer Stoffe sind nicht nur gegen denselben
Streptococcus gerichtet, mit welchem das betreffende Thier immunisirt
wurde, sondern ebenso gut gegen andere Streptokokken verschiedener
Herkunft.
4 . Avirulente Streptokokken werden ausserordentlich viel stärker agglu¬
tinirt, als virulente.
5. Ein Beweis für die Specifität der aus Scharlachfällen isolirten
Streptokokken ist durch Immunisirungs- und Agglutinationsversuche bis¬
her nicht erzielt worden.
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[Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin.]
(Director: Geh. Med.-Rath Prof. Dr. R. Koch.)
Ueber Rotz.
Von
Stabsarzt Dr. 7. K. Kleine.
Aus Anlass von Arbeiten, die im Institut ausgeführt wurden, um die
Verwerthbarkeit der Agglutination zur Rotzdiagnose zu erproben, richtete
sich die Aufmerksamkeit auch auf einige andere Fragen zur Kenntnis
des Rotzbacillus. Insbesondere wurde untersucht, ob es möglich ist, den
Bacillus seiner Virulenz gänzlich zu berauben und ob man mit der üblichen
Methode eine sichere Immunität bei Meerschweinchen erzeugen kann. Da
aus äusseren Gründen die Versuche auf längere Zeit unterbrochen werden
müssen, werden die Resultate schon jetzt veröffentlicht.
Dass der Bacillus mallei bei Züchtung auf künstlichem Nährboden
die Virulenz mehr oder weniger verliert, ist eine bekannte Thatsache.
Viele interessante Beobachtungen über die Morphologie sind gerade an
avirulenten Stämmen gemacht. So erwähnt z. B. Conradi 1 in seiner
Arbeit über die Hyphomycetennatur des Rotzbacillus ausdrücklich, dass
als Ausgangsmaterial ein Stamm diente, der seit geraumer Zeit schon für
die Institutssammlung in Strassburg fortgezüchtet war und dem zu Folge
die Virulenz völlig verloren hatte. Selbst die subcutane oder intra-
peritoneale Einverleibung von Culturmengen bis zu 10 ocm zog
bei Meerschweinchen keine Krankheitserscheinungen nach sich.
Die mir zur Verfügung stehenden Culturen, die zum Theil schon
Jahre lang fortgezüchtet waren, inficirten dagegen bei intraperitonealer
‘Conradi, Die Hyphomycetennatur des Rotzbacillus. Diese Zeitschrift
Bd. xxxm.
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184
F. K. Kleine:
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Einverleibung selbst sehr kleiner Dosen — 1 / 1000 bis Vioooooo Oese -
Meerschweinchen ohne Weiteres. Nach dem Straus’schen Vorgang
wurden stets männliche Tliiere benutzt, da man an der Hodenschwellung
das Einsetzen der Krankheit rasch und leicht erkennt. Eine alte Beob¬
achtung von M. Preusse 1 , die allerdings noch aus jener-Zeit stammt, wo
manche Autoren Sporenbildung des Rotzbacillus annahmen, schien darauf
hinzuweisen, dass die Anwendung hoher Temperaturen schneller eine Ab¬
schwächung herbeiführt. Preusse bemerkte nämlich bei einigen Kartoffel-
culturen, die sehr hohen (?) Temperaturen ausgesetzt waren, in der Tiefe
des Nährbodens sporenähnliche Gebilde. Bei einem Impfversuch, deu
Preusse an Meerschweinchen vomahm, entwickelte sich kein Rotz. Um
zu dem gleichen Resultat zu gelangen, wurde einer meiner Stämme, der
einige Monate im Laboratorium fortgezüchtet war, dauernd in einem
Brütschrank von 42° C. gehalten, — ohne dass selbst nach Monaten eine
sichtbare Abnahme der Virulenz für Meerschweinchen bei intraperitonealer
Einverleibung eingetreten wäre. Setzte ich dagegen einen älteren
Stamm, der als weniger virulent galt, nur 3 Stunden einer Temperatur
von 50° C. aus und impfte dann über, so wuchsen nach 2 Tagen Bacillen,
die für abgesohwächten Rotz gelten konnten, da sie bei intraperitonealer
Injection selbst grosser Mengen Meerschweinchen nicht inficirten. Die
Bacillen waren etwas grösser und dicker als Rotz gewöhnlich ist. Ausser¬
dem wurde Sporenbilduug beobachtet. Wie interessant dies Ergebnis
besonders im Hinblick auf die Mittheilung von Preusse auch war, so üess
doch der Verdacht, dass es sich um zufällige Verunreinigungen
handelte, sich nicht von der Hand weisen, obwohl das mikroskopische
Bild der Stammcultur diese Vermuthung nicht rechtfertigte.
Um eine Entscheidung herbeizuführen, wurde die Aggluti¬
nation benutzt und zwar in der Weise, wie sie Hr. Geheimrath
R. Koch bei Rotz anwendet und wie sie — wenn auch mit
Modificationen — für alle Bakterien mit Vortheil zu ge¬
brauchen ist.
Drei bis vier gut gewachsene Agarculturen werden im Brütschrank
bei 60° abgetödtet. Dann giesst man je 2 ccm Phenolkochsalzlösung
0-5 Procent Phenol und 0-85 Procent Chlornatrium darauf und kratzt
die Bacillen mit einer Platinöse ab. Die Aufschwemmungen giesst man
zusammen in einen Messcylinder und füllt mit Phenolkochsalzlösung so weit
auf, bis die Flüssigkeit nur noch einen schwach milchigen Farbenton hat.
1 Preusse, Beiträge zur Aetiologie der Rotzkrankbeit. Berliner thierärztl .
Wochenschrift . 1889.
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Übek Rotz.
185
Auf eine Agarcultur werden 40 bis 50 ccm Phenolkochsalzlösung gerechnet. 1
Um gröbere Partikelchen zu entfernen, wird rasch durch ein dünnes
Filter filtrirt; dann ist die „Testflüssigkeit“ zum Gebrauch fertig und wird
mit dem bezüglichen Serum versetzt Beim Anlegen der einzelnen Ver¬
dünnungen hat man darauf zu achten, dass jedes Reagensglas nicht
mehr als höchstens 8 °° m Flüssigkeit enthält, da sonst die Deutlichkeit
der Agglutination beziehungsweise Präcipitation leicht Schaden leidet.
Haben wir ein stark agglutinirendes Serum, so verdünnen wir es vor dem
Gebrauch mit Bouillon 1:10 oder gar 1:100. 0*2 ocm Serum (1:10) und
1 cem Testflüssigkeit stellen dann eine Verdünnung von 1:50; 0*1 Serum
und 1 ocm Testflüssigkeit eine von 1:100, 0.05 Serum und 1 ““ Test¬
flüssigkeit eine solche von 1:200 dar u. s. w. Auf ungefähr 20 Stunden
kommen die Reagensgläser mit ihrem Inhalt in einem Brütschrank von
37°. Nach dieser Zeit hat sich, sofern das Serum für die Bacillen
specifisch war, das Aussehen gänzlich verändert. Die ersten Verdünnungen
sind wasserklar geworden; in einem Häutchen mit unregelmässigen
sternförmigen Grenzen liegen die Bacillen am Boden. Stärkere
Verdünnungen sind nicht ganz geklärt, doch ist auch hier für den geübten
Beobachter die eingetretene Agglutination unschwer an den unregel¬
mässigen Grenzen des Bodensatzes zu erkennen. Die Controle, die unter
allen Umständen anzusetzen ist, hat die ursprüngliche milchige Farbe
der Testflüssigkeit bewahrt. Ist die Testflüssigkeit zu concentrirt bereitet,
d. h. hat man auf eine Agarcultur zu wenig Phenolkochsalzlösung ge¬
nommen, so findet sich auch in dem Controlglase ein Satz von zu Boden
gesunkenen Bacillen, die dem Gesetz der Schwere gefolgt sind. Hier
hat der Bodensatz aber eine runde, knopfförmige Gestalt, die
von der sternförmigen der agglutinirten Bakterien leicht zu
unterscheiden ist.
Ein specifisches Rotzserum erhielt ich, indem ich Ziegen oder Eseln
die Aufschwemmung einer gut gewachsenen abgetödteten Agarcultur in die
Vena jugularis spritzte. Nach 8 Tagen wurde die Injection wiederholt.
Nach weiteren 8 bis 10 Tagen wurde Blut entnommen, dessen Serum nun
Rotzbacillen bis zu einer Verdünnung von 3000 agglutinirte, bis zur Ver¬
dünnung von 500 war die Testflüssigkeit völlig geklärt. Ein Mal gelang es
mir ein Ziegenserum zu gewinnen, das bis 20000 agglutinirte; bis 5000
wurde die Testflüssigkeit vollkommen klar. — Durch Vergrösserung der in-
jicirten Dosis ist gewöhnlich eine Vermehrung der Agglutinationsfähigkeit
nicht zu erzielen, im Gegeutheil beobachtete ich oft ein Herabsinken.
1 D. h. natürlich nur bei Rotz. Die Quantität der Phenolkochsalzlösung, die
verwendet werden muss, wird bei den einzelnen Bakterienarten je nach der Dichtig¬
keit ihres Wachsthums verschieden sein.
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F. K. Kleine:
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Mit einem Rotzserum also wurde die gewonnene „abgeschwächte“
Cultur auf ihre Echtheit in der beschriebenen Art geprüft.
Sofort zeigte sich, dass die Bacillen nicht im Geringsten agglutinirt
werden. Andererseits hatte das Serum Ton einem mit dem fraglichen
Stamm yorbehandelten Kaninchen keinerlei Einwirkung auf eine aus
Rotzbacillen hergestellte Testflüssigkeit. Es handelte sich demnach um
eine rotzähnliche Verunreinigung.
Da auch durch allerlei Modificationen der Temperaturen keiner
meiner Stämme sich seiner Virulenz berauben lassen wollte, ferner eine
Behandlung mit Rindergalle, Phenol u. s. w. ohne den gewünschten Erfolg
blieb, wandte ich mich mit der Bitte um Zusendung avirulenter Culturen
an Laboratorien, wo ich das Vorhandensein solcher vermuthen konnte.
Von 6 Stämmen, die ich erhielt, 1 waren einer virulent, drei ganz und einer
fast avirulent. Letzterer erwies sich indessen als stark verunreinigt Nach¬
dem mit den üblichen Methoden eine Reincultur gewonnen war, stellte sich
heraus, dass bei intraperitonealer Injection von 1 I 1000 Oese Meerschweinchen
in einigen Tagen getödtet wurden. Bei den anderen 8 Stämmen,
die makroskopisch wie mikroskopisch mehr oder weniger Aehn-
lichkeit mit Rotz besassen, liess sich durch die Agglutination
nachweisen, dass sie mit diesem Bacillus nicht identisch waren.
Sie wurden von dem specifischen Serum nicht agglutinirt
Eine Cultur, die mir Hr. Dr. Kisskalt, Assistent am Giessener
hygienischen Institut liebenswürdiger Weise übersandt hatte, bot in
anderer Beziehung viel Interesse.
Im hängenden Tropfen von Leitungswasser zeigten die Bakterien
dieselbe heftige Molecularbewegung wie echter Rotz, in Bouillon lagen sie
regungslos im dichten Gewirr, Diphtheriebacillen ähnlich, da. Die ver¬
schiedenen Culturverfahren boten geringe, doch immerhin deutliche Ab¬
weichungen vom Wachsthum des Bac. mallei. Auf Agar sah die Cultur
weisser aus; auf Glycerin und Kartoffeln breitete sie sich über die Grenzen
der Impfstelle aus. Milch wurde meist etwas schneller zur Gerinnung
gebracht, Gelatineplatten erweichten etwas früher. Hier waren die Colonieen
grösser, dunkler, weniger rund und weniger gut begrenzt. In Bouillon
wuchsen die Bacillen „agglutinirt“; nach Gram entfärbten sie sich.
Meerschweinchen erkrankten mit Hodenentzündung bei intraperitonealer
Infection, doch schien es, als ob ausser den Hoden die inneren Organe
weniger leicht als beim Rotz erkranken. — Die Prüfung auf Agglutination
ist, da die Bacillen, wie gesagt, die Neigung haben, zusammengeballt zu
wachsen, nicht ganz einfach. Stellt man genau in der oben angegebenen
1 Der interessante Strassburger Stamm war leider nicht mehr vorhanden.
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Übeb Rotz.
187
Weise von Agarculturen eine Testflüssigkeit her, so ist diese vollkommen
unbrauchbar, da schon nach wenigen Stunden sämmtliche Bakterien zu
Boden gesunken sind und die darüber stehende Flüssigkeit vollkommen
geklärt ist. Eher kommt man zum Ziel, wenn man Bouillonkölbchen
beimpft und sie 2 Tage lang wiederholt schüttelt. Am dritten Tage
kommen sie auf mehrere Stunden in einen Brütschrank von 60°. Dann
wird vorsichtig, damit der Bodensatz sich nicht erhebt, durch ein gutes
Filter filtrirt. Das Filtrat ist als Testflüssigkeit bisweilen wohl zu be¬
nutzen. Während vom hochwerthigen Rotzserum eine so hergestellte
Rotzbouillon bis 1000 vollkommen geklärt wird, sehen wir in dem mit
dem fraglichen Stamm beschickten Röhrchen nur eine theilweise Auf¬
hellung bis 400, die als Agglutination um so weniger anzusprechen ist,
da das Serum einer gegen Tuberculose immunisirten Ziege dieselbe Er¬
scheinung hervorruft.
Am besten wird die Testflüssigkeit, wenn wir die abgetödteten
Bouillonculturen centrifugiren und den wiederholt mit Kochsalzlösung
ausgewaschenen Bodensatz in einer Reibschale sorgfältig verreiben, um
dann zu filtriren. Diese Testflüssigkeit sah ich von Rotzserum nicht
agglutinirt werden, während sie mit dem fraglichen Stamm selbst erzeugtes
Serum bis zu einer Verdünnung von 1000 vollständig agglutinirte. Um¬
gekehrt zeigte dieses Serum keine Einwirkung auf eine mit Rotzbacillen
hergestellte Testflüssigkeit. Nach unseren heutigen Kenntnissen vom
Wesen der Agglutination scheint es ausgeschlossen, dass die beschriebene
Cultur echter Rotz ist, vielleicht wäre der Name Pararotz nicht un¬
angebracht. Um den von Kutscher 1 gefundenen Bacillus kann es sich
bei den mehrfachen, erheblichen Abweichungen kaum handeln. Der
Nocard’sche Erreger des Pseudorotzes 2 , für dessen freundliche Ueber-
sendung ich Hm. Professor Dr. Nocard zu vielem Danke verpflichtet
bin, ist von jenem „Pararotz“ vollständig verschieden.
Aus meinen Untersuchungen geht hervor, dass avirulente Rotzstämme
bei Weitem nicht so häufig sind, wie man im Allgemeinen annimmt.
Ich selbst habe trotz vieler Bemühungen keinen in meine Hände be¬
kommen können. Durch Züchtung bei hohen Temperaturen dem Bac.
mallei seine Virulenz zu rauhen, gelang nicht.
Eigentlich war geplant, so abgeschwächte Bacillen später zu Immuni-
sirungszwecken zu benutzen. Denn dass eine Immunisirung auf den
gewöhnlicheren Wegen nicht zum Ziele führen würde, konnte man nach
1 Kutscher, Zur Rotzdiagnose. Diese Zeitschrift . 1896.
2 E. Nocard, Sur une lymphangite ulcereuse simulant le farein morveux chez
le cheval. Annales de VInstitut Pasteur. 1896. Nr. 11.
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Prüfung der bezüglichen Litteraturangaben fast vermuthen. Theilweise
stützen sie sich nämlich auf Beobachtungen, die an nur wenigen Thieren
gemacht wurden, theilweise stehen sie mit einander im Widerspruch. leb
will nur einige, wichtige Angaben mittheilen.
Finger 1 * glaubt aus seinen an Kaninchen gemachten Versuchen den
Schluss ziehen zu dürfen, dass intravenöse Injectionen sterilisirter Rotz-
culturen beim Kaninchen eine 3 bis 6 Wochen dauernde Immunität
gegen virulenten Rotz erzeugt. Diese Immunität äussert sich in abortivem
Verlauf wiederholter örtlicher Impfungen, die nicht von Allgemeininfection
gefolgt sind. Erst nach der Zeit von 3 bis 6 Wochen ergiebt die Impfang
typische, von Allgemeininfection gefolgte Knoten. Sadowsky* spritzte
vier Katzen und einem Füllen bei 62° C. sterilisirte Bouillonculturen des
Rotzes suboutan ein und 20 Tage später impfte er die Thiere mit viru¬
lentem Rotz. Die zwei Controlkatzen gingen schon nach 6 Tagen an
Rotz zu Grunde, während von den mit sterilisirten Culturen vorbehaudelten
eine nach 6, zwei nach 13 Tagen zu Grunde gingen; die vierte Katze
blieb am Leben und trug nur eine passagere Localaffection davon. Das
Füllen erhielt drei Injectionen von 15, 20, 30 ccm und blieb nach der
20 Tage nach der letzten Injection erfolgten Impfung mit Rotzbacillen
vollkommen gesund, während das Controlthier zu Grunde ging. V. Babes 3
konnte aus Rotzcultur eine Substanz gewinnen, welche sowohl Immunität
erzeugte, als auch ausgebrochene Rotzkraukheit heilte. Letzteres geschah
bei Meerschweinchen und zwei chronisch kranken Pferden. Später fand
er 4 5 , dass mit wachsenden Dosen von Malleln und mit abgetödteten Rotz¬
bacillen behandelte Thiere, besonders Esel ein Serum liefern, welches eine
Präventivwirkung besitzt und auch den schon ausgebrochenen Rotz der
Meerschweinchen zu heilen vermag. Straus® immunisirte durch intra¬
venöse Einführung kleiner Dosen von Rotzbacillen Hunde soweit, dass sie
selbst grössere Quantitäten ertrugen, ohne dass eine Allgemeinerkrankung
eingetreten wäre. Doch diese Immunisirung war keine vollständige. Nach
1 Finger, Zur Frage der Immunität und Fhagocyiose beim Rotz. Wien 1889.
* Sadowsky, Immunisirungsversuche mit Rotzculturen. Russkaia Jledicina.
1891. Nr. 8. (Russisch.) — Ref. Baumgarten’s Jahresbericht.
8 V. Babes, Observations sur la morve. Arch. de mtd. expSriment. 1891. —
Die Stoffwechselproducte der Rotzbacillen. Archiv für Wissenschaft I. und praktische
Thierheilkunde. 1892.
4 V. Babes, P. Rigler et C. Podasca, Sur les Toxines de la morve et leur
rapport avec les bacilles morveux et le serum antimorveux. Arch. des Sciences mcd.
1897.
5 Straus, Sur la vaccination contre la morve. Compt. rend de VAcad. de*
Sciences. T. CVIII.
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Übeb Rotz.
189
Semmer tilgte die intravenöse Injection 1 * * von abgetödteten Culturen des
6ac. mallei bei Katzen und Meerschweinchen die Prädisposition für Rotz
nicht. Auch die Einspritzungen von Rinderblutserum blieb ohne Wirkung.
Chenet und Picq* dagegen brachten durch Behandlung mit Rinderserum
Impfrotz bei Meerschweinchen in einer grösseren Anzahl von Fällen zur
Heilung, oder verzögerten doch den Eintritt des Todes. Bonome und
Vivaldi* glaubten durch Cadaverin, Pentamethylendiamin, einen günstigen
Einfluss auf den Krankheitsprocess auszuüben. Bonome sah auch nach
Maileinbehandlung Besserung 4 * eintreten.
Sacharow 6 fand, dass die Stoffwechselproducte der Rotzbacillen gegen
Rotz nicht immunisiren, sondern im Gegentheil die Disposition zur Er¬
krankung steigern. Auch Schattenfroh 6 konnte einen therapeutischen
Einfluss des Mallelns bei erkrankten Meerschweinchen nicht erkennen.
Semmer 7 immunisirte durch Beibringung von ca. 500 ?rm Malleln in
4 bis 8 Monaten Pferde soweit, dass sie durch Impfung nicht mehr
inficirt wurden. Das Blutserum solcher Pferde verleiht nur eine vorüber¬
gehende Immunität, seine Einwirkung auf virulente Rotzbacillenculturen
vermindert aber progressiv deren Virulenz und hebt sie schliesslich, ähn¬
lich wie das Rinderblutserum, ganz auf. Semmer vergleicht dies Ver¬
fahren der „Mitigation“ mit dem von R. Koch zur Abschwächung des
Rinderpestcontagiums angewendeten, unterlässt aber Beweise für die Brauch¬
barkeit zu geben.
Ueberblicken wir diese Litteraturangaben, so sehen wir, dass sie sich,
wie schon gesagt, zum Theil direct widersprechen. Dieser Widerspruch
in den Versuchsergebnissen lässt sich wohl zwanglos auf die wechselnde
1 G. Semmer, Sur Ia valeur diagnostique prophylactique et thdrapeutique de
la malleine et d'antres substances. Arch. des Sciences biologiques. Publiees par l’In-
stitut Imp. de Med. expdr. ä St. Petersburg. 1892.
* Chenet et Picq, De l’action bactdricide du sdrum de sang des bovides sur
le virus morveux et de l’action curative de ce serum dans la morve experimentale
du cobaye. Compt. rend. de la Societe de biologie. 1892.
* Bonome und Vivaldi, Deutsche med. Wochenschrift. 1892.
4 A. Bonome, Neue Beobachtungen über die diagnostische und therapeutische
Wirkung der Stoffwechselproducte des Rotzbacillus bei der Rotzinfection des Menschen
und der Thiere. Deutsche med. Wochenschrift. 1894. Nr. 36 ff.
6 Sacharow. Ueber den Einfluss der Stoffwechselproducte der Rotzbacillen auf
den thierischen Organismus u. ihre immunisirenden Eigenschaften. Archiv f. Veterin.-
Medicin. 1893. Bd. II.
* A. Schattenfroh, Ueber die Wirkungen von Bakterienproteinen auf rotz¬
kranke Meerschweinchen mit besonderer Berücksichtigung des Malleins. Diese Zeit-
»chrift. Bd. XVIII.
’ E. Semmer, Maliern und Tuberculin. Oesterr. Monatsschrift für Thier-
heillcunde. 1898.
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F. K. Kleine:
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Virulenz des Rotzbacillus zurücbführen. Löffler 1 * z. B. und mit ihm die
meisten Autoren halten das Kaninohen für ziemlich unempfänglich gegen
Rotz. Sacharow* dagegen ist durchaus anderer Ansicht. Babes 3 4 *
macht die Beobachtung, dass Kaninchen, mit einer Platinnadel am Ohr
mit frischer Cultur geimpft, oft an Rotz sterben, ohne dass Knötchen-
bildung eintritt. Im Blute finden sich dann Rotzbacillen. Auch Gamaleia*
sieht Kaninchen unter septicämischen Erscheinungen sterben. Er glaubt
zwar, dass er durch Zieselmäusepassage die Virulenz seiner Cultur er¬
heblich gesteigert hat, doch fehlen hinreichende Controlen über die
ursprüngliche Pathogenität. — Als ein für Rotz hochempfängliches Thier
gilt das Meerschweinchen. Um so bedeutungsvoller ist es, dass Kitt in
Uebereinstimmung mit Nocard beobachtet, wie Meerschweinchen bei
subcutaner Impfung von rotzbacillenhaltigem Eiter, ja selbst von sicheren
Reinculturen nicht rotzig werden oder nur geringfügige, abheilende Ge¬
schwüre bekommen. Kitt 6 besass im Laufe eines Jahres gegen ein
Dutzend Meerchweinchen, welche, wiederholt mit Rotz geimpft, im obigen
Sinne abortiv oder gar nicht krank wurden, aber doch nicht immer waren,
sondern später bei Verwendung höher virulenten Materials inficirt wurden.
Ueber die spontane Abheilung von experimentellem Rotz bei Pferden be¬
richtet Nocard. 6
Unter diesen Umständen ist es verständlich, dass bisweilen ein
Forscher Zeichen der eingetretenen Immunität oder Heilungsvorgänge er¬
blickt, während in Wahrheit seine Erfolge lediglich der mangelnden
Virulenz des Krankheitserregers nach individuellen Verschiedenheiten der
Versuchstiere zuzuschreiben sind. Will man erfahren, ob eine Be¬
handlungsweise einen Einfluss ausübt, so muss man eine Applikations¬
methode wählen, die stets noch mit Sicherheit inficirt. Aus dem Grunde
wendeten wir wieder die intraperitoneale Injection kleinster Mengen von
Rotzbacillen bei männlichen Meerschweinchen an. Wir beschränkten uns
auf Immunisirungsversuche. Da diese zu einem negativen Ergebuiss
führten, glaubten wir von der Behandlung kranker Thiere von vornherein
Abstand nehmen zu können. Es wurden 140 Meerschweinchen gebraucht.
1 A. a. O.
* O. Sacharow, Beiträge zur Biologie des Rotzcontagiums. Archiv f. Veterinär
wisse nscha ft. 1893.
8 V. Babes, Observations sur la morve. Arch. de MM. expSrim. et <TAnatomie.
1891.
4 Gamaleia, Sur l’exaltation de la virulence du bacille raorveux. Annales de
TInstitut Fasteur. 1890.
ö Kitt, Pseudorotz. Monatshefte für praktische Thier Heilkunde. Bd. VIII.
6 Nocard, Autopsie de chevaux morveux gueris. Recueil de MM. vtter. 1S9T.
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Original frum
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Sobald eine deutliche Anschwellung der Hoden eintrat und sie ihre freie
Beweglichkeit in der Bauchhöhle eingebüsst hatten, wurde in der Regel
das Thier getödtet. Die Thatsache, dass trotz Vorbehandlung die Infection
erfolgte, genügte uns meistens. Ich manchen Fällen indessen warteten
wir auch den spontanen Eintritt des Todes ab, um uns zu vergewissern,
dass der Krankheitsverlauf keine ungewohnte Neigung zur Heilung zeigte.
Die Immunisirung wurde versucht mit abgetödteten und lebenden Bacillen,
mit Rinderserum und einem specifischen, hochagglutinirenden Ziegen-
bezw. Eselserum. Für jede Art will ich einige wenige Beispiele vorführen.
L Abgetödtete Bacillen.
Hier wurden theils gut gewachsene 2 tägige Agarculturen, theils viele
Wochen alte Bouillonculturen benutzt. Letztere in der Hoffnung, dass
sie eine höhere Giftigkeit als junge Culturen besässen. Abgetödtet wurden
die Bacillen im Brütschrank bei 60°. Den zur Infection gebrauchten
Stamm hielten wir, um ihn nach Möglichkeit abzuschwächen, dauernd
bei einer Temperatur von 40.°
Versuch L Meerschweinchen, ungezeichnet, 300 * rm schwer.
11. X. 1902.
16. X.
23. X.
3. XI.
2 tägige Agarcultur abgetödtet intraperitoneal injicirt.
ff ff ff ff ff
ff ff ff ff ff
ff ff ff ff ff
12. XI. Eine ganz kleine Oese lebend intraperitoneal injicirt.
15. XI. Hodenentzündung.
20. XI. Oestorben. Todesursache: Rotz.
Versuch II. Meerschweinchen, rechte Seite blau, 300 grm schwer.
11. X.
16. X.
23. X.
3. XI.
12. XI.
14. XI.
16. XI.
2 tägige Agarcultur abgetödtet intraperitoneal injicirt.
ff ff ff ff ff
ff ff ff ff ff
ff » ff ff ff
Eine ganz kleine Oese lebend intraperitoneal injicirt.
Hodenentzündung.
Gestorben. Todesursache: Rotz.
Versuch HI. Meerschweinchen, rechte Seite rotli, 310 gnn schwer.
11. X. Alte Bouilloncultur (5 coni ) abgetödtet intraperitoneal injicirt.
16. X. „ „ (5 —)
23.X. „ „ (5 ccm )
3. XI. „ „ . (5
12. XI. Eine ganz kleine Oese lebend intraperitoneal injicirt.
14. XI. Hodenentzündung.
17. XI. Gestorben. Todesursache: Rotz.
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F. K. Kleine:
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Versuch IV. Meerschweinchen, Stirn roth, 400 * rm schwer.
11. X. Alte Bouilloncultur (5 ccm ) abgetödtet intraperitoneal injicirt.
16. X. „ „ (5
23. X. ,, ,, (5 ccm ) ff „
3. XI. „ » (5 ccm ) ,, ff h
12. XI. Eine ganz kleine Oese lebend intraperitoneal injicirt.
16. XI. Hodenentzündung.
20. XI. Gestorben. Todesursache: Rotz.
Versuch V. Meerschweinchen, rechte Seite roth, 400 grm schwer.
25. IX. 2 tägige Agarcultur abgetödtet intraperitoneal injicirt.
8. X. Alte Bouilloncultur „ „ „
16.X. 2 tägige Agarcultur „ „ „
23. X. Eine ganz kleine Oese lebend intraperitoneal injicirt.
27. X. Hodenentzündung.
29. X. Getödtet.
Controle. Meerschweinchen, linke Seite roth, 420 prm schwer.
12. XI. Eine ganz kleine Oese lebend intraperitoneal injicirt.
15. XI. Hodenentzündung.
18. XI. Gestorben. Todesursache: Rotz.
Wir sehen, dass die vier Mal wiederholte Injection einer abgetödteten
ganzen Agarcultur oder von 5 ecm einer alten Bouilloncultur nicht im
Stande ist, ein Meerschweinchen vor der Injection mit einer geringen
Menge lebender Bacillen zu schützen.
II. Lebende Bacillen.
Da es nicht gelang, einen avirulenten Stamm zu züchten, ver¬
suchte ich vor der Injection die Bacillen, ohne sie abzutödten, so zu
schädigen, dass sie nicht mehr im Stande waren zu inficiren. Dies liess
sich auf folgende Weise erreichen. Zu 5 ccm Bouillon wurden 1-5, 1-8,
2-0 ccm u. s. w. Rindergalle zugesetzt. Nach dem Sterilisiren verrieb ich
in den einzelnen Gläsern drei grosse Oesen Rotz. Nach 2 tägigem Stehen
im Brütschrank bei 37° waren die Bacillen zum Theil — je nach der
Menge der zugefügten Galle — abgetödtet. Selten trifft es sich, dass sie
noch leben und doch nicht mehr inficiren. Der Organismus des Thieres
wird dann mit den geschädigten Bakterien fertig. Dieser Moment ist
leider schwer abzupassen. Entweder die Bacillen sind todt oder sie in¬
ficiren noch. Aber selbst, wenn die Meerschweinchen eine Injection im
Absterben begriffener Bakterien überstehen \ erkranken sie nach der
Application lebensfähigerer unfehlbar.
1 Auf künstlichen Nährboden übertragen gewinnen solche Bacillen ihre Virulenz
sofort wieder.
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Cbeb Rotz.
198
Versuch. Meerschweinchen, ungezeichnet, 400 < rrm schwer.
12. XII. Intraperitoneale Injection von 1 ccm eines Gemisches von
5 ccra Bouillon + 2 ccm Galle.
15. XII. Der zur Controle angelegte Agarausstrich mit Rotz stark be¬
wachsen; das Meerschweinchen bleibt, gesund.
17. XII. Intraperitoneale Injection von 1 ccm eines Gemisches von
5 c< ™ Bouillon + 2 ccm Galle.
19. XII. Controle nicht gewachsen.
20. XII. Intraperitoneale Injection von 1 '' pm eines Gemisches von
5 “■» Bouillon + 1-5 ccm Galle.
22. XII. Hodenentzündung.
24. XII. Getödtet.
Verdünnt man eine Aufschwemmung von Rotzbacillen immer mehr,
so gelangt man an eine Grenze, bei deren Ueberschreitung eine Infection
nicht mehr sicher stattfindet. Vioooo Oese z. B. inficirt noch bei intra¬
peritonealer Injection, darüber hinaus wird es vom Zufall abhängig.
Wahrscheinlich sind bei grösseren Verdünnungen in der applicirten
Flüssigkeit (1 ccm ) bisweilen gar keine Bacillen vorhanden. Jedenfalls
werden Meerschweinchen, die solche Injectionen überstanden haben, sofort
inficirt, sobald wir uns innerhalb jener Grenze bewegen.
Versuch. Meerschweinchen, Nase roth, 520 ?rm schwer.
11. XII. Intraperitoneale Injection von 1 / 100 0 oo Oese Rotz.
31. XII. Das Thier ist gesund geblieben. Intraperitoneale Injection
von */ 1000 Oese Rotz.
3. H. Hodenentzündung.
7. H. Gestorben. Todesursache: Rotz.
III. Rinderserum.
Obwohl wir verhältnissmässig sehr grosse Mengen Rinderserum an¬
wandten, konnten wir nicht wie die genannten Autoren einen günstigen
Einfluss erkennen. Die mit jenem Serum behandelten Thiere erkrankten
ebenso früh wie die Controlen. Ein Mittel zur „Mitigation“ scheint daher
das Rinderserum nicht zu sein.
Versuch I. Meerschweinchen, Nase roth, 620 schwer.
24. XI. 5 ccm uncons. Rinderserum intraperitoneal injicirt. 10 Minuten
später Vjono Oese Rotz.
26. XL Hodenentzündung.
27. XI. Getödtet.
Versuch H. Meerschweinchen Nase roth, 590 grm schwer.
18. XIL 2 ccra uncons. Rinderserum intraperitoneal injicirt, 30 Minuten
später Vmoo Oese Rotz.
21. XII. Hodenentzündung.
22. XII. Getödtet.
Ze:t«cbr. f. Hygiene. XL1V 13
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194
F. K. Kleine:
Versuch III. Meerschweinchen, Rücken roth, 590 ?rm schwer.
18. XII. 5 ccm uncons. Rinderserum intraperitoneal injicirt, 30 Minuten
später 1 / 1000 Oese Rotz.
22. XII. Zweifelhafte Hodenentzündung.
24. XII. Getödtet wegen starker Hodenentzündung.
IV. Hochagglutinirendes specifisches Serum.
Es wurde vorwiegend ein Ziegenserum benutzt, das auf die angegebene
Weise eine Rotzbacillenaufschwemmung in einer Verdünnung von 1:20000
agglutinirte. Stellt man mit diesem Serum die Pfeiffer’sche Immunitäts-
reaction an, so erhält man trotz verschiedener die Länge der Beobach¬
tungszeit und die Quantität des Serums betreffender Modifioationen gegen¬
über gewöhnlichem Ziegenserum keine Unterschiede. Selbst wenn das hoch-
agglutinirende Serum das Versuchsthier schützte, würde der Pfeiffer’sche
Versuch kein positives Resultat ergeben, da die Rotzbacillen sich in der
Peritonealflüssigkeit zu spärlich und langsam vermehren. Eine deutliche
Schutzwirkung konnten wir indessen im Gegensatz zu den angeführten
Autoren nicht beobachten.
Versuch I. Meerschweinchen, Nase roth, 380 schwer.
29. XI. 2 ccra hochagglut. Serum intraperit. injicirt. Nach 3 Stunden
eine ganz kleine Oese Rotz intrap.
1. XII. Hodenentzündung.
5. XII. Getödtet wegen hochgradiger Hodenentzündung.
Versuch II. Meerschweinchen, ungezeichnet, 360 8Tra schwer.
29. XI. 2 Cfra hochagglut. Serum intraperit. injicirt. Nach 3 Stunden
eine ganz kleine Oese Rotz intrap.
1. XII. Hodenentzündung.
5. XII. Getödtet wegen hochgradiger Hodenentzündung.
Controle. Meerschweinchen, Nacken roth 370 fr"" schwer.
29. XI. 2 ccm gewöhnliches Ziegenserum intraperitoneal injicirt. Nach
3 Stunden eine ganz kleine Oese Rotz intrap.
1. XII. Hodenentzündung.
4. XH. Gestorben. Todesursache: Rotz.
Versuch HI. Meerschweinchen, Nacken roth, 530 8™ schwer.
6. XII. 2 ccm hochagglut. Serum intraperitoneal injicirt. 1 2 Stunde
darauf Virmo Oese Rotz.
10. XII. Ilodenentzündung.
12. XII. Getödtet wegen hochgradiger Hodenentzündung.
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Über Rotz.
195
Controle. Meerschweinchen, ungezeichnet, 570 grm schwer.
6. XII. Viooo Oese Rotz intraperitoneal injicirt.
9. XII. Hodenentzündung.
17. XIL Getödtet wegen hochgradiger Hodenentzündung.
Versuch IV. Meerschweinchen, Rücken roth, 600 fr™ 1 schwer.
24. XD. 5 ccm hochagglut. Serum intraperitoneal injicirt. 10 Minuten
darauf Viooo Oese Rotz intrap.
26. XU. Hodenentzünduug.
27. XU. Getödtet.
Controle. Meerschweinchen, Nacken roth, 570 schwer.
24. XII. 5 ccm Rinderserum intraperitoneal injicirt. 10 Minuten darauf
/iooo Oese Rotz intrap.
26. XU. Hodenentzündung. 27. XII. Getödtet.
Aus den angeführten Versuchen ergiebt sich, dass selbst ein ausser¬
ordentlich hochagglutinirendes Serum in verhältnissmässig grosser Dosis
nicht im Stande ist, Meerschweinchen vor der nachfolgenden Rotzinfection
zu schützen. Diese Thatsache ist im Hinblick auf unserige sonstigen Er¬
fahrungen im Immunisiren ausserordentlich auffällig. Wenn ja auch die
Agglutinine ganz etwas anderes sind als die Immunkörper, so wird doch
das Auftreten der ersten in den meisten Fällen darauf hindeuten, dass
auch letztere in grösserer Menge gebildet werden. So sehen wir es bei
Typhus, Cholera, Pest
Der Rotzbacillus tritt durch sein gegentheiliges Verhalten
in erneute Parallele mit dem Tuberkelbacillus, dem er ja im
Hinblick auf die histologischen Veränderungen nahe steht Auch ein
Serum, das Tuberkelbacillen in den grössten Verdünnungen agglutinirt,
schützt Thiere nicht vor der nachfolgenden Tuberculoseinfection.
TJeberblicken wir die vorstehenden Ausführungen noch ein Mal, so
kommen wir zu folgendem Resultat:
1. Es ist durchaus nöthig, jede Rotzcultur, die in Bezug
auf Morphologie oder Pathogenität von dem typischen von
Löffler 1 gegebenen Bilde irgendwie abweicht, auf ihre Identität
durch ein hochagglutinirendes Serum zu prüfen, nachdem man
sich mit den üblichen Methoden von der Reinheit der Cultur
überzeugt hat
2. Eine Immunisirung von Meerschweinchen gegen echten
Rotz gelingt vorläufig nicht. Alle entgegenstehenden Ergeb¬
nisse sind mangelnder Virulenz des zur Infection benutzten
Materials zuzuschreiben.
1 Löffler, Die Aetiologie der Kotzkrankheit.
sundheitsamte. 1886.
Arbeiten aus dem Kaiser1. Ge-
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Zur Prophylaxe der acuten Exantheme.
Von
Dr. Jaroslav Eigart.
Die Prophylaxe der acuten Exantheme basirt bis heutzutage immer
noch, wie bis zu der ersten Zeit, wo man dieselben als infectiöse Er¬
krankungen zu betrachten anfing, auf grob empirischen Principien. Denn
sämmtliche Vorbeugungsmaassregeln gipfeln immer in der Forderung,
dass der Kranke isolirt werden möge, wobei seine Umgebung durch Ver¬
meidung des Contactes verschont bleiben soll. Es ist wohl richtig, dass
dies ein vorzügliches Mittel ist in Fällen, wo der Kranke im allerersten
Anfänge der Krankheit isolirt wurde. Aber wie schwer und unmöglich
ist es manchmal, eine richtige Diagnose rechtzeitig zu stellen! Und in¬
zwischen konnte der Kranke bereits seine Umgebung derart inficiren, dass
eine zu spät kommende Isolation absolut keine Wirkung haben kann —
die Krankheit keimt bereits in der Umgebung des Kranken, in dem
Körper seiner Nachbarn und Mitbewohner.
Man könnte einwenden, dass die Sache theilweise dadurch corrigirt
werden könnte, dass man die Forderung einer Isolation auf die ganze
Familie erweitert, sagen wir vielleicht auf ein ganzes Haus, welches so¬
dann — wie es in England und Amerika öfters geschieht — durch eine
Warnungstafel bezeichnet wird, damit die Nachbarn den Verkehr mit
seinen Bewohnern meiden. Aber ist es denn möglich, zu erwarten, dass
bei den jetzigen Verkehrsverhältnissen, besonders in den Städten, das
Publicum ähnliche Vorschriften wirklich erfüllen möchte? Entschieden
nicht, und zwar nicht einmal durch eigene Schuld, sondern einfach des¬
wegen, weil etwas Aehnliches in der Praxis unmöglich ist. Gerade so,
wie uns die Erfahrung lehrt, dass man von der Institution der Quarantänen
oder Militärcordone nur in Ausnahmefällen einen Erfolg erwarten kann,
Gck igle
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Jaboslav Elgabt: Zub Pbophylaxe deb acuten Exantheme. 197
weil immer viele Leute durch eine List die Schwierigkeiten der Quarantäne
zu umgehen suchen oder heimlich den Cordon durchdringen, — gerade
so trifft man heutzutage selten solche Leute, die eine Isolation gewissen¬
haft aushalten könnten.
Man möge noch den folgenden Umstand beachten: wenn es wegen
beschränkter WohnungsVerhältnisse (in Ortschaften, wo es kein Spital
giebt, wohin eventuell der Kranke befördert werden könnte) unmöglich
ist, einen Kranken zu isoliren, dann ist wohl die ganze Familie, event.
das ganze Haus, insofern dasselbe aus dem allgemeinen Verkehre aus¬
geschaltet wird, durch Infection gefährdet. Ich will damit soviel sagen,
dass eine solche Isolation keineswegs für eine vollkommene Einrichtung
gelten darf, weil dadurch zugleich eine Reihe von Mitbewohnern der
Infection preisgegeben wird, falls die Wohnungs- und Pecuniärverhältnisse
nicht erlauben, dass die Sache so präcise vollführt werde, wie es dem
wirklichen Begriffe der Isolation entspricht.
Man kann es also für eine grosse Seltenheit halten, wenn die Isolation
mit allen ihren Consequenzen durchgeführt wird. Ich bin für meine
Person überzeugt, dass kaum je so etwas geschieht. In der Praxis wird
die Sache, wie von Seite der Aerzte, so auch vom Publicum ganz mangel¬
haft ausgeführt. Damit man den Wortlaut des Gesetzes erfüllt, ordnet
man einfach irgend etwas an (zu den bequemsten Mitteln zähle ich das
Verbot des Schulbesuches) — der Geist des Gesetzes bleibt aber unerfüllt.
Ich will aber im Weiteren darauf hinweisen, dass ich es für
nöthig halte, dass die prophylaktischen Maassregeln nicht auf
einem derart grob empirischen und undeutlichen Grund basiren,
sondern dass dieselben eine rationelle Richtung haben sollen.
Denn es ist zwar richtig, dass man alle Infectionskrankheiten vermeiden
kann, wenn man den Infectionsstoffen nicht nahe tritt — in unserem
Falle also sich den Kranken nicht nähert. So könnte man wohl die In¬
fection mit Erysipel, Anthrax, Lues, Actinomycose, Lepra, Tetanus.
Gonorrhoe, Sepsis u. s. w. ganz zuverlässig verhüten, wenn die diesbezüg¬
lichen Kranken isolirt wären und wenn wir mit ihnen in keinen Coutact
träten. Will aber Jemand ein solches Vorgehen als rationell bezeichnen ?
Es ist wahr, dass man durch Vermeiden des Contactes vom Erysipel ver¬
schont bleiben kann — als eine rationelle Prophylaxe bezeichnet man
aber etwas ganz Anderes. Es ist nur darnach zu trachten, dass keine
Uebertragung des Infectionsstoffes stattfinde und zwar besonders dann,
wenn man selbst eine Läsion der Haut oder Nasenschleimhaut besitzt,
man muss sorgfältig die Hände waschen u. s. w. Und wenn man alle
diese Cautelen beobachtet, so kann man ohne Gefahr mit einem Erysipel-
kranken verkehren.
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198 Jaroslav Elgart:
Man nennt somit eine rationelle Prophylaxisart dasjenige
Vorgehen, welches uns bei einer jeden Infectionskrankheit
lehrt, wo der Infectionsstoff zn suchen ist, und welches uns
besagt, auf welchem Wege derselbe in den Körper eindringen
könnte, und welche Momente eine Disposition bezw. eine Immu¬
nität uns verschaffen. Man muss also immer dreierlei Bedingungen
beachten:
1. Wo und wie wird das Contagium producirt?
2. Wo ist die Invasionspforte im Körper zu suchen?
3. Wie entsteht eine Disposition bezw. Immuni tät?
Man kann am besten diesen Sachverhalt an einem Beispiel erläutern.
Wählen wir z. B. die Lungentuberculose. Da weiss man, dass der In-
fectionsstoff am meisten durch gleichartige Tuberculosenform beim Anderen
producirt wird (also wieder durch Lungentuberculose). Und daneben be¬
deutet das Wort „producirt“ zugleich, dass der Ansteckungsstoff auch in
die Umgebung verbreitet wird. Denn es muss eine Expulsion und
Emanation der Infectionsstoffe entstehen, damit man eben von einer Ver¬
breitung der ansteckenden Krankheit reden kann. Und dies ist eben
bei der Lungenphthise am meisten unter allen Formen der Tuberculose
möglich: durch Husten, vielleicht auch durch Respiration, können infectiöse
Partikel in die Umgebung exhalirt werden. So kennen wir also (schema¬
tisch, inwiefern es für ein Beispiel nothwendig ist) die erste Bedingung,
nämlich die Stelle und die Art der Giftproduction. Man weiss nun, dass
erstens die Atmosphäre in der Nähe der Phthisiker mit ansteckenden
Stoffen überfüllt ist, und zweitens, dass dieselben sich auf Gegenstände
und in den Bodenstaub sedimentiren müssen — man deducirt also daraus,
dass ein Betreten der durch einen Phthisiker verseuchten Atmosphäre
(sei es nun direct durch Aspiration der exhalirten Sputumpartikel oder
indirect durch den aufgewirbelten Staub bedingt) gefährlich ist, weil der
Respirationsapparat viel leichter als die übrigen Körpertheile inficirt
werden kann. Denn er kann die in sein Inneres eingedrungenen An¬
steckungsstoffe nicht so leicht los werden, wie ein anderer Körpertheil:
die Hände und die Haut kann man waschen, vielleicht kann man auch
die Genitalien nach stattgefundener Infection desinficiren, man kann den
Darm purgiren — in der Lunge haftet aber die Infection viel leichter.
Drittens erscheint es uns auch begreiflich, dass eine a priori beschädigte
Lunge, z. B. durch einen chronischen einfachen Katarrh oder durch rer-
schiedene Coniosen, eine viel grössere Disposition zur Tuberculose besitzt,
wogegen wieder eine gute Ernährung u. s. w. gewissermaassen die Im¬
munität gegen Tuberculose erhöht.
Gck igle
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Zur Prophylaxe der acuter Exantheme.
199
Und ganz analog muss man auch bei anderen Infectionskrankheiten
die Prophylaxe auf den drei erwähnten Principen aufbauen. Es braucht
für einige Erkrankungen der locus productionis nicht der kranke mensch¬
liche Körper zu sein, wenn es sich um facultativ parasitische Mikroben
z. B. beim Anthrax, Tetanus handelt Diese können ja auch anderwärts
vegetiren. Und wieder andere Mikroben können wenigstens in einer
Dauerform als Sporen längere Zeit ihre Virulenz ausserhalb des Körpers
behalten. — Ferner muss man beachten, dass einige Infectionen durch
verschiedene Pforten in unseren Organismus eindringen können, z. B. die
Actinomycose durch Haut, Lungen, Därme. Es braucht also bei den
Infectionskrankheiten nicht immer eine constante Invasionspforte vor¬
handen zu sein, wogegen es freilich andererseits viele Infectionskrankheiten
giebt, die nur auf eine einzige Weise eindringen können, da die übrigen
Invasionspforten ihnen keine günstigen Bedingungen zur Etablirung bieten.
So entsteht die Lues ausschliesslich durch eine Haut- oder Genitalien-
inoculation, ausgenommen die directe Blutübertragung durch die Placenta
bei der angeborenen Form.
Aber es giebt ferner eine Reihe von Infectionskrankheiten, wo man
die Pforte entweder überhaupt nicht kennt, oder dieselbe zweifelhaft ist —
und es giebt ferner eine Reihe von Infectionskrankheiten, wo auch die
Ursache bisher unbekannt oder zweifelhaft ist. Für Zwecke der Pro¬
phylaxe ist es viel verhängnisvoller, wenn wir nicht die Stelle kennen,
wo Infectionsstoffe producirt werden, und wenn wir auch die Art der
Infection (die Pathogenese) nicht kennen, als die Unkenntnis eines
Contagiums, trotzdem man auch anerkennen muss, dass die Kenntnis
der Biologie der Bakterien uns manche werthvolle Beiträge zur Prophylaxe
verschaffte. So wurde z. B. bei den Tuberculosebacillen die baktericide
Wirkung der Insolation und Austrocknung erwiesen, und beide diese
Momente können in der Prophylaxe mit Vortheil ausgenützt werden.
Aber trotzdem halte ich es für weit wichtiger, dass man den locus pro-
ductionis contagii und den Infectionsmodus kenne bei den Krankheiten,
wo die Aetiologie nicht nachgewiesen ist. Ich brauche nur auf Syphilis
hinzuweisen, damit die evidente Richtigkeit meiner Ansicht anerkannt werde.
Es ist aber noch ein weiteres Moment wichtig. Es giebt, wie er¬
wähnt wurde, Infectionskrankheiten, wo die Aetiologie dunkel ist und es
gleichzeitig auch zweifelhaft ist, wo das Contagium producirt und von wo
aus es verbreitet wird, und zweifelhaft, wie dasselbe in unseren Körper
eindringen kann. Und dies gilt eben von der Gruppe der acuten
Exantheme, die den Gegenstand vorliegender Arbeit bieten. Da kann
man natürlich die Prophylaxe nur auf schwachem Grunde aufbauen,
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Gck igle
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200
JAKOSLAV ELGAKT:
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und man wundert sich also nicht, dass dieselbe lediglich in einer Isolation
gipfelte, also in einer groben nnd ungenauen Art des Schutzes.
Die vorliegende Arbeit sucht nun auf zweierlei Weise mehr Licht
in diese Angelegenheit zu bringen.
Erstens ist es nothwendig, auf ein in der allgemeinen Pathologie
erwiesenes Factum hinzu weisen, dass eine allgemeine Infection des Orga¬
nismus auf zwei Arten stattfinden kann. Entweder handelt es sich um
directe Inoculation des Infectionsstoffes in den Blutkreislauf, so wie man
es bei den Thierexperimenten macht; hierher ist auch die Uebertrogung
durch den Blutkreislauf im Fötalleben zu rechnen; ferner können auch
etliche Infectionen des späteren Lebensalters analog entstehen, z. B. kauu
bei der Wundinfection der septische Stoff direct in eine klaffende Vene
eingesogen werden (ziemlich seltenes Ereigniss), und man bann vielleicht
auch die Malaria und den Typhus recurrens durch eine Inoculation iu’s
Blut (Mosquitostiche bei der ersten, Floh- und Wanzenstiche beim zweiten)
erklären.
Aber diese Erscheinungen kann man in der Pathologie unter die
Ausnahmefalle rechnen. Die regelmässige Thatsache ist, dass der An-
steckungsstofif sich an irgend welcher (disponirten) Stelle des Organismus
niederlässt und zuerst eine Reihe von Localsymptomen hervorruft; und
erst später entsteht entweder eine Intoxication des Organismus mit
bakteriellen Producten, oder ein wirkliches Eindringen der Mikroben in's
Blut — die Hämatomycose. Nun aber (und das ist ein wichtiger Um¬
stand) kann ein Mal diese Generalisation der Krankheit kurz nach dem
Eintreten der Primäraffection entstehen — es ist dies gewöhnlich durch
höhere Virulenz der Bakterien bedingt — das andere Mal wird der ganze
Organismus erst nach längerer Zeit ergriffen. Und nebstdem: ein Mal
sind die localen Symptome einer Infectionskrankheit so wichtig, dass sie
die ganze Aufmerksamkeit des Kranken und des Arztes auf sich lenken,
das andere Mal tritt aber ein umgekehrtes Verhältniss ein; die Local-
affection äussert sich nur durch unbedeutende Veränderungen, wogegen
der Organismus im Ganzen von schwerer Intoxication oder Mycose be¬
troffen ist. Man weiss bisher nicht genau, wodurch derlei Verschieden¬
heiten bedingt sind, ob durch äussere Ursachen (Qualität und Quantität
der Bakterien), oder durch innere Umstände (Disposition — Immunität).
Wahrscheinlich sind beide Momente gültig.
Bei einer grossen Zahl der allgemeinen Infectionskrankheiten wissen
wir bereits heute ganz sicher, wo das allererste Symptom oder die Primär-
aflfection stattfindet. Bei anderen Krankheiten ist es unbestimmt. Was
die acuten Exantheme speciell betrifft, so gehören sie in diese zweite
Gck igle
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Zue Pbophylaxe dee acuten Exantheme.
201
Gruppe. — Die Primäraffection lässt sich bei folgenden Allgemein-
infectionen constatiren:
Erysipel, Sepsis, Septicopyämie, Pyämie, Influenza, Diptherie, croupöse
Pneumonie, Tuberculose, Syphilis, Actinomycose, Malleus (Lepra),
Anthrax, Tetanus, Lyssa, das maligne Oedem, Typhus abdominalis,
Cholera, Dysenterie; Gonorrhöe kann sich auch generalisiren und
vielleicht gehört hierher auch das Carcinom.
Die Primäraffection ist nicht erwiesen oder zweifelhaft bei folgenden:
Meningitis cerebrospinalis epidemica, hämorrhagische Infection
(morbus maculosus, Scorbut), Erythema nodosum, Peliosis rheumatica,
Polyarthritis rheumatica, Osteomyelitis („spontanea“), Beulenpest,
Gelbfieber, und schliesslich sämmtliche acuten Exantheme: Scharlach,
Masern, Rubeola, Fleckfieber, Variola, Varicella.
Die gegenwärtige Arbeit sucht nun das Wesen uud die Pathogenese
der acuten Exantheme auf die Weise zu erklären, dass sie aus der Patho¬
logie dieser Krankheiten erforschen will, welches Symptom als ein primäres
anzusehen ist und erklärt es für die Primäraffection der betreffenden In-
fectionskrankheit, für die Invasionspforte des Ansteckungsstoffes. Diese
Schlussfolgerung ist freilich nicht ganz richtig (formell), sondern nur
wahrscheinlich, denn einen bestimmten Beweis wird man erst in späterer
Zeit führen können, bis das Infectionsagens dieser Erkrankungen klargelegt
wird, und bis auch die betreffenden Mikroben auf dieser Stelle der
Primäraffectionen (bezw. für eine Primäraffection von mir betrachteten)
nachgewiesen werden am Anfänge der Krankheit (im präexanthematischen
Stadium).
Zweitens versuchte ich einen Beweis von der Richtigkeit dieser
Ansicht auch a contrario zu führen: Wenn nämlich die ganze Krankheit
auf die Weise sich entwickelt, dass der Ansteckungsstoff zuerst irgendwo
eine locale Entzündung hervorruft, und erst später in das Blut ein¬
dringend das ganze Bild der Krankheit entwickelt, so hielt ich es für
möglich, dass man durch Einwirkung von Desinfectionsstoffen auf die
Stelle der Primäraffection die Entwickelung des Contagiums derart hemmen
könnte, dass sich daun die Affection nicht generalisiren könnte (erstens
durch Virulenzschwächung, zweitens durch Vernichtung einer Zahl der
Mikroben). Ich hielt ferner auch für möglich, dass man mittels prophy¬
laktischer Desinfection dieser Stelle, wo eben gewöhnlich die Bildung einer
primärentzündlichen Affection vor sich geht, überhaupt sogar die Ent¬
wickelung einer localen entzündlichen Reaction hindern könnte, so dass
dann selbstverständlich auch keine Allgemeininjectiou sich entwickeln kann.
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202
Jaroslav Elgart:
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Hier möge im Vorhinein nur soviel erwähnt werden, dass mir die
allgemein anerkannte Supposition von dem Eindringen der Infection durch
den Respirationsapparat als begründet schien, und in Folge dieser Ueber-
zeugung griff ich bei der Prophylaxe der acuten Exantheme (ich habe
dies nur in puncto scarlatinae et morbillorum geprüft) zur Desinfection
des Respirationstractes als zu einem Schutzmittel und, indem ich diese
regelmässige Uebertragungsweise (i. e. die Aspiration des mit extrahirtem
Contagium gefüllten Luft aus der Umgebung des Kranken) accentuirte,
erklärte ich für eine der wichtigsten hygienischen Bedingungen, dass
die verdorbene und verpestete Luft entfernt wird, damit die Umgebung
des Kranken nicht gefährdet werde.
Ich glaube, dass Niemand den Vorwurf machen wird, dass ich durch
dieses Vorgehen die alten bewährten Erfahrungen über die Isolation der
Kranken beseitigen will. Ich will dieselben nur ergänzen und in den¬
jenigen Fällen, wo eine Isolation unmöglich ist, andere Schutzmittel zeigen.
Und ich mache auch keine besonderen Ansprüche, dass dieses Verfahren
als ein vollkommen originelles anerkannt wird. Das wird übrigens auch
aus der Litteratur, insofern ich sie weiter anführe, einleuchten. (Leider
war es mir unmöglich, die ganze Litteratur dieser Frage durchzuforschen,
weil die Bibliothek der Brünner Krankenanstalt in dieser Hinsicht nur
unvollkommen ist, und ich demnach zum grossen Theile nur auf Referate
angewiesen war.) Aber so viel, glaube ich, wird mir zuerkannt, dass ich
durch diese Arbeit der Prophylaxe eine rationelle Richtung
zu geben und dieselbe zu ergänzen versuchte in den Fällen,
wo die alten Vorschriften nicht ausführbar sind, was ins¬
besondere die Isolation der Kranken in der Mehrzahl betrifft
In grösserem Maasse, als das bisher der Fall war, wird in meiner
Arbeit dem Schutze der nächsten Umgebung der Kranken Aufmerksamkeit
gewidmet, also insbesondere den Aerzten und dem Wartepersonale, der
Familie, und dieser Umstand ist wohl besonders beim Fleckfieber und auch
beim Scharlach von hoher Wichtigkeit, da diesen mörderischen Krank¬
heiten die Umgebung der Kranken manchmal sehr tragisch zum Opfer fällt.
Die erste Ursache der Entstehung dieser Arbeit waren die sehr oft
auftretenden Hausepidemieen, welche im Brünner Kinderspitale und in
einzelnen Zimmern der allgemeinen Krankenanstalt daselbst, in welchem
eine grössere Kinderzahl behandelt wurde, herrschten. Das Brünner Spital
ist zwar ein grosses, gut eingerichtetes Gebäude, das aber fortwährend
überfüllt ist und ferner auch keine ausreichende Zahl von Isolationsräumen
für infectiöse oder verdächtige Fälle besitzt. Noch schlimmer waren die
Gck igle
Original fro-m
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Zur Prophylaxe deb acuten Exantheme.
203
Verhältnisse im alten provisorischen Kinderspitale, welches durch Adaptation
eines kleinen Miethhauses entstand.
Wenn nun unter solchen Umständen (Ueberfüllung der Anstalt) eine
Hausepidemie von Scharlach oder Masern entsteht, dann fühlt man wohl
bitter, dass man bisher kein anderes Schutzmittel gegen diese Krankheiten
besitzt ausser der Isolation. Da jedoch diese unmöglich ist, so sind nicht
nur diejenigen, welche bis zn diesem Moment sich in demselben Zimmer
befanden, wo die Krankheit ausgebrochen ist, durch Infectionsgefahr be¬
droht, sondern man muss aus verschiedenen Gründen auch neue Zuwächse
noch weiter aufnehmen. Und alle Vorbeugungsmaassregeln in solchen
Zeiten beschränken sich darauf, dass dasjenige Kind, bei welchem man
ein Exanthem constatirt, in die epidemische Abtheilung transferirt wird,
sein Bett wird auf 2 bis 3 Tage aus dem Zimmer hinausgestellt und die
Wäsche desinficirt. Wie ungenügend ein solches Vorgehen zu sein pflegt,
das wird aus unten angeführten Beispielen von Hausepidemieen ersichtlich
sein. Und es ist wahrlich ein beklemmendes Gefühl von Machtlosigkeit,
wenn man ein (sonst nur mit irrelevanter Augenkrankheit ergriffenes) Kind,
welches sonst gesund ist, an Scharlach erkranken sieht und wenn die
Krankheit einen lethalen Ausgang nach sich zieht. Denn die Epidemieen
können manchmal einen bösen Charakter annehmen. Ebenso bitter fühlt
der Arzt die bisherige Rathlosigkeit, wenn er die Verschleppung der In-
fection in seine eigene Familie fürchtet. — Bevor ich nun zur Beschrei¬
bung der neuen prophylaktischen Mittel, welche ich öfters mit Erfolg zu
erproben Gelegenheit hatte, schreite, möchte ich einige Beispiele von
Hausepidemieen aus unseren beiden erwähnten Spitälern und auch das
gleichzeitige Auftreten der Krankheiten in unserer Stadt anführen, damit
der Erfolg der neuen Methode besser zu Tage tritt.
Masernepidemie im Jahre 1894.
(Auf den Zimmern Nr. 26 und 27.)
In beiden Zimmern lagen Augen- und Ohrenkranke, deren grosser
Theil aus Kindern bestand. Ich führe nur die Namen der erkrankten
Kinder, das Datum ihrer Spitalsaufnahme, Datum der Exanthemeruption
und ihrer Entlassung beziehungsweise Tod an. Es handelte sich um
Kinder zwischen 12 bis 13 Jahren. Nach Constatirung der Eruption
wurde das Kind sofort in das Epidemiespital transferirt.
1. S. Kutil 16. XII. 1893. Ulcus corneae 1.1. Exanthem 27.11. sanata
demissa.
2. Fr. Bradäöek 16. L Conjunctivitis 16.1. Exanthem 28.11. s. d.
3. Fil. Brad&öek 15.1. Conjunctivitis 5. II. Exanthem 28. II. non s. d.
4. M. Häjek 27.1. Kerat. flyctaen. 1. II. Exanthem 10. II. s. d.
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204
Jaroslav Elgart:
5. J. Vinzer 31.IIL Kerat. fascicul. 15. IV. Exanthem t ?
6. K. Sebesta 24. III. Ulcus corn. 30. IV. Exanthem — ?
7. J. Waisocher 2. IV. Kerat. flyctaen. 27. IV. Exanthem 8. V. s. d.
8. V. Vävra 13. IV. Kerat. flyctaen. 28. IV. Exanthem 7. V. s. d.
9. F. VrSka 15. IV. Conjunctivitis 28. IV. Exanthem 30. IV. wegen
croupöser Stenosis laryngis auf den Diphtheriepavillon transferirt
10. F. Kokolija 18. IV. Kerat. fascicul. 4. V. Exanthem 15. V. s. d.
11. F. Vobornä 8. III. Conjunctivitis 9. V. Exanthem 21. V. s. d.
12. J. Kr&l 25. IV. Kerat. flyctaen. 12. V. Exanthem 25. V. s. d.
14. E. Cernohorekä 7. V. Kerat. flyctaen. 17.V. Exanthem 25. V. wegen
Croup auf die Diphtherieabtheilung transferirt.
16. S. Spurnä 6. V. Kerat. flyctaen. 24. V. Exanthem 6. VI. f
16. Ignotus 21. V. Conj. (Somnolenz) 24. VI. Exanthem 9. VLs. d.
17. T. Klap ? — — 15. V. Exanthem 9. VI. rüek-
transferirt.
Wenn man bedenkt, dass genaue Beobachtungen die Dauer der In-
cubations- und Initialperiode auf 13 bis 14 Tage bemessen, so sieht mau
aus dieser Tabelle, dass die Mehrzahl der Fälle die Infection im Spital
selbst sich zuzog, die Minderzahl irrthümlich in stadio prodromorum wegen
Conjunctivitis auf die Augenabtheilung aufgenommen wurde. In diesen
Fällen war der Aufenthalt im Hauptgebäude nur ganz kurz und diese
Fälle waren es auch, die die Dauer der Epidemie fortwährend verlängerten.
Aehnliche Irrthümer, die man wohl kaum vermeiden kann, kommen
wahrscheinlich auf allen Augenabtheilungen oder Kinderspitälern vor.
Masern im Kinderspitale 1897.
Diese Epidemie erwähne ich deshalb, weil zugleich dortselbs! mit
grösserer Intensität auch Scarlatina (siehe weiter) auftrat, und beide nebeu
einander lange Zeit bestanden.
1 .
F.
Smejkal
5. III.
Diarrhoea
6. III.
Exanthem
_?
2.
F.
Hromkovd
19. VI.
Kerat. flyct.
3. VII.
Exanthem
18. VII. s.d.
3.
A.
Malina
10. VI.
Rhachitis
l.VIII. Exanthem
2. VIII. f
unter Erscheinungen einer croupösen Stenose des Laryiix.
4.
S.
Pankova
21. VI.
Diarrhoea
5. VIII. Exanthem
8. IX. s. d.
5.
M.
Vasmovi
7. VII.
Rhachitis
12. VIII. Exanthem
20. VIII. f an
Pneumonie.
6.
J. Lepkovä
23. VIII. Lupus
17. IX.
Exanthem
? s. d.
7.
E.
Marsal
l.IV.
Rhachitis
21. IX.
Exanthem
— ? s. d.
8.
J.
Adam
2. IX.
Kerat. flyct.
28. IX.
Exanthem
31. X. f
Meningitis ex otitide.
9.
A.
Winkler
13. IX.
Rhachitis
6.X.
Exanthem
7.X. t an
Pneumonie.
10.
R.
Pohl
2(3. IX.
Otitis suppur.
19.X.
Exanthem
21. XI s. d.
11.
A.
Grambai
10. X.
?
31.X.
Exanthem
— s. d.
12.
A.
Jerabkova
13. III.
Caries
25.X.
Exanthem
18. XII. t
Enteritis follicularis und Periproctitis.
Difitized by Gougle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Zu» Prophylaxe deb acuten Exantheme.
205
Mit Ausnahme vom ersten und fünften Fall also insgesammt Haus-
infectionen; im Ganzen eine schwere Epidemie (12:5 +), wogegen bei der
erstangeführten von der Augenabtheilung die Mortalität 17:2 beträgt.
Scharlach im Kinderspitale in den Jahren 1895 bis 1898.
Die Grundkrankheiten, wegen deren das Kind aufgenommen wurde,
werden hier nur in den Fällen angeführt, wo sie einen Zusammenhang
mit der Disposition haben, oder wo sie den schweren Krankheitsverlauf
erklären. Das erste Datum bedeutet die Spitalsaufnahme, das zweite den
Tag, wo Exanthem constatirt und das Kind in’s Epidemiespital transferirt
wurde.
1895.
1.
R. Schmidt
1 .x.
angina 2. X.
2.
J. Ledvina
17. XU.
angina 18. XII.
1896.
3.
A. Trma£ov&
10.1.
— 14.1.
4.
J. Vodkovä
15.1.
Bronchitis 21.1.
Miliares Exanthem.
5.
F. Kubinovä
7.IY.
— 17. IV.
Collaps f 19. IV.
6.
R. Gretz
13. IV.
Scrophulose 20. IV.
Enteritis + 30. IV.
7.
J. Prokop
23. IV.
— l.V.
Bronchitis, Croup + 10. V,
8.
M. Buckovä
29. IV.
— 3. V.
Otitis.
9.
P. Otlisal
15. V.
— 23. V.
10.
0. Simbersk^
8. VI.
— 16. VI.
11.
J. Schedlik
27. VIH.
— l.IX.
12.
C. Barr
3. VII.
— 7. IX.
Somnolenz, Collaps +
13.
A. Chlubnä
21. IX.
— 28. IX.
Enteritis 31. X f
14.
K. Hlavina
23. VIII.
— 2.X.
15.
A. KFemlicka 20. IX.
Pertussis 6. X.
Otitis.
16.
K. Pollach
12. VII.
— 10. X.
1897.
Nephritis.
17.
A. Smetanova 17. XII.
— 4.1.
Erysipelas faciei.
18.
M. Jedliökovä
8.1.
— 14.1.
Pneumonia, Otitis + 6. II.
19.
A. MasaHk
19.1.
- 3. II.
20.
A. Jefäbek
24. n.
— 1. III.
21.
J. Pellaß
16. III.
— 22. III.
Enteritis, Otitis.
22.
J. Tomanec
25. III.
Caries multipl. 30. III.
Somnolenz, Collaps + l. IV.
23. J. Reichstätter 28. Y. Nephritis post scarl., Desquamation 29. V. transferirt:
Hydrops, Endocarditis, Uraemia, vorübergehende Hemiplegie. Sanatus
24.
demi8sus.
E. Kozlovä
29. V.
10. VI.
25.
M. Kresa
16. V.
—
16. VII.
26.
F. Dobrovolny 27. VI.
Rhachitis
l.VII. Keine Angina (?), Otitis.
27.
M. Koneinä
20. IX.
Keratitis
Exanthem
l.X. Otitis, Collaps 3. X. f
Difitized
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Digitized by
206
Jaboslav Elgabt:
28.
J. Modlitba
14. IX.
Caries mult.
l.X. Otitis, Collaps 3. X. t
29.
0. Skoldkovd
9. VIII. Genu valg.
9. X. Otitis, Enter., Sepsis 12 8. X
30.
A. Hovorkovd
2.X.
—
12. X.
31.
R. Beindlich
23. X.
—
14. XI.
32.
V. Koldr
20. XI.
Abscessus colli, Desquamatio 21. XI. Otitis.
33.
N. Sedl&kovd 21. XI.
Kerat. flyct.
26. XI. Erysipelas frontis exfurun-
culo 15. XII. f
34.
F. Yorlicky
28. XI.
Angina
30. XI. Exanthem.
35.
J. Bediich
7. XI.
—
7. XII. Otitis, Sepsis f
36.
J. Dddek
10. XII.
Coxitis
17.XII. Enteritis, Uraemia t 3.L
37.
A. BaSlovd
30. XI.
Bronchitis
26.XII. Enteritis,Pneumoniafl6.L
38.
J. Anti
30. XI.
—
30. XII. Nephritis, Ict. catarrh. s. d.
39.
F. Ödslava
19. xn.
Coxitis
5.1. Collaps f 9.1.
40.
R. Marek
15.1.
—
22.1. Otitis.
41.
J. Mertovd
11. IV.
—
14. IV. Nephritis.
42.
F. Hoffmann
13. IV.
—
22. IV.
43.
F. Dolniöek
3. IV.
Spondylitis
30. IV. Enteritis, Nephritis.
44.
J. Kosubek
12. IV.
Tumor abdom.
19. IV. Enter., Pneumonia t 30. IV
45.
F. Adamovd
l.V.
—
7.V.
46.
M. Yladikovd
21. V.
—
29. V. Pertusso.
47.
A. Sldma
24. VI.
Tbc. pulm.
1. VII. Enteritis, Otitis 27. V.
Sepsis f l.VItt
48.
A. Stummvoll
10. VII.
—
11. VII. Pertussis.
49.
Y. 01§a
17. VII.
—
29. vn.
50.
A. Schlögel
9. VII.
Fbc. pulm.
16.X.
Diese Epidemie endete dadurch, dass das alte provisorische Kinder-
spital eine Zeit lang geschlossen wurde, und von Neujahr an die Kinder
schon in das neue aufgenommen wurden. Im Ganzen wurden also
50 Fälle betroffen und es starben 17 davon. Nur eine ganz geringe
Zahl der Fälle wurde eingeschleppt, genau kann man sie jedoch von der
Hausinfection nicht trennen, da die Incubationsdauer des Scharlachs keine
constante ist.
Es möge zugleich bemerkt werden, dass in der Stadt und Umgebung
gleichzeitig eine Zunahme der Erkrankungen gegenüber früheren Jahren
constatirt wurde. Man muss diesen Umstand deswegen beachten, weil der
Einfluss von Witterung nach Johanessen nicht geleugnet werden darf.
Im Epidemiespitale (ausserhalb der Stadt aufgebaut) wurden behandelt:
Jahr
Scharlach
Masern
1892
20
14 f)
—
1893
9
(1 t)
16
(0)
1894
20
(2 t) |
53
(3 f)
1895
61
0 t)
—
1896
, 162
(32 f)
30
(5 t)
1897
127
(44 f)
65
(5 t)
1898
111
(25 f)
27
(1 t)
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Zue Prophylaxe der acuten Exantheme.
207
Städtische Statistik (das Epidemie- und Kinderspital mitgerechnet):
Jahr
Scharlach
Masern
1892
356 (80 f)
610 (12 f)
1893
161 (23 t)
972 (33 f)
1894
202 (25 t)
956 (43 f)
1895
411 (43 f)
15 —
1896
758 (103 +)
1413 (62 t)
1897
629 (147 f)
932 (45 f)
1898
369 (75 f)
1065 (36 f)
Es möge bemerkt werden, dass in den Jahren 1892 bis 1895 beiderlei
Exantheme zeitweise anch in einem Isolirzimmer des alten Kinderspitales
behandelt wurden, weshalb anch die Zahlen der Epidemieabtheilung nicht
gross sind (nnd anch nicht vollkommen). Erst nach der Errichtung des
neuen Epidemiespitales (1895) wurden sämmtliche Fälle dorthin dirigirt.
Dieser Umstand erklärt wohl die schlechten hygienischen Verhältnisse
im alten Kinderspitale.
Diese üblen Erfahrungen, dass ein Kind, mit irrelevanter Krankheit
behaftet, eine Infection mit eventuell tödtlichem Ausgange acquirirte, nur
deshalb, weil die Verhältnisse keine hygienischen waren, sind mir ein
Grund geworden, dass ich im Jahre 1897 eine neue Methode von Pro¬
phylaxe gegen beide Krankheiten zu prüfen anfing. Es wurden mir
nämlich (1. October 1897) auf der Augenabtheilung die äugen- und ohren¬
kranken Kinder zugewiesen. Dieselben waren damals wegen grossen Platz¬
mangels in einer Gartenbaracke untergebracht. Die Zeit vor meinem
Dienstantritte wies folgende Bilanz auf: Es befanden sich in der Baracke
durchschnittlich 15 bis 25 Kinder auf 18 Betten. Die ebenerdige „luftige“
Baracke war insofern für die Kinder günstig, da sie meist scrophulös,
lymphatisch waren. Ungünstig war nur, dass man die Wände (aus
Papiermache) nicht gut reinigen konnte. Bis Anfang December 1896
waren hierselbst interne Erkrankungen untergebracht, und zwar gewöhnlich
die schlechteren Fälle (auch das Erysipel). Im December zogen erst die
Kinder ein. Diese Bemerkungen waren nothwendig vorauszuschicken, damit
das Bestehen von zwei Epidemieen in der Baracke erklärt werde.
Scharlach im Jahre 1897.
1. S. Navrätilovä
10. XII. 1896 —
30.1.
1897 (Exanthem, transferirt)
2. F. Jedliöka
28.1. 1897 —
31.1.
3. F. TiSnövskä.
19.1. —
1. II.
4. A. Veöeta
5.1. —
1. II.
5. J. Krumal
12.11. —
18.11.
Digitized by (jOCK^lC
Original from
UMIVERSITY OF CALIFORNIA
208
Jakoslav Elgart:
Digitized by
6. A. Po2dr 24.11. — 2. III.
7. F. Rybniöek 15. IV. — 22. IV.
8. A. Pazdera 15. VI. — 21. VI.
Der letzte Fall war unklar; entweder war es eine Scarlatiua levis,
oder ein schwererer Fall von Rubeola — das Exanthem wird nicht genau
beschrieben. Man kann nicht entscheiden, ob diese Epidemie durch den
zweitangeführten Fall eingeschleppt wurde, oder ob sie (gemäss der Strepto¬
kokkentheorie) eine autochthone war. Zwischen den internen Fällen der
Vorperiode waren nämlich zwei Erysipele dort behandelt und man konnte
die Baracke später, wie gesagt, nicht gut reinigen. Von allen 8 Fällen
starben zwei: der dritte an Scharlachsepsis, der vierte an Urämie.
Morbilli im Jahre 1897.
1. A. Vyhnälek, 30. December 1896. — 1. Januar 1897, ein irrthümlich
oingeschleppter Fall — Conjunctivitis — wurde wie gewöhnlich als eine
idiopathische Entzündung aufgenommen, und später zeigte sich, dass dieselbe
eine morbillöse war, als sich das Exanthem entwickelte. Eine weitere In-
fection durch diesen Fall kam nicht vor, dagegen florirte eben, wie oben
ersichtlich, die Scarlatina.
2. R. ValouSek 18. VI. — 21. VI. ebenfalls irrthümliche Einschleppung.
3. M. Kahaj 9. VI. — 6. VII.
4. J. Necas 22. IX. — 26. IX. eingeschleppt.
5. A. Dlask 5. VII.— 7.X.
6. T. Schon 25. IX. — 16. X.
Zwischen beiden Epidemieeu befindet sich ein zeitliches Intervall
das dadurch erklärt wird, dass Ende April die Baracke so gut, wie nur
möglich war, gewaschen uud desinficirt wurde. Die zwei letzten Fälle
ereigneten sich schon vor meinen Augen und zeigten mir die Gefahr,
denn die zwei Kinder wurden sicher erst im Spital inficirt.
Eine Isolation in dem Sinne wenigstens, dass keine Zuwächse mehr
auf die Baracke aufgenommen werden, war unmöglich — und das Reinigen
gelang ebenfalls nicht mit Erfolg, denn man konnte vorläufig die Kinder
nicht in einem anderen Raume unterbriugen, so dass die Vorbeugungs¬
maassregeln sich auf den Bettwäscheaustausch und Abwaschung desjenigen
Bettes, wo sich die letzte Infection ereignete, beschränkte.
Ich entschloss mich also einen anderen Weg zu betreten: ich wollte
mich nicht um die Umgebung der Patienten kümmern, sondern um sie
selbst, und wollte erproben, ob es nicht möglich ist, den Respirations-
tract, hauptsächlich seinen Anfangstheil, zu desinficiren, damit
die invadirenden Mikroben keinen geeigneten Entwickelungsboden finden,
eventuell in ihrem Wachsthum gehemmt werden.
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Zur Prophylaxe der acuten Exantheme.
209
Ich wollte also mit anderen Worten die Angina und Rbinoconjunctivitis
entweder vermeiden oder wenigstens derart lindern, wenn sie sich über¬
haupt trotzdem entwickeln sollten, dass sie nur als eine leichte locale
Entzündung sich abspielen, trotzdem sie specifischer Natur waren. Ich
war der Meinung, dass das unbekannte Contagium mit dem Staube, der
in der Erankenatmosphäre fliegt, aspirirt wird, und gewöhnlich in den
Anfangstheilen der Athmungsorgane sitzen bleibt, dagegen wenig in die
Lungen selbst gelangt. Und ich hielt es für möglich, diesen Anfangstheil
zu desinficiren.
Bei der Wahl der Mittel waren folgende Momente von Wichtigkeit:
Das grösste Contingent der Kranken recrutirt sich aus dem Kindesalter,
und man musste also eine für Kinder passende Art der Desinfection
wählen. Das Gurgeln z. B. ist eine Kunst, die nicht oft gut ausgeführt
wird. Dazu werden dadurch auch nicht alle Pharyngealräume abgespült
und man müsste noch eine Nasendouche anschliessen.
Der einzig praktische Weg sind die Inhalationen oder der Spray mit
antiseptischen Lösungen, minder tauglich sind schon die Pulverinsuffla-
tionen. Bei der Inhalation werden die Flüssigkeitspartikelchen durch den
Athmungsstrom in einen Wirbel gebracht, der Strom zersplittert sich
nach allen Richtungen und kann somit alle Winkel erreichen, ja sogar,
wie experimentell nachgewiesen wurde, bis in die Lungenalveolen in be¬
trächtlichem Maasse eindringen. Es ist doch von selbst begreiflich: wenn
verschiedene Mikroben und Coniosen in die Lunge gelangen können, so
kann wohl auch die fein verstaubte Flüssigkeit dasselbe thun.
Mladöjovsk^ 1 stellte eine Reihe von Versuchen so an, dass er in
einen Kasten, wo Kaninchen ein gesperrt waren, einen 10 procentigen
Tannigenspray 1 Stunde lang strömen liess. Dann wurden die Thiere
getödtet und die Lungen auf 24 Stunden in eine Lösung von Eisenchlorid
gelegt. Man fand sodann beträchtliche Färbung des Lungengewebes
selbst, intensiver als in den Bronchien, mikroskopisch schwarze Körner
zwischen den Epithelialzellen. Die Alveolarzellen hatten jedoch zerfallene
schwarze Kerne, die sich mit Anilinfarben nicht färben Hessen. Aus
diesen Versuchen ist ersichtiich, dass inhalirte Stoffe (Flüssigkeiten) in die
Lunge gelangen können.
Ein weiterer Punkt war die Wahl der Desinfectiouslösung, da man
für das Kindesalter nicht-toxische und wenig reizende Stoffe wählen musste,
damit nicht die Schleimhaut durch Aetzung in einen Reizzustand versetzt
werde, wo sie dann im Gegentheil noch mehr zur Infection disponirt wäre.
Um diesen Conträreffect zu vermeiden, wählte ich:
1 Rozpravy Ceslee Akademie.
Zeitschr. t Hygiene. XLIV.
Digitized by
Gck igle
14
Original fro-m
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
210
Jakoslav Elgabt:
Digitized by
1. Aqua calcis (mit destillirtem Wasser ää), welche hier in Brüuu
bei Diphtherie zur Inhalation gebraucht wurde und gewiss einen guten
Antheil neben dem Serum an der Heilung hat.
2. Acid. boricum in 3 °/ 0 Lösung, welches zwar indifferent für die
Schleimhaut, aber auch nicht besonders stark desinficirend wirkt.
3. Jodi trichlorati solutionem 0-05 °/ 0 , unschädliches Desinfections-
mittel.
4. Natr. chlorati sol. 3 % schwach desinficirend, eher aber die
physiologische Schleimhautwirkung unterstützend.
Die Wirkung sämmtlicher erwähnten Mittel musste bei der Inhalation
erstens mechanisch duroh Lösung der dicken Secrete und ihre Abspülung
wirken, ferner sollte sie eine Secretionssteigerung hervorrufen (einen Strom
der lymphatischen Elemente durch Schleimhautstomata erzeugen), drittens
durch Reizung eine Hyperämie und locale Phagocytose steigern, und
schliesslich sollte dieselbe eine chemische, desinficirende sein. (Es giebt
wohl noch mehrere geeignete Stoffe, auf welche ich später noch zurück¬
komme, aber damals handelte es sich mir darum, dass das Princip sich
bestätige; es steht zu erwarten, dass die Form der Durchführung in der
Zukunft verschiedene Aenderungen erfährt.) Ich erprobte damals ab¬
wechselnd alle vier Lösungen zur Inhalation, und dieselbe wurde zwei Mal
täglich angewendet so zwar, dass ein jedes Kind 5 Minuten lang vor dem
Inhalationsapparate stehen blieb, und somit binnen einer Stunde die
ganze Procedur fertig war. Es gab keine Renitenz, und wenn auch eiu
Kind Anfangs zu schreien pflegte, so war’s eigentlich noch besser; aber
das waren nur Ausnahmen, die Kinder gewöhnten sich bald darauf.
Wenn ich je eine Röthung der Rachenschleimhaut oder Nasenschleimhaut
constatirte, da musste das betreffende Kind 1 / i Stunde lang inlialiren.
Die Untersuchung der Kinder wurde regelmässig vorgenommen, und auch
die Temperaturen wurden gewissenhaft registrirt.
Von den Kindern, deren Zahl am 16. October 1897, dem Anfangs¬
tage der Inhalationen, 18 betrug, gab ein Theil in der Anamnese an.
schon früher „irgend welches Exanthem“ gehabt zu haben, bei kleineren
konnte man es nur während eines Elternbesuches eruiren. Aber sämmt-
liche Angaben waren unverlässlich, so dass ich sie nicht einmal erwähne.
Ich lasse lieber dem Ein wand die Thüre offen, dass von ihnen manche,
die ein Exanthem schon durchgemacht hatten, theilweise gegen eine
zweite Iufection immun waren, vielleicht alle. Nur muss ich den Um¬
stand erheben, dass die meisten nur ein einziges Exanthem mitgemacht
hatten, gegen das zweite sicher empfänglich geblieben sind, so dass e ; n
solcher Einwand an Werth verliert.
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Zuk Prophylaxe leb acuten Exantheme.
211
Der Erfolg der Inhalationen war nun der, dass kein ein¬
ziger Fall von Masern noch Scharlach vorgekommen ist. Der
Erfolg ist um so auffallender, da er Ton der Endemie im Kinderspitale
und Ton der Zunahme der Epidemie in der Stadt frappant absticht (siehe
oben). Um Weihnachten 1897 wurden dann die Kinder Yon der Baracke
in neue Localitäten Nr. 29 übersiedelt, wo früher unreine, eiterige
chirurgische Fälle lagen. Auch hier bestand die Gefahr einer Infection,
da gewiss eine Menge Yon Kokken nach Phlegmonen zurüokblieb, und es
wurden deshalb die Inhalationen weiter fortgesetzt.
Die Krankenbewegung weist folgende Zahlen aus: in der Baracke
lagen vom 10. December 1896 bis 16. October 1897 im Ganzen 169 Kinder.
In dieser Zeit spielten sich die zwei oben erwähnten Epidemieen ab. Am
16. October standen 18 Kinder daselbst in Behandlung und von diesem
Tage bis zum 1. April 1898 kamen neue 79 Zuwächse. Es wurde also
im Ganzen an 97 Kindern die Wirkung der Inhalation geprüft. Bei
diesen fand ich 28 Mal in der Anamnese eine exanthematische Krankheit,
bei vielen war es unmöglich, dies zu eruiren. Ich wiederhole aber, dass
man trotzdem diese Kinder nicht ganz ausscheiden kann bei der Ver-
werthung, aus Gründen, die oben erklärt wurden.
Ich muss nun neben dem „negativen“ Resultat, dass nämlich keine
Exantheme beobachtet wurden, einige interessante Daten hervorheben.
Es wurde nämlich bei den 97 Fällen während der oben erwähnten Zeit
neun Mal irgend eine Entzündung beobachtet und zwar:
1. A. Kovarikovä, 15. Januar 1898 aufgenommen (Zimmer Nr. 29),
bekam 20. Januar eiue acute „blenorrhoische“ Conjunctivitis unter heftigen
Fiebererscheinungen und mit acuter Bronchitis verbunden. Sanata 26.1.
2. A. Naglitz, 17. Januar aufgenommen, zeigte am 20. Januar hohes
Fieber, dessen Ursache zuerst eine Bronchitis war, die jedoch nach 2 Tagen
in eine Bronchopneumonie sich verwandelte. Am 24. Januar Entfieberung.
Diese Patientin wurde wegen einer Conjunctivitis aufgenommen und ich
hege Verdacht, dass hier a priori ein eingeschleppter Fall von Morbillis
sine exanthemate vorlag. Waren vielleicht die specifischen Katarrhe durch
Inhalationen gelindert und localisirt, so dass es zu einer Eruption nicht kam?
3. A. Vlöek, 3. Januar aufgenommen, bekam am 29. Januar Bronchitis
unter hohem Fieber. Nach 4 Tagen normale Temperatur.
4. A. Vo§keru5kova, 29. Januar. 1. Februar aufgetretene Bronchitis
acuta bei einer Keratoconjunctivitis flyctaenulosa.
Diese vier Fälle erweckten damals Verdacht, dass es zur Exunthem-
eruption kommen wird, dies geschah aber nicht Dass aber wenigstens
infectiöse Katarrhe hier Vorlagen, sieht man aus dem Umstande, dass sie
in ganz kurzen Intervallen und bei Kindern desselben Zimmers auftraten.
(Zimmer Nr. 29 war nämlich früher eine Privatwohnuug, aus fünf Räumen
bestehend, die wegen Platzmangel zu Spitalzwecken adaptirt wurde.) Im
14 *
Digitized by
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
212
Jaboslav Elgabt:
Digitized by
Ganzen war der Verlauf der Katarrhe ein leichter, vielleicht eben durch
die Wirkung der Inhalationen, durch welche die Secretion angeregt wurde,
und die während des Fiebers ausgiebiger angewandt wurden. Die übrigen
fünf Fieberfälle hatten: Erysipelas faciei, Panaritium, Enteritis, Angina
catarrhalis und Typhus abdominalis (irrthümlich mit Conjunctivitis hierher
aufgenommen.)
Anfangs April musste ich auf 3 Monate von der Augenabtheilung
Weggehen. Damit nun die bisher in mir erweckte Ueberzeugung von der
Schutzkraft der Inhalationen eine negative Stütze bekommen könnte, so
habe ich dieselben eingestellt und meinem Substituten nichts mitgetheilt
Der Verlauf der Dinge war nun folgender:
A. Am 23. April wurde J. Matej mit Otitis suppurativa in stadio
desquamationis scarlatinosae Abends aufgenommen; in der Früh wurde es
bemerkt und der Kranke deshalb sofort in das Epidemiespital transferin.
B. Am 27. April bemerkte man bei dem am 29. März aufgenommenen
J. Hrabtilek eine exanthematische Erkrankung, die sich jedoch im Epidemie-
spitale als eine Varicella erwies.
C. Am 11. Mai erkrankte J. Mräzek (aufgenommen am 4. Mai) an
Scarlatina und wurde sofort transferirt. 3 Tage lang zuvor fieberte er und
hatte Angina, die später (im Epidemiespitale) in eine membranöse Form
überging, mit Drüsenschwellungen am Halse. Nebstdem war Otitis suppur.
und katarrhale Nephritis complicirt. Sanata demissa. Diesen Fall kann
man mit grosser Wahrscheinlichkeit als eine Spitalinfection bezeichnen, die
vom A. ausging.
Im Ganzen wurden in der Zeit vom 1. April bis 11. Mai zusammen
44 Fälle behandelt, am 11. Mai blieben dann 19 zurück. Da die Gefahr
einer Weiter Verbreitung imminent war, so theilte ich der Direction mit,
was ich früher dagegen gethan habe, und was während meiner Abwesen¬
heit eingestellt wurde. Auf Wunsch des Directors wurden nun (am 12. Mai)
die Inhalationen von Neuem vorgenommen und der Erfolg dessen war —
dass kein einziger Fall von Exanthem auf diesem Zimmer weiter¬
hin vorkam. Die Inhalationen wurden jetzt regelmässig bis zu den
Weihnachten fortgesetzt. In dieser Zeit waren 98 Fälle zugewachsen, mit
den 19 Verbliebenen also 117 Fälle, an denen in der zweiten Periode die
Wirkung der Reinigung des Respirationstractes versucht wurde. Im
Ganzen wurden 97 + 117 = 214 Kinder der systematischen Inhalation
durch 6 und 7 1 / 2 Monate (also über 1 Jahr lang) unterworfen. Und ich
accentuire nochmals, dass zur selben Zeit die Scharlachepidemie im Kinder-
spitale, in der Stadt und auch in der Umgebung eine auffallende Zunahme
aufwiesen, wie man aus obigen Tabellen sehen kann.
Zu Neujahr 1899 wurde das neue Kinderspital eröffnet, und es wurden
alle Kinder vom Zimmer Nr. 29 dorthin übersiedelt, wodurch auch die
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Zue Pbophylaxe dee acüxen Exantheme.
213
Versuche mit den Inhalationen beendet waren. Erst später trat auch im
neuen Kinderspitale eine Ueberfüllung auf und es wurden dann (obzwar
in geringerem Maasse) kindliche Augen- und Ohrenfälle wieder in das
allgemeine Krankenhaus aufgenommen.
Als ich seiner Zeit diese Erfahrungen publicirte 1 , habe ich mich
sehr reserviert über den Werth dieser prophylaktischen Methode geäussert.
Denn in der ganzen Versuchsreihe ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen,
dass vielleicht die betreffenden Hausepidemieen keine Intensität zur Weiter¬
verbreitung hatten, und dass sie vielleicht spontan in demselben Augen¬
blicke, wo man zu den Inhalationen griff, erloschen. Und ich kann natür¬
lich eine solche Möglichkeit nicht leugnen. Ein mehr wahrscheinliches
oder verlässliches Urtheil könnte man erst dann sich bilden, bis die
Methode unter analogen Umständen und zwar in vielen Fällen ausgeprobt
wird. Nun bot sich mir im Laufe der Zeit einige Mal Gelegenheit, ihren
Werth von Neuem zu erproben.
Zum zweiten Male griff ich zu diesem Schutzmittel im Frühjahr 1898
auf Zimmer Nr. Klein 1, wo 7 Fälle von Conjunctivitis follicularis unter¬
gebracht waren; von diesen hatten bisher vier kein Exanthem durchgemacht.
Ende März erkrankte einer von diesen 4 Knaben an Masern, und ich
liess nun die Uebrigen durch 8 Wochen lang mit 3 procent. Borsäure¬
lösung inhaliren und ordnete ansgiebige Ventilationen des Zimmers an.
Es kam kein neuer Fall von Exanthem vor, auch nicht nach dem Aus¬
setzen der Inhalationen.
Zum dritten Male wurde im Februar 1899 auf Zimmer Nr. 26 ein
7 jähriger Knabe aufgenommen, und zwar wiederum irrthümlich wegen
Conjunctivitis, die sich jedoch als eine specifisch morbillöse erwies, denn
Tags nachher kam es zum Exanthemausbruch. Zu dieser Zeit waren
bereits wieder 7 Knaben, 8 bis 13 Jahre alt, auf diesem Zimmer, es liess
sich aber nicht genau eruiren, ob Jemand von ihnen ein Exanthem, und
zwar speciell Masern durchgemacht hat. Auch hier wurden nach der
Entfernung des Kranken Ventilation und systematische Inhalationen mit
3 procent. Borsäurelösung angeordnet. Es wurden auch später viele Kinder
hierher aufgenommen, es kam aber zu keinem Fall von Exanthem mehr.
Zum vierten Male habe ich in der letzten Zeit Gelegenheit gehabt,
den Werth dieser Methode zu erproben — wiederum auf der Augen- und
Ohrenabtheilung des Prim. Plenk, wo auf Zimmer Nr. 26 ein Masernfall
und ein Scharlach kurz nach einander auftraten. Es wurde nämlich am
24. November 1901 wegen Otitis ein 13 Monate alter Knabe (J. Hon)
1 Sborntk Kliniclcy. 1S99. Ferner in der Wiener klin. Wochenschrift. 1899.
Nr. 88.
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214
Jaroslav Elgart:
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aufgenommen, bei dem nach 10tägigem Spitalaufenthalte morbillöses
Exanthem ausbrach, nachdem er 3 Tage lang vorher schon eine Rhino-
conjunctivitis zeigte. In Anbetracht der nachgewiesenen Thatsache, dass
das Incubations- und Initialstadium 13 bis 15 Tage beträgt, ist ersicht¬
lich, dass diese Infection bereits vor der Spitalsaufnahme stattfand (übrigens
war seit 1V 3 Jahre kein Masemfall auf dem Zimmer beobachtet). Am
4. December wurde das Kind in die epidem. Abtheilung transferirt. Da
seit dem 24. November bis jetzt im selben Zimmer 6 Kinder zwischen
1 bis 15 Jahren (neben noch älteren Individuen) sich befanden, ersuchte
ich den Collegen Dr. Freudenfeld, die Desinfectionsinhalationen bei
diesen als Schutz zu prüfen. Dieser ordnete den Wärterinnen an, dass
die Kinder zwei Mal täglich zu inhaliren haben. Aber am 9. December
trat bei einem 9 jährigen Mädchen (J. Lapil), welches am 3. December
wegen Keratitis aufgenommen worden war, typischer Scharlach auf. Mit
Bezug auf die kurze Dauer des vorausgegangenen Spitalsaufenthaltes, so¬
wie auf den Umstand, dass seit vielen Jahren keine Scarlatina hier be¬
obachtet wurde, ist klar, dass auch diese Infection von aussen eingeschleppt
wurde, und man setzte die Inhalationen fort. Nach altem Usus wurden
die Betten nach diesen transferirten Kindern herausgestellt, ihre Wäsche
desinficirt, sonst aber keine Reinigung des Zimmers vorgenommen. Am
9. December waren hier 7 Kinder (1 bis 15 Jahre), 1 Säugling und fünf
Weibspersonen (15 bis 25 Jahre) untergebracht. — Aber am 13. December
beobachtete Dr. F. während der Nachmittagsvisite bei der 13 jährigen
J. Truksa, die am 9. December aufgenommen worden war, plötzliches
Erbrechen und Halsbeschwerden; am anderen Tage trat eine Temperatur¬
steigerung über 40° ein, die Angina war intensiv erythematös, Halsdrüsen
geschwollen. Es wurde mir Meldung davon gemacht am 14. December.
Die Sache schien mir schon damals verdächtig, als trotz angeordneter
Inhalation doch die Scarlatina ausbrach. Ich kam auf das Zimmer und
constatirte, dass die Wärterinnen zwar die Kinder inhaliren Hessen, dass
aber der Apparat verdorben war und der Dampf nicht die Desinfections-
flüssigkeit mitriss. Aus der Flasche, wo die Desinfectionsflüssigkeit auf¬
bewahrt war, wurde fast gar nichts verbraucht, und die Wärterinnen ge¬
standen ein, dass im Glase des Apparates immer die ganze Flüssigkeit
zurückblieb, so dass die Kinder nur mit Dampf inhalirt haben. Die Sache
wurde sofort Teparirt, und da die Gefahr sich verdoppelte, so griff ich zu
stärkerer Concentration und nahm Aqua calcis ohne jede Verdünnung zur
Inhalation. Der somnolente Zustand der oberwähnten Angina und das
Fieber dauerten noch am 15. December, so dass Dr. F. das Kind isoHreu
wollte. Mir kehrte aber wieder der Muth zurück, als ich sah, dass nur
die fehlerhafte Ausführung an dem bisherigen Misserfolge schuld war, und
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Zur Prophylaxe der acuten Exantheme.
215
ich überredete den Collegen, das Kind auf dem Zimmer zu lassen. Schon
am 16. December sank die Temperatur und nach weiteren 2 Tagen war
dieselbe bereits apyretiscb. Wer will, mag diesen Fall für eine einfache
Angina halten — ich kann das Gegentheil nicht beweisen; aber der
unparteiische Beobachter muss zugestehen, dass die Provenienz dieser
Angina nach kurz vorhergegangenem Scharlach daselbst und das initiale
Erbrechen, die Somnolenz sehr dafür sprechen, dass hier eine Scar-
latina sine exanthemate vorhanden war. Ich ordnete zugleich aus¬
giebige Ventilation des Zimmers an, aber die Bettwäsche von dem Angina¬
falle wurde nicht desinficirt, und sein Verkehr mit den übrigen Kindern,
sofern sie zu seinem Bette kamen, nicht beschränkt. Nebstdem erkrankte
weiter am 14. December die 21jährige Wärterin (J. Veselä) an einer
pseudomembranösen Angina, unter hohem Fieber und verbrachte 14 Tage
mit dieser Krankheit (auf der internen Abtheilung) zu Bette. Auch die
zweite Wärterin, J. Juran (28 Jahre alt) beklagte sich zu dieser Zeit
über mässige Halsbeschwerden, konnte aber den Dienst weiter versorgen.
Vom 4. December bis zum 30. Januar wurden in diesem verseuchten
Zimmer 10 Säuglinge (bezw. Kinder unter einem Jahre). 37 Kinder zwischen
1 bis 15 Jahren, und 28 Weibspersonen (15 bis 25 Jahre) behandelt (die
noch älteren sind nicht gerechnet). Während dieser ganzen Zeit,
wo nun die Inhalationen unter meiner Aufsicht vorgenommen
wurden, und auch später kam kein einziger Fall von acuten
Exanthemen mehr vor. Es möge aber verzeichnet werden, dass hier
während dieser Zeit zwei Mal ein Gesichtserysipel (Dufek, Weiss) beob¬
achtet wurde, und das ferner bei A. Kleba (2 jährigem Kinde) unter
Fiebererscheinungen eine mit croupähnlichen Symptomen bezeichnende
Pneumonie auftrat, wo es mir schien, als ob das larvirte Masern wären.
Mit Rücksicht auf diese vorzüglichen Resultate mehrerer
Versuchsserien glaube ich mit noch grösserer Berechtigung,
als dies in meiner ersten Publication geschah, heute annehmen
zu können, dass man in den Desinfectionsinhalationen ein Mittel
hat, welches verlässlichen Schutz gegen die Einnistung des
Infectionsstoffes der acuten Exantheme im Respirationstracte
gewährt und den Ausbruch der Krankheit verhindert, oder
wenigstens den Erfolg hat, dass die eingedrungene Infection
nur eine locale Reaction hervorruft und sich nicht zu generali¬
sieren vermag. Ja ich glaube sogar, dass man auch eine bereits
weit vorgeschrittene Localaffection von Scharlach oder Masern
durch energische Desinfection coupiren kann. Gleichzeitig
mit den Inhalationen muss auch ausgiebige Ventilation ein¬
trete n, womöglich eine permanente. Eine Sicherheit zu der Richtig-
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216 Jaroslav Elgart: Zur Prophylaxe der acuten Exantheme.
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keit dieser, bereits heute sehr wahrscheinlichen Anschauung wird mau
erst dann erlangen, bis eine noch grössere Reihe von Versuchen gemacht
worden sein wird, die unter ebenso ungünstigen hygienischen Verhältnissen,
wie es in unserem Spital der Fall war, angestellt werden.
Ich leugne nicht, dass ein viel verlässlicherer und bequemerer
Schutz durch die Isolation erreicht wird. Da ich aber überzeugt bin, dass
eine ideale, consequente Isolation sehr selten möglich ist, so halte ich für
das Beste, beiderlei zu vereinigen, d. h. nach der Isolation noch die
Desinfectionsinhalationen bei den Kranken und auch den verschont Ge¬
bliebenen vorzunehmen. Bei dem oben beschriebenen Arrangement ist
dieselbe keineswegs theuer.
Ich bin nun auch überzeugt, dass der positive Erfolg meiner Be¬
obachtungen dafür spricht, dass die Prämisse, deren Richtigkeit heute
bloss als wahrscheinlich gilt, dass nämlich die Infection bei acuten
Exanthemen durch den Respirationstract stattfindet, thatsächlich richtig
war, und ich will in den folgenden Capiteln darthun, inwiefern dieser An¬
sicht auch die Pathologie, Pathogenese der Krankheit entspricht
Schliesslich möge noch bemerkt werden, dass die Erfahrungen auch
auf die Therapie der bereits entwickelten Krankheit einen Einfluss haben
müssen. Denn man darf sich nicht vorstellen, dass die Invasion der
Toxine und der Bakterien bei acuten Exanthemen in einem einzigen
Momente geschehen könnte; vielmehr ist wahrscheinlich, dass dies während
des ganzen Bestandes der Katarrhalaffectionen statthat, somit noch in den
späteren Krankheitsperioden. Und es ist deswegen ganz rationell, dass
diese Affectionen durch energische Desinfection behandelt werden. Da¬
durch wird erstens eine Ansteckung der Angehörigen und Wärterinnen
(durch Herabsetzung der Virulenz), ferner wird auch das Zunehmen der
Intoxication und Hämatomycose hintangehalten und schliesslich auch eine
Reihe von localen und regionären Complicationen verhindert (insbesondere
die Otitiden mit allen ihren Folgeerscheinungen, und andererseits die
Lungencomplicationen).
Und es bleibt vielleicht nur in den pestähnlich verlaufenden Fällen
(Heubner), wo der Tod nach 1—2—3 Tagen eintritt, die durch eine
enorme Virulenz des Contagiums bedingt sind, das oben angegebene Ver¬
fahren machtlos, denn bei denselben wird das Individum nicht von Seite
der Localaffectionen, sondern vielmehr durch die Intoxication gefährdet
Hier bleibt das Feld für ein (Schutz-)Serum offen.
Bemerkung. Diese Arbeit bildet das Einleitungscapitel einer Monographie,
die ehestens im Verlage von Veit & Comp, unter dem Titel: „Die Prophylaxe der
acuten Exantheme“ erscheinen wird.
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[Aus der hygienischen Untersuchungsanstalt der Stadt Dauzig.]
(Director: Dr. Petruschky.)
Eine Anmerkung zu dem Lehrsätze:
„Die ruhige Exspirationsluft des Phthisikers ist vollkommen frei von
Tuberkelbacillen.“
Von
Dr. med. Wilh. Koelzer,
früher Assistent des Instituts.
Auf den letzten Tuberculosecongressen ist allgemein der Satz an¬
erkannt worden, dass die ruhige Exspirationsluft des Phthisikers keimfrei
sei, in dem Sinne, dass bei der gewöhnlichen Ausatmung weder Tuberkel¬
bacillen noch die Bakterien der Mischinfection aus der Lunge des Phthisikers
in die Luft gelangen. Ebendiesen Satz hat Com et in sein grosses Werk
über Tuberculose aufgenommen.
Ich möchte zu diesem Lehrsätze eine Anmerkung machen, welche
seine wichtige praktische Bedeutung nicht beeinflusst, aber insofern von
wissenschaftlichem Interesse sein dürfte, als sie die Umstände darlegt,
unter welchen auch bei gänzlich ruhiger Exspiration Tuberkelbacillen
ausgeathmet werden können. Ich betone vorweg, dass meine Ausführungen
in praktischer Hinsicht kaum irgend einen Einfluss auf die bisher ge¬
troffenen Einrichtungen haben können, weil die Zahl der in Frage kom¬
menden ausgeathmeten Bacillen eine zu geringe und daher kaum
schädliche ist.
Der Satz, dass die ruhige Exspirationsluft keimfrei ist, hat seine
wesentliche Begründung in der vielfach experimentell erprobten Thatsache,
dass von feuchten Oberflächen durch — selbst heftigere — Luftströmungen
kleinste Theilchen, Pilze, Bakterien nicht losgelöst und in die Luft geführt
werden. Eine derartige Loslösung würde erst dann erfolgen, wenn die
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218
Wilh. Koelzer:
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feuchte Oberfläche zugleich mechanisch stärker erschüttert würde, oder
auch der über die Oberfläche streichende Luftstrom so stark würde, dass
er selbst eine derartige Erschütterung und in Folge dessen Loslösung be¬
dingen würde. Es ist deshalb auch mit Recht vielfach hervorgehoben
worden, dass der Phthisiker bei sehr heftigen Athembewegungen durch
Versprühung in den Luftwegen Bacillen ausathmen könne, und soll der
obige Satz deshalb nur für die ruhige Exspirationsluft gelten. Als Stütze
des Satzes dient ferner die Feststellung N aegeli’s, dass nichtflüchtige
Stoffe, also auch Bakterien, nicht durch Verdunstung aus Flüssigkeiten
und feuchten Substanzen in die Luft entweichen können.
Es lagen nun eine Reihe von Arbeiten vor, deren Verfasser den
experimentellen Beweis dafür erbracht zu haben glaubten, dass die ruhige
Ausathmungsluft der Phthisiker Tuberkelbacillen enthalte. Diese Arbeiten
wurden jedoch als nicht einwandfrei verworfen, weil bei der Ausführung
der Versuche zum Theil der Sputumverstäubung, zum Theil der — erst
späterhin betonten — Versprühung feinster Tröpfchen heim Husten.
Sprechen, heftigen Athmen u. s. w. nicht genügend Rechnung getragen war.
Andererseits war eine Majorität von experimentellen Arbeiten vor¬
handen, von denen die einen beweisen sollten, dass die Eispirationsluft
des Gesunden keimfrei sei, die anderen, dass der Phthisiker keine Tuberkel¬
bacillen ausathme.
Auf die Frage, ob die Exspirationsluft des Gesunden vollkommen
keimfrei sei, will ich, weil hier ohne Belang, nicht eingehen. Zu den
experimentellen Beweisen aber, dass die Ausathmungsluft des Phthisikers
frei von Tuberkelbacillen sein soll, möchte ich die Frage aufwerfen, ob
ein solcher Beweis mit unseren jetzigen Mitteln überhaupt sicher zu
führen ist, oh die Schwierigkeit eines vollkommen einwandfreien Ver¬
suches nicht zu gross ist, als dass die vielleicht nur sehr geringe Zahl
von Bacillen nachweisbar wäre.
Als Beleg dafür, dass der Nachweis sehr schwierig sein muss, möchte
ich folgende von Cornet mitgetheilten Versuche anführen.
Com et liess Patienten mit explosivem Husten und bacillenreichem
Auswurf einen ganzen Tag lang in eine Petri'sehe Schale husten. Der
Inhalt wurde dann gesammelt und Meerschweinchen intraperitoneal inji-
cirt. In einer ersten Serie von 18 Fällen zeigten zwei der angehusteten
Schalen deutlich Sputum, die hiermit injicirten Thiere starben an Tuber-
culose; von den 16 anderen bekamen nur zwei Tuberculose der Bauch¬
höhle, obwohl die Schalen zumeist mit einer mehr oder minder dichten
Schleimschicht bedeckt waren. Eine zweite Versuchsreihe mit 15 Fällen
aber verlief vollkommen negativ!
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Über die Exspirationsluft des Phthisikers.
219
Wenn also hier unter so äusserst günstigen Versuchsbedingungen
29 von 33 Versuchen negativ ausfielen, wie viel Mal schwerer muss dann
der Nachweis der Bacillen in der ruhigen Ausatbmungsluft sein! Man
bedenke, dass der Versuch im Grossen gar nicht einwandfrei angestellt
weiden kann! Man kann nur die direct dem Munde des Patienten ent¬
strömende Luft benutzen! Die Versuchsdauer kann nur eine sehr kurze
sein, da sonst der Patient — es kommt ja besonders der Schwerkranke
in Betracht — in unerlaubter Weise überanstrengt werden müsste! Es
kommt dazu noch die nothwendige peinliche Ueberwachung, dass nicht
bacillenbeladener Staub, versprühte Tröpfchen, ein Husten, Niesen, Sprechen,
heftiges Athmen u. s. w. den Versuch stört!
Es liegt daher die Annahme nahe, dass ein einwandfreier experi¬
menteller Beweis in der Frage, ob geringe Mengen von Bacillen bei
ruhiger Ausathmung in die Luft gelangen können oder nicht, überhaupt
fast unmöglich ist.
Ich habe mit der freundlichen Erlaubniss von Herrn San.-Rath Frey¬
mut auf der Tuberculoseabtheilung des Danziger Stadtlazareths eine Reihe
von Versuchen angestellt, deren Ergebniss dann auch — bis auf eine
interessante Ausnahme — ein negatives war.
Die Versuche wurden bei 15 Patienten in der Weise angestellt, dass
dieselben im massig verdunkelten Zimmer 7 bis 15 Minuten (je nach der
Schwere der Erkrankung) ruhig gegen eine von mir selbst in 5 bis 8 cm
Entfernung vom Munde gehaltene sterile Petri’sehe Schale athmeten,
welche 5 00111 sterilisirte Gelatine oder physiologische Kochsalzlösung ent¬
hielt. Ich überwachte während der Versuchsdauer aufs Genaueste, dass
nicht Husten, Niesen, Sprechen, scharfes Athmen, irgend welche Be¬
wegungen des Mundes u. s. w. den Versuch stören würden. Die Patienten
waren so instruirt, dass sie, falls sie husten oder auswerfen mussten, mir
vorher mit der Hand ein Zeichen gaben; die Petri’sehe Schale wurde
dann für eine gewisse Zeit entfernt. Damit in einem Raum, in dem
mehrere Patienten lagen, eine Controle dafür bestehe, dass nicht ver¬
stäubtes Sputum u. s. w. den Versuch werthlos mache, so würde 30 bis
50 0111 entfernt von dem Munde des Patienten jedes Mal eine zweite sterile
mit gleicher Flüssigkeit gefüllte Petri’sehe Schale offen stehen gelassen.
Sofort nach Beendigung des Versuches wurde dann der Inhalt der Petri’-
schen Schalen je einem Meerschweinchen intraperitoneal, bei einigen Fällen
subcutan injicirt.
Es wurden also 30 Meerschweinchen auf diese Weise injicirt. Von
diesen 30 Meerschweinchen blieben 29 gesund; ich muss hinzufügen, dass
später einige von diesen an intercurrenten Krankeiten starben, ohne jedoch
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Wilh. Koelzeb:
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bei der Section eine Spur von Tuberculose zu zeigen. Ein einziges Thier
jedoch, das intraperitoneal injicirt war, magerte stark ab und starb nach
10 Wochen an typischer allgemeiner Tuberculose des Bauchfells, der
Leber, Lunge, Milz und Niere — in den Herden wurden die Tuberkel¬
bacillen mikroskopisch nachgewiesen —, und zwar war es auffallender
Weise das Thier, bei dem die eingespritzte Flüssigkeit von dem unter
allen am schwersten erkrankten Patienten angeathmet war, der zugleich als
einziger eine starke Kehlkopftuberculose mit nachgewiesenen Ulcera hatte.
Dieser eine Fall, ausgezeichnet durch die Schwere der Erkrankung und
das starke Ergriffensein des Kehlkopfes, steht den anderen 14 Fällen, bei
denen der Kehlkopf nicht ergriffen war, sowie den 15 Controlinjectionen
derart prägnant gegenüber, dass wir bei ihm eine Ausscheidung von
Bacillen durch die ruhige Exspirationsluft annehmen müssen. Es ist also
schwere Kehlkopfphthise als eine Complication zu betrachten, welche eine
experimentell nachweisbare Ausscheidung von Tuberkelbacillen schaffen
kann. Es könnte diese Ausscheidung begünstigt sein durch die stete Be¬
wegung der Stimmbänder, zumal da in dem Augenblick, in dem die
feuchten, an einander liegenden Stimmbänder sich von einander entfernen,
eine Absprengung feiner Bläschen stattfinden muss.
Ich möchte aber nunmehr auf Verhältnisse in der Lunge hinweisen,
unter denen eine — wenn vielleicht auch sehr geringe und nicht wesent¬
liche — Ausathmung von Tuberkelbacillen auch bei gänzlich ruhiger
Athmung erfolgen kann.
Es wurde oben betont, dass die Hauptstütze dafür, dass die Exspira¬
tion sluft bacillenfrei sei, in dem Satze liegt, dass von feuchten Oberflächen
durch den Luftstrom Bakterien oder bakterienhaltige kleinste Theilchen
nicht losgelöst werden. Dies trifft auch für die gesunde Lunge zu; in
der tuberculös erkrankten Lunge aber liegen die Verhältnisse anders,
kommen ganz neue Factoren in Betracht, welche den Standpunkt in der
von uns zu erörternden Frage ändern müssen. In den tuberculös er¬
krankten Lungenpartieen wird reichlich eitriger Schleim gebildet, der sich
den oberen Luftwegen zu bewegt. Je schwerer die Erkrankung, je
diffuser der Process, je stärker der Auswurf, um so reichlicher der eitrige
Schleim in der Lunge, oft beladen mit enormen Mengen von Tuberkel¬
bacillen. Die Athmungsluft treibt diesen Schleim, wenn er, wie so häufig,
das Lumen der Bronchialverzweigungen verstopft, hin und her, um sich
nach der Peripherie bezw. in umgekehrter Richtung Bahn zu brechen.
Hierdurch ist natürlich ein fortwährendes Platzen von Blasen bedingt.
Wir hören dies an der Thoraxwand deutlich als Rasselgeräusche und be¬
zeichnen diese Geräusche je nach der Grösse der Blasen als gross-, mittel-
und kleinblasig.
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Übeb die Exspirationsluft des Phthisikers.
221
Mit anderen Worten: Es findet in der tubercnlösen Lunge eine —
je nach der Ausdehnung des Processes — mehr oder minder reichliche
Versprühung des mit Tuberkelbacillen beladenen eitrigen Schleimes statt;
denn es ist eine physikalisch feststehende Thatsache, dass jedes Platzen
einer Blase, als auch jedes Rasselgeräusch von einer Versprühung be¬
gleitet ist, von einer Loslösung feiner Flüssigkeitsteilchen und Bläschen.
Nur findet die Versprühung, der Grösse der platzenden Blasen entsprechend,
in kleinem Maassstabe statt. Wo bleiben nun die sich loslösenden Flüssig-
keitstheilchen ? Alle irgendwie gröberen Theilchen werden sich sofort wieder
an der Wand der Schleimhaut absetzen, dies gilt aber nicht von den bei
der Versprühung sich bildenden allerfeinsten Bläschen. Es ist physikalisch
feststehend — man vergleiche hierüber die Arbeiten aus dem Flügge-
schen Institut —, dass bei der Sputumversprühung wie bei jedem Platzen
von Blasen sich feine Flüssigkeitsbläschen bilden, die sich in der Luft
längere Zeit schwebend erhalten können, die also derart unwesentlich
schwerer als die Luft sind, dass sie nur bei ganz ruhiger Luft langsam
zu Boden sinken würden. Ebensolche feinste Bläschen nun kann der
exspiratorische Luftstrom — der sich durch den eitrigen Schleim Bahn
bricht — mit herausreissen und somit die solchen Bläschen anhaftenden
Bacillen aus der Lunge in die Luft tragen. Dies braucht natürlich nicht
immer stattzufinden; aber dass es bei andauernd zahlreichen Rassel¬
geräuschen, besonders bei exspiratorischeu und mittel- bis grossblasigen
nicht nur so sein kann, sondern so sein muss, ist ein physikalisches
Postulat. Dass auch von diesen feinsten Bläschen noch ein Theil an der
Schleimhaut der Bronchialverästelungen haften bleiben wird, ist sicher,
ändert aber nur die Quantität. Es fragt sich nur noch: „Werden so
viele Bacillen ausgeschieden, dass sie schädlich wirken können?“ — und
darauf werde ich noch zurückkommeu.
Um meine Ausführungen noch weiter zu stützen und zu beweisen,
möchte ich noch zweierlei anführen.
Erstens möchte ich betonen, dass man bei jenen feinsten Bläschen
von den dem Auge deutlich wahrnehmbaren Bläschen fast ganz absehen
muss. Zum Beweise dafür, mit welch’ ausserordentlich feinen physikalischen
Vorgängen man es hier zu thun hat, möchte ich die Versuche von
v. Naegeli und Büchner 1 anführeu. Die Autoren nahmen vollkommen
sterilisirten Quarzsand von 1 bis 3 mra Korndurchmesser und übergossen
ihn mit verdünnten Reinculturen von Bakterien. Auf den Sandboden
wurden dann geöffnete sterile Gläser mit Nährlösung gestellt, und dann
1 v. Naegeli und Büchner, Der Uebergang von Spaltpilzen in die Luft.
Centralblatt für med. Wissenschaffen. 1882. Nr. 29.
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222
Wim. Koelzer:
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das Ganze mit einer Glasglocke bedeckt Zur Erzeugung eines auf¬
steigenden Luftstromes innerhalb der Glocke diente die Erwärmung des
Sandbodens. Wenn nun das Niveau der Bakterienflüssigkeit im Sand¬
boden sinken gelassen wurde, trat ein Knistern ein, das durch das Platzeu
der zwischen den Sandkörnern ausgebreiteten feinen Wasserhäutchen be¬
dingt war. Es zeigte sich alsdann, dass eine Ablösung und ein Transport
von Bakterien aus dem Sandboden in die sterilen Gläser, d. h. bis zu
einer Höhe von 10 cm über dem Sandboden, stattgefunden hatte. Durch
die bakteriologischen Cautelen waren Zufälligkeiten ausgeschlossen. Es
wuchsen jedes Mal in den Gläsern die Bakterien, mit denen der Bodeu
imprägnirt worden war. Es beweist dies auch — wie ja auch selbstver¬
ständlich —, dass derartig feinste Flüssigkeitstheilchen und Bläschen die
Verschlepper der Bakterien sein können.
Zweitens möchte ich dem Einwurf, dass jene versprühten feinen
Flüssigkeitsbläschen sich sicherlich an den Wänden der Ausführungsgänge
absetzen, also überhaupt nicht in die Aussenluft gelangen, entgegnen und
zeigen, warum diese Annahme nicht richtig ist. Dass die meisten ver¬
sprühten Theilchen sich allerdings absetzen, betonte ich schon; dass aber
feinste Bläschen durch den Luftstrom, besonders in seinem axialen Theil.
herausgeführt werden können, beweist sich schon dadurch, dass in umge¬
kehrter Richtung das Stattfinden eines Transportes feinster Theilchen von
aussen her bis in die Lungenalveolen eine bewiesene physikalische That-
sache ist. Die Befunde bei der Kohlenstaubinhalation haben den Beweis
erbracht, dass ein Theil des Kohlenstaubes durch die Inspiration bis iu
die Lungenalveolen gelaugt, ja, die Theorie der Inhalationstuberculose
gründet sich, unterstützt durch die Sectionsbefunde, auf dieses Gesetz.
Dass nun aber umgekehrt versprühte feinste Theilchen und Bläschen aus
der Lunge in die Luft gelangen, dafür ist der Beweis am so eher er¬
bracht, als die physikalischen Bedingungen hier nicht nur dieselben,
sondern sogar günstigere sind, indem der Transport hier aus einem engen
in ein stets zunehmend weiteres Lumen erfolgt, während für den In¬
spirationsstrom des Lumen sich stets verengt. (Ebenso entbehrt natürlich
die Annahme, dass Mund oder Nase filtrirend wirken sollen, jeder physio¬
logischen Begründung, indem die Veränderungen des Lumens und die
Krümmungen durch die entstehenden Luftwirbel nur die Quantität der
herausgeführten feinsten Bläschen beeinflussen können.)
Wir kommen nun zu der Frage: „Wie gross ist die Zahl der auf
diese Art ausgeschiedenen Bacillen? Wird eine erhebliche Schädigung
der Umgebung, eine stärkere Infectionsmüglichkeit geschaffen? —“ und
hier muss erfreulicher Weise bei näherer Erwägung aller in Frage kom¬
menden Momente gesagt werden, dass mit grösster Wahrscheinlichkeit
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Über die Exspirationsluft des Phthisikers.
223
die Zahl der Bacillen eine derart geringe ist, dass eine wesentliche In¬
fectionsmöglichkeit — besonders im Vergleich mit den starken Infections-
quellen des verstäubten Sputums, versprühter Tröpfchen u. 8. w. — kaum
anzunehmen ist. Ich betonte deshalb gleich zu Anfang, dass meine Aus¬
führungen mehr von wissenschaftlichem und principiellem als von prak¬
tischem Interesse sind. Denn dass feinste Bläschen aus der Lunge geführt
werden können, beweist noch nicht, dass dies nun auch stets, etwa bei
jedem Athemzuge geschehen muss; ferner kann die Zahl der feinsten
Bläschen nur eine kleine sein; dass den Bläschen immer Bacillen an-
haften, ist auch noch nicht gesagt; sollten die Bläschen sich zu Boden
senken, so ist es immerhin wahrscheinlicher, dass die wenigen ihnen an¬
haftenden Bacillen absterben, als dass sie durch Verstäubung in die Luft
gelangen und eingeathmet werden könnten. Sollten solche Bläschen sich
aber in der Luft schwebend erhalten, so wäre selbst, falls sie eingeathmet
würden, der Untergang der Bacillen an der Stelle des Haftenbleibens oder
die Hinausbelörderung durch das Flimmerepithel immerhin wahrschein¬
licher als ihre Ansiedelung; also auch dann noch wäre das Zustande¬
kommen einer Infection selten. Am meisten beachtenswert!) erscheint
mir noch bei schwer Erkrankten die Inficirung des Kopfkissens Nachts
während des Schlafes, besonders wenn der Patient mit offenem Munde
schläft; dass dem Kopfkissen nach beendetem Schlaf eine Zahl von
Bacillen anhaftet, welche durch die ruhige Athmung aus der Lunge ge¬
führt wurde, scheint mir in solchen Fällen wahrscheinlich; jedoch wird
auch hier die Infectionsmöglichkeit bei weitem durch die beim Husten
und Schnarchen entstehende Gefahr überwogen. Man sieht also, der Ge¬
danke an eine irgend wesentliche Infectionsmöglichkeit verschwindet bei
eingehender Prüfung immer mehr, und selbst der Hinweis darauf, dass
die Athmung andauernd stattfinde und dadurch die Inficirungsmöglich¬
keit erhöht würde, vermag die Auffassung hierüber nicht zu verändern.
Es ergiebt sich also aus dem Gesagten leicht die Folgerung, dass weder
in der Heilstättenfrage noch in den Verhaltungsmaassregeln für Lungen¬
kranke etwas zu ändern ist; nur wird man das Anathmen und überhaupt
das nahe Athmen — besonders in Hinsicht auf den Schlaf und die Be¬
ziehungen von Mutter und Kind — strenger als bisher verbieten.
Aus all’ diesen Erörterungen wird wohl zugleich Jedem ersichtlich
sein, warum der Nachweis der bei ruhiger Athmung zur Ausscheidung
gelangenden Bacillen auf exactem experimentellem Wege fast unmöglich ist.
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224 Wilh. Koelzer: Über die Exspirationsduet des Phthisikebs.
Ich möchte nunmehr meine Ausführungen in folgenden Sätzen zu-
sammenfassen:
1. Der Satz: „Die ruhige Exspirationsluft des Phthisikers ist frei von
Tuberkelbacillen“ ist in folgender Weise zu verändern: „Die ruhige
Exspirationsluft des Phthisikers ist nicht keimfrei, jedoch
findet durch sie eine Ausscheidung von Tuberkelbacillen nnr
unter besonderen Bedingungen und auch dann nur in so ge¬
ringer Menge statt, dass in praktischer Hinsicht von der
Exspirationsluft als einer wesentlichen Infectionsquelle nicht
die Rede sein kann.“
2. Die Quelle der Inficirung der Exspirationsluft ist gegeben durch
jene Versprühung eitrigen Schleimes in der Lunge, die wir als
Rasselgeräusche deutlich hören.
3. Die bei der ruhigen Exspiration ausgeschiedenen Bacillen sind so
wenige an Zahl, dass sie sich dem exacten experimentellen Nachweis leicht
entziehen.
4. Die Infectionsmöglichkeit durch die ruhige Exspirationsluft tritt
erheblich vor derjenigen zurück, welche die Verstaubung des Sputums und
die Versprühung desselben durch Husten u. s. w. bietet.
5. Schwere Kehlkopftuberculose begünstigt die Inficirung der ruhigen
Exspirationsluft quantitativ derart, dass eine experimentell nachweisbare
Menge von Bacillen ausgeathmet wird.
Weitere Versuche in dieser Richtung dürften von principiellem, wenn
auch weniger von praktischem Interesse sein.
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[Aus dem Institut für Infectionskrankheiten zu Berlin.]
(Director: Geh. Med.-Rath Prof. Dr. R. Koch.)
Die specilische Agglutination der Meningokokken als
Hilfsmittel zu ihrer Artbestimmung und zur bakterio¬
logischen Diagnose der epidemischen Genickstarre.
Von
Prof. Dr. H. Jaeger,
Geueraloberarit in Strasburg i/E.
Die Unterscheidung einander nahe stehender Bakterienarten mittels
der gebräuchlichen Culturverfahren, Färbemethoden, Thierversuche ist
immer schwieriger, complicirter und trotz allem immer unsicherer ge¬
worden, je mehr man sich überzeugen musste, dass die jeweils den bis¬
herigen Kriterien neu hinzugefügten Merkmale nichts für die im Einzel¬
fall uns interessirende specifische Bakterienart absolut Charakteristisches
haben, sondern gelegentlich auch bei verwandten Arten Vorkommen. Und
doch erscheint beispielsweise die Erzeugung der Cholera, der Pest, der
Ruhr etwas so Specifisches, dass man von der Voraussetzung einer Speciütät
absolut nicht abgehen konnte.
Da haben denn die Studien der letzten Jahre über das Wesen der
Immunität auch nach der Richtung der Differentialdiagnose specifischer
Arten Wandel geschaffen und uns neue, zuverlässige Unterscheidungs¬
merkmale biologischer Natur kennen gelehrt in den bei künstlicher
Immunisirung entstehenden Agglutininen und Bakteriolysinen. Bei der
Diagnose der Cholera, des Typhus, der bacillären Ruhr, der Pest kann
und will man diese entscheidenden diagnostischen Hülfsmittel nicht mehr
entbehren und schon ist auch zur Unterscheidung der typischen pyogenen
Staphylokokken von anderen, morphologisch und bei Cultur- und Thier¬
versuch von diesen nicht unterscheidbaren Kokken von Kolle und Otto 1
1 Kolle und Otto, Die Differenzirung der Staphylokokken mittels der Agglu¬
tination. Diese Zeitschrift. 1902. Bd. XLI.
ZeiUehr. I Hygiene. XLIV.
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15
Original fro-m
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226
H. Jaeger:
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dieser Weg mit Erfolg beschritten worden. Sie haben durch lmmuni-
sirung von Versuchsthieren Sera gewonnen, welche Cultureu des Staphylo-
coccus aureus und albus, welche sie aus Abscessen, Phlegmonen, Furunkeln
gezüchtet hatten, in specifischer Weise agglutiniren, wogegen bei in¬
differenten Kokken, auch wenn sie morphologisch und culturell mit den
pyogenen Staphylokokken in allen Punkten übereinstimmen, die specifische
Agglutinationsreaction ausbleibt.
Dieser Erfolg musste mich ermutigen, den schon längst gehegten
Plan zu verwirklichen und an die Frage heranzugeheu, ob nicht auch
für die specifischen Kokken der epidemischen Genickstarre
durch Immunisirung von Versuchsthieren ein genügend hoch-
werthiges Serum zu gewinnen sei, welches die echten Meningo¬
kokkenstämme in typischer Weise und in höheren Verdünnungen agglu-
tinirt, die denselben mehr oder weniger ähnlichen oder verwandten Kokken¬
arten aber unbeeinflusst lässt und so eine Differenzirung gestattet
Ich habe diese Studien zu Anfang November v. J. im Institute für
Infectiouskrankheiten auf der Hm. Prof. Kolle unterstellten Abtheiluug
begonnen und spreche ich hier Hrn. Geheimrath Koch für die Erlaubnis;
im Institute zu arbeiten, sowie für sein den Arbeiten entgegengebrachtes
gütiges Interesse, ferner Hrn. Prof. Kolle für seine Rathschläge bei
Ausführung der Arbeiten, welche er mir, der ich bislang auf diesem
Gebiete noch nicht gearbeitet hatte, bereitwilligst ertheilt hat, meinen
verbindlichsten Dank aus. Auch den HHrn. Oberärzten Dr. Otto und
Dr. Hetsch sage ich für mannigfache freundliche Unterstützung besten
Dank. —
Mit den Meningokokken verhält es sich in mancher Hinsicht ähnlich
wie mit den Staphylokokken: ihre Pathogenität für Versuchstiere ist eher
noch geringer, lässt sich also zur Unterscheidung der specifischen von
etwa sonst ähnlichen nicht specifischen Kokken wenig verwerthen, und
wenn auch im Allgemeinen der Typus des Meningococcus meist der ist. dass
ihn zartes Wachsthum, Gebundensein an Brüttemperatur (wenigstens für die
ersten Culturen) negatives oder doch nicht ganz ausgesprochen positives
Verhalten gegen die Gram'sehe Färbung von den Staphylokokkeu und
manchen Haufenkokken, wie sie in Anginen, im Nasenschleim, im Staub
der Zimmer u. s. w. gefunden werden unterscheidet, so kommen doch nicht
selten Fälle vor, wo die Entscheidung schwierig wird, ob man es mit
weniger typisch gewachsenen Meningokokken oder mit anderen im mensch¬
lichen Körper pathogen oder wenigstens parasitisch lebenden Kokken zu
tliun hat. Man findet nämlich auch unter den letzteren nicht selten
Arten, welche gleichfalls anspruchsvoll an Temperatur- und Nährsubstrat
sind, zartes Wachsthum und negatives oder nicht ausgesprochen positives
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Aktbestimmung der Meningokokken durch Agglutination. 227
Verhalten gegen die Gram’sche Färbemethode darbieteu. Zu ihnen gehört
unter anderen der Mikrococcus catarralis (Seifert-Pfeiffer).C
Von ganz besonderer Wichtigkeit musste es aber sein, durch Ein¬
führung der Agglutinationsreaction endgültig festzustellööy ob
die von verschiedenen Forschern bei verschiedenen EpideiÜieen
beschriebenen und zum Theil etwas different geschilderten
Meningokokken eine specifische Einheit darstellen. DieseFrage
hat sich in ihrer Bedeutung noch verschärft, seit von Seiten Weiehsel-
baum’s und seiner Schüler versucht worden ist, nur diejenigen MeiiingtM
kokken für echte zu erklären, welche sich durch besondere Fragilität gegetl
äussere Einflüsse und streng negatives Verhalten gegen die Gram’sche
Färbung auszeichneten.
Da nach dieser Lehre den von mir beschriebenen Kokken die Echtheit
abgesprochen werden sollte, so musste dieser Umstand auch für meine Ver¬
suchsanordnung von Bedeutung sein. Ich habe also zwei verschiedene Serien
von Thieren der Immunisirung unterworfen und zwar wurden die einen
mit einem typischen Stamm meiner Stuttgarter Culturen — von Kral
bezogen — behandelt, die anderen wurden der Immunisirung mit einer
gleichfalls von Kral bezogenen Weichselbaum’schen Cultur und zwar
des von mir als „Weichselbaum Staphylokokkentypus zart“ 1 bezeichneteu
Stammes unterworfen.
Die Immunisirung wurde au Kaninchen ausgeführt und zwar wurden
zunächst für jeden der zwei Culturstämme zwei Thiere genommen. ’! Die
zur Immunisirung verwendeten Culturen waren 48 Stunden auf schwach-
alkalischem 1 procent. Traubenzuckeragar in schrägerstarrten Röhren ge¬
wachsen. Von diesen wurden je 2 Oesen bezw. 4 Oesen in je 1 ccrn
physiologischer Kochsalzlösung (0*8 Procent) aufgeschwemmt, sodann
durch 2 ständiges Erhitzen auf 65° abgetödtet und nunmehr den Thieren
iu die Ohrvene injicirt.
Es traten bei sämmtlicheu Thieren keine erheblichen krankhaften
Erscheinungen auf, nur das Körpergewicht ging in den nächsten 2 Tagen
etwas herab. Am 5. Tage wurde die Injection wiederholt mit der doppelten
Dosis: je 4 bezw. 8 Oesen bei 65° abgetödteter Cultur. 6 Tage nach
dieser zweiten Injection wurde Blut aus der Ohrvene entnommen (Serum I)
und zwar nur denjenigen Thieren, welche die grösseren Dosen (4 + 8 0C,n )
Cultur erhalten hatten. Die beiden anderen (2 + 4 Oesen) wurden zu¬
nächst noch weiter immunisirt: 12 bezw. 13 Tage nach den ersten In-
1 Vgl. meinen Aufsatz: Zur Frage der morphologischen u. biologischen Charak-
terisirung des Meningococcus intracellularis. Centralblatt für Bakteriologie. 1902-
Abth. I. Bd. XXXIIL Nr. 1.
15*
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H. Jaeger:
jeetionen erhielten alle vier Thiere je eine ganze Cultur in je 2 cc,n physio¬
logischer Kochsalzlösung aufgeschwemmt in die Ohrvene injicirt und 6 Tage
später — 19 Tage nach der ersten Injection — wurde allen Thieren Blut
entnommen (Serum I).
Die Dosis der In jeetionen wurde nunmehr noch erheblich gesteigert:
es kamen jetzt je drei Petrischalen voll Cultur bei denjenigen Thiereu.
bei welchen mit niedrigen Dosen angefangen worden, zur Anwendung.
Nach 5 Tagen Blutentnahme (Serum II). Eines der Thiere dieser Serie
musste wegen Kaninchenseuche getödtet werden. Bei den drei übrigen
wurde die Immunisirung durch Injection noch grösserer Culturmassen
höher getrieben: es wurden jetzt je zehn Petrischalen in je 5““ Koch¬
salzlösung aufgeschwemmt, im Schüttelapparat bei 63° zwei Stunden ge¬
halten und dann in die Ohrvenen (einem der Thiere in die Halsvene)
injicirt. Nach 7 Tagen wurde Blut entnommen und so das Serum 111
erhalten. — Durchweg wurde die Injection auch dieser grossen Mengen
abgetödteter Culturen von den Thieren sehr gut ertragen.
Schliesslich wurden Anfangs December nochmals zwei Kaninchen mit
meiner Stuttgarter Cultur mit grossen Dosen behandelt und zwar erhielt
das eine derselben vier, das andere sechs Petrischalen wie bisher ab¬
getödteter Cultur in je 5 ccm aufgeschwemmt in die Ohrveue als erste
Dosis; nach 7 Tagen nochmals Injection von Aufschwemmung von je
15 Petrischalen; 14 Tage später Verblutenlassen. An demselben Tage
wurden auch die vorgenannten Thiere ausgeblutet und die sämmtlicheu
Sera im Trockuuugsapparat des Instituts für Infectionskrankheiten ge¬
trocknet. Die Herstellung des Trockenserums hat, da mein Urlaub zu
Ende war, Hr. Oberarzt Dr. Hetsch freuudlichst besorgt und mir die
Sera Ende Januar nach Strassburg gesandt. Leider konnte ich aus dienst¬
lichen Gründen an ihre Untersuchung erst Mitte April herangehen. Diese
Untersuchungen sind daher noch nicht abgeschlossen und wird über die¬
selben erst später berichtet werden.
Wir haben sonach folgende Sera:
1. Thiere immunisirt mit Stamm Jaeger aus Stuttgart:
Thier a mit grösseren Culturmengen behandelt
„ b „ kleineren „ „
Bezeichnung der Sera:
Stamm Stuttgart,
Thier a,
Serum
I, II, III, (IV),
ff ff
„ b,
ff
I, II, III, (IV),
ff ff
„ c,
ff
I, II, (III),
ff ff
„ d,
ff
I, II, (III).
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Artbestimmung der Meningokokken durch Agglutination. 229
2. Thiere immunisirt mit Stamm Weichselbaum, bezogen von
Kräl, von mir bezeichnet als Staphylokokken typhus. 1
Thier a mit grösseren Culturmengen behandelt,
„ b „ kleineren „ „
Bezeichnung der Sera:
Stamm Weichsel bäum, Thier a, Serum I, II, III,
„ „ „ b, „ (I) (Trockenserum) 2
(Thier frühzeitig an Kaninchenseuche eingegangen).
Ich gehe nunmehr zur Schilderung der Provenienz der mittels dieser
Sera auf Agglutination geprüften Culturen über.
1. Stamm Jaeger, Stuttgart. Wie schon oben erwähnt, ursprüng¬
lich von mir bei der Stuttgarter Epidemie gezüchtet und später in Königs¬
berg von mir von Kräl’s Laboratorium wieder bezogen.
2. Stamm Jaeger H. Berlin rührt von dem in einer früheren
Mitteilung 8 von mir erwähnten, von Krönig beobachteten Berliner
Falle her: obwohl in jenem Falle im Ausstrich aus Eiter Bilder von
intracellulären Diplokokken gesehen waren, die auf den Meningoeoccus
schliessen Hessen, so hatten die Culturen doch nur Staphylococcus aureus
ergeben. Es gelang mir damals, aus zweien der mir vom damaligen
Assistenten des Hm. Prof. Krönig, Hm. Dr. Hellend all zugesandten
Staphylokokkenculturen mittels Plattenpassage die Meningokokken noch
herauszuzüchten.
3. Stamm Meningoeoccus Jaeger. Meine Kokken, von mir noch¬
mals von Kräl bezogen, als Weichselbaum mich um eine meiner Culturen
ersucht hatte mit der Mittheilung, dass die von Kräl ihm gesandten Culturen
von den seinigen Abweichungen zeigen.
4. Stamm Diplococcus Jaeger habe ich von Czaplewski er¬
halten, der ihn von Albrecht in Wien hatte. Dieser hatte ihn seiner
Zeit von Kräl als den von mir isolirten Meningokokkeustamm bezogen.
5. Stamm F. Königsberg zart. Von mir aus einem Falle von
Cerebrospinalmeningitis in der Kinderklinik des Hrn. Prof. Falkenheim
in Königsberg ans Lumbalpunctionsflüssigkeit gezüchtet.
1 Nur morphologisch zu verstehen, im Gegensatz zu „Streptokokkentypus"
Vgl. meine Arbeit: Zur morphologischen und biologischen Charakterisirung des Me-
ningococcus intracellnlaris. Centralblatt für Bakteriologie. 1902. Abth. I. Bd. XXXIII.
S. 30.
* Die eingeklammerten Zahlen betreffen Trockenserura.
* Epidemiologisches u. Bakteriologisches über Cerebrospinalmeningitis. Deutsche
med. Wochenschrift. 1899. Nr. 29. S. 472.
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H. Jaeger:
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■ . ,6. Stamm F. Königsberg, dick. Aus demselben Falle stammend,
dicke Beläge bildende, aber nach Gram sich entfärbende, bei 22 bis 23° C.
sehr spärlich wachsende, die Gelatine nicht verflüssigende Kokken.
7. Stamm G. Darmstadt. Yon General Oberarzt Plagge bei der
Darmstädter Militärepidemie 1899 aus Gehirn und Rückenmark nach der
Obduction gezüchtet.
8. Stamm H. Darmstadt. Gleichfalls vou Plagge aus Lumbal-
punctionsflüssigkeit gezüchtet.
9. Stamm J. Darmstadt. Vou Plagge bei derselben Epidemie
aus dem Nasenschleim eines an Genickstarre Erkrankten gezüchtet.
10. Stamm Weichselbaum Staphylokokkentypus dünn. Wie
schob erwähnt von Kral bezogene Cultur des Coccus von Weichsel-
bäum.
11. Stamm Weichselbaum Staphylokokkentypus dick. Eben¬
so wie 10; zeigt sich aber nach Plattenpassage kräftiger als die erste.
'12. Stamm Weichselbaum Streptokokkentypus. Ebenso wie
10 ; und 11, bildet aber lange Doppelketten.
,13. Stamm Weichselbaum Meningococcus II, mir von Czap¬
lewski zugesandt mit der Notiz: „von Dr. Urbahn, welcher bei uns
arbeitet, von Kral erhalten.“
, , (<j| 14. Stamm T 106, mir von Czaplewski zugesandt mit der Notiz:
„T 106 stammt aus dem W r eichselbaum’schen Institut, von Prof.
Albrecht zu seiner Arbeit benutzt.“
.. j!; ,15. Stamm Sch. Yon mir in Königsberg aus einem Falle von
äjeiüugitis csp. aus der Lumbalpunctionsflüssigkeit gezüchtet. Wächst
dick, entfärbt sich nach Gram.
16. Stamm K. Von mir in Königsberg aus einem Falle von
Angina tonsillaris gezüchtet. Dem Meningococcus culturell ziemlich ähn¬
lich; sehr zartes Wachstum; Entfärbung nach Gram.
, 7 17. Stamm Luftcoccus. Auf einer Luftplatte angetroffene. dem
Meningococcus gleichfalls ziemlich ähnliche Cultur.
18. Stamm Mikrococcus catarrhalis, von Czaplewski erhalten.
19. Stamm Mikrococcus quadrigeminus Czaplewski; von
diesem aus Vaccine gezüchtet.
20. Stamm Staphylococcus pyogenes aureus I, von Kolle aus
eitriger Peritonitis gezüchtet (vgl. die oben citirte Arbeit von Kolle und
Otto).
, 21. Stamm Staphylococcus aureus XV, von Otto aus Abscess
gezüchtet.
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Aktbestimmung der Meningokokken durch Agglutination. 231
Das Verfahren der Agglutinationsprüfung war das im Institut für
Iufectionskrankheiten gebräuchliche: die erforderlichen Serummengen
wurden mit täglich frisch bereiteter, durch gehärtete Filter filtrirter
physiologischer Kochsalzlösung in entsprechender Weise verdünnt und von
den erhaltenen Verdünnungen je 1 ccm in ein Reagensglas abgefüllt. Als¬
dann wurde von 24 Stunden alten Agarculturen je eine Oese voll in der
betreffenden verdünnten Serumprobe verrieben und hierauf in den Brüt¬
schrank gestellt. Da das Wachsthum der Culturen meist viel zarter sich
gestaltet, als etwa dasjenige der Typhusbacilleu oder der Staphylokokken,
so war zur Aufschwemmung einer vollen Oese meist der Rasen von einer
ganzen schräg erstarrten Agarröhre erforderlich. Die Verreibung an der
Innenschicht des Reagensglases zu homogener Aufschwemmung gelingt
bei Meningitisculturen nicht immer so glatt wie bei den Staphylokokken:
zuweilen fällt beim Verreiben eine Neigung der Kokken, in kleinsten
Krümelu zusammen zu bleiben, auf: es entsteht das Bild der Pseudo-
agglutiuation, welche aber niemals einen erheblichen Grad erreicht und
bei welcher die Stufenleiter in der Zunahme von der schwächeren zu den
stärkeren Concentrationen fehlt. 1
Prüfung der Culturen
auf ihr Verhalten gegen Staphylokokkenserum.
Die Zeit vom Beginn der Tbierimmunisirungen bis zur Gewinnung
des ersten Meningokokkenserums wurde dazu augewendet, das Verhalten
der Meuingitisculturen gegen das von Kolle und Otto dargestellte
Staphylokokkenserum kennen zu lernen. Ich habe schon wiederholt
betont und halte das auch jetzt noch gegenüber den mehr dialectischen
als sachlichen Einwendungen Weichselbaum’s aufrecht, dass im prak¬
tischen Falle, wo es sich um die seuchenprophylaktisch so wesentliche früh¬
zeitige Diagnose an der Leiche oder am Lebenden haudelt, die Bestimmung
etwa gewachsener Kokkencolonieen Schwierigkeiten bereiten kann. In der
kurzen Beschreibung meiner Culturen findet sich mancher Stamm, z. B.
die Stämme 6, 15, 16, welche durch dickes opakes Wachstimm auf Agar
Staphylokokken vortäuschen, sich aber nach Gram constant und vollständig
entfärben, andererseits habe ich auch schon Culturen erhalten, welche
durch die Zartheit des Wachsthums ihrer Colonieen auf der Agarplatte
‘ Diese Wahrnehmung habe ich bei meinen Untersuchungen in Berlin nur ganz
vereinzelt gemacht, viel häufiger dagegen in Strassburg, nachdem die Culturen lange
nicht hatten weitergezüchtet werden können und dadurch etwas verkümmert waren.
Die Erscheinung ist jetzt, zur Zeit der Correctur, nachdem die Culturen auf Löffler-
Serum wieder zu kräftiger Entwickelung gelangt sind, wieder beseitigt.
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entfernt nicht an Staphylokokken denken lassen, die aber auf Gelatine bei
Zimmertemperatur wachsen und ihren Nährboden, wenn auch äusser-t
langsam und in geringer Ausdehnung, verflüssigen. In solchen Fällen
kann es nicht genügen, ein paar Artmerkmale zu decretiren und wenn
diese nicht stimmen wollen, einen klinisch oder epidemiologisch vielleicht
mit grösster Bestimmtheit als Genickstarre anzusprechenden Fall vom
Standpunkte der exacten Bakteriologie abzulehnen.
Die Arbeit von Kolle und Otto hat uns gezeigt, wie vielen
Täuschungen in Bezug auf die Diagnose der pyogenen Staphylokokken
der Bakteriologe bisher ausgesetzt war und ausgesetzt bleibt, wofern er
nicht zum differential-diagnostischen Mittel der Agglutiuationsreaction
greift. So war es also gewiss auch von Interesse, zu erfahren, wie einer¬
seits die authentischen Meniugitisculturen, andererseits solche Stämme,
welche — aus Meningitis- oder anderen Erkrankungstallen gewonnen —
in ihren Merkmalen mehr oder weniger den Meningokokken glichen, sieh
gegenüber dem Staphylokokkenserum verhielten.
Nachstehend folgen die Resultate dieser Untersuchungen.
Cultur Nr. 1 Jaeger-Stuttgart mit Staph.-Serum.
1:10, 1:20, 1:50, 1:100, 1:200, 1:500, 1:1000, 1:2000, 1:5000 = -
Nr. 20 Staphylococcus I.1:100 = + + +
,. 1 Jaeger-Stuttgart mit physiolog. Kochsalzlösung . = —
,. 1 ,, .. normal. Kaninchenserum. . 1 : 20 = —
.. 1 .. .. „ ,. .. . . 1 : 50 = -
Cultur Nr. 2 H. mit Staph.-Serum.
1:10. 1:20. 1:50. 1:100. 1:200. 1:500. 1 : lOUO, 1:2000, 1:5000 =-
Nr. 20 Staph. I.1:100 = + + +
.. 2 Hellendall mit physiol. Kochsalzlösung .... = —
2 .. ,. normal. Kanichenserum . . . . 1: 20 = —
.. 2 .. ., ,. ., . . . . 1: 50 = —
Cultur Nr. 7 G. mit Staph.-Serum.
1:10. 1:20, 1:50, 1:100. 1:200. 1:500, 1:1000 = —
Nr. 20 Staph. I. 1:100=+ + -
., 7 Gerlaeher mit physiol. Kochsalzlösung .... = —
., 7 „ „ normal. Kaninchenserum. . . . 1: 20 = —
„7 „ „ ,, „ .... 1 : 50 = —
Cultur Nr. 3 Meningitis Jaeger mit Staph.-Serum.
1:50, 1 :100 = —
Nr. 20 Staph. I.1: 100 = + -r +
„ 3 Men. Jaeger mit physiol. Kochsalzlösung ... = —
,. 3 ., ., .. normal. Kaninchenserum. . . 1:20 = —
.. 3 », ., ,, ,, ...1.50 —
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Aktbestimmung dek Meningokokken durch Agglutination. 233
Cultur Nr. 10 Weiehselbaum Staphylokokkentypus mit Staph.-Ser.
1:20, 1:50, 1:200, 1:500, 1:1000 = —
Kr. 20 Staph. I. 1:100=+ + +
10 Weichselb. Staph.-Typ. mit physiol. Kochsalzlösg. * —
10 „ „ „ „ norm. Kan.-Serum . 1: 20 = —
" ü it v H »i >1 . 1: 50 =
Cultur Nr. 12 Weichselbaum Streptokokkentypus mit Staph.-Ser.
1:10, 1:20, 1:50, 1:100, 1:200, 1:500, 1:600, 1:1000, 1:2000,
:5000 = (+), also keine echte Agglutination, sondern Pseudoagglutination.
Nr. 20 Staphylococcus I.1:100 = + + +
.. 12 Weichs.-Strept.-Typ. mit physiol. Kochsalzlösung. =
12 ,, „ „ „ norm. Kan.-Serum . . 1: 20 = (+)
••12 ,. ,. „ „ „ „ „ . . 1: 50 = ( + )
Cultur Nr. 15 Sch. mit Staph.-Serum.
1:20, 1:50, 1:100, 1:200, 1:500, 1:1000 = —
Nr. 20 Staphylococcus I. 1:100=+ + +
„ 20 Schröck mit physiol. Kochsalzlösung. = —
„ 20 ,. „ norm. Kaninchenserum.1: 20 — —
-20 „ „ „ .1 : 50 = —
Wir sehen: Keine einzige der untersuchten Culturen ist
durch das Staphylokokkenserum, dessen specifische Aggluti¬
nationswirkung in jedem Versuch zur Controle mitgeprüft
wurde und sich stets kräftig bethätigte, beeinflusst worden.
Nur bei der Cultur „Weichselbaum Streptokokkentypus“ haben sich
geringfügige Agglutinationserscheinungen gezeigt, jedoch nicht nur beim
specifischen Staphylokokkenserum, sondern auch bei normalem Serum
und in physiologischer Kochsalzlösung. Es handelte sich hier um
schlechte Verreibbarkeit der Cultur, jedoch nicht in dem Maasse, dass
sie die Beobachtung der specifischen Agglutination gestört hätte. In¬
teressant ist, dass der Stamm Sch. (Nr. 15), der aus der Lumbal-
puuctionsflüssigkeit von einem klinisch typischen Fall sporadischer Genick¬
starre gezüchtet wurde, grosse Tetraden bildet, ebenso dick wächst wie
Staphylokokken, aber sich nach Tram entfärbt, und die Gelatine bei
spärlichem Wachsthum unverliüssigt lässt, vom Staphylokokkenserum
nicht beeinflusst wird, ebenso wenig aber auch, wie wir jetzt sehen werden,
vom Meningokokkenserum.
Ich gebe nachstehend in tabellarischer Form die Resultate, welche
ich bei Prüfung der einzelnen Sera verschiedener Werthigkeit der Reihe
nach erhalten habe. Die Intensität der Agglutination ist durch die Zahl
der +-Zeichen zum Ausdruck gebracht; (+) bedeutet eine schwache An¬
deutung der Agglutination; — bedeutet negatives Ergebniss.
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Im Verlauf meiner Arbeiten erfuhr ich, dass Hr. Prof. Wassermann
zufällig gleichzeitig mit derselben Aufgabe beschäftigt war. Derselbe hat
mich freundlichst ermächtigt, von seiner mir gemachten Mittheilung Ge¬
brauch zu machen, dass auch, soweit er damals übersehen konnte, von
seinem Serum Culturen, die von mir stammten, übereinstimmend mit
Weichselbaum’schen Culturen agglutinirt wurden. Ich sage ihm für
diese, meine Befunde bekräftigende Mittheilung auch an dieser Stelle
meinen verbindlichsten Dank!
Serum Ia Jaeger (von Thiera immunisirt mit Stamm Nr. 1 Jaeger-Stuttirart).
(4 Oesen und 8 Oesen Cultur.)
Stamm Nr. 1 Jaeger-Stuttgart.1:100 Agglutination +
Controle: physiol. CINa-Lös.— norm. Kan.-Ser. 1:50 —
„ „ 3 Meningitis Jaeger.1:100 Agglutination +
Controle: physiol. CINa-Lös.— norm. Kan.-Ser. 1:50 —
„ „ 7 Gerlacher.1:100 Agglutination +
Controle: physiol. CINa-Lös.— norm. Kan.-Ser. 1:50 —
„ „10 Weiohselbaum Staphylokokkentyp. dünn 1:100 Agglut. +
Controle: physiol. CINa-Lös.— norm. Kan.-Ser. 1:50 —
11 Weichselbaum Staphylokokkentypus dick. In physiol. Kochsalz¬
lösung nicht verreibbar; scheidet also aus.
13 Meningitis II Czaplewski (Weichselbaum von Kral)
1 :100 Agglutination +
Controle: physiol. CINa-Lös.— norm. Kan.-Ser. 1:50 -
14 T 106 (Weichselbaura-Albrecht) . 1 : 100 Agglutination +
Controle: physiol. CINa-Lös.— norm. Kan.-Ser. 1:50 —
18 Mikrococcus catarrhalis .... 1:100 Agglutination+ +
Controle: physiol. CINa-Lös. + + norm. Kan.-Ser. 1 :200 + +
Serum Ila Jaeger (von Thiera immunisirt mit Stamm Nr. 1 Jaeger-Stuttgart).
io Cultur.)
Contr. norm. Kan.-Ser. 1:50 —
, „ „ „ 1:50-
» )< „ „ 1 ; öO
, „ .. 1
Stamm 0esen ’ 8
Oesen, ga
Nr. 1
Jaeger-Stuttgart .
1:100
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1:300
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1:100
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1:200
11
—
7
ii ...
1 :300
11
—
„13
Men. II Czaplewski
1 : 100
11
—
„13
„ n „
1 : 200
11
—
„14
T 106 Weichsel-
baum-Albrocht
1 :100
11
+
„ 14
desgl.
1:200
11
(+)
.. 14
desgl.
1 :300
11
( + )
..20
Staphylococcus I .
1: 100
11
—
.,20
I.
1:200
11
—
„20
„ i.
1:300
11
—
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
I
Artbestimmung der Meningokokken durch Agglutination. 235
Serum lila Jaeger (von Thiera immunisirt mit Stamm Nr. 1 Jaeger-Stuttgart).
(4 Oesen, 8 Oesen, ganze Cultur, 9 Petrischalen.)
•Stamm
Nr. I Jaeger-Stuttgart . 1:100 Aggl. + + Contr. norm. Kan.-Ser. 1:50 ( + )
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i
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i
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11
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Staphylococcus I .
i
100
11
+
+
( + ) Contr. norm. Kan.-Ser. 1 :50 —
( + ) Contr. norm. Kan.-Ser. 1 : 50 —
+ + Contr. norm. Kan.-Ser. 1 : 50 ( + )
+ +
+
— Contr. norm. Kan.-Ser. 1:50 —
Serum Ib Jaeger (von Thierb, immunisirt mit Stamm Nr. 1 Jaeger-Stuttgart).
Stamm
(2 Oesen, 4 Oesen, ganze Cultur.)
r. 1
Jaeger-Stuttgart . 1:100
Aggl. + +
Contr. norm. Kan.-Ser. 1 : 50 ( + )
, 1
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1
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11
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2
H. ... 1:100
11
+
Contr. norm. Kan.-Ser. 1:50 —
. 7
G. ... 1:100
11
+ +
Contr. norm. Kan.-Ser. 1: 50 ( + )
, 7
„ ... 1:200
11
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„ phys. Kochsalzlös. ( + )
, 7
... 1:300
11
+ +
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11
( + )
Contr. norm. Kan.-Ser. 1 : 50 ( + )
,13
„ II „ 1:200
11
( + )
„ phys. Kochsalzlös. ( + )
,14
T 106 Weichsel-
baum-Albrecht . 1:100
11
+ +
Contr. norm. Kan.-Ser. 1 :50( + )
.14
desgl. . 1: 200
11
+ +
„ phys. Kochsalzlös. ( 4-)
. 14
desgl. . 1: 300
11
+ +
Serum IIb Jaeger (von Thierb, immunisirt mit Stamm Nr. 1 Jaeger-Stuttgart).
(2 Oesen, 4 Oesen, ganze Cultur, 3 Petrischalen.)
Stamm
r. 1
Jaeger-Stuttgart .
1:100 Aggl,
- + + + + Contr. norm. Kan.-Ser. 1:50( + )
. 1
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1:200 „
+ + +
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ii ii
1:300 „
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1:100
+ Contr. norm. Kan.-Ser. 1:50 (+ )
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„ ...
1:200 „
( + )
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1:300 „
—
„ 3
Meningitis Jaeger
1:100
+ + + + Contr. norm. Kan.-Ser. 1:50( + )
3
ii ii
1:200 „
+ + +
.. 3
ii ii
1:300 „
+ + +
Digitized by
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
236
H. Jaeöer:
Digitized by
Stamm
Nr. 5
F. (zart)
. . 1:100 Aggl.
444
Contr. norm.Kan.-Ser. 1:50(+1
„ 5
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+ +
„ 5
11 11
. . 1:300 „
+
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„ dick, schlecht verreibbar;
scheidet
daher aus!
„ 1
G. . .
. . 1:100 Aggl.
+ +
Contr. norm. Kan.-Ser. 1 : 50 (+)
„ 7
11
. . 1:200 „
++
„ 7
11
. . 1:300
+
„ 8
H. . .
. . 1:100
+ + + + Contr. norm. Kan.-Ser. 1:50 —
„ 8
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. . 1:200
+ + +
„ 8
11
. . 1:300 „
+ + +
„ 9
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. . 1:100 „
+ + + + Contr. norm. Kan.-Ser. 1:50 —
„ 9
11
. . 1:200 „
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„ 9
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. . 1:300 „
++
„10
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Staph.-Typ.
dünn 1:100 „
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„10
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1:200 „
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„10
desgl.
1:300 „
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„12
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Streptokokkentyp. 1:100 „
+++
Contr. norm. Kan.-Ser. 1:50(+
„12
desgl.
1:200 „
++
„12
desgl.
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„13 Men.IICzaplewski 1:100 „
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Contr.norm. Kan.-Ser. 1:50 —
„13
„ n ,
1:200 „
+ -
„13
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1:300 „
—
„14
T 106 Weichsel-
baum-Albrecht . 1:100 „
+ +++
Contr. norm. Kan.-Ser. 1:50( +)
„14
desgl.
1:200 „
+++
„14
desgl.
1:300 „
+ +
„15
Sch. . .
. . 1:100 „
—
Contr. norm. Kan.-Ser. 1:50 —
„15
11
. . 1:200 „
—
„ 15
11
. . 1:300 „
—
„16
K. . .
. .1:100 „
(+)
Contr. norm. Kan.-Ser. 1:50( + )
„16
11
. . 1:200 „
( + )
„ phy8.Kochsalzlös. (+i
„16
11
. . 1:300 „
( + )
„18
Mikrococcus
catarrhalis . .
. . . 1:100 Aggl. + + r
Contr.
norm. Kan.-Ser.
. 1:50 + + + 1:100 + + +
„18
Mikrococcus
catarrhalis . .
. . . 1:200 Aggl. +-t- +
Contr.
norm. Kan.-Ser.
1:200 +4* + 1:300 + 4 +
„18
Mikrococcus
catarrhalis . .
. . . 1:300 Aggl. +4 +
Contr.
phys. Kochsalzlösung 4 4 4
„20 Staphylococcus I 1:100 Aggl.
—
Contr.norm.Kan.-Ser. 1:50 —
„20
ii
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Artbestimmung der Meningokokken durch Agglutination.
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Difitized by Gougle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
238
H. JaKGEK:
Digitized by
Serum Ic Jacher (von Thierc, immunisirt mit Stamm Nr. 1 Jaeger-Stuttgart).
Stamm (® Petrischalen.)
Nr. 1
Jaeger-Stuttgart
1:100 Aggl. ++ Controle: norm. Kan.-Ser. 1:50 —
„ 1
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1:200
11
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( + ) ii physiol. Kochsalzlös. —
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1 : 100
ii
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ii
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Staph.-Typ.
1:100
ii
4- Controle: norm. Kan.-Ser. 1:50 —
„10
desgl. .
1 : 200
,,
( + ) „ physiol. Kochsalzlös. —
„14
T 106 Weichsel-
baum-Albrecht
1 : 100
ii
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„14
desgl. .
1 :200
ii
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„19
Mikrococcus
quadrigeminus
1:100
ii
— Controle: norm. Kan.-Ser. 1:50 —
„19
desgl. .
1 : 200
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— „ physiol. Kochsalzlös. —
Serum Id Jaeger (vonThicrd,
immunisirt mit Stamm Nr. 1 Jaeger-Stuttgart).
Stamm
(4 Petrischalen.)
Nr. 1
Jaeger-Stuttgart .
1 : 100 Aggl.
+ + + -f- Contr.: norm.Kan.-Ser. 1 :50 —
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Diploc. Jaeger
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ii
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„
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1:100
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4- -f 4- 4- Contr.: norm.Kan.-Ser. 1:50 —
„14
desgl. . .
1:200
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4-4-4- „ phys. Kochsalzlös. —
..14
desgl. .
1:300
,,
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Mikrococcus
quadrigeminus
1:100
ii
— Contr.: norm.Kan.-Ser. 1:50 —
„19
desgl. . .
1:200
ii
— „ phys. Kochsalzlös. —
„19
desgl. .
1:300
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Weichselbaum Staphylokokkentypus (dünn).
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Nr. 1 Jaeger-Stuttgart . 1: 100 Aggl. + 4- Contr.: norm. Kan.-Ser. 1:50""
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Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Aktbestlmmung dek Meningokokken duhcii Agglutination. 239
Stamm
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Contr.: norm. Kan.-Ser. 1:50 —
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Contr.: norm. Kan.-Ser. 1:50 —
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desgl. 1: 300 „
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baum-Albrecht . .1:100 ,,
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Contr.: norm. Kan.-Ser. 1:50 —
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desgl. . . 1 :200 „
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„ phys. Kochsalzlös. —
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. . . 1:100 Aggl. 4-4-4-
Contr.: norm. Kan.-Ser..
. . ,
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.. 18
Mikrococcus catarrhalis. . .
. . . 1:200 Aggl. 4-4-4-
Contr.: norm. Kan.-Ser..
, ,
. 1:200 +4-4- 1:300 4-4-4-
,.18
Mikrococcus catarrhalis. . .
.
. . . 1:300 Aggl. 4-4-4-
Contr.: phys. Kochsalzlösung.+ + +
Serum lila Weichselbaum (von Thiera, immunisirt mit Stamm Nr. 10
Weichselbaum Staphylokokkentypus (dünn).
Storni (4 Oesen, 8 Oesen, ganze Cultur, 8 Petrischalen.)
Nr. 1 Jaeger-Stuttgart . 1:100 Aggl.
.. 1 1:200 „
..11 Weichselbaum
Staph.-Typ. (dünn). 1:100
..11 desgl. 1:200 ,.
.,14 T 106 Weichsel-
baum-Albrecht . .1:100
..14 desgl. 1:200 ,.
+ + Contr.: norm. Kan.-Ser. 1:50 —
+ „ phys. Kochsalzlös. —
+ + + Contr.: norm. Kan.-Ser. 1:50 —
+ + + ,, phys. Kochsalzlös. —
+ Contr.: norm. Kan..Ser. 1:50 —
— ., phys. Kochsalzlös. —
An diese tabellarische Aneinanderreihung der Resultate möchte ich
noch einige Beobachtungen zur Technik der Agglutination, wie sie sich
mir bei den Arbeiten ergeben haben, beifügen: die Agglutination trat im
Allgemeinen, und besonders bei den ersten noch nicht hochwerthigen Seris
nicht so bald ein, wie man sie bei Cholera, Ruhr, Typhus zu beobachten
pllegt. Nach l j 2 Stunde Aufenthalt im Brutschrank war meist noch wenig
zu sehen. Als beste Art der Beobachtung ergab sich mir, die Röhren 24
Stunden im Brütschrank zu belassen. Geschah dies, so konnte meist schon
aus dem Aussehen der Proben in den Röhren das Resultat noch vor dem
Aufschütteln mit einiger Sicherheit vorausgesehen werden, indem sich die
agglutiuirten Proben abgeklärt hatten. — Freilich ganz constant hat sich
dies nicht gezeigt, denn wie bezüglich des Wachsthums in Bouillon von
Seiten der verschiedenen Beobachter sehr verschiedene Angaben gemacht
Digitized by
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
240
H. Jaeger:
Digitized by
werden über Trübung oder klar bleiben, Häutchenbildnug oder Bodensatz,
so fand auch ich in dieser Beziehung nicht bloss die einzelnen Stämme
gelegentlich von einander etwas abweichend, sondern noch mehr jeden
einzelnen Stamm bald mehr diffuse Trübung erzeugend, bald mehr sieh
am Boden absetzend, die Bouillon darüber aber mehr oder weniger voll¬
ständig geklärt, manchmal auch noch mit feinen suspendirten Flöckchen
durchsetzt.
So dürfte denn auch das klare Absitzen der in die Serumprobe ein¬
gesäten Bakterien nicht ohne Weiteres auf die Agglutination bezogen
werden. Es müssen vielmehr auch nach dem Aufschütteln die typischen
agglutinirten Bakterienhäufchen sichtbar bleiben.
Die Beobachtung der Proben mit blossem Auge hat sich mir bei
meinen Studien in Berlin als die geeignetste erwiesen; wohl habe ich die
mikroskopische mit schwachem und starkem Objectiv auch versucht, doch
kann bei den unbeweglichen Organismen, um die es sich handelt, eine
natürliche Anordnung in Häufchen leicht zu Täuschungen Anlass geben.
Weit vortheilhafter dagegen hat sich mir die Vervollkommnung der
makroskopischen Beobachtung durch künstliche Beleuchtung erwiesen.
Das trübe und wechselnde Novemberlicht liess mich das Bedürfnis nach
genügend heller, einheitlicher, constauter Beleuchtung lebhaft empfinden.
Ich construirte zu diesem Zwecke einen Apparat, den ich Agglutinoskop
nennen möchte und dessen Beschreibung ich demnächst veröffentlichen
werde. Derselbe wird von Fr. M. Lautenschläger in Berlin augefertigt.
Das Princip dieses Beleuchtungsapparates beruht darin, dass eine künstliche
Lichtquelle (elektrische Glühlampe) dem Beobachter durch einen schwarzen
Schirm verborgen, ihre Lichtstrahlen nur durch einen schmalen Schlitz auf
das die Agglutinationsprobe enthaltende Reagensglas werfen kann. Diese
Lichtstrahlen werden von den Bakterienklümpchen reflectirt, und diese er¬
scheinen so in ähnlich scharfer Beleuchtung, wie beispielsweise die Sonnen¬
stäubchen in dem Lichtstrahl, der in ein sonst verdunkeltes Zimmer fallt.
Dieser Beleuchtungsapparat macht den Beobachter unabhängig von dem
wechselnden und oft sehr ungenügenden Tageslicht, auch ermöglicht er
die Demonstration der Erscheinung der Agglutination bei Vorträgen, und
schliesslich ist die Stärke der Beleuchtung eine constante und einheit¬
liche, es wird dadurch auch die Beurtheilung der Resultate an Einheitlich¬
keit gewinnen.
Bei Durchsicht der Tabellen über die Agglutinationsergebnisse wird
man gewahr, dass die besten Resultate nicht mit dem Serum solcher
Thiere erhalten wurden, welchen die grössten Mengen abgetödteter Culturen
einverleibt waren, sondern dass die Werthigkeit des Serums bei zu hohen
Dosen wieder herabging, so z. B. war Serum I von Thier d (immuuisirt
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
AKT BESTIMMUNG DER MENINGOKOKKEN DURCH AGGLUTINATION. 241
mit Stamm Jaeger) viel hoehwerthiger als Serum I vorn Thier c, welches
mit demselben Stamm immunisirt war. Thier c hatte aber 6 Schalen ab-
getödteter Cnltur intravenös erhalten, Thier d dagegen nur 4 Schalen.
Auch Serum II von Thier b (Stamm Jaeger) war schon recht wirksam;
das betr. Thier hatte erhalten in 5 bis 8 tägigen Zwischenräumen: 2 Oesen,
4 Oesen, ganze Cultur 3 Petrischalen; dann Entnahme von Serum II.
Später wurde dann nach Einverleibung von 8 Schalen das wirksamste
Serum III b erhalten. Hier war also erst spät zu so hoher Dosis ge¬
schritten worden. Dagegen scheinen so geringe Anfaugsdosen von 2 bis 8
Oesen nicht erforderlich zu sein; man kann dreist mit 1 bis 3 Petrischalen
die Immunisirung beginnen. Fasse ich die Ergebnisse der Untersuchungen
zusammen, so ergiebt sich Folgendes:
1. Es hat sich herausgestellt, dass es durch die Immunisirung von
Kaninchen in dem beschriebenen Vorgehen gelungen ist, Serum zu er¬
halten, welches die Culturen der Meningokokken in specifischer Weise
agglutinirt und welches hochwerthig genug sich erwiesen hat, um die spe-
cifischen Meningokokkenstämme von mehr oder weniger diesen ähnlichen
Culturen anderer Herkunft zu differenziren.
2. Es hat sich ferner herausgestellt, dass sowohl die von mir ge¬
züchteten Meningokokkenstämme, als auch die von Weichselbaum und
seinen Schülern isolirten Meningokokken trotz gewisser cultureller Ab¬
weichungen, für identisch zu erklären sind, deun sie werden durch ein
und dasselbe specifische Serum agglutinirt, und zwar ist es gleichgültig,
ob man mit Serum Jaeger Stämme Jaeger oder Weichselbaum zusammen¬
bringt oder ob diese Stämme mit Serum Weichsel bäum gemischt werden.
3. Die vorliegenden Untersuchungen haben erwiesen, dass einerseits
weder die echten Meningitisstämme noch die verschiedenen, denselben
morphologisch oder culturell mehr oder weniger ähnlichen Stämme ander¬
weitiger Provenienz, die mit Meningitis nichts zu thun haben, auf das
Sfcaphylokokkenserum von Kolle uud Otto reagiren, und dass andererseits
diese letzteren, zur Meningitis nicht in Beziehung stehenden Stämme von
den Meniugokokkenseris nicht beeinflusst werden.
4. Insbesondere ist unter die letztgenannten Kokkenarten auch der
Micrococcus catarrhalis zu rechnen. Derselbe wird schon durch nor¬
males Serum in weitgehenden Verdünnungen, ja durch physiologische
Kochsalzlösung überaus stark agglutinirt. Da diese Erscheinung den
echteu Meningokokken gar nicht oder höchstens in ganz geringfügigem Maasse
zukommt, so lässt auch er sich von der Zugehörigkeit zu den Meningo¬
kokken ausschliessen.
5. Sämmtliche von mir als echte Meningokokken angesprochenen
Stämme haben auch durch die Serumprobe ihre Echtheit erwiesen, mit
Zeitäcbr. f. Hygiene. XLIV.
Digitized by Gougle
16
Original fro-m
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
242 H. Jaeger: Artbestimmung der Meningokokken u. s. w.
Digitized by
Ausnahme der Stämme Nr. 6 u. Nr. 11, die schon durch die Unmöglich¬
keit, sich verreiben zu lassen, ein wesentlich anderes Artmerkmal als die
Meningokokken gezeigt haben. (Es dürfte sich vielleicht empfehlen, bei
der Differenzirung anderer Bacterienarten, auch wo es sich nicht um die
Agglutinationsprobe mit specifischem Serum handelt, die Verreibbarkeit
der Culturen in physiologischer Kochsalzlösung als diagnostisches Merk¬
mal mit zu verwerthen.) Diese beiden Stämme verhalten sich gegen
Gram’sche Färbung ± und wachsen sehr langsam und spärlich auf Gelatine
ohne Verflüssigung.
6. Ferner nicht agglutinirt sind die Stämme 15, 16, 18, 19, 20 und
21; dieselben sind also keine Meningokokken.
7. Unter den nach den culturellen Merkmalen als höchst wahrschein¬
lich zu den Meningokokken zu zählenden Stämmen interessirt besonders
der Stamm Nr. 9 Jakobi, der von Plagge bei der Darmstädter Epidemie
aus dem Nasenschleim des Erkrankten gezüchtet worden ist.
Wie die Tabellen zeigen, hat er durch die specifische Reaction seine Zu¬
gehörigkeit zu den echten Meningokokken erwiesen. Es ist also damit
ermöglicht, dass die früher von Scherer und mir empfohlene Diagnose
der Genickstarre durch bakteriologische Untersuchung des Nasenschleims
durch die Serumprobe wieder in ihr altes Recht eintreten kann, denn es
gelingt jetzt, die specifischen Meningokokken von anderen, meist sapro-
phytischen Bewohnern des Nasenschleims zu unterscheiden.
8. Dadurch wird endlich auch die Möglichkeit erschlossen, durch
Untersuchung am Lebenden und ohne chirurgischen Eingriff die exacte
Diagnose frühzeitig und auch in sporadischen Fällen zu stellen.
9. Es wird dadurch auch fernerhin die Möglichkeit sich eröffnen,
auch den Fundorten der Meningokokken ausserhalb des erkrankten Körpers
in entleerten und vertrockneten Exkreten u. s. w. nachzuspüren.
Gck igle
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[Aus der medicinischen Universitätspoliklinik zu Breslau.]
(Director: Prof. R. Stern.)
Ein Beitrag zur Kenntniss des Paratyphus.
Von
Dr. med. Walter Körte,
AMlsteDzarit der Poliklinik.
I. Zwei Fälle von Paratyphus.
Die ersten Mittheilungen über „Paratyphus“ stammen aus dem
Jahre 1896. Damals berichteten Achard und Bensaude (1) über zwei
durch typhusähnliche Bacillen hervorgerufene Erkrankungen, die klinisch
grosse Aehnlichkeit mit dem Abdominaltyphus zeigten, deren Erreger, —
das eine Mal aus einem Abscess, das andere Mal aus einer im Anschluss
an die Erkrankung entstandenen Cystitis gezüchtet —, sich aber von dem
des Abdominaltyphus durch ihr Gährungsvermögen und andere culturelle
Merkmale unterscheiden liessen. Widal und Nob6court (2) schlugen
für derartige Erkrankungen, wegen einer gewissen Aehnlichkeit der Er¬
reger mit den von Gilbert und Lion beschriebenen Paracolibacillen die
Bezeichnung Paracolibacillose vor und züchteten aus dem Halsabscess
eines Phthisikers ein dem Achard’sehen in seinen culturellen Merkmalen
gleiches Stäbchen. Bei der Prüfung ihres Bacillus auf Agglutination gegen¬
über dem Serum verschiedener Typhuskranken beobachteten diese beiden
Autoren einmal bei einer Reconvalescentin, die einen classischen Typhus
durchgemacht hatte, eine ausgesprochene positive Reaction, die noch bei
einer Serumverdünnung von l: 12000 eiutrat. Ihre Annahme, dass dieser
hohe Agglutinationswerth nur der Ausdruck einer secundären „Paracoli-“
Infection sei — das Serum der Patientin hatte Eberth’sche Bacillen bei
hundertfacher Verdünnung agglutinirt — ist wohl heute als irrig anzu-
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sehen; vielmehr hat es sich höchst wahrscheinlich in jenem Falle um eine
Paratyphusinfection gehandelt, bei welcher das Serum den Typhusbacillus
mitagglutinirte.
Im Jahre 1898 veröffentlichte dann Gwyn (3) in Nordamerika einen
Pall, der klinisch als Typhus verlief, bei dem er aber im Blute einen vom
Eberth’schen Bacillus verschiedenen Mikroorganismus, einen „Paracoli-
bacillus“, fand, der von dem Serum des Patienten deutlich agglutiuirt
wurde, während Typhusbacilleu unbeeinflusst blieben. Einen ähnlichen
Befund machte Cushing (4) mit einem aus einer Osteomyelitis, die im
Anschluss an eine typhöse Erkrankung entstanden war, isolirten ,.Para-
colibacillus“; auch hier agglutinirte das Serum des Patienten den ge¬
fundenen Bacillus, nicht aber echte Typhusstäbchen.
Im Jahre 1900 fand dann Schottmüller (5) als erster in Deutsch¬
land gelegentlich ausgedehnter Blutuntersuchungen beim Abdominal¬
typhus in 6 unter 68 Fällen nicht den Typhusbacillus, sondern zwei
durch gewisse culturelle Merkmale (durch das Wachsthum auf Gelatine.
Kartoffeln und in Lakmusmolke) sowie das Agglutinationsphänoraen von
einander zu differencirende Paratyphusbacillen, die von dem Blute der
Patienten in beträchtlicher Serumverdünuung noch agglutiuirt wurden,
während Typhusbacillen durch diese Sera nicht beeinflusst wurden.
Schottmüller sprach bereits die Vermuthung aus, dass es sich in seinen
Fällen nicht um einen zufälligen, vereinzelten Befund handeln dürfte,
sondern dass bei genaueren Untersuchungen von klinisch als Typhus er¬
scheinenden Krankheitsfällen, namentlich solchen mit negativer Agglu-
tinationsreaetion gegenüber Typhusbacillen, sich manche als Paratyphus
heraussteilen würden.
In der That wurden bald ähnliche Beobachtungen gemacht, vor allem
unabhängig von Schottmüller durch Kurth (6), der während einer
Typhusepidemie in Bremen in zwei Fällen mit negativer Agglutinations-
reactiou gegenüber Typhusbacilleu, ein Mal aus dem Urin und ein
anderes Mal aus den Fäces den von ihm bezeichneten Bacillus Bre-
mensis febris gastricae isolirte; dieser erwies sich später durch die
vergleichenden Untersuchungen Brions und Kaysers (7) als zum
Typus B des Paratyphus (vgl. unten) zugehörig. In drei weiteren Fällen
derselben Epidemie führte Kurth den Nachweis, dass das Blutserum
der Kranken seinen Bacillus agglutinirte. Auch Kurth legt besonderen
Werth für die Diagnose des Paratyphus auf das Fehlen der „Widal’schen
Keaction“.
Im folgenden Jahre 1902 lieferten dann einen Beitrag zur Kenntnis»
der Paratyphusinfectionen Brion und Kayser (7) in Strassburg, die au.>
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Blut. Roseolen, Urin, Fäces, Vaginal- und Urethralschleim einer Patientin,
welche zunächst an einer floriden Gonorrhoe erkrankt war, später aber
ein typhusähnliches Krankheitsbild mit fehlender „Widal’scher Reaction“
bot, ein Paratyphusstäbchen züchteten. Diese Autoren unterschieden die
bereits von Schottmüller gefundenen beiden Varietäten von Paratyphus¬
bacillen als Typus A und B und rechnen ihren Bacillus dem Typus A
zu. Klinisch war ihr Fall noch durch wiederholte Recidive bemerkens-
werth.
Eiuen weiteren Fortschritt in der Paratyphusfrage bedeutete dann in
jüngster Zeit die Arbeit Hünermann’s (8), der bei einer Kasernen¬
epidemie in Saarbrücken aus den Fäces und Urin von zwei Fällen
typhusähnliche Stäbchen züchtete, auf die das Blutserum der während jener
Epidemie erkrankten Patienten starke agglutinirende Wirkung äusserte,
und die er für die Erreger der Epidemie ansieht. Ferner stellte er im
Gegensatz zu den meisten früheren Autoren fest, dass in 42 Procent seiner
Fälle eine schwache, höchstens noch bei hundertfacher Serumverdünnuug
auftretende Agglutinationsreaction auch gegenüber Eberth’schen Bacillen
vorhanden war. Seine Beobachtungen wurden dann später durch die aus¬
führlichen Untersuchungen Conradi’s, v. Drigalski’s und Jürgens’ (9),
die die gleiche Epidemie betrafen, bestätigt und ergänzt. Der Infections-
erreger gehörte nach den Mittheilungen dieser Autoren zum Typus B des
Paratyphus.
Ueber eine andere, wieder durch denselben Infectiouserreger hervor¬
gerufene Epidemie in Eibergen (Holland) berichteten de Feyfer und
Ivayser (10). Da keine Untersuchungen des Stuhlganges oder Blutes
vonrenommen wurden, wurde zwar der Infectionserreger in diesen Fällen
nicht nachgewiesen, jedoch machen es die von Kayser vorgenommeneu
serodiagnostischen Untersuchungen, bei denen sich mit einer eiuzigeu
Ausnahme, die dieser Autor als Mischinfection auffasst, stets nur
ein positiver Ausfall der Agglutinationsreaction gegenüber Paratyphus B
ergab, wahrscheinlich, dass es sich um diesen Infectionserreger ge¬
handelt habe.
Eine dritte, wahrscheinlich hierher gehörige Epidemie von Paratyphus
beschrieben Sion und Negel (11) in Jassy (Rumänien). Auch sie
fanden, ebenso wie Hünermann, bei ihren Fällen eine deutliche Agglu¬
tination nicht nur der von ihnen isolirten Stäbchen, die auch zum
Typus B des Paratyphus zu gehören scheinen, sondern auch echter
Eberth’scher Bacillen. Auffallend bleibt allerdings, dass das Serum
ihrer Patienten beide Bacillenarten in gleicher Intensität beeinflusste.
Diese Autoren berichten auch über einen Sectionsbefund. Sie fanden im
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Darm keine für Typhus abdominalis sprechenden Veränderungen, keine
Intumescenz oder Ulceration der Peyer’scheu Plaques oder der Solitär¬
follikel, keine Schwellung der Mesenterialdrüsen, dagegen Milzvergrösse-
rung, Endocarditis, Gehirnembolieen und Niereninfarcte, also das Bild
der Septicämie.
Ausser diesem Sectionsbefund existiren meines Wissens in der
Litteratur nur noch drei Setionsberichte. So fand Longcope (12) in
Philadelphia in einem der beiden von ihm beschriebenen Fälle, der
zur Autopsie kam, keine Darmveränderungen. Während dieser erste
Fall negative „Widal’schen Reaction“ zeigte, trat in einem zweiten Falle
mit günstigem Ausgang während eines Recidivs eine allmählich deutlich
hervortreteude „Widal’sche Reaction“ auf. Ob aber die Annahme Loug-
cope’s, dass es sich in diesem Falle um eine Mischinfection mit Typhus¬
bacillen gehandelt habe, richtig sei, dürfte aus später zu erörternden
Gründen fraglich sein.
Einen dritten Fall von Paratyphus-Infection, der zur Section kam, hat
Jochmann (13) im Anschluss an den von Stern (14) mitgetheilten.
von mir später näher zu beschreibenden Fall in der Schlesischen Gesell¬
schaft für vaterländische Cultur berichtet. Er fand bei einem an Scharlach
erkrankten, 7 jährigen Mädchen nach anfänglich zwei Mal mit negativem
Erfolge vorgenommener bakteriologischen Blutuntersuchung einen Tag vor
dem Exitus im Blute neben Streptokokken einen dem Typus B an¬
gehörenden Paratyphusbacillus. Klinisch zeigte der Fall durchaus keine
Symptome, die an Paratyphus hätten denken lassen können, sondern da:>
Bild einer malignen Scharlacherkrankung. Bei der Autopsie wurden auch
hier keine Veränderungen im Gebiete des Darmtractus angetroffen, die
man auf die Paratyphusinfection hätte beziehen können.
In dem vierten letal endigenden Falle von Paratyphus, denLuksch (15)
in Prag obducirte, wurden Milzvergrösserung, parenchymatöse Degene¬
ration, Röthung um die Follikel im Dickdarm und vereinzelte Geschwürs¬
bildung daselbst ohue Schwellung des lymphatischen Apparates des Darmes,
ausserdem noch lobuläre Pneumonie gefunden; der Fall verlief klinisch
als Abdominaltyphus, die bakteriologische Untersuchung hatte aber als
Erreger den Bacillus Paratyphi B ergeben.
Ungefähr gleichzeitig mit den Mittheilungen Longcopes berichteten
Colemaun und Buxton (16), sowie Johnston (17), Hewlett (18).
Libmann (19) und Hume (20) über typhusähnliche Erkrankungen mit
fehlender „Widal’scher Reaction“ in Baltimore, New-York, Phila¬
delphia und Liverpool; aus dem Blute der Patienten wurde jedoch
statt des Eberth’schen Stäbchens ein Bacillus Paratyphi gezüchtet.
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Vor kurzem schliesslich veröffentlichte Kayser (21) noch drei weitere
Fälle von Paratyphus aus dem Eisass. Die Patienten lagen unter typhus-
ähnlichen Symptomen darnieder, boten aber mit Ausnahme eines Falles,
in dem Eberth’sche Bacillen noch bei 50 facher Serumverdünnung makro¬
skopisch agglutinirt wurden, die „Gruber-Widal’sche Reaction“ nicht in
entscheidender Weise. Dagegen äusserte das Blutserum der Patienten
auf Paratyphusstäbchen vom Typus B einen starken agglutinirenden
Einfluss. Im Anschluss an diese Mittheilungen spricht sich Kayser mit
Recht gegen die von Conradi, v. Drigalski und Jürgens für den Para¬
typhus vorgeschlagene Benennung „Typhoid“ aus, da unter dieser Be¬
zeichnung in Frankreich, Holland, Belgien, Spanien, Italien, Amerika und
England allgemein der durch Eberth’sche Bacillen verursachte Typhus
abdominalis verstanden wird, und daher die Bezeichnung „Typhoid“ nur
Verwirrang stiften würde.
In jüngster Zeit erschien noch eine Publication von R. Schmidt (22)
über „Paratyphusbacillose“, die ich indessen nicht zu den Paratyphus¬
erkrankungen rechnen möchte. Schmidt hat bei einer unter pyämischem
Bilde verlaufenden, von einer suppurativen Cholecystitis ausgehenden Er¬
krankung intra vitam aus dem Harn, post mortem aus Niere, Lunge,
Gallenblase, Leberabscess und endocarditischen Auflagerungen eiuen
Bacillus gezüchtet, den er als Erreger der Erkrankung anspricht. Die
culturellen Eigenthümlichkeiten dieses Bacillus sind seiner Angabe nach
durchaus die des Typhusbacillus. Aus dem Umstande, dass diese Bak¬
terien durch hochwerthiges Typhusimmunserum nicht agglutinirt wurden,
schliesst er aber, dass es sich nicht um echte Eberth’sche Bacillen ge¬
handelt haben könne. Neuere Untersuchungen von Sacquipöe (23),
der aus der Milz von Typhusleichen drei inagglutinable Typhusstämme
isoliren konnte, von Bancel (24), der bei drei Fällen von typhöser
Eiterung gegen Typhusserum unempfindliche Bacillen fand, ferner von
Nicolle und Trenel (25), deren aus zwei Typhusmilzen isolirte typische
Bacillen von bochwerthigem Typhusimmunserum nur in einer Serumver¬
dünnung von 1:10 agglutinirt wurden, sowie von Müller (26), der eine
ähnliche Beobachtung machte, haben aber gezeigt, dass Typhusbacillen,
namentlich wenn sie frisch aus dem Körper gezüchtet sind, ihre Agglu-
tiuirbarkeit verloren haben können. Eine ähnliche Beobachtung von in-
agglutinablen, intra vitam aus dem Blute gezüchteten echten Typhus¬
bacillen habe ich selbst mit Hm. Professor Stern (14), der diese in der
Sitzung der „Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur“ vom
9. Januar 1903 bereits mitgetheilt hat, gemacht.
Hieraus geht hervor, dass es nicht angeht, auf Grund eines
negativ ausgefallenen Agglutinationsversuches einer sonst typhusähnlichen
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Cultur die Diagnose: „Bacterium typhi“ auszuschliessen. Unsere Yer-
muthung, dass es sich in dem Falle Schmidt’s um echte Typhusbacillen
gehandelt haben möchte, gewann noch mehr an Sicherheit, als wir durch
die Freundlichkeit des Hm. Dr. Schmidt in die Lage kamen, seine
Cultur selbst zu untersuchen. Hr. Dr. Schmidt theilte bereits bei der
Uebersendung mit, dass seine Cultur jetzt von Typhusimmunserum hoch
agglutinirt wurde. Wir konnten diese Beobachtung Schmidt’s durchaus
bestätigen und keinen Unterschied in der Höhe der Agglutination
gegenüber einer einwandsfreien Typhuscultur unserer Sammlung finden.
Der Fall von Schmidt ist demnach nicht als Paratyphus, sondern als
eine durch den Eberth’schen Bacillus bedingte pyämische Infection an¬
zusehen.
Obwohl die Zahl der Beobachtungen von Paratyphus im letzten Jahre
bereits erheblich zugenommen hat, erscheinen weitere Mittbeilungeu auf
diesem Gebiete noch wünschenswerth, da wir über Häufigkeit und Aus¬
breitung dieser Infectionskrankheit noch durchaus nicht genügend unter¬
richtet sind. Aus diesem Grunde sollen im Folgenden zwei im Juni bezw.
November 1902 von mir im Laboratorium der medicinischen Poliklinik
untersuchte Fälle mitgetheilt werden, welche, soviel mir bekannt, die
ersten Beobachtungen über Paratyphus im östlichen Deutschland dar¬
stellen, während die bisher in der Litteratur veröffentlichten Fälle iu
Frankreich, Nordamerika, dann in dem westlichen bezw. südwestlichen
Deutschland (Hamburg, Bremen, Strassburg. Saarbrücken), Holland, Ru¬
mänien und Böhmen beobachtet sind.
Der zweite Grund, aus welchem die Mittheilung der folgenden Fälle
erfolgt, ist der: Die meisten Autoren, die bisher über Paratyphus ge¬
schrieben haben, so namentlich von deutschen Autoren Schottmüllerund
Kurth sowie Hofmann (27) in einem zusammenfassenden Referate, legen
für die Diagnose des Paratyphus besonderen Werth auf das Fehlen der
.,Widal’schen Reaction“. Nunistder Begriff der „ Widal’ sehen Reaction“,
wie Stern (14) kürzlich hervorgehoben hat, bei den verschiedenen Autoren
recht verschieden, namentlich deshalb, weil nicht nur die Verdünnung
des Serums, von der ab die Reaction als positiv gerechnet wird, sondern
auch die Bcurtlieilung der Reaction (makroskopische oder mikro¬
skopische Beobachtung, Dauer der Einwirkung des Serums auf die
Cultur) bei den einzelnen Autoren Schwankungen unterliegt. Indessen
galt bis vor Kurzem ganz allgemein ein positiver Agglutinationsbefund in
einer Serumverdünnung von über 1:50 als beweisend für Typhus, wobei
freilich der Begriff „positiver Agglutinationsbefund“ je nach den Kriterien,
die dafür benutzt werden, verschieden ist.
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Der erste der beiden von mir mitzutheilenden Fälle ist nun dadurch
ausgezeichnet, dass das Blutserum noch in starker Verdünnung den
Typhusbacillus beeinflusste. Hierbei will ich vorausschicken, dass ich bei
allen im Folgenden angegebenen Messungen des Agglutinationsvermögens
mich der von Stern (28) angegebenen und seitdem von zahlreichen
Autoren, unter anderem auch in allen wesentlichen Punkten von Widal
acceptirten Methode bedient habe: mikroskopische Beobachtung nach
zweistündiger Einwirkung des Serums auf die Bacillen, Fest¬
stellung der Grenze, bei der sich kleine Häufchen von drei
bis vier Bacillen bilden. Das Agglutinationsvermögen des Serums
wird gemessen durch diejenige Zahl, welche die höchste eben noch wirk¬
same Verdünnung des Serums angiebt und abgekürzt als A 2 bezeichnet,
(der Index 2 weist auf die an sich natürlich willkürlich, wenn auch aus
bestimmten Gründen gewählte zweistündige Beobachtungsdauer hin).
Ich lasse hier zunächst die Krankengeschichten der beiden Fälle folgen:
Fall I.
Sch. 1 , 16 Jahre alt, Oderschiffer aus Auritt bei Frankfurt a./Oder, auf¬
genommen den 11. VI. 1902.
Anamnese: Familienanamnese ist ohne Belang. Patient hatte 1900
Muskelrheumatismus, war aber sonst noch nicht ernstlich krank, insbesondere
hat er noch keinen Unterleibstyphus durchgemacht. Patient hat oft Oder¬
wasser in ungekochtem Zustande getrunken. Er erkrankte vor etwa
14 Tagen mit Leibschmerzen und Appetitlosigkeit; Erbrechen ist
nicht aufgetreten, seit 8 Tagen besteht Durchfall, seit 3 Tagen ist Patient
bettlägerig, fühlt sich sehr matt und klagt über heftige Kopfschmerzen.
Status praesens: Mittelgrosser, kräftig gebauter, junger Mann in
leidlich gutem Ernährungszustände. Schwerer allgemeiner Krankheits¬
eindruck. Sensorium frei. Keine Gelenkschwellungen; kein Herpes
labialis: Zunge feucht und weisslich belegt. Temperatur s. Curve. Puls
mittelvoll, dicrot, regelmässig, Frequenz 96. Herz und Lungen ohne be¬
sonderen Befund. Milz percutorisch vergrössert, nicht palpabel. Leber
nicht vergrössert. Leib flach und weich, spontan schmerzhaft, starkes
Piätschergeräusch. Kein Ileo Coecalgurren. Auf der Bauchhaut vereinzelte
Roseolen. Täglich drei bis vier dünne Stühle. Urin: kein Eiweiss.
16. VI. Hohes, remittirendes Fieber. Täglich sechs bis acht dünne
Stühle. Kirschgrosser Abscess an der Volarseite des 4. und 5. Metaearpo-
phalangealgelenkes.
17. VI. Incision des Abscesses. Zahlreiche Roseolen auf Bauch- und
Brusthaut. Täglich sechs bis acht dünne schwarzbraune Stühle. Milz
palpabel.
1 Patient wurde im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder behandelt. Hrn.
Oberarzt Dr. Oroee sage ich auch an dieser Stelle für die Ueberlassung der Kranken¬
geschichte meinen besten Dank.
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Temperatur- und Pulseurve zu Fall T.
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20. VI. Weiter dünner Stuhlgang, neue, sehr zahlreiche Roseolen auf
der Haut des Rumpfes.
27. VI. Temperatur ist
staffelformig abgefallen. Abends
^ Temperatursteigei ung auf 38*5 ',
^ anscheinend in Folge Eiterreten¬
tion in der Abscesswunde.
> 28. VI. Früh fieberfrei. Yer-
-S.
$ bandwechsel; Nasenbluten. Täg¬
lich ein Mal Stuhlgang.
10.V1I. Pulsbeschleuni¬
gung, aber nur in Gegenwart
des Arztes. Aufnahme in das
Genesungsheim Lilienthal. Un¬
gestörte Reconvalescenz.
Fall II.
Dr. B., 26 Jahre alt. stud.
ehern, aus Helsingfors, auf¬
genommen in der medicinischen
Klinik am 3. XI. 1902.
Anamnese: Persönliche
und Familienanamnese sind für
die jetzige Erkrankung ohne Be¬
lang. Am 25.X. 1902, ungefähr
14 Tage nach der Reise des Pa¬
tienten von Helsingfors nach
Breslau, fühlte er Nachmittags
bei der Arbeit K o p f s c hm erzen.
In der Nacht auf den 20. schlief
Patient aber noch gut. Am 20.
Nachmittags stellten sich Frost -
gefühl, Fieber und eine
leichte Halsentzündung ein.
so dass sich Patient zu Bett legte.
Am 27.X. fühlte er sich wieder
^ so wohl, dass er spaziren gehen
konnte, Nachmittags stellte sich
aber das Fieber wieder ein, so
dass er dauernd bettlägerig
wurde. Er hatte während der
Zeit jeden zweiten Tag nor¬
malen Stuhlgang. Die Kopf¬
schmerzen, welche im An¬
fang der Erkrankung bestanden
hatten, nahmen in den letzten
Tagen ab. Erbrechen war niemals vorhanden. Das Fieber stieg um
2 bis 3 Uhr Nachmittags regelmässig von 38° auf 39°. Der Höhepunkt
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Ein Beitrag zur Kenntniss des Paratyphus.
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betrug 39-9 0 . Am 29. X. consultirte der behandelnde Arzt Hm. Prof. Stern ?
der den Verdacht auf Typhus äusserte und eine Blutentnahme machte.
Mit Rücksicht auf den Typhusverdacht wurde Patient dann am 3. XI. in
die medicinische Klinik aufgenommen.
Status praesens: Mittelgrosser Mann von massig kräftigem Körperbau
und in etwas herabgesetztem Ernährungszustände. Schleimhäute von nor¬
maler Blutfülle. Kein Exanthem; Pupillen gleich weit, reagiren prompt.
Hals- und Rachenorgane ohne Befund. Zunge in der Mitte belegt, am
Rande frei. Herz: keine Verbreiterung der Grenzen, keine Geräusche,
I. Ton auffallend leise. Temperatur 39*5° (s. Curve); Respiration 24:
Puls regelmässig, weich, Frequenz 94. Abdomen: nicht aufgetrieben, keine
Druckempfindlichkeit. Milz ist palpabel. Urin frei von Eiweiss und Zucker,
Diazoreaction negativ, kein Indikan. Leukocytenzahl 4000.
4. XI. Einige roseolartige Flecken auf dem Abdomen.
1902 November'
17. XI. Keinerlei Störungen im Verlauf. Erster fieberfreier Tag. Das
Sensorium war andauernd frei; ab und zu Schlaflosigkeit, sonst keine sub-
jectiven Klagen. Stuhl war stets fest und von normaler Farbe. Urin
dauernd frei von Eiweiss, Diazoreaction war stets negativ. Bronchitis
hat nicht bestanden. Am Herzen besteht zeitweise ein kurzes systolisches
Geräusch. Pulsfrequenz dauernd um 80.
29.XI. Milz nicht mehr palpabel, geringe Neigung zur Erhöhung der
Pulsfrequenz. Die Reconvalescenz verläuft ungestört.
Wie aus den Krankengeschichten hervorgeht, handelt es sich in beiden
Fällen um das klinische Bild des Abdominaltyphus. Namentlich der
erste bot die classischen Symptome dieser Erkrankung. Dass aber eine
Paratyphusinfection vorlag, zeigte im I. Falle das Ergebniss der
bakteriologischen Blutuntersuchung, die ich hier, wie in einer Reihe
anderer Fälle, zum Zwecke der Gewinnung des Typhusbacillus aus dem
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Blute und zur Anstellung weiterer Versuche vorgenommen habe; im
II. Falle ergab sich dies wenigstens mit grosser Wahrscheinlichkeit aus
der Untersuchung der agglutinirenden und specifisch schützenden Wirkung
des Blutserums.
Bakteriologische Blutuntersuchung bei Fall 1.
Die am 17. VI. vorgenommene Blutentnahme geschah durch Punction
der Vena mediana nach vorheriger Desinfection mit Seifenspiritus und
Abspülen mit Sublimat und sterilem Wasser. Das Blut wurde in einer
Menge von 1 bis 2 ccm in drei etwa 300 * Tm Nährbouillon enthaltenden
Kolben aufgefangen und 24 Stunden der Brütschranktemperatur ausge^etzt
Es entwickelten sich in dieser Zeit in allen drei Kolben lebhaft beweg¬
liche Stäbchen, die, was Form und Bewegung anbetraf, den Eberth’schen
Bacillen ausserordentlich ähnelten.
Prüfung der aus dem Blute gewonnenen Culturen.
Das aus dem Blute des Patienten gezüchtete Stäbchen ist ausser¬
ordentlich beweglich, beweglicher als sämmtliche Typhusstämme unseres
Laboratoriums. Was Form und Grösse anbelangt, so erscheint es etwas
kürzer und plumper als der Eberth’sche Bacillus. Mit Anilinfarben
lässt es sich leicht färben, gegenüber der Gram’schen Methode verhält
es sich negativ.
Auf Agar (Strichcultur) wächst der Bacillus als rahmiger Belag von
grau durchscheinender Farbe; das Condenswasser ist stark getrübt. Die
Colonieen der Agarplatte entwickelten sich rascher und besitzen eine
geringere Durchsichtigkeit als die von Typhusbacillen.
Die Gelatinestrichcultur zeigt nach 50 Stunden einen weiss¬
gelblichen Belag, der üppiger als beim Typhus ausgebildet ist und all¬
mählich eine vveisse porzellanartige Farbe anuimmt. Auf der Gelatine¬
platte kommen bei Zimmertemperatur nach 40 Stunden (also schneller
als Typhus wachsend) makroskopisch eben sichtbare Colonieen zum Vor¬
schein, die nach 3 bis 4 Tagen als nicht durchscheinende, porzellan¬
artige, halbkugelige Knöpfe hervortreten. Mikroskopisch habeu die
jüngeren Colonieen meist rundliche oder auch mehr ovale Form mit
meist scharfem, selten eingebuchtetem Rande und bräunlichem Centrum.
Namentlich an den jüngeren Oberflächencolonien ist eine leichte, radiär
angeordnete, granulirte Streifung zu erkennen. Weinblattform wurde nicht
beobachtet.
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Eln Beitrag zur Kenntniss des Paratyphus.
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Das Wachsthum auf Kartoffeln ähnelt sehr dem des Typhusbacillus.
Es bildet sich nämlich auf den beimpften Stellen ein feiner feuchter
Glanz. Bei längerem Stehen tritt die Cultur deutlicher hervor, jedoch
wurde niemals ein so starkes Hervortreten des Belags, wie bei typischen
Coli- oder Enteritisbakterien, selbst nicht bei wochenlanger Beobachtung,
gefunden, desgleichen trat niemals Verfärbung ein.
In Bouillon wuchs der Bacillus sehr gut, schon nach einigen
Stunden war dieselbe gleichmässig getrübt, nach einigen Tagen bildete
sich ein Oberflächenhäutchen. Indolbildung wurde auch in mehrere
Wochen alten Culturen nicht beobachtet.
In Milch zeigte sich ein eigenthümliches Verhalten: Sie gerann
nicht, nach 14 Tagen trat aber eine leichte Aufhellung und zugleich ein
mehr ins Bräunliche gehender Farbenton auf, in sehr alten Milchculturen
erfolgte eine syrupartige gelatinöse Eindickung.
In Neutralrothtraubenzuckeragar trat sehr bald intensive Gas¬
bildung auf, die Agarsäule war ganz zerrissen, nach 24 bis 36 Stunden
war zugleich der rothe Farbenton in einen gelblich grünen, deutlich
fluorescirenden übergegangeu.
Nicht so intensiv wie Traubenzucker wurde Milchzucker vergährt,
in Rohrzuckeragar erfolgte dagegen keine Gasentwickelung.
In Lakmusmolke trat nur eine leichte Trübung, dagegen eine
deutliche Säuerung auf. Manchmal schon nach 50 Stunden, bisweilen
aber erst nach 8 Tagen ging jedoch die Reaction in eine deutlich
alkalische über.
Auf dem vonBarsickow (29) angegebenen Nährboden verhielt sich der
Bacillus wie Typhus, d. h. die mit Traubenzucker versehene Nutroseauf-
lüsuug wurde deutlich gesäuert und coagulirt, während die mit Milch¬
zucker versehene nur leicht getrübt wurde, und. ihr Farbentou wenigstens
für die ersten Tage unverändert blieb.
Auf dem Conradi-Drigalski’schen (30) Nährboden wuchs der
Bacillus auch ausserordentlich ähnlich dem Typhusbacillus, er bildete
wie dieser nach 20 Stunden bläulich erscheinende Colonieen, die jedoch
bei durchfallendem Lichte einen etwas helleren Farbenton als echte Typlius-
colonieen zeigten.
Die bisher angeführten Kriterien sprechen dafür, dass es sich bei
dem von mir gefundenen Stäbchen um einen Paratyphusbacillus, wahr¬
scheinlich vom Typus B, handelt. Durch die Freundlichkeit der Herren
Dr. Sehottmüller in Hamburg und Prof. Tjaden in Bremen erhielt
ich Culturen von Paratyphus A und B bezw. von dem Bacillus
Bremensis febris gastricae (Kurth), von welch’ letzterem, wie bereits
oben erwähnt, Briou und Kays er (7) gezeigt haben, dass er zum Typus B
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der Schottmüller’schen Bacillen gehört. Ein genauer Vergleich der
genannten Culturen mit der meinigen, namentlich auch bezw. der später
noch zu berichtenden Agglutinationsverhältnisse, bestätigte das von Brion
und Kays er gefundene Ergebniss und zeigte andererseits, dass das von
mir gefundene Stäbchen zum Typus B der Schottmüller’schen Bacillen
gehört.
Prüfung der Virulenz.
Im Thierexperimente zeigte der Bacillus Sch. eine beträchtliche
pathogene Wirkung. Weisse Mäuse von ca. 20»™* Gewicht, mit 0 • 0:J
einer 24 ständigen Bouilloncultur subcutan geimpft, zeigten schon nach
wenigen Stunden ein schweres Krankheitsbild und erlagen der Infection
innerhalb 12 bis 36 Stunden. Für Meerschweinchen von 200 »™* Gewicht
betrug die tödtliche Dosis eine Oese Agarcultur bei subcutaner Iujectiou.
Im Herzblut, in der Milz, Nieren, Lungen und Leber der verendeten
Thiere war der Bacillus Sch. massenhaft wieder aufzulinden. Kaninchen
schienen weniger empfindlich gegenüber dem Bacillus Sch. zu sein,
wenigstens vertrug ein Kaninchen vou 1600»™* Gewicht l ccm 24 ständige
Bouilloncultur ziemlich gut und kehrte nach anfänglicher Gewichts¬
abnahme bald auf sein Anfangsgewicht zurück.
Die Virulenz des Bacillus Sch. scheint sich auch bei längerem Fort-
züchten im Laboratorium ziemlich constant zu erhalten, wenigstens konnte
nach 7 monatlicher Fortzüchtung auf Agar keine Abnahme derselben fest¬
gestellt werden.
Dass eine eigentliche Infection, keine Intoxicatiou den Tod der
Versuchstiere herbeiführte, zeigten die Versuche mit abgetüdteten Culturen.
lccm e i n er 9tägigen, bei 57° abgetüdteten Bouilloncultur rief bei Mäusen,
subcutan eiuverleibt, wohl deutliche allgemeine Krankheitserscheinungen
hervor, vou denen sich jedoch die Thiere bald wieder erholten. Nach
einer derartigen, mit abgetödteter Cultur vorgenommenen Impfung ver¬
trugen die Mäuse mehrfach tödtliche Dosen zunächst ohne Krank heits-
erscheinungen zu zeigen, bekamen jedoch zum Theil nach 8 bis 14 Tagen
ausgedehnte Hautnekrosen und gingen dann zu Grunde.
Der Verfütterungsversuch fiel bei Mäusen und Meerschweinchen,
wie dies auch Kurth (6) von seinem Bacillus angiebt, negativ aus, auch
gelang es nicht, durch Verfütterung eine Immunisirung herbeizuführen.
Agglutinatio ns versuche.
Besonders bemerkenswerth war im Falle Sch. der Ausfall der Agglu-
tinationsreaction. Diese wurde angestellt zunächst mit Typhusstäbchen.
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Ein Beiteag zur Kenntniss des Paratyphus.
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dann mit dem ans dem Blute gezüchteten Bacillus Sch., ferner bei der
zweiten und dritten Blutentnahme mit dem Bacillus Bremensis febris
gastricae (Kurth), zwei Paratyphusstämmen A nnd B von Schott¬
müller, ferner sieben verschiedenen Coliculturen und endlich mit zwei
Mikroorganismen aus der Gruppe der Fleischvergiftungsbakterien, dem Ba¬
cillus enteritidis Gärtner und dem von de Nobele (31) näher unter¬
suchten Bacillus Bruges aus dem Laboratorium von van Ermengem in
Gent. Hr. Dr. de Nobele hatte die Freundlichkeit, uns eine Cultur
dieses Bacillus zu überlassen, der dadurch besonderes Interesse hat, dass
er bezüglich seiner „Agglutininreceptoren“ offenbar dem Typhus¬
bacillus nahe steht (vgl. den letzten Theil dieser Arbeit).
Ich lasse jetzt zunächst das Ergebniss dieser Agglutinationsversuche
in Tabellenform folgen:
Agglutinationsversuche in Fall I.
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(FallSeemann,
Schottmüller)
Paratyphus A
(Fall Müller,
Schottmüller)
Sieben
verschiedene
Colistämroe
Bac. Gärtner
Bac. Bruges
17. VI. ;
300
10 000
4. VII.
600
40 000
40 000
18. VII.
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I 160
7 000
8 000
7000
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<20
80
80
Aus dieser Uebersicht ergiebt sich, dass bereits bei der am 17. VI.
vorgenommenen Serumuntersuchung gegenüber sicheren Typhusstäb¬
chen ein positiver Ausfall der Agglutinationsreaction bei 300facher
Verdünnung festgestellt wurde; es wurde daher kein Anstand genommen,
den auch klinisch als typisch erscheinenden Fall als echten Unterleibs¬
typhus aufzufassen. Bei einer zweiten am 4. VII. nach Ablauf des Fiebers
gemachten Blutentnahme wurden sogar bei einer Serumverdünnung von
1:600 Typhusbakterien noch spurweise agglutinirt; das Agglutinations¬
vermögen war also im weiteren Verlaufe der Erkrankung gestiegen, bei
einer dritten am 18. VII. in vorgeschrittener Reconvalescenz erfolgten
Blutuntersuchung aber auf 160 gesunken.
Der inzwischen aus dem Blute des Patienten gezüchtete Paratyphus¬
bacillus Sch. wurde aber bereits bei der ersten Blutuntersuchung in
bedeutend höherem Grade als Typhusstäbchen, bei lOOOOfacher Serum¬
verdünnung agglutinirt. Bei den späteren beiden Untersuchungen wurde
dann auch diesem gegenüber ein Steigen bezw. Sinken des Agglutinations-
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Walter Ivorte:
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Vermögens auf 40000 bezw. 7000 und insofern ein Parallelismus iu der
Agglutinationscurve zwischen Typhus und Paratyphus beobachtet.
Ferner ergiebt sich aus der Tabelle, dass der Paratyphus ß Schott-
müller’s, bezw. der Bacillus Bremensis febris gastricae Kurth
in gleich hohem Maasse wie der Bacillus Sch. vom Serum unseres Kranken
agglutinirt wurden. Nur schwach, etwa halb so stark wie Typhus, wurden
beeinflusst der Bacillus enteritidis Gärtner und derBacillus Bruges.
Schliesslich ist bemerkenswerth, dass Paratyphus A und sieben Coii-
stämme nicht stärker agglutinirt wurden, als dies häufig von normalen
Seris geschieht.
Es war nun von vornherein sehr wahrscheinlich, dass der von uns
im Blute des Kranken gefundene Bacillus, der in so starker Verdünnung
vom Blutserum des Kranken agglutinirt wurde, der Erreger der Krankheit
war. Allerdings war es uns aus äusseren Gründen leider nicht mehr
möglich, Fäces und Urin des Kranken zu untersuchen. Es muss dies als
eine Lücke der Untersuchung bezeichnet werden, die übrigens auch in den
Fällen Schottmüller’s besteht; denn, wie von vornherein anzuuehmeu
ist, und wie insbesondere der oben angeführte Fall Joch mann’s beweist,
könnte natürlich auch eine Secundärinfection mit Paratyphus Vor¬
gelegen haben, und die ursprüngliche Infection köuute durch den Ebertk’-
schen Bacillus verursacht gewesen sein.
Diese letztere Annahme hätte ich stützen können auf den Nachweis
der agglutiuirenden Wirkung des Blutserums Sch. gegenüber dem Typhus¬
bacillus. Andererseits wissen wir aus zahlreichen Untersuchungen der
letzten Jahre, dass das Blutserum eines Organismus, der von einem be¬
stimmten Bacillus inficirt wird, agglutinirende Wirkung nicht nur gegen¬
über diesem Bacillus, sondern auch gegenüber anderen Bakterien erlaugt.
oder, wie man sich ausdrückt, „verwandte Bacillen mitagglutiuirt“.
Auf den Begriff dieser Verwandtschaft, die nicht im gewöhnlichen morpho¬
logischen Sinne aufgefasst werden darf, werde ich im letzten Theile dieser
Arbeit noch zurückzukommen haben.
Nun stand es schon längst fest, dass das Blutserum von Typhus-
kranken andere Bakterien aus der Gruppe der Colibacillen mitagglutiuireu
kann; vom Paratyphus aber war, als ich diese Untersuchungen im Jum
191)2 begann, noch nicht bekannt, dass das Blutserum bei dieser Iu-
fectiouskrankkeit agglutinirende Eigenschaften gegenüber Typhusbacillen
annehmen kann; vielmehr war, wie bereits oben bemerkt, von den Autoren
ganz besonderer Werth für die Diagnose des Paratyphus auf das Fehlen
der „Widal’scheu Beactiou“ gelegt worden.
Um nun zu unterscheiden, ob die agglutinirende Wirkung des Serums
auf den Typhusbacillus in Folge einer Mitagglutiuation oder iu Folge
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Ein Beitrag zur Kenntniss des Paratyphus.
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Ein Beitbag zub Kenntnis« des Pabatyphus.
259
einer gleichzeitigen Infection mit Typhus und Paratyphus zu Stande ge¬
kommen war, wurden mit dem Bacillus Sch. zwei Kaninchen und später¬
hin eins mit dem Kurth’schen Bacillus inficirt. Lag eine Mitagglutination
vor, so war zu erwarten, dass das Serum der behandelten Thiere nicht
nur eine agglutinirende Wirkung auf den Paratyphusbacillus, sondern
auch auf Typhus annahm. Bevor die Injectionen, die subcutan und in
allmählich steigender Dosis zuerst mit abgetödteten, später lebenden
Culturen erfolgten, vorgenommen wurden, waren die Sera der Thiere auf
ihre agglutinirende Wirkung gegenüber Typhus- und Paratyphus-Bacillen
geprüft und dabei als eben noch wirksame Verdünnungsgrade die Werthe
von 20 bezw. 40 gefunden.
Das Ergebniss dieser Versuche war, wie aus vorstehenden Tabellen
hervorgeht, dass ausser einer sehr starken Erhöhung des Agglutinations-
werthes gegenüber dem injicirten Paratyphusstamm eine erhebliche Steige¬
rung gegenüber echten Typhusbacillen eintrat, und zwar entspricht einem
Agglutinationsindex von 10000 gegenüber Paratyphus bei Kaninchen I
und II ein solcher von 320 gegenüber Typhus. Dieselben Werthe hatte
das Serum Sch. bei der ersten Blutentnahme gegeben. Die Annahme,
dass die im Falle Sch. beobachtete Typhusagglutination eine durch die
Paratyphusinfection bedingte indireote Agglutination sei, war dadurch
höchst wahrscheinlich gemacht.
Ferner ergiebt sich auch aus diesen Tabellen, dass der schon früher
zum Vergleich herangezogene Bacillus Paratyphi B von Schottmüller,
sowie der Kurth'sehe Bacillus von dem Serum der behandelten Thiere
iu gleiohen Verdünnungen wie der Bacillus Sch. beeinflusst wurden.
Es spricht das weiter dafür, dass sie ein und derselbenArt angehören.
In nur geringem Maasse wurden von dem Serum der Paratyphus-
immunthiere der Bacillus enteritidis (Gärtner) und der Bacillus
Bruges (de Nobele) agglutinirt. Gegenüber Paratyphus A sowie
dem Bacillus faecalis alcaligenes (Petruschky) und fünf ver¬
schiedenen Colistämmen konnte keine nenuenswerthe Beeinflussung fest¬
gestellt werden.
Konnte also bei experimenteller Infection mit Paratyphus B eine
Mitagglutination von Typhusbacillen erzielt werden, so war auch anzu¬
nehmen, dass bei Infection mit Typhus das Serum der inficirten Thiere
Agglutinationsvermögen für Paratyphus B besitzen werde. Bei verschie¬
denen Typhusimmunthieren konnte diese Mitagglutination in ziemlich be¬
trächtlichem Maasse nachgewiesen werden; ich werde hierauf am Schluss
dieser Arbeit bei Betrachtung der Wirkung menschlicher Typhussera
gegenüber Paratyphus A und B noch näher eingehen.
In den bisher über Paratyphus erschienenen Arbeiten finden sich
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260
Walter Körte:
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über die bei dieser Erkrankung vorkommende Mitagglutination echter
Eberth’scher Bacillen mancherlei Angaben. Zum Theil wird diese Mit¬
agglutination von Typhusbacillen im Sinne einer gleichzeitigen In-
fection von Typhus und Paratyphus gedeutet. So nahm Widal (2).
wie schon oben erwähnt, an, dass die von ihm bei einer unter Typhus-
symptomen erkrankten Patientin beobachtete „Paracoli-Agglutination"
der Ausdruck einer secuudären Infection mit Paracolibacillen gewesen
sei, da echte Eberth’sche Bacillen auf der Höhe der Erkrankuug noch bei
einer Serumverdünnung von 1:100 agglutinirt wurden. Aehnlich schloss
Longcope (12) in einem der von ihm beobachteten Fälle, in dem während
eines Recidivs eine deutliche „Widal’sche Reaction“ auftrat. Er glaubt
daher, dass es sich wahrscheinlich in diesem Falle um eine Misch-
infection von Typhus und Paratyphus gehandelt habe. Nach unseren
heutigen Erfahrungen dürfte es aber wahrscheinlich sein, dass die?e
beiden Fälle als reine Paratyphusinfectionen aufzufassen sind.
In der Litteratur der jüngsten Zeit wird dann die bei Paratyphus B-
Infectionen vorhandene Agglutination von Typhusbacillen richtig als Mit¬
agglutination gedeutet. So fand Hünermann (8) in 42 Procent seiner
Fälle eine bei lOOfacher Serumverdünnung auftretende Agglutination--
reaction gegenüber Eberth’schen Stäbchen und fasst diese Agglutination,
gestützt auf den Thierversuch, bei dem er nach experimenteller Infection
mit seinen Paratyphusbacillen auch eine Steigerung des Agglutinations-
werthes gegenüber Typhusbakterien nachweisen konnte, als durch die Para-
typhusinfection bedingt auf. Seine Beobachtungen wurden bestätigt durch
Conradi, v. Drigalski und Jürgens (9), die die gleiche Epidemie be¬
schrieben, aber in einem Theil der Fälle eine erheblichere, noch bei
schwächeren Serumconcentrationen auftretende Mitagglutination von
Typhusbacillen fanden. Sie führen die Differenzen in ihren Unter¬
suchungen mitdenenHünermann’s auf eine leichtere Agglutinabilität ihrer
verwendeten Typhusculturen zurück. Diese Autoren betonen, dass die
von ihnen als Erreger der Epidemie gefundenen Paratyphusstäbchen von
dem Serum ihrer Kranken noch in bedeutend schwächeren Conceutra-
tionen agglutinirt wurden, als Eberth’sche Bacillen. Im Gegensätze hier¬
zu geben Sion und Negel (11) an, dass das Serum ihrer sämmtlichen
6 Patienten sowohl ihre „atypischen Colibacillen“, die sie als Erreger
der Epidemie ansprechen, als auch Typhusbakterien noch bei 80facher
Verdünnung agglutinirte, während hundertfache Serumverdünnung beiden
Bacillenarten gegenüber wirkungslos blieb. Diese gleich starke Beein¬
flussung von Typhus und ihrem „atypischen Coli“ ist auffallend, zu¬
mal in ihren Fällen eine gleichzeitige Typhusinfection, an die mau wegen
des eigenthümlichen Ausfalles der Agglutiuationsreaction denken könnte.
Gck igle
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Een Beitbag zub Kenntniss des Pabatyphüs.
261
kaum anzunehmen ist. Bei den von ihnen mit ihren Epidemiebakterien
rorgenommenen Thierimmunisirungen trat aber ein deutlicher Unterschied
auf. derart, dass die Agglutinationswerthe der Immunsera für ihren
„atypischen Colistamm“ und Typhusbakterien um ein Achtfaches ausein¬
ander lagen. Auch von Typhusimmunserum, dessen Agglutinationswerth
4000 betrug, wurden ihre Epidemiebakterien nur in verhältnissmässig
hohen Concentrationen bei 1:100 agglutinirt.
Schliesslich citiren de Feyfer und Kayser (10) in ihrer oben¬
erwähnten Arbeit, Versuche von Bruns und Kayser (85), welche erst
nach Abschluss meiner Arbeit veröffentlicht wurden; auch diese Autoren
sind, was die Mitagglutination von Typhus bei experimenteller Infection
mit Paratyphus B an belangt, zu demselben Ergebniss wie Hünermann,
Conradi, v. Drigalski und Jürgens, sowie Sion und Negel und
Verfasser gekommen.
Ein zweiter Beweis, dass keine Mischinfection mit Typhus im Falle
Sch. vorlag, wurde durch den nach Castellani (82) angestellten Ab¬
sättigungsversuch erbracht. Fussend auf eine bruchstückweise veröffent¬
lichte Arbeit Wolff’s, geht Castellani davon aus, dass das Blut eines
mit einem bestimmten Infectionserreger behandelten Thieres sowohl Agglu¬
tinationsvermögen für dieselbe Art als auch für verwandte Arten an¬
nehmen kann, dass aber das Serum nach Absättigung mit den in-
ficirenden Mikroorganismen seine agglutinirende Wirkung sowohl für
diese als auch für alle anderen, die es vorher beeinflusste, verliert.
Andererseits zeigte er in seinen Thierexperimenten, dass das Blut bei
vielfältigen Infectionen Agglutinationsvermögen für den Erreger einer
jeden einzelnen Infection annimmt, dass aber durch Absättigung des so
entstandenen Serums mit einem der infieirenden Bacillen dasselbe nur
das Agglutinationsvermögen für diese Art verliert, während die agglu¬
tinirende Wirkung des Serums für sämmtliche anderen inficirende Mikro¬
organismen annähernd erhalten bleibt. Für die serodiagnostische Praxis
zieht Castellani aus diesen Versuchen den Schluss, dass es möglich
sei, durch Absättigung eines Serums mit den verschiedenen Bacillen, die
es vorher beeinflusst hat, zu entscheiden, ob eine Mischinfection vorliegt
oder nicht.
Das Serum Sch. wurde succesive mit Paratyphusculturen versetzt,
bis makroskopisch keine Agglutination mehr auftrat; nach mehrtägigem
Aufenthalt im Eisschrank setzten sich die agglutinirten Häufchen auf
dem Boden des Reagensgläschens ab; das darüber stehende klare Serum
wurde abpipettirt und gegenüber Typhusbacillen auf Agglutination ge¬
prüft. Dabei zeigte sich, dass dieses Serum selbst bei einer Verdünnung
von 1:20 keinerlei agglutinirende Wirkung auf Eberth’sche Stäbchen
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262
Walter Körte:
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mehr äusserte. Es ging daraus hervor, dass das vor der Absättigung
bestandene Agglutinationsvermögen für Typhusbacillen im Serum Sch.
nur ein indirectes, durch Paratyphusagglutinine bedingtes war. Dieser
Ausfall des Versuches sprach also auch dafür, dass eine Mischinleetion
auszuschliessen war.
Hierzu möchte ich noch bemerken, dass der „Castellani’sche Versuch"
für die Klinik hauptsächlich seine Bedeutung in dem eben erwähnten
Sinne, d. h. zum Ausschluss einer Mischinfection, haben dürfte. Wäre
der Versuch anders ausgefallen, d. h. wäre nach Absättigung des Serums
mit Paratyphusbacillen noch ein Theil des Agglutinationsvermögeus für
Typhusbakterien erhalten geblieben, so wäre der Rückschluss auf eine
daneben bestehende Typhusinfection unseres Erachtens nicht ohne Weitere?
erlaubt gewesen.
Der Kliniker findet hier nicht die gleichen Versuchsbedingungen wie
der experimentirende Bakteriologe. Letzterer kennt den Agglutinations¬
titer des Serums seiner Versuchsthiere vor der Infection. Beim inlieirten
Menschen wird dies naturgemäss fast nie der Fall sein. Ferner benützt
der Experimentator denselben Bakterienstamm zur Infection und zur Ab¬
sättigung: Der Kliniker muss dagegen, wenn er von dem Castell an i sehen
Verfahren für die Diagnose der Mischinfection Nutzen ziehen soll, den Ab¬
sättigungsversuch mit seinen Laboratoriumsculturen machen. Denn sind
erst durch bakteriologische Untersuchungen die beiden Infection serreger
direct nachgewiesen, so ist der „Castellani’sche Versuch“ überflüssig.
Nun sprechen Erfahrungen der letzten Zeit dafür, dass verschiedene Stämme
ein und derselben Bakterienart in recht verschiedener Stärke durch Typbus¬
immun- bezw. Typhuskrankenserum agglutinirt werden können. Analoge
Unterschiede könnten sich auch bezüglich des Absättigungsvermögens für
Agglutinine finden. Ehe der „Castellani’sche Versuch“ zur Diagnose einer
Mischinfection herangezogen wird, müssen seine experimentellen Grundlagen
noch näher geprüft werden. Vorerst halten wir es für verfrüht, wenn de
Feyfer u. Kayser (10) in einem Falle der von ihnen beschriebenen Para¬
typhusepidemie — deren Diagnose sich übrigens nur auf den Ausfall der Ag-
glutiuationsreaction, nicht auf den Nachweis des Infectionserregers stützt. —
allein auf Grund des „Castellani’schen Versuches“ eine Mischinfection
von Typhus und Paratyphus annehmen. Sie fanden in diesem Falle, dass
nach Absättigung des Serums mit Paratyphus B., den sie auf Gruud der
Serodiagnostik für den Erreger der Epidemie halten, noch ein in seiner
Stärke nicht näher angegebenes Agglutinationsvermögen gegenüber Typhus
zurückblieb und beziehen diesen Befund ohne Weiteres auf eine Misch¬
infection von Typhus und Paratyphus. Selbst wenn es sicher wäre, dass
der genannte Ausfall des Versuches für eine Mischinfection spräche.
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Ein Beitbag zub Kenntniss des Pabatyphüs.
263
so würde auch dann noch nicht bewiesen sein, dass das restirende
Agglutinationsvermögen gegenüber dem Typhusbacillus auf einer Infection
mit dem letzteren beruht. Denn in dem genannten Palle betrug das
Agglutinationsvermögen gegenüber Typhusbacillen vor der Absättigung 720.
Leider geben die Autoren nicht an, wie hoch der Titer nach der Ab¬
sättigung war; wahrscheinlich dürfte er dann wesentlich niedriger ge¬
wesen sein, weil nach unseren an anderer Stelle mitzutheilenden Beob¬
achtungen der Paratyphus B eine theilweise Absättigung der Typhus-
Agglutinine zu bewirken im Stande ist. Das nach der Absättigung
restirende Agglutinationsvermögen gegenüber Typhusbakterien könnte
ferner auch durch einen vom Typhusbacillus verschiedenen, letzteren aber
„mitagglutinirenden“ Bacillus verursaoht sein (vergl. besonders die
später zu erwähnenden Beobachtungen über Bacillus Bruges).
Als dritte Stütze für die Annahme, dass der im Falle Sch. aus dem
Blute gezüchtete Paratyphusbacillus der Erreger der Erkrankung war
möchte ich hier die mit dem Serum der III. Blutentnahme vorgenommenen
Immnnisirungsversuohe anführen. Es zeigte sich hierbei, dass Mäuse
von 20 87111 Gewicht, denen 0*01 ccm Serum Sch. subcutan injicirt war,
durch eine 12 Stunden später vorgenommene snbcutane Impfung mit
i l 100 Agarcultur des Bac. Sch. nicht erkrankten, während Controlthiere
selbst durch grössere Dosen Normalserum vor der Infection nicht geschützt
wurden, sondern nach 12 bis 24 Stunden zu Grunde gingen. Leider
stand mir damals kein für Mäuse virulenter Typhusstamm zur Verfügung,
so dass ich zunächst nicht feststellen konnte, ob das Serum Sch. auch
schützende Kraft gegen Typhusinfection besässe. Bei einer nach 4 monat¬
lichem Aufenthalte im Eisschrank nachträglich in dieser Richtung vor¬
genommenen Prüfung des Serums zeigte sich, dass Mäuse durch subcutane
Iujection von l ocm Serum Sch. gegen eine tödtliche Typhusdosis nicht
geschützt wurden, während das Serum sich auch damals noch in derselben
Weise und Stärke gegen eine Paratyphusinfection wirksam erwies.
Aehnliche Immunisirungsversuche wurden mit dem Serum des mit
dem Bacillus Bremensis febr. gastr. (Kurth) immunisirten Kaninchens III
vorgenommen. Dabei ergab sich, dass das Serum in einer Menge von
O-OOh**™ Mäuse gegen eine nachfolgende, mehrfach tödtliche Paratyphus¬
dosis schützte, während es sich selbst in grossen Dosen wie 0«5 com gegen
eine einfach tödtliche Gabe Typhuscultur wirkungslos verhielt. Desgleichen
erlagen Mäuse, welche eine Paratyphusinfection durchgemacht hatten,
einer nachfolgenden Impfung mit einer einfach tödtlichen Typhusdosis in
derselben Zeit, wie die Controlthiere, und ebenso wenig konnte bei Mäusen
durch vorausgegangene Typhusimmunisirung ein Schutz gegen Paratyphus¬
infection erzielt werden.
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Walteb Körte:
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Im Gegensätze zu diesen Versuchsergebnissen fanden Couradi,
v. Drigalski und Jürgens (9), dass Meerschweinchen durch nahezu die¬
selben Mengen des künstlichen Saarbrückener Immunserums (0-006 bezw.
0 • 008 ccm ) sowohl gegen die 30 fach tödtliche Dosis des mit Paratyphus B
identischen Saarbrückener Stäbchens als auch gegen die einfache tödtliche
Gabe von Typhusbacillen geschützt wurden, und dass auch umgekehrt
Typhusimmunserum ausreichenden Schutz gegenüber Typhus-, wie gegen¬
über einer mit Saarbrückener Stäbchen erzielten Infection gewährte.
Allerdings haben diese Autoren sich einer von der oben angeführten
abweichenden Versuchsanordnung, nämlich der gleichzeitigen Injection von
Serum und Infectionserregem in die Bauchhöhle von Meerschweinchen,
bedient, woraus sich vielleicht die Unterschiede gegenüber meinen Ver¬
suchen erklären könnten.
Serumversuche von Fall 11.
Im zweiten mitgetheilten Falle konnte, wie schon bemerkt, der Nach¬
weis des Infectionserregers nicht mehr erbracht werden, da die Diagnose
„Paratyphus“ erst zur Zeit vorgeschrittener Reconvalescenz gestellt
wurde und die dann vorgenommene bakteriologische Untersuchung von
Fäces und Urin ein negatives Resultat ergab. Der Fall ist daher
nicht mit derselben Sicherheit wie der erste als Paratyphus zu betrachten,
indessen hatte die serodiagnostische Untersuchung ein derartig eindeutiges
Ergebniss, dass man auch diesen zweiten Fall mit grosser Wahrscheinlich¬
keit als Paratyphus ausprechen muss.
Gelegentlich der in der Anamnese des Patienten erwähnten, von
Hrn. Prof. Stern vorgenommenen Blutentnahme war die Agglutinations-
reaction gegenüber Typhusbakterien bei 1:20 vollständig negativ gewesen.
Da nur sehr wenig Serum zur Verfügung stand, konnte gegenüber Para-
tvpliusbacillen keine Prüfung vorgenommen werden. Nach der Aufnahme
des Patienten in die medicinische Klinik wurde dies nachgeholt. Be¬
merken will ich noch, dass auch dort niemals ein positiver Ausfall der
Reaction gegenüber Eberth’chen Bacillen festgestellt werden konnte.
Bei der am 24. XI. 1902 vorgenommenen Blutentnahme wurde aus¬
schliesslich gegenüber drei dem Paratyphus B angehörenden Bakterien¬
stämmen — unserem Bacillus Sch., dem Bacillus Bremensis febris
gastricae (Kurth) und Paratyphus B (Fall Seemann, Schottmüller)
— ein deutlicher Ausfall der Agglutinationsreaction noch bei einer Serum-
verdünnung von 1:2500 erzielt. Gegenüber mehreren Colistämmen.
Typhus oder Bakterien der Fleischvergiftung, sowie Paratyphus A
zeigte das Serum keine agglutinirende Wirkung. Das hohe Agglutination»-
vermögen des Serums für Paratyphus B konnte kaum anders als durch die
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Ein Beitbag zub Kenntniss des Pabattphus.
265
Annahme einer überstandenen Paratyphusinfection erklärt werden, zumal ich
als Grenzwerth für das Agglutinationsvermögen nicht paratyphöser Sera —
ausgeschlossen sind typhöse — höchstens eine Verdünnung von 1:40 in
zahlreichen von uns angestellten Versuchen schwach wirksam gefunden habe.
Ein fernerer Beweis, dass es sich in diesem Falle um eine Infection
mit Paratyphus B gehandelt habe, wurde dadurch erbracht, dass das
Serum beträchtliche schützende Wirkung gegen eine Infection mit diesem
Mikroorganismus äusserte: Mäuse, denen 12 Stunden vor der Infection
mit einer sicher tödtlichen Dosis Paratyphus B-Cultur subcutan kleine
Mengen des Serums Dr. B. injicirt waren, überstanden im Gegensätze zu
den Controlthieren die Infection sehr gut. 0*1 ccm Serum erwies sich bei
diesen Versuchen als absolut schützend gegen die Infection, d. h. die be¬
treffenden Thiere zeigten nicht die geringsten Krankheitserscheinungen,
während die mit kleineren Dosen Serum (0 • 005 bis 0*01 * om ) behandelten
nach der Infection mehr oder weniger schwere Erkrankungen durch¬
machten, von denen sie sich aber innerhalb 2 Tagen wieder erholten.
Durch diese beiden serodiagnostischen Versuchsergebnisse dürfte wohl
mit hoher Wahrscheinlichkeit der Nachweis erbracht sein, dass es sich
auch im Fall II um Paratyphus B gehandelt hatte.
Wo Dr. B. diese Paratyphusinfection sich zugezogen hat, ist nicht mit
Sicherheit festzustellen, da er gerade 14 Tage vor Beginn der Krankheits¬
erscheinungen aus seiner Heimath Helsingfors nach Breslau gereist war.
II. Heber die agglntinirende Wirkung des Blutserums von
Typhuskranben auf Paratyphusbacillen.
Durch die im ersten Theile berichteten Erfahrungen anderer Autoren
und unsere eigenen Beobachtungen im Falle Sch. ist eine Mitagglutination
des Typhusbacillus bei Paratyphusinfectionen festgestellt. Für die Sero¬
diagnostik des Unterleibstyphus ging daraus die Forderung hervor, die
Sera typhusverdächtiger Kranken nicht nur auf ihre agglutinirende Wirkung
dem Eberth’schen, sondern auch den Paratyphusbacillen gegenüber zu
prüfen, da ein Theil der Fälle mit positiver Agglutinationsreaction gegen¬
über Typhusbakterien in Wirklichkeit durch Paratyphusinfection bedingt
sein kann. Es wurden daher die in der medicinischen Poliklinik unter¬
suchten Sera stets nicht nur auf Agglutination gegenüber Typhus-,
sondern auch gegenüber Culturen von Paratyphus A und B geprüft, und
zwar in der Weise, dass stets der Grenzwerth des Agglutinations-
Vermögens festgestellt wurde. Der uns von Hrn. Dr. de Nobele (31)
überlassene Bacillus Bruges wurde wegen seiner naben Verwandtschaft
mit dem Typhusbacillus in einem Theil der Fälle mit berücksichtigt. De
Nobele hat diesen Bacillus als Erreger einer Fleischvergiftungsepidemie
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III. Typhnssora, welche Paratyphus A mitagglutinireii.
Ein Beitrag zur Kenntniss des Paratyphus.
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268
Waltee Körte:
in Brügge im Jahre 1899 gefunden, und beobachtet, dass das Blutserum
einiger Patienten den Eberth’schen Bacillus höher als den Bacillus Bruges
agglutinirte. Aehnlich verhielt sich das Serum der mit dem Bacillus
Bruges geimpften Meerschweinchen. Das Serum von 21 unter Typhus¬
symptomen erkrankten Patienten agglutinirte den Bacillus Bruges in
9 Fällen etwas schwächer, in 12 Fällen sogar stärker als Typhusbacillen.
Ein hochwerthiges Typhusimmunserum, das Eberth'sche Bacillen noch
bei 35000facher Verdünnung agglutinirte, war jedoch nur in einer Ver¬
dünnung von 1:3000 auf den Bacillus Bruges wirksam.
Aus den vorstehenden Tabellen geht zunächst hervor, dass die Typhus¬
sera den Bacillus Bruges, soweit darauf untersucht wurde, mitagglutinirten.
In zwei Fällen, Gregor und Stäche, mit ziemlich beträchtlichem Agglu¬
tinationsvermögen gegenüber Typhusbacillen ist die Beeinflussung relativ
gering, in einem Falle, Kesselmann, werden beide Mikroorganismen zu¬
nächst in gleicher Intensität beeinflusst, im weiteren Verlaufe der Er¬
krankung steigt das Agglutinationsvermögen für Typhus höher als für
Bacillus Bruges. Bei der Mehrzahl der Fälle zeigt sich, dass die agglu-
tinirende Wirkung der Sera auf den Bacillus Bruges etwa halb so stark
ist als auf den Typhusbacillus. Die Beobachtung de Nobeles einer
starken Mitbeeinflussung seines Bacteriums durch Sera von Typhuskranken
kann ich daher durchaus bestätigen, wenn ich auch nur in einem Falle,
und da auch nur im Beginn der Erkrankung, eine gleich starke Be¬
einflussung beider Bakterien gefunden habe.
Was nun die Agglutination von Paratyphus A und B durch das
Serum dieser Typhuskranken anbetrifft, so möchte ich gleich hier vorweg
bemerken, dass ich in einem Theil der Fälle (Haschpe, Meier, Lindner.
Pal esche, Kroner, Wolf und Kesselmann) eine Absättigung des
Serums mit Typhusbacillen nach Castellani vorgenommen habe, da in
einigen (Meier und Haschpe z. B.) bei der geringen Differenz der
Agglutinationswerthe gegenüber Typhus und Paratyphus der Gedanke an
eine Mischinfection nahe lag. Die Absättigung der Sera mit Typhus¬
bacillen führte jedoch stets zu dem Ergebniss, dass das Agglutinations¬
vermögen für Paratyphus A und B, ebenso auch für Bacillus Bruges ge¬
schwunden und daher eine Mischinfection auszuscliliessen war.
Ferner möchte ich hier eine Beobachtung anführen, die mir für die
Praxis der Serodiagnostik wichtig zu sein scheint. Wiederholt, namentlich
in den Fällen Lindner, Palesche, Haschpe und Meier fiel mir auf,
dass die makroskopisch sichtbare Agglutination in den mit Paratyphus
beschickten Reagensgläschen schneller und intensiver, zum Theil auch in
weniger concentrirten Serum Verdünnungen auftrat als beim Typhusbacillus,
obgleich sich der verwendete Typhusstamm in zahlreichen anderen Uuter-
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Ein Beitrag zur Kenntniss des Paratyphus.
269
suchungen als ein durchaus leicht agglutinabler erwiesen hatte. Bei Ver¬
wendung schwer agglutinabler Typhusstämme trat makroskopisch über¬
haupt keine Agglutination auf, so dass man nach dem Ausfall der
makroskopisch angestellten Reaction zunächst leicht hätte geneigt sein
können, die Diagnose Paratyphus zu stellen. Die Feststellung der mikro¬
skopischen Grenze liess dann aber die Fälle auch auf serodiagnostischem
Wege als Typhen erkennen. Diese Beobachtungen sprechen für die Wichtig¬
keit der mikroskopischen Feststellung des Grenzwerthes bei der Sero¬
diagnostik des Abdominaltyphus.
Aus den Tabellen geht hervor, dass die Typhussera durchaus nicht
einheitlich auf die beiden Typen der Paratyphusbacillen wirkten, vielmehr
machten sich erhebliche Unterschiede bemerklich. So konnte in den acht
an erster Stelle aufgeführten Fällen, deren Agglutinationsvermögen gegen¬
über Typhus zum Theil ein ziemlich niedriges, zum Theil aber auch ein
sehr hohes ist, keine wesentliche Beeinflussung von Paratyphus A und B
festgestellt werden. In einer zweiten Reihe von Fällen wurde nur Para¬
typhus B mitagglutinirt und zum Theil erst in ziemlich concentrirten
Serumverdünnungen. Zwei Sera, darunter ein sehr hochwerthiges(Kranz),
agglutinirten dagegen wieder nur Paratyphus A. Die übrigen Sera übten
sowohl auf Typus A als auch B der Paratyphusbacillen einen deutlich
agglutinirenden Einfluss aus.
Zwar besitzen die Paratyphus mitagglutinirenden Sera zum Theil ein
beträchtliches Agglutinationsvermögen für Typhus. Dass aber kein strenger
Parallelismus zwischen der Höhe des Agglutinationstiters für Eberth’sche
Bacillen und der Mitagglutination für Paratyphus besteht, zeigen einer¬
seits die Fälle Stäche und Hoppe, die, obwohl hochwerthig, Paratyphus
nicht mitagglutiniren, sowie der Fall Lindner, dessen Agglutinations¬
vermögen gegenüber Paratyphus A und B bei steigendem Typhustiter
durchaus nicht zunimmt; andererseits geht aus dem Verhalten der Sera
in den Fällen Scholz, Wolf, Haschpe und Meier hervor, dass bei
einem verhältnissmässig niederen Typhustiter eine beträchtliche Mit¬
agglutination von Paratyphus A und B bestehen kann.
Auffallend war bei diesen Untersuchungen die Mitagglutination von
Paratyphus A, da ich im Thierexperiment, wenigstens bei Kaninchen,
keine „Agglutininverwandtschaft“ zwischen Typhus und Paratyphus A
gefunden hatte. Drei mit verschiedenen Typhusstämmen hergestellte
Kaninchenimmunsera beeinflussten wohl immer Paratyphus B (einem
Agglutinationswerth von 2000 oder 10000 gegenüber Typhusbacillen ent¬
sprach ein solcher von 100 bezw. 300 gegenüber Paratyphus B), aber
niemals Paratyphus A. Umgekehrt konnte auch bei einem Paratyphus A-
Immunserum, dessen Agglutinationsvermögen 5000 betrug, niemals eine
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270
Walteb Koste:
wesentliche agglutinirende Wirkung auf Typhus (desgleichen nicht auf
Paratyphus B) nachgewiesen werden. Auch Brion und Kayser (7)
konnten bei experimenteller Infection von Kaninchen in dieser Richtung
keine Beziehnungen zwischen Typhus und Paratyphus A finden. 1
Zur Erklärung der Unterschiede zwischen den Beobachtungen im
Thierexperiment und denjenigen am menschlichen Serum können wir
folgende, schon von Durham (34) geäusserte Ann ahm e machen: Iu
analoger Weise, wie dies Ehrlich und Morgenroth für den hämo¬
lytischen Immunkörper nachgewiesen haben, besitzen auoh die Agglutinine
eine sehr complicirte Zusammensetzung; diejenigen Bestandteile des
Bakterienprotoplasmas, welche im inficirten Organismus zur Agglutinin¬
bildung führen, setzen sich aus zahlreichen „Agglutininreceptoren“ —
wie sie Stern (14) im Anschluss an Ehrlich’s Theorie genannt hat —
zusammen, von denen jeder zur Bildung eines entsprechenden „Einzel-
Agglutinins“ führen kann. Wie andere biologische Eigenschaften der
Organismen, so ist auch der Receptorenapparat der Bakterien gewissen
individuellen Schwankungen unterworfen. Andererseits wird auch die
Bildung von Agglutininen nicht nur von den vorhandenen Agglutinin¬
receptoren, sondern auch davon abhängen, welche von diesen in dem
inficirten Organismus die Möglichkeit der Agglutininbildung finden,
oder, wenn wir uns in der Ausdrucksweise an Ehrlich’s Theorie an-
schliessen, ob in diesem Organismus zupassende haptophore Gruppen vor¬
handen sind. Daraus erklärt sich, dass zwei verschiedene Thierarten,
bezüglich der Agglutininbildung auf ein und denselben Mikro¬
organismus ganz verschieden reagieren können. In dieser Be¬
ziehung sind die von Wassermann (38) angestellten Versuche von
Interesse. Wassermann fand nämlich, dass nach Infection dreier ver¬
schiedenen Arten angehörenden Thiere mit ein- und demselben Colistamm
die Sera dieser drei Thiere Agglutinationsvermögen gegenüber dem
injicirten Bacillus angenommen hatten, dass aber die Sera sich gegenüber
anderen Colistämmen derartig verschieden verhielten, dass das eine
Serum diese, das andere jene Colistämme mitagglutinirte. Diese Versuche
sprechen für die Richtigkeit der oben entwickelten Anschauung, dass die
Agglutinine aus verschiedenen „Einzel-Agglutininen“, von denen jedes
einer bestimmten Receptorenart des inficirenden Bacillus entspricht, zu¬
sammengesetzt sind.
1 Zusatz bei der Correctur. In ihrer soeben erschienenen Arbeit tbeilen
Bruns und Kayser (35) mit, dass sehr hoehwerthiges von Prof. Tavel in Bern
bezogenes Typhusimmunserum, das den Typhusbacillus noch in 50000 facher Ver¬
dünnung agglutinirte, auch den Bacillus Paratyphi A noch in 500 facher Verdünnnng
beeinflusste.
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Em Beitbag zub Kenntniss des P abatyphus.
271
Die von uns gefundene Thatsache, dass das Serum mancher Typhus¬
kranken Paratyphus A und B etwa gleichmässig mitagglutinirt, dass in
anderen Fällen nur Typus A oder nur Typus B mitagglutinirt wird, spricht
dafür, dass ebenso wie bei verschiedenen Thierarten auch bei In¬
dividuen derselben Gattung derartige Unterschiede bestehen.
Diese Unterschiede lassen sich erklären, wenn man annimmt, dass
der Typhusbacillus sowohl mit Paratyphus A als auch Para¬
typhus B gemeinsame Agglutininreceptoren hat, und dass so¬
wohl in dem Receptorenapparat der Bakterien als auch in der
Zusammensetzung derjenigen Zellen, welche im inficirten
menschlichen Organismus die Stätte der Agglutininbildung
sind, individuelle Schwankungen Vorkommen. Hat z. B. ein
Typhusbacillenstamm mit dem Paratyphus A wenig oder keine Agglu¬
tininreceptoren gemeinsam, so wird das Serum des inficirten Organismus
den Paratyphus A nur wenig oder garnicht mitagglutiniren; das gleiche
Resultat wird sich aber auch ergeben können, wenn zwar der Typhus¬
stamm mit Paratyphus A gemeinsame Receptoren hat, aber im inficirten
Orgauismus keine Stätte findet, wo diese letzteren Receptoren haften und
zur Agglutininbildung führen können.
So weisen unsere Versuche auf individuelle Unterschiede in der Reactiou
des inficirten Organismus auf die eingedrungenen Infectionserreger hin, Unter¬
schiede, denen wir ja auch im klinischen Krankheitsbilde stets begegnen.
IAtteratur-Verzeichntes.
1. Achard et Bensaude, Infections paratyphoidiques. Soc. mM. des Mop.
de Paris. 27. Nov. 1896. — Citirt nach Brion, Paratyphus. Deutsche Klinik am
Eingänge des XX. Jahrhunderts . 1903. Bd. II.
2. Widal et Nobecourt, S^roreaction dans une infection ä paracolibacilles
Sem. med. 1897. p. 285.
3. Gwyn, Johns Mopk. Mosp. Bull. 1898. p. 54. — Citirt nach Neufeld,
Typhus. Handbuch der pathogenen Mikroorganismen von Kolle u. Wassermann.
4. Cushing, Johns Hopk . Mosp. Bull. 1900. p. 156. — Citirt nach Neufeld.
5. Schottmüller, Ueber eine das Bild des Typhus bietende Erkrankung, her¬
vorgerufen durch typhusähnliche Bacillen. Deutsche med. Wochenschrift. 1900. S. 511.
— Weitere Mittheilungen über mehrere das Bild des Typhus bietende Krankheitsfälle,
hervorgerufen durch typhusähnliche Bacillen (Paratyphus). Diese Zeitschrift. 1900.
Bd. XXXVI. S. 368.
6. Kurth, Eine typhusähnliche durch einen bisher nicht beschriebenen Bacillus
(Bac. Bremensis febr. gastr.) bedingte Erkrankung. Deutsche med. Wochenschrift.
1901. Nr. 30 u. 31.
7. Brion u. Kayser, Ueber eine Erkrankung mit dem Befunde eines typhus¬
ähnlichen Bacteriums im Blute (Paratyphus). Münchener med. Wochensehr. 1902. S. 15.
8. Hünermann, Bakteriologische Befunde bei einer Typhusepidemie. Diese
Zeitschrift . 1902. Bd. XL.
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272 Walter Kürte: Ein Beitrag zur Kenntniss des Paratyphus.
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9. Conradi, v. Drigalski und Jürgens, Ueber eine unter dem Bilde des
Typhus verlaufende, durch einen besonderen Erreger bedingte Epidemie. Efxnda.
1903. Bd.XLU.
10. de Feyfer und Kayser, Eine Endemie von Paratyphus. Münchener med.
Wochenschrift. 1902. Nr. 41 u. 42.
11. Sion und Negel, Ueber eine von einem atypischen Colibacillus veranlagte
typhusähnliche Hausepidemie hydrischen Ursprunges. Centralblatt für Bakteriologie.
Bd. XXXn. S. 481, 581, 679.
12. Longeope, Paracolon Infection. Amer. Joum . of med . sc. Augu t 190*2.
— Referat Centralblatt für innere Medicin. 1902. S. 1240.
13. Jochmann, Allgemeininfection des Blutes mit Paratyphusbacillen bei einem
Scharlachkinde. Centralblatt für Bakteriologie. Referate. 1903. Bd. XXXI1L
14. Stern, Ueber den Werth der Agglutination für die Diagnose des Abdominal¬
typhus. Berliner klin. Wochenschrift . 1903.
15. Luksch, Beitrag zar pathologischen Anatomie des Paratyphus. Cenfraiblett
für Bakteriologie. 1903. Bd. XXXIV. Nr. 2.
16. Colemann u. Buxton, Paratyphoid Infection. Amer. Joum. of med. sc,
1902. — Ref. Centralblatt für innere Medicin. 1902. S. 1091.
17. Johnston, Paratyphoid fever; report oi 4 cases; analysis of all rep^rteol
cases. Amer. Joum. of med. sc. Aug. 1902. — Ref. Centralbl. f. in. Med. 1902. S. 1240.
18. Hewlett, Report of a case of paratypb. fever. Amer. Joum. of med. s*.
August 1902. — Ref. Ebenda . 1902. S. 1240.
19. Libman n, Paracolon Infection. Journal of med. research. Vol. VIIL Nr. t.
Citirt nach Brion, Paratyphus.
20. Hu me, Citirt bei Brion, Paratyphus.
21. Kayser, Ueber den Paratyphus. Deutsche med. Wochenschrift. 1903. Nr. 18.
22. Schmidt, Zur Kenntniss der Paratyphusbacillosen. Wiener klin. Wochen¬
schrift. 1902. Nr. 49.
23. Sacquipde, Annales de VInstitut Pasteur. 1901. — Citirt nach Müller.
24. Bancel, Soc. med. des höp. de Lyon. Citirt nach Müller.
25. Nicolle et Trenel, Annales de VInstitut Pasteur. 1902.
26. Müller, Ueber die Immunisirung des Typhusbacillus gegen spec. Agglutinine.
Münchener med. Wochenschrift. 1903. Nr. 2.
27. Hof mann, Zur Frage des Paratyphus. Hygienische Rundschau. 1902. Nr. 17
28. Stern, Fehlerquellen der Serodiagnostik. Berl.klin. Wochenschr . 1897. Nr. 11.
29. Barsiekow, Wiener klin. Rundschau. 1901. Nr. 44. — Cit. nach Neufeld.
30. Conradi und v. Drigalski, Ueber ein Verfahren zum Nachweis der
Typhusbacillen. Diese Zeitschrift. Bd. XXXIX.
31. de Nobele, Le Serodiagnostic dans les affect. gastro-intest d'origine ali*
mentaire. Extrait des annales de la Soc. de med. de Gand. 1901.
32. Castellani, Die Agglutination bei gemischter Infection und die Diagnose
der letzteren. Diese Zeitschrift. Bd. XL.
33. Wassermann, Ueber Agglutinine und Präcipitine. Ebenda. Bd. XUX
34. Durham, Journal of experim. Med. JSew - York. 15. Jan. 1901. Vol. V. Nr. 4.
Citirt nach Ehrlich u. Morgenroth, Ueber Hämolysine. Berliner klin. Wochen¬
schrift. 1901. Nr. 21.
35. H. Bruns und H. Kavser, Ueber die Verwerthbarkeit des Agglutinations-
Phänomens zur klinischen Diagnose und zur Identificirung von Bakterien der Typhus-
Coligruppe (Paratyphus u. s. w.). Diese Zeitschrift. 1903. Bd. XLIÜ.
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[Aus der Serumabtheilung im Kiewer bakteriologischen Institut.]
(Direction: Prof. A. D. Pawlowsky.)
Ueber die Serumtherapie des Milzbrandes . 1
Von
Dr. A. Jürgelunas.
Die Serumtherapie, die in der Medicin in den letzten 10 Jahren
bereits eine neue Richtung angebahnt und glänzende Resultate bei einigen
Ansteckungskrankheiten, besonders bei Diphtheritis, erzielt hat, wird sich
in der Zukunft unstreitig als mächtiges Mittel im Kampfe des Menschen
gegen die Krankheiten erweisen. Die jetzige Therapie durch Serum ist
allerdings noch gänzlich kraftlos gegen eine ganze Reihe sehr ernster
Krankheiten; es giebt aber auch bereits jetzt gegen viele Ansteckungs¬
krankheiten Serum, das mehr oder weniger Bedeutung hat. Zur letzten
Art von Serum gehört das gegen den Milzbrand. Ich werde mit einigen
Worten auf die Art und Weise, mit deren Hülfe man bemüht ist, Un¬
empfänglichkeit bei Thieren hervorzurufen, hinweisen.
Toussaint (1) war der erste, der vorschlug, Unempfanglichkeit bei
Thieren durch geschwächte Culturen des Milzbrandbacillus, bei Erwärmung
bis 55° innerhalb 10 Minuten, hervorzurufen. Pasteur, der auf die
Fehlerhaftigkeit dieser Methode hinwies, bearbeitete die Vaccinations-
methode, die bei weitem bessere Resultate gab. Die nächstfolgenden
Autoren änderten theils die von Pasteur in Vorschlag gebrachte Art und
Weise, theils wandten sie chemische und physikalische Agentien zur
Virulenzverminderung des Milzbrandbacillus an, und endlich dient vielen
Autoren das Wachsthum und das Leben des Milzbrandbacillus zusammen
mit anderen Bakterien als Bedingung ihrer Virulenzverminderung. Als
Gegensatz zur Pasteur’schen Vaccine wurde von einigen Autoren Vaccine
1 Diese Mittheilung ist das kurz zusammengefasste Ergebniss der langjährigen
and sehr fleissigen Arbeit des Verfassers.
Zeitachr. f. Hygiene. XLIV
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A. JÜRGELUNAS:
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aus todten Milzbrandbacillen in Vorschlag gebracht; so z. B. siedete
Klemperer (2) zu diesem Zwecke die Culturen des Milzbrandbacillus.
Ausserdem wurden Versuche für Unempfänglichkeit mit sterilisirtem Blute
von durch Milzbrand umgekommenen Thieren veranstaltet. Endlich er¬
zielten einige Forscher recht günstige Resultate durch Einführung unter die
Haut von Culturen des Milzbrandbacillus zusammen mit anderen Bakterien.
So blieben bei Emmerich und Cheyne (3) Kaninchen, die vorher mit
Streptokokken, dann aber mit Milzbrandbacillen injicirt wurden, am Leben.
Prof. Pawlowsky (4) gelang es, viele Kaninchen vom Tode zu retten, denen
zuerst die Cultur von Bacillus anthracis, dann aber andere Bakterien, wie
Pneumococcus Friedländer, Staphylococcus und Bacillus pyocyaneus injicirt
wurden. Von allen angeführten Verfahrungsarten wurde die Pasteur’sche
Behandlungsweise der Vaccination bei Schutzimpfung und zur Hervor-
rufung von Unempfänglichkeit bei Thieren überall angenommen.
Die erste Arbeit über die Serumtherapie des Milzbrandes gehört
Marchoux (5). Der Autor rief Unempfänglichkeit beim Kaninchen und
beim Hammel hervor. Er begann mit der Vaccine Nr. 1 und 2 und ging
dann zur Einspritzung virulenter Culturen unter die Haut über; er be¬
gann mit ganz geringer Menge, die er beständig vergrössemd schliesslich
zu sehr grossen Dosen führte. Zur Erhaltung von Serum nahm er Blut
von Thieren 15 bis 20 Tage nach der letzten Einspritzung des Giftes.
Die ersten Versuche an Kaninchen mit Serum, das von unempfänglichen
Kaninchen und Hammeln entnommen war, um die Frage zu erörtern,
ob dieses Serum vor dem Milzbrand schützt, erzielten recht günstige Re¬
sultate. So wurden zur ersten Reihe von Versuchen vier Kaninchen ge¬
nommen. Das Kaninchen Nr. 1 erhielt 2 ccm Serum, Nr. 2 4 ccm , Xr. 3
6 ccm, Nr. 4 9 0Cm . Nach 24 Stunden wurde l / s cem Gift eingespritzt. Die
ersten zwei Kaninchen starben 3 Tage nach Empfang des Giftes, das
dritte nach 7 Tagen, das vierte aber blieb am Leben. Die Control-
kauinchen kamen nach 2 Tagen um. Für die zweite Reihe von Versuchen
wurden drei Kaninchen genommen. Kaninchen Nr. 1 erhielt 5 66111 Serum,
Nr. 2 6 cem , Nr. 3 8 ccm . Nach 24 Stunden wurde 1 j 3 ccm Gift eingespritzt.
Das erste Kaninchen starb nach 6 Tagen, die beiden anderen blieben am
Leben. Das Controlkauinchen kam nach 2 Tagen um. Dann stellte
Autor Versuche mit Heilung durch Serum an. Von 24 Kaniucheu, denen
zuerst die Cultur von Bacillus anthracis und gleich darauf Serum ein-
gespritzt wurde, blieben nur sieben am Leben.
Und somit waren die präventiven und therapeutischen Eigenschaften
des Serums, das Marchoux erhielt, unbedeutend.
Die zweite Arbeit über diese Frage gehört Sclavo (6). Der Autor
rief Unempfänglichkeit beim Hammel hervor. Er begann mit Vaccine
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Über die Sebumtherapie des Milzbrandes.
275
Nr. 1 und 2 und ging dann zur Cultur des Milzbraudbacillus über, indem
er die Menge der Cultur beständig vergrösserte. Nach einigen Monaten
stellte er Versuche an Kaninchen mit Serum eines schon unempfänglich
gemachten Thieres an. Es erwies sich, dass 2 ccm Serum ein Kaninchen
vor dem Tode schützte, dem nach 24 Stunden nach Einführung von
Serum l ccm ßouilloncultur des Bacillus anthracis injicirt war.
Was die therapeutischen Eigenschaften von Serum an belangt, so gab
dasselbe weniger günstige Resultate. Die Mehrzahl der Kaninchen, denen
vorerst reine Cultur von Milzbrandbacillen eingeimpft, die dann aber mit
Serum kurirt wurden, kamen um, indem der Tod im Vergleich mit den
Controlthieren immer ein wenig später eintrat.
In Anbetracht erhaltener Resultate meint der Autor, dass sein Serum
viel bessere Resultate bei Anwendung an Menschen und Hausthieren geben
müsse, da letztere viel weniger empfänglich für die Milzbrandbacillen seien
als Kaninchen. Und in der That führte er späterhin 10 Fälle des Milz¬
brandes (in Italien) an, in denen er Heilung durch Serum mit günstigem
Ausgang erzielte.
Die dritte Arbeit gehört Mendez (7). Der Autor rief Unempfäng¬
lichkeit bei Pferden, Maulthieren, Ziegen und Schafen hervor. Gleich den
vorerwähnten Forschern begann er mit der Vaccine 1 und 2 Pasteur’s,
ging dann aber zur Einspritzung des Giftes in beständig sich vergrössern-
den Dosen über. Das Blut wurde 8 bis 15 Tagen nach der letzten Gift¬
einspritzung genommen. Mendez entschloss sich, nachdem er von den
präventiven und therapeutischen Eigenschaften des Serums überzeugt war,
dasselbe auch bei Menschen anzuwenden, die an Milzbrand erkrankt waren.
Später führte er 25 Fälle des Milzbrandes an, bei denen er mit Erfolg
Heilung durch Serum erzielte.
Wir haben noch eine Arbeit von Soberuheim (8), in der er anführt,
dass das Serum von gegen den Milzbrand immunisirten Thieren keine
Heilerfolge hat, sondern nur ihren Tod im Vergleich mit den Control¬
thieren verschiebt.
Endlich erzielten Pane und Trapani (9) einige Resultate mit
Kaninchen, bei denen Unempfänglichkeit durch virulente Culturen von
Bacillus anthracis und durch Mischung und Abschwächung der letzteren
mit Pneumococcus salivae hervorgerufen wurde.
Aus dem Gesagten ist klar zu ersehen, dass die Serumtherapie des
Milzbrandes, die nach einigen günstigen, nach anderen Forschern un¬
günstige Resultate giebt, als eine noch lange nicht gelöste Frage anzu¬
sehen ist, um so mehr, da über dieselbe nur 3 bis 4 Arbeiten vorhanden
sind; deshalb habe ich mich auf Anregung von meinem hochgeehrten
Lehrer, dem Prof. A. D. Pawlowsky, mit dieser Frage beschäftigt.
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A. JüKGEIiUNAS:
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Im Jahre 1899 wurden für Hervorrufung von Unempfänglichkeit eine
Ziege und ein Schaf genommen. Indem ich den Thieren unter die Haut
zuerst die erste Vaccine, nach 2 Wochen aber die zweite Vaccine einführte,
spritzte ich ihnen nachdem eine 2 tägige Bouilloncultur des Bacillus anthracis
ein; ich begann mit ganz geringen Mengen geschwächter Cultur, die ich
beständig erhöhte und deren Virulenz ich vergrösserte. Die Zeit zwischen
den einzelnen Einspritzungen des Giftes betrug 2 bis 3 Wochen. Ein
Jahr nach Hervorrufung von Unempfänglichkeit wurden die ersten Ver¬
suche an Meerschweinchen gemacht, mit dem Serum, das man von diesen
Thieren erhalten hatte. Die Ziege und das Schaf erhielten in dieser Zeit
die letzten einmaligen Dosen Giftes von 10 cctn 2 tägiger Bouilloncultur
des Bacillus anthracis.
Vier Meerschweinchen wurde am Bauche eine Serummenge ein¬
gespritzt, die Vioo Gewicht des Thieres gleichkam. Nach 24 Stunden
wurde das Gift zwei Meerschweinchen in Menge 1.3 ccm und zwei anderen
4.3 ccm eingespritzt. Die ersten zwei kamen nach 4, die beiden anderen
nach 3 Tagen um. Das Controlmeerschweinchen, das 0-1 ccm erhielt, kam
nach 2 Tagen um.
Nach 3 Monaten wurde eine andere Reihe von Versuchen an Meer¬
schweinchen mit Serum derselben Thiere veranstaltet Ziege und Schaf
erhielten in dieser Zeit eine einmalige Menge Gift von 20 ccm . Vier
Meerschweinchen wurde eine Serumdosis eingespritzt, die 1 / l00 Gewicht des
Thieres gleichkam. Nach 24 Stunden wurde das Gift in folgenden Mengen
eingeführt: Dem Meerschweinchen Nr. 1 0*4 ccm ; Nr. 2 0-3 ccm ; Nr.30-2 ci ' m ;
Nr. 4 0-1 ccm .
Die Meerschweinchen Nr. 1 und Nr. 2 kamen 4 Tage nach Einspritzung
des Giftes um. Die Meerschweinchen Nr. 3 und Nr. 4 blieben am Leben.
Das Controlmeerschweinchen, das 0- 1 ccm erhielt, kam nach 48 Stunden um.
Durch verstärkte Uebertragungen (Passages) gelang es die Virulenz der
Cultur des Bacillus anthracis zu sehr hohem Grade zu führen. Die tödt-
liche Menge für das Meerschweinchen betrug Vi 000000000 ccm -
Nach 1V 2 Jahren seit Hervorrufung von Unempfänglichkeit wurde
eine neue Reihe von Versuchen mit Serum derselben Thiere angestellt.
In dieser Zeit erhielten unsere immunisirten Thiere: Ziege und Schaf
eine einmalige Dosis von 45 ccm 2 tägiger Bouilloncultur des Bacillus
anthracis. Drei Meerschweinchen wurde Serum eingespritzt, gleich an
1 l l00 an Gewicht des Thieres. Nach 24 Stunden wurde Meerschweinchen
Nr. 1 Gift V10000 ccm , Nr. 2 und Nr. 3 V 10 ooooooo com eingespritzt.
Das Meerschweinchen Nr. 1 kam 4 Tage nach Einführung des Giftes um.
Die Meerschweinchen Nr. 2 und Nr. 3 blieben am Leben. Das Control-
meerschweinchen, das Vioooooooo“"’ Gift erhielt, kam nach 48 Stunden um.
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Übeb die Serümthehapie des Milzbrandes.
277
Die letzte Reihe von Versuchen wurde an Meerschweinchen mit
demselben Serum ausgeführt, als die immunisirten Thiere Dosen Gift von
80 ccm erhielten. Vier Meerschweinchen wurde Serum unter die Haut
gespritzt an Gewicht Vioo des Thieres. Nach 24 Stunden wurde dem
Meerschweinchen Nr. 1 Vioooo ccm > Nr. 2 Vioooooo ““ Nr. 3 Vioooooooo co “
und Nr. 4 1 / 100 oooooooo com Grift eingespritzt Das erste Meerschweinchen
kam nach 3 Tagen um, die drei übrigen blieben am Leben. Das Control¬
meerschweinchen kam nach 2 Tagen um.
Im Ganzen wurden zehn Reihen von Versuchen veranstaltet; hier
sind die am meisten ins Auge fallenden aufgeführt. Mich auf die er¬
haltenen Resultate stützend, komme ich zur Folgerung, dass das Serum
der Thiere, bei denen Unempfänglichkeit hervorgerufen wird, präventive
Eigenschaften besitzt. Was die Therapie anbelangt, habe ich eine Reihe
von Versuchen an Meerschweinchen angestellt, wobei es sich erwies, dass
bei Einspritzung unter die Haut von Serum und Gift zu gleicher Zeit, oder
zuerst Gift und nach 2 bis 4 Stunden Serum, ein Theil der Thiere am
Leben blieb, ein Theil umkam. Wenn man vorerst Gift, nach 24 Stunden
aber, als schon allgemeines Oedem sichtbar ist, Serum einspritzt, so kommen
alle Thiere um. Um mich zu überzeugen, ob nicht die Meerschweinchen
unempfänglich werden, die nach Einführung von Cultur des Bacillus anthracis
am Leben geblieben waren, wurde am 18. Tage allen drei am Leben ge¬
bliebenen Meerschweinchen aus der letzten Reihe von Versuchen zum
zweiten Mal dieselbe Dosis Gift eingespritzt; alle kamen um. Ich notire noch
hier, die interessante Erscheinung und zwar das Wachsthum des Bacillus
anthracis auf dem Serum unempfänglich gemachter Thiere nicht aus dem
Auge zu lassen. Wenn man die gleichen Mengen reiner Cultur des Bacillus
anthracis auf das Serum und auf Bouillon überträgt und die Reagensröhren
in den Thermostat stellt, so bemerkt man sowohl makroskopisch und
mikroskopisch einen grossen Unterschied.
Ganz abgesehen davon, dass der Milzbrandbacillus im Serum der un¬
empfänglich gemachten Thiere wächst, hat man hier eine viel üppigere
Cultur, als in Bouillon. Nach 24 Stunden stellt sich im Serum die
Cultur des Milzbrandbacillus in Gestalt gehäufter und breiter Flocken dar,
das Serum selbst wird trübe; dagegen bemerkt man in der Bouillon nur hier
und da zarte, dünne, faserige Häufungen und die Bouillon bleibt klar. Wenn
man eine eintägige Cultur aus Serum uud aus Bouillon färbt, so bemerkt
man unter dem Mikroskop auch einen grossen Unterschied: im ersten
Falle sieht man hauptsächlich lange, dicke Fäden; die Gliederung der
Fäden der Milzbrandbacillen ist sehr gering ausgeprägt; die Stäbchen er¬
scheinen dick und geschwollen mit ein wenig ungleichen Rändern;
einzelne Stäbchen bemerkt man fast gar nicht; inmitten dieses Bildes
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A. JüBGELUNAS:
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trifft man zuweilen normale Stäbchen an; dagegen trifft man im zweiten
Falle in Bouillon die Milzbrandbacillen entweder als einzelne, oder in Form
kurzer aus 2—3—4 Stäbchen bestehenden Fäden. Wenn man die Cultur
des Milzbrand bacillus, die im Serum unempfänglich gemachter Thiere auf¬
gewachsen ist, in die Bouillen überträgt, so erhält man hier eine Cultur
vollständig normaler Milzbrandbacillen. Unwillkürlich entsteht die Frage,
worin eigentlich das Wesen der präventiven Eigenschaften des Serums
besteht, wenn letzteres als Nährboden erscheint, die so eigentümlich den
Wuchs der Milzbrandbacillen verändert.
Die Antwort auf diese Frage finden wir bis zu einem gewissen Grade
in einer Reihe neuer Forschungen, die in den letzten 3 Jahren gemacht
wurden und die zum Hauptstudium das Zellengift haben. Die Arbeiten von
Bordet (10), Ehrlich (11), Morgenroth (12), Metschnikoff (13) u. A.
brachten einiges Licht sowohl auf den Bestand, als auch auf den Mechanismus
der Wirkung des Serums bakterischer und nicht bakterischer d. h. anti-
toxischen Entstehung. Die Untersuchungen dieser Forscher beweisen, dass
die Cythotoxinen des Serums aus zwei verschiedenen Stoffen bestehen, die
man Cythas und Phylocythas nach Metschnikoff nennt, oder nach
Ehrlich als Complement und Zwischenkörper, Amboceptor, wobei das
Phylocythas das Cythas überwiegt. Da die Activität des Serums durch
das Miteinanderwirken dieser beiden Stoffe bedingt ist, so muss ihre
zerstörende Wirkung auf lebende Bakterien durch Vertilgung oder Ab¬
fallen eines dieser Stoffe aufhören. Hierbei wird auch das Wachsthum
des Milzbrandbacillus im Serum von Thieren, bei denen Unempfangliclikeit
gegen den Milzbrand hervorgerufen ist, erklärlich. Man muss bedenken,
dass die in’s Serum übertragenen Milzbrandbacillen anfangs ihrer zer¬
störenden Wirkung ausgesetzt sind, kaum aber ist das Cythas entstanden,
und die nicht zerstörenden Stäbchen wachsen und verbreiten sich. Die
präventive Eigenschaft des Serums muss man wahrscheinlich dadurch
erklären, dass letzteres in den Organismus des Thieres geführt, sich mit
irgend einem neuen Stoffe vereinigt, Dank dessen es eine stärkere baktericide
und antitoxische Wirkung bekommt und somit alle Milzbrandbacillen
auflöst und zerstört. Das Entstehen dieses neuen Stoffes schreibt man
den Leukocyteu zu, die, wie die Erforschungen von Metschnikoff (14),
Sawtschenko (15), Tarasewitsch 16), London (17), Gengou (18),
u. A. zeigen, sich als Hauptquelle der Entstehung des Cythas erweisen.
Um das Schicksal der Bakterien zu verfolgen, machte ich histologische
Schnitte aus dem Unterhautgewebe eines Meerschweinchens, das zu gleicher
Zeit auch Serum und Gift erhielt und das nach 24 Stunden chloroformirt
wurde, wie auch aus dem Unterhautgewebe eines Meerschweinchens, das
an Milzbrand umgekommen war, aber ohne Serum. Im erstell Falle er-
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Original frum
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Über die Serümtherapie des Milzbrandes.
279
weisen sich die Stäbchen als ein wenig dünner im Vergleich zu den
normalen, haben eine nicht ganz riohtige Form und liegen in den zwischen
den Zellen gelegenen Räumen; der mittlere Theil ist bei der Mehrzahl der
Stäbchen gänzlich ungefärbt, an den Rändern sind sie dagegen gut
gefärbt; die Stäbchen trifft man in sehr geringer Menge an und dabei
an Stellen von Anhäufung von Leukocyten. Im zweiten Falle wurde eine
Menge gut gefärbter frei liegenden Stäbchen beobachtet, wobei viel weniger
Leukocyten waren, als im ersten Falle. In den Deckglaspräparaten, die-
nach 24 Stunden aus der mit Serum und Gift zu gleicher Zeit ein¬
gespritzten Stelle bereitet wurden, beobachtete man scharfe morphologische
Veränderungen der Milzbrandbacillen.
Zum Schluss glaube ich, nachdem ich mich von präventiven und
therapeutischen Eigenschaften des Serums überzeugt, dass ich das Recht
habe, dasselbe auch zum selben Zwecke beim Menschen zu verwenden.
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280 A. Jürgelunas: Über die Serumtherapie des Milzbrakdes.
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Litteratur - V erzeichniss.
1 bis 4. Diese Zeitschrift. 1897. Bd. XXV. Nach Melnikow-Ras wedenkow
5. Annales de VInstitut Pasteur. 1895. Nr. 11.
6. Centralblatt für Bakteriologie . 1895. Bd. XVIII. Nr. 24.
7. Ebenda. 1899. Bd. XXVI.
8. Diese Zeitschrift. 1897. Bd. XXV.
9. Rivista clinica et therapeutica. 1897. Nr. 3.
10 bis 17. Russisches Archiv f. Pathol. t klin. Medic. u. Bakteriol. 1901. St. 2
18. Annales de VInstitut Pasteur. 1901. Nr. 2.
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[Aus dem Zoologischen Institut (Prof. Studer) und dem
Institut zur Erforschung der Infectionskrankheiten (Prof. Tavel) Bern.]
Die Seuche unter den Agoni des Lago di Lugano.
(Colibacillosis Alosae fintae.)
Von
Otto E. Vogel,
Thierarzt aus Kreuznach (Rheinprovinz).
Ende Mai 1902 sandte das Inspettorato forestale del cantone Ticino
in Bellinzona durch Vermittelung des Ober-Forstinspectorats in Bern
Hm. Prof. Dr. Th. Studer zwei todte Agoni ein mit der Angabe, die¬
selben seien an einer unter den Agoni des Lago di Lugano wüthenden
Seuche zu Grunde gegangen. Die Behörde bat um Untersuchung der
Cadaver zweoks Feststellung der Natur der Krankheit.
Das Material wurde mir von Hm. Prof. Dr. Studer freundlichst
zur Bearbeitung überwiesen.
Es sei mir gestattet, einige zoologische Angaben über die von der
Epizootie heimgesuchte Fischspecies vorauszuschicken:
Die Alosa finta Cuv., die nächste Verwandte der Alosa vulgaris,
des Maifisches, gehört zur Familie der Clupeidae. Die Alosa umfasst drei
Subspecies nach Fatio 1 : Die Cheppia (42 bis 50 cm lang), die Agone
(18 bis 26 cra lang; 0*75 k * schwer) und die Antesine (16 bis 18 0,11 lang).
Die Alosen steigen im Frühjahr vom Adriatischen Meer in den Po
und seine Zuflüsse hinauf. Dabei kommt die Cheppia nur selten bis in
die höher gelegenen tessinischen Seeen, sondern laicht im Po selbst und
1 Faune des vertdbrds de la Suis.se. T. V. Histoire naturelle\ des poissons.
II. partie. p. 40.
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282
Otto E. Vogel:
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seinen Hauptuebeuflüssen. So kommt sie in grosser Menge durch den
Tessin in den Lago Maggiore bis zur Schleuse von Villoresi, laicht im
Tessin und der Maggia im Juni und Juli und kehrt im August alsbald
in’s Meer zurück, weil sie das Süsswasser nicht liebt.
Die Agoni dagegen halten sich viel mehr ausserhalb des Meeres auf;
im Lago Maggiore und Lago di Lugano nehmen sie sogar ständigen
Aufenthalt, so dass man sie während des ganzen Jahres hier an trifft und
besonders im Winter in grosser Menge fangt. Sie laichen Ende Mai und
im Juni in diesen beiden Seeen selbst; die verhältnissmässig kleinen,
U/g mm dicken Eier werden in beträchtlicher Zahl abgesetzt.
Die Agoni der lombardischen und tessinischen Seeen hält Patio für
eine durch Gewöhnung an das Süsswasser 1 mehr oder weniger modificirte
Form der Cheppie des Adriatischen Meeres und bezeichnet sie demgemäss
als Alosa finta „varietas lacustris“. .
Die Alosen ernähren sich von Würmern, Larven, verschiedenen In-
secten u. s. w., die grösseren Individuen machen sich auch gern über den
Laich und die junge Brut anderer Fische her, selbst an Erwachsene
anderer Gattungen geringer Grösse.
Die Epizootie.
Die Angaben über Beginn und Dauer der Epizootie unter den Agoni
lauten verschieden.
Dr. Vinassa 2 , Director des „Laboratorio Cantonale d’Igiene“ in
Lugano schreibt:
„Seit Beginn verflossenen Winters wurde an der Oberfläche unseres
Sees eine grosse Zahl sterbender und todter Agoni (alosa v. lacustris) be¬
obachtet, die bis Mitte März immer mehr wuchs; um diese Zeit belief
sich die Zahl der auf den verschiedenen Theilen des Sees umherschwim¬
menden Agoni auf Hunderte. Früher waren schon oft Seuchen unter den
Agoni zu verzeichnen, z. B. 1889 bis 1892 und 1894, niemals aber in
solcher Ausdehnung wie in diesem Jahre.“
Die durch Hru. Canton-Forstinspector Merz in Bellinzona hei Fischern
in Caslano bei Ponte Tresa gütigst eiugezogenen Erkundigungen hatten
folgendes Resultat:
„Die Seuche begann im Februar und dauerte bis Ende März.
Sie hatte südlich der Melide-Brücke (s. Karte) gegen Morcote zu (1)
ihren Anfang genommen und verbreitete sieh südlich bis Porto Ceresio
1 A. a. 0. p. III, LX.
2 La moria degli Agoni nel Ceresio. Flugblatt.
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Die Seuche untee den Agoni des Lago di Lugano.
283
und Riva St. Vitale hinab (2) und dann nördlich gegen Lugano hin (3),
befiel dann den Seearm von Porlezza (4) und zuletzt den Golf von Agno (5)
und den von Ponte Tresa (6). Hier begann die Seuche Anfang März
und dauerte 3 Wochen.
Im Winter 1866 soll dieselbe Seuche im Luganersee noch viel heftiger
geherrscht haben.
Im Verlauf der Seuche constatirte man bei den erkrankten Agoni
einen starken Blutandrang nach dem Kopf. Tagsüber sah man die Fische
auf dem Bücken umherschwimmen, dann lagen sie sterbend an einer
Stelle und sanken schliess¬
lich todt auf den Grund.
In den frühen Morgen¬
stunden und in kalten Nächten
machte sich angeblich eine
grössere Sterblichkeit bemerk¬
bar als sonst. Dieselbe er¬
reichte ihren Höhepunkt, als
die in den See mündenden
Flüsse trüb wurden
Die gestorbenen Agoni,
die man aus dem Wasser
holte, sahen aus wie frisch
getödtete; es trat aber, falls
mau sie nicht sofort kochte,
schon nach 1 bis 2 Stunden
eine Fäulniss des Kopfes ein,
während sich gesunde getödtete Agoni 7 bis 8 Stunden in frischem Zu¬
stande erhalten.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass in der Tresa, in der Bucht
von Ponte-Tresa und im Engpass von Lavena 4 Wochen früher über
15000 Barben, sowie einige Schleien und Barsche verendet waren.“
Hygienische und ökonomische Folgen der Epizootie.
Fälle von Erkrankung bei Mensch oder Thier in Folge Genusses von
an der Seuche erkrankten oder gestorbenen Agoni: Ichthyosismus sind
nicht bekannt geworden. Vinassa hielt es für mehr als zweifelhaft, dass
die Agoni in gekochtem Zustand schädlich sein könnten, empfahl jedoch,
keine zu essen. In der That versichert eine Familie B. in Caslano, über
20 k * kranker Agoni gekocht und gegessen zu haben, ohne irgend welche
üble Folgen; die Köpfe der Agoni jedoch, die bei den gesunden Fischen
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284
Otto E. Vogel:
sehr schmackhaft sind, seien wegen ihres widerlichen Geruches und Ge¬
schmackes ungeniessbar gewesen. Man warf sie daher den Hühnern als
Futter vor, ohne dass auch bei einem von diesen Krankheitserscheinungen
eingetreten seien.
Während also schlimme hygienische Folgen bei der Seuche nicht zu
verzeichnen waren, waren die ökonomischen um so bedeutender.
Vinassa schreibt zwar: „In ökonomischer Hinsicht kann die Seuche
keine Consequenzen haben, weil die Vermehrung der Agoni eine derartige
ist, dass, so viele ihrer auch sterben, sich niemals eine Verminderung bei
ihnen bemerkbar machen wird, welche, wie es scheint, von einigen Fischerei¬
gesetzen, die in ihrem Uebereifer viel fehlen, befürchtet wird“, allein
dieser Hinweis kann sich nur auf die Zukunft des Bestandes an Agoni
beziehen. Der momentan durch die Sterblichkeit verursachte Schaden
war ein ganz beträchtlicher, wie aus folgenden Ziffern hervorgeht.
Es starben an der Seuche nicht weniger als eine Million Agoni im
Werthe von ungefähr 60000 Franken. Dabei ist noch der Umstand in
Betracht zu ziehen, dass die Agoni in grösserer Anzahl im Lago di Lugano
vorhanden sind als irgend eine andere Fischart, und dass der Fang gerade
dieser Fische die Hälfte des Einkommens der Fischer ausmacht. So er¬
litten allein in der Gemeinde Brusinpiano die Fischer einen Verlust von
etwa 5000 Franken.
Der Fang der Alosen in den tessinischen Seeen ist so fruchtbar, dass
ein glücklicher Fischer ein Mal an einem Tage 60 bis 70 ** Agoni fing,
ein anderer Nachts in der Laichzeit auf dem flachen Ufer mit den Händen
eine Beute von 40 k « machte.
Das Fleisch der Alosen wird um so mehr geschätzt, je jünger sie
sind und je länger sie im süssen Wasser verweilt haben. Von den weniger
guten Cheppie ist das Kilo 40 bis 55 Centimes werth; sie dienen ge¬
trocknet oder gesalzen der weniger bemittelten Bevölkerung zur Nahrung.
Die viel besseren Agoni dagegen werden mit 60 Cent, bis 1 Fr. pro Kilo
bezahlt; die Antesini endlich, welche am schmackhaftesten sind, können
auf den Tessiner Märkten einen Preis bis zu 1,50 Fr. pro Kilo haben.
Die verschiedenen Ansichten Aber die Aetiologie
des Agonisterbens.
Von den verschiedenen Ansichten, welche über die der Epizootie zu
Grunde liegenden ätiologischen Factoren geltend gemacht wurden, giebt
uns Vinassa folgendes Bild:
„Die ortsansässigen Fischer schreiben die Seuche einer ganzen Anzahl
von Ursachen zu, eine weniger wahrscheinlich als die andere (Veränderung
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Die Seuche unteb den Agoni des Lago di Lugano.
285
der Temperatur des Wassers, Mangel an Nahrung, Alter der Tische u. s. w.),
und einige cantonale Blätter beten das gleich nach.
Das Studium der Fischkrankheiten bereitet grosse Schwierigkeiten,
selbst Specialgelehrten, welche ohne reichliches Material und lange und
wiederholte Beobachtung der Fische am Ort, wo die Seuche wüthet, keine
bestimmten Urtheile abzugeben wagen. Seit einigen Tagen untersuchen
mehrere Specialgelehrte frisch gestorbene Agoni von Ceresio. Ich lasse
deren vorläufige Gutachten hier folgen (und behalte mir vor, eventuelle
definitive zu veröffentlichen); dieselben zeigen am besten, wie schwer es
ist, in solchen Fällen zu einem bestimmten Urtheil zu gelangen, dienen
aber als Beitrag zur Kenntniss unserer Fischfauna.
Prof. Dr. Studer vom Museum in Bern, welcher die vom Dipartimento
Cantonale di Agricoltura zugestellten Agoni untersucht hat, antwortet, er
habe eine acute intensive Entzündung aller Organe und speciell des
Darmes festgestellt; er habe bei der mikroskopischen Untersuchung des
Blutes zahlreiche runde Körperchen gefunden, theils in Haufen, theils frei;
deshalb habe er dem Institut für Infectionskrankheiten einen Fisch zur
bakteriologischen Untersuchung überwiesen, weil er Verdacht hege, es
handele sich um eine Form des Typhus, welcher manchmal epidemischen
Charakter annehme.
Die Professoren Dr. Hofer und Hehn von der Kgl. Bayer. Biologischen
Versuchsstation für Fischerei in München haben eine ganze Anzahl Alosen
untersucht, ohne zu einem sicheren Resultat kommen zu können. Es
schien ihnen, dass es sich um eine Myxosporidieninfection der Nieren
handle; und sie bemerken, dass diese Myxosporidien gleichwie die ver¬
schiedenen Pilze, welche die untersuchten Fische theilweise bedeckten, die
einzigen Arten seien, die gerne schwache und kranke Fische befallen.
Prof. G. P. Piana von der R. Scuola Superiore di Medicina veterinaria
di Milano, wohlbekannt durch seine Studien über die Krankheit der
Perciden des Lago di Varese, stellte bei den untersuchten Agoni eine
starke körnig-fettige Degeneration der Muskelfasern in wohlbegrenzten
Theilen der Musculatur fest; er glaubt, es handele sich um eine dem
Typhus analoge Infection, fügt aber hinzu, dass es hier zum Beweise er¬
forderlich sei, an zu dem Zweck in krankem Zustand getödteten Fischen
Nachforschungen anzustellen und zu versuchen, aus solchen Cadavern
Culturen von Mikroben zu züchten und die Virulenz der isolierten
Mikroben an gesunden Fischen zu erproben.
Er fügt hinzu (und das beobachtete auch Ch. Mottaz vom Museum
in Genf), dass es auch Fischsterben giebt, die durch blosse chemische Ver¬
unreinigung des Wassers entstehen . 1
1 Es war der Verdacht ausgesprochen worden, die Agoni seien einer Vergiftung
durch Kupfervitriol erlegen.
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286
Otto E. Vogel:
Schliesslich wurde noch eine Hypothese aufgestellt, nach der man
unsere Agoni als katarrhalisch erkrankt ansieht.“
Bei einer Prüfung der verschiedenen Hypothesen und Gutachten auf
ihren Werth dürfen wir wohl die populären Ansichten über die Ursache
des Agonisterbens von vornherein aus der Betrachtung ausschliessen.
Die Annahme, welcher Mottaz zuneigt, dass es sich um eine Fisch¬
vergiftung in Folge anorganischer Verunreinigung des Wassers handle, ist
ganz hinfällig; denn
1. um den ganzen Luganersee, der 248 qkm Oberfläche und eine
Tiefe bis 280 m besitzt 1 , zu vergiften, ist auch vom stärksten Gift eine
riesige Menge nöthig, deren Herkunft nicht lange hätte verborgen bleiben
können.
2. hätte man dann das Gift bei der Analyse des Wassers gefunden,
da es für die ganze Dauer des Sterbens und im ganzen Verbreitungs¬
bezirk desselben in hinreichender Concentration vorhanden sein musste,
um eine schädliche Wirkung auszuüben.
8. ist es ganz unwahrscheinlich, dass es eiuen Stoff giebt, der nur
auf Agoni so verheerend wirkte und nicht auch auf andere Fische, die
sich seiner Einwirkung kaum hätten entziehen können.*
Die Nebenbefunde von Hofer und Hehn sind für die Aetiologie
der Seuche belanglos.
Ein in dieser Hinsicht befriedigendes Resultat hatte nur die Unter¬
suchung Stud er’s, durch welche Pi an a ’s Hypothese eine Bestätigung findet.
Pathologisch-anatomisches.
Der Bericht Studer’s an das Dipartimento Agricoltura e Forestale,
welcher in der „Neptunia“, Rivista Italiaua di Pesca ed Aquicultura
Volume XVIII Nr. 15 veröffentlicht ist, hat in der Uebersetzung folgenden
Wortlaut:
„Die Fische waren gut verpackt in Nesselblätter, völlig frisch und
ohne Fäulnissspuren. Bei der äusserlichen Beobachtung ergaben sich
keine bemerkbaren Veränderungen; nur die Umgebung der After- und
Geschlechtsöffnung war stark geröthet und von entzündlicher Farbe;
gleicher Weise machte sich eine starke Röthung an der Spitze der
Rückenflosse bemerkbar. Die Kiemen waren blass und blutleer, jedoch
weder mit Schleim bedeckt, noch mit Schlamm beschmutzt. Parasiten
fehlten vollständig.
1 „Schweiz“. Schmidt’s Reisebücher.
1 Vgl. Hofer, Ueber die Mittel und Wege zum Nachweis von Fischwasser¬
verunreinigung durch Industrie- und Städteabwässer. Allgemeine Fischerei-Zeitung.
1901. Bd. XVI. S. 419.
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Die Seuche unteb den Agoni des Lago di Lugano.
287
Nach Eröffnung der Bauchhöhle fand ich die ganze Serosa, wie auch
die noch schlecht entwickelten Ovarien und besonders den Darm dunkel-
roth gefärbt; letzteren in seiner ganzen Länge, speciell in der Pylorus-
gegend; ebenso wie gesagt seine Schleimhaut im Innern. Die Leber war
weich, hellroth und leicht zerreisslich, und die Milz am Band von dunkel¬
blauer Farbe. Die Herzwand war ungewöhnlich schlaff und die Vorkammer
mit dunklem Blut gefüllt; alles dies Zeichen einer inneren, acuten und
heftigen Entzündung der Serosa und Organe, besonders des Darmes.
Parasiten fanden sich keine im Darm.
Die Krankheit muss einen sehr acuten Verlauf gehabt haben, insofern
als der Magen noch von stark angegriffenen Resten von Mücken und
Larven von Fliegen und Daphnien (Wasserflöhen) erfüllt war; ein Beweis
dafür, dass vor kurzer Zeit noch Fresslust vorhanden war.
Die mikroskopische Untersuchung des Blutes ergab die Anwesenheit
zahlreicher kleiner, runder Körperchen mit körnigem Inhalt von beinahe
der Dicke eines Blutkörperchens, aber viel stärkerer Lichtbrechung:
Mikrokokken. Dieselben fanden sich theils in grossen Haufen gruppirt,
theils lagen sie frei im Blutplasma, theils im Innern der Blutkörperchen,
von denen zahlreiche in eigenartiger Weise umgestaltet waren.
In Folge dieses Befundes überwies ich ein Exemplar der Fische dem
Institut für Infectionskrankheiten, Prof. Tavel und Dr. Krumbein mit
der Bitte, die bakteriologische Untersuchung vorzunehmen. Soweit scheint
es sich um eine Form des Fischtyphus zu handeln, der bisweilen epidemi¬
schen Charakter annimmt.
Eine ähnliche Erkrankung entvölkerte vor 2 Jahren einen Bach bei
Münsingen, in welchem Forellen lebten.“
Ich füge hinzu, dass im Jahre 1868 Forel und du Plessis 1 einen
„Typhus des Perches“ im Lac Leman und Canestrini 2 1892 unter den
Aalen des Thaies von Comacchio, ebenso Senneboghen 3 unter denen
Italiens, Dalmatiens und der Herzegowina einen „tifo esantematico con-
taggioso“ beschrieben; während erstere Seuche bakteriologisch nicht näher
erforscht wurde (1868!), wurde bei letzteren der von Canestrini so be¬
nannte „Bacillus anguillarum“ entdeckt.
1 lStude sur le typhus des perches. Extrait du Bulletin de la Societe mt'dicale
de la Suisse romande. 1868.
* La malattia dominante delle anguille. Estratlo dagli atti del R. Instituto
Veneto di tcienze, lettere ed arti. 1892/93. — Baumgarten’s Jahresberichte üb. die
pathogenen Mikroorganismen.
* Sulla „Malattia“ delle Anguille. Neptunia. Rivista Ilaliana di Pesca ed
Aquicultura. 1902. p. 135.
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Otto E. Vogel:
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Der pathologisch-anatomische Befund bei der Münsinger Forellen¬
seuche war nach Aufzeichnungen des Hm. Prof. Dr. S tu der folgender:
Leib aufgetrieben; Kiemen grau mit zähem Schleim bedeckt, in
diesem stabförmige Bacillen mit Eigenbewegung. Im Maul die Kiemen¬
spalten verstopfend ein feiner Schlamm aus anorganischem Detritus ohne
Quarztheilchen mit sehr zahlreichen verschiedenartigen Diatomeen, aus¬
gelaugten Zellhäuten von einzelligen Algen u. s. w. Darm im Duodenal-
theil von der Gegend der Appendices pyloricae ab stark geröthet, ebenso
der tiefere Theil des Ileum; in diesem zahlreiche Echinorhynchus. Milz
relativ sehr gross. Typhöse Erscheinungen.
Bei dem „Typhus des Perches“ fanden Forel und du Plessis
folgende anatomische Läsionen: Hämorrhagieen an Lippen und Geruchs-
gruben, sowie in der Iris; circumscripte fettige Degeneration der Mus*
culatur; biliöse Infiltration der Bauchmuskeln und des Duodenum;
Enteritis catarrhalis; hämorrhagischer Milztumor; Eccbymosen in der
Wand der Schwimmblase; mangelnde Blutgerinnung; Poikilocytose;
meningeale Hyperämie.
Die Verfasser weisen fast auf jeder Seite auf die Analogieen der
Epizootie mit dem Typhus der Menschen hin; doch darauf werde ich
später noch zu sprechen kommen.
In allen Organen fanden sich in grosser Menge Bacillen von 4 bis
6 n Länge und 0-5 (i Breite mit abgerundeten Enden, die häufig als
Doppelstäbchen auftraten.
Bakteriologisches.
Ausser dem oben genannten Bacillus anguillarum Canestrini wurden
auch noch bei anderen, jedoch nicht als „typhös“ charakterisirten Fisch¬
krankheiten Bacillen als Erreger isolirt. Theils waren es schon bekannte
Schizomyceten, theils neue für die betreffende Erkrankung specifische.
In erstere Rubrik gehören:
Bacterium vulgare \ Bacillus pyocyaneus 1 2 , Staphylococcus pyogenes
aureus 3 (und Bacillus fluorescens liquefaciens). 4
1 Wyss, lieber eine Fischseuche durch Bacterium vulgare. Diese Zeitschrift
Bd. XVIL S. 143.
* Ostertag, Handbuch der Fleischbeschau. 1902. 4. Aufl. — Charrin, L’infec-
tion chez les poissons. Comptes rendus de la societe de biologie. 1898.
a Epidemie chez les goujons. Ebenda.
4 Kiss von Zilah, Ueber den schädlichen Einfluss von Mikroorganismen auf
die künstliche Forellenzucht. Oesterr. Monatsschrift für Thierheilkunde. 189T. Hft. 10.
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Die Seuche unter den Agoni des Lago di Lugano.
289
Von specifischen Fischbacillen kennen wir:
Den (nach Flügge dem Bacillus hydrophilus fuscus und Bacillus
ranieida sehr ähnlichen l ) Bacillus piscicidus agilis 2 , Bacillus tuberculosis
piscium 3 ; Bacterium salmonicida 4 , nach Flügge (a. a. 0. S. 322) zur
Gruppe der Wasserbacillen gehörend; Bacillus der ulcerativen Septicämie
des Carassius auratus 6 ; Bacillus von Fischei und En och 6 , dessen
pathogenetische Bedeutung Baumgarten aber bezweifelt; L. Pfeiffer’s
Bacillus 7 und de Giaxas Bacillus. 8
Ausserdem wurden aus todten Fischen, meist nachdem sie die Ver¬
anlassung zu einer Fischvergiftung geworden waren, folgende Spaltpilze
isolirt:
Fast die ganze Gruppe der phosphorescirenden Bacillen; Mikrococcus
prodigiosus 9 u , Bacillus ruber Sardinae 10 , Bacillus Schmidt-Mülheim 11 ,
Bonnets 18 Pigmentbakterien auf Eiern von Corregonus Wartmanni;
Arustammoffs 13 vier verschiedene Mikroben aus Lachs (Salmo salar),
Sswerjuga (Acipenser stellatus), Hausen (Acipenser huso) und Stör
(Acipenser sturio).
Van Ermenghem 11 folgert aus den übereinstimmenden Krankheits¬
erscheinungen beim Menschen, dass die häufigste Form des Ichthyosismus
1 Flügge, Die Mikroorganismen . 1896. 3. Aufl. S. 321.
* Sieber, Zur Frage nach dem Fischgifte, Bacillus piscicidus agilis, krankheits¬
erregender Schmarotzer der Fische. Gazeta lekarska. 1895. Nr. 16 u. 17. — Central¬
blatt für Bakteriologie . Bd. XXYH. S. 888.
• Ledoux-Lebard, Bacillus tuberculosis piscium. Annales de VInst. Pasteur
1900.
4 Emmerich und Weibel, Ueber eine durch Bakterien erzeugte Seuche unter
den Forellen. Archiv für Hygiene. 1894. Bd. XXL S. 1.
Hofer, Zur Entstehung der Furunkulose. Allgemeine Fischer ei-Zeitung. 1901.
Bd. XVL S. 291.
5 Ceresoie, Ein neuer Bacillus als Epidemieerreger beim Carassius auratus
der Aquarien. Centralblatt für Bakteriologie. Bd. XXYIH. S. 305.
6 Fischei u. Enoch, Beitrag zur Lehre von den Fischgiften. Baumgarten's
Jahresberichte über die pathogenen Mikroorganismen. 1902. Bd. VIH.
7 Ostertag, a. a. 0.
9 de Giaxa, Ueber das Verhalten einiger pathogener Mikroorganismen im
Meerwasser. Diese Zeitschrift. Bd. VI.
9 Klein, Rothfärbung der Fische. Journal of Pathologie and Bacteriologie.
1895.
10 Flügge, a. a. 0. S. 302.
11 Ostertag, a. a. 0.
11 Studien zur Physiologie und Pathologie der Fische. Farbige Eenkeneier.
Bayerische Fischerei-Zeitung. 1884. Bd. IX. S. 53.
19 Ueber die Natur des Fischgiftes. Centralblatt für Bakteriologie. 1891. Bd. X.
S- 113.
Zeitschr. t Hygiene. 3X1V.
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mit der Wurstvergiftung fast identisch sei und deshalb auch dieselbe
Aetiologie habe wie letztere.
Diesen Schluss halte ich für sehr gewagt; es ist in Betreff dieses
Punktes noch nichts experimentell bewiesen, wie es bezüglich der Fleisch¬
vergiftungen der Fall ist.
Hier gab nämlich Basenau 1 über die bis jetzt bei Fleischvergiftungen
gefundenen Stäbchen, welche morphologisch eine grosse Uebereinstimmung
mit dem Bacterium coli commune aufweisen, dagegen in biologischer und
pathogener Hinsicht differiren, folgender Ansicht Ausdruck:
„Entweder stammen alle in Frage stehenden Bakterien von einem
und demselben biologisch und pathogen variablen Stammbacterium ab
oder es handelt sich um besondere Hassen, welche in engen Grenzen ihre
Eigenschaften oonstant erhalten.
Und Herrmann stellte fest, dass das Serum von Menschen und
Thieren, welche die Infection mit den Fleischvergiftungsbacillen über¬
standen hatten, eine agglutinirende Wirkung in Verdünnung von 1:6
bis 1:400 besass und Noböle, dass das Serum von Menschen, welche die
Fleischvergiftung zu A. in Flandern überstanden hatten, nicht nur auf
die aus dieser Fleischvergiftung stammenden Bacillen, sondern auch auf
die Erreger der Moorseeler, Genfer, Colmpthonter und Siraveter Fleisch¬
vergiftung noch in Verdünnung von 1:200 agglutinirend wirkte.
Es wäre also sehr wünschenswerth, wenn bei der nächsten Gelegen¬
heit einer Fischvergiftung durch Agglutinationsversuche die Verwandt¬
schaft des Erregers mit den Botulismus- oder Fleischvergiftungsbacillen,
speciell den der Coligruppe ungehörigen in ähnlicher Weise aufgedeckt
würde; dies um so mehr, als die vorliegende Agoniseuche, bei der eine
Vergiftung nicht vorkam, durch ein typisches Colibacterium verursacht
worden war, wie im Folgenden gezeigt werden soll.
Das von Hrn. Prof. Dr. Studer dem Institut für Infectionskrank-
heiten überwiesene Agonicadaver zeigte bei der Section dieselben Läsionen,
wie das erste. Zudem enthielt die Bauchhöhle noch eine geringe Menge
röthlicher Flüssigkeit. Mikroskopische Präparate derselben zeigten nach
der Färbung mit Methylviolett eine grosse Menge ziemlich dicker, mittel-
grosser, doch in ihrer Länge wechselnder Bacillen mit abgerundeten Enden,
einzeln oder je zwei hinter einander gereiht. Hin und wieder waren die
Bacillen von einem hellen Saum umgeben, der jedoch keine Kapsel dar-
stellte, sondern eine Lücke in Folge Retraction der eiweisshaltigen Schicht
nach dem Fixiren über der Flamme.
1 Ostertag, a. a. O.
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Die Seuche unteb den Agoni des Lago di Lugano.
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Die Gram’sche Färbemethode hatte eia negatives Resultat. Aus¬
striche der Peritonealflüssigkeit auf Schrägagar zeitigten schon bei Zimmer¬
temperatur innerhalb 24 Stunden eine saftige, feuchtglänzende, grauweisse
Cultur. Isolirte Colonieen waren gross, kreisrund und opak, der Rand
wallartig scharf abgesetzt, das Centrum ein wenig vertieft. Bei Betrach¬
tung mit der Lupe schien die Colonie aus zwei concentrischen Zonen zu
bestehen. Das Condenswasser war weisslich trüb und besass einen grau-
weissen Bodensatz; später wurde es schleimig.
Die Bacillen gediehen auch gut im Brütraum bei 87°.
In Hochagar entwickelte sich die Cultur längs des ganzen Stichs in
Form eines grauweissen Bandes. Auf der Oberfläche breitete sich schnell
ein flacher Belag aus, der die Wand des Reagensglases bald erreichte
(flache Nagelcultur, Colontypus). Der Nährboden war vollständig von
Gasblasen durchsetzt.
Bouillon wurde rasch gleichmässig getrübt unter Bildung eines weissen
Bodensatzes und üblen Geruchs.
Im hängenden Tropfen zeigten die Bacillen lebhafte Eigenbewegung.
Die gleichen Bacillen wurden in Deckglaspräparaten aus allen unter¬
suchten Organen in mehr oder minder grosser Menge gefunden.
Die Bacillen wuchsen in Reincultur auf Schrägagar je zwei Mal aus
Peritonealsecret und Inhalt des Enddarmes, je ein Mal aus Blut und
Musculatur. Je eine Cultur aus genannten Theilen präsentirte sich durch
prächtig smaragd- oder gelblichgrüne Färbung des Nährbodens als Misch-
cultur. Wie die vorhandene Fluorescenz schon vermuthen liess und das
Plattenverfahren bestätigte, handelte es sich um eine Verunreinigung
durch Bacillus fluorescens non liquefaciens, der als reiner Saprophyt in
so spärlicher Menge keine ätiologische Beziehung zu der Epizootie haben
konnte und wohl nur aus dem Wasser in den Fischkörper eingedrungen war.
Zur bakteriologischen Untersuchung stand mir leider nur das eine
Exemplar zur Verfügung. Meiner an die Oberforstdirection gerichteten
Bitte um mehr Material konnte nicht mehr entsprochen werden, da die
Seuche schon erloschen war und und keine todten Agoni mehr gefunden
wurden.
In den frischen Culturen besassen die Bacillen die Form von kurzen,
kokkenähnlichen Ovalstäbchen, die meist diplokokkenartig verbunden
waren; die Kurzstäbchen fehlten ganz.
Die Grösse der Bacillen betrug 0*6^:0*6—1-3/u.
In alten Culturen, besonders in deren Condenswasser fand ich In¬
volutionsformen, die häufig Vacuolen besassen: dicke Ovalstäbchen, Bim-
und Kugelgestalten von 0*6 bis 0*8 n Dicke und 0*6 bis 2*6 w Länge;
seltener Fäden von 4*0 bis 6*0 /* Länge. In einer sehr alten Bouillon-
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cultur (4 Monate) dagegen fand ich eine Menge Fäden, die theilweise eine
Länge von 10*0^ erreichten. Daneben enthielt diese Bouillon ganze
Haufen grosser nadel- und keilförmiger, weniger prismatischer Kiy stalle
von brauner Farbe (Stoffwechselproducte der Bacillen?).
Ausserdem waren einige Langstäbchen von tetanusähnlicher Trommel¬
schlägelform vorhanden; dass die knopfförmige Verdickung an dem einen
Ende jedoch keine Spore war — eine Bildung von Sporen konnte ich
auch sonst nie beobachten — geht daraus hervor, dass sie sich erstens
mit Methylviolett intensiv färbte und zweitens eine 10 Minuten lange
Erhitzung auf 70° nicht überstand.
Die Bacillen färbten sich mit den gebräuchlichen Anilinfarben gleich
gut, besonders stark mit Methyl violett; nach der Gram’schen Methode
entfärbten sie sich, wie bereits erwähnt.
Die Locomotionsfähigkeit der Bacillen trat bei der Beobachtung in
hängenden Tropfen um so deutlicher in Erscheinung, je jünger die be¬
treffende Cultur war.
Die Individuen einer 6 Stunden alten bei 37° gewachsenen Agar-
cultur schossen theils in gerader Richtung pfeilschnell durch das Gesichts¬
feld, theils schlängelten sie sich in pendelnder Bewegung durcheinander,
theils endlich wirbelten sie hier und da Halt machend umher; die
rotirende Bewegung erfolgte dabei stets um eine vertical zum Objecttische
stehende Axe. Nachdem die Cultur 24 Stunden älter geworden war, be-
sassen nur noch wenige Individuen eine derartige Beweglichkeit; die
meisten führten nur noch ein „Tanzen auf der Stelle“ oder ein der
Brown’schen Molekularbewegung ähnliches Zittern aus.
Die motorischen Apparate der Bacillen waren am besten bei 14 Stunden
alten Culturen nach der sehr einfachen englischen 1 Färbemethode sichtbar
1 Da ich in der deutschen bakteriologischen Litteratur weder eine Beschreibung
noch Erwähnung der englischen Geisselfärbemethoden finde, gebe ich hier eine An¬
leitung zu ihrer Ausführung:
Vorbereitung der Deckgläser und des Ausstrichmateriales.
Neue ungebrauchte Deckgläser werden in einer Lösung von Acid. sulf. pur. 6-0,
Kal. bichrom. 6-0, auf Aqu. dest. 1000-0 gekocht; dann lässt man so lange Wasser
zufliessen, bis dasselbe ganz rein abläuft, wäscht die Deckgläser in Alcohol absolut,
und stellt sie in einer mit Filtrirpapier ausgelegten Petrischale zum staubfreien
Trocknen auf.
Zur Herstellung der Bakterienaufschwemmung wird von einer 14 Stunden alten
Agarcultur ohne Berührung des Nährbodens oder Condenswassers eine Platinöse voll
entnommen und in einem Blockschälchen abgekochten Leitungswassers verrieben,
wenn nöthig noch eine zweite Verdünnung hergestellt.
Die Ausstriche stellt man durch einfaches Ueberfahren mit der flach aufgelegten
Nadel her, fixirt sie nicht durch Erhitzen und verfährt dann nach folgenden Recepten:
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Die Seuche unteb den Agoni des Lago di Lugano.
298
zu machen in Gestalt von Tier Geissein in peritricher Anordnung. Die
Geisselu stellten wellig gebogene feine Fäden von 4 bis 6 fi Länge dar,
die scheinbar von einer ungefärbt gebliebenen Membran des Bacillenleibes
ausgiugen, wie sie nach Boni 1 alle Bacillen besitzen. Die Nachtblau¬
beize, welche ich an wandte, verlieb den Geissein eine hellblaue, dem
Körper des Bacillus eine dunkeblaue Farbe.
Zwei Tage lang bei 22° gehaltene Gelatineplattenculturen sahen
makroskopisch wie mit feinsten Wasserstäubchen besprüht, aus. Die
einzelnen Colonieen erschienen bei schwacher Yergrösserung von gelber
Farbe. Die tiefliegenden waren vollkommen kreisrund, scharf conturirt
und bestanden aus zwei concentrischen Zonen, von denen die innere,
deren Durchmesser 1 / 3 bis */s von dem der ganzen Colonie ausmacbte,
dunkler und fein granulirt war, während die Bandzone heller und
homogen war. .
Häufig fand ich noch eine dritte Zone zwischen die beiden anderen
eingeschoben; dieselbe hielt in ihrer Schattirung die Mitte zwischen
letzteren und war durch dunklere Umrisse scharf abgesetzt.
Methode I.
1. Bereite folgende Lösungen in besonderen Gefässen*.
a) 1 Nachtblau in 20 ccm Alcohol absol.
b) 1 Acid. tann. in 20 ccm Aqua dest.
c) 1 grm Alum. Kalin. in 20 ccm Aqua dest.
2. Mische und filtrire sofort sorgfältig.
3. Lasse die Beize für 24 Stunden stehen.
4. Giesse die Farblösung auf den Deckglasausstrich und erwärme schwach für
2 bis 3 Minuten, oder noch besser: lass die Deckgläschen für 1 Stunde bei 37° mit
der Schichtseite nach unten auf einem Schälchen mit Beize schwimmen.
Diese Methode wird seit einiger Zeit nach der mündlichen Ueberlieferung eines
englischen Arztes, Dr. Harrison (z. Z. in Montreal, Canada), im hiesigen bakterio¬
logischen Institut bei Anfängercursen mit gutem Erfolg ausgeübt.
Methode II nach Pitfield.*)
1. Bereite folgende Mischung:
a) 10 ccm kalte, gesättigte Alaunlösung -f 2 ccm gesättigte alkoholische
Gentianaviolettlösung. Füge hinzu:
b) 10 ccm kalte wässerige Lösung von Acid. taun. (10 Procent).
2. Bedecke das Deckglas mit Farblösung und halte es auf einem kupfernen
Präparatenfischer für 1 bis 2 Minuten bis zur leichten Dampfbildung über die Flamme.
3. Spüle das Deckglas mit destillirtem Wasser von der Rückseite aus ab und
betrachte das Präparat mit V 12 Oel-Immersion.
Die Resultate sind fast immer ausgezeichnet, und doch ist die Methode be-
merkenswerth einfach.
*) Kanthack and Drysdale, A course of elementary practical Bacteriology.
1 Methode zur Darstellung einer „Kapsel“ bei allen Bakterienarten. Centralblatt
für Bakteriologie. 1900. Bd. XXVIII. S. 705.
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Die ganz kleinen Colonieen besassen ein kreisrund homesogenes Aus¬
sehen wie Fetttröpfchen.
Eine Furchung der Colonieen konnte ich nicht beobachten. Bei den
Colonieen auf der Oberfläche constatirte ich ein viel schnelleres Wachs¬
thum. Sie breiteten sich flach aus, besassen körnige Structur und einen
rosettenartig gekerbten Rand; oft sahen sie aus wie ein verwischter Haufen
mit den Rändern sich deckender Schüppchen verschiedener Grösse. Ihre
Farbe war braun.
Auf Agarplatten erreichten die einzelnen Colonieen bis 3 mm Durch¬
messer, besassen graue oder weisse Farbe und in einzelnen Fällen Perl¬
mutterglanz. Bei mikroskopischer Betrachtung erwiesen sie sich als feinst
granulirt, ohne jedoch concentrische Zonen zu besitzen. 1
Das Wachsthum auf Schräg- und Hochagar habe ich bereits be¬
schrieben. Ich muss jedoch noch bemerken, dass bei einem Zusatz von
Traubenzucker zum Hochagar eine kolossale Gasbildung erfolgte, so dass
der Nährboden total zerfetzt und oft ein abgetrenntes Stück bis dicht
unter den Wattepfropf emporgetrieben wurde.
Bereitete man andererseits den Agar mit Peptonkochsalzwasser (Pepton
Witte 1*0, Natr. chlorat 0-5, Aqu. font. 100*0) statt mit Bouillon, so
blieb die Gasbildung ganz aus, da die Bacillen in einem solchen Agar
keinen Zucker, der auch in der einfachen Bouillon vorhanden ist und aus
dem Fleisch stammt, zur Vergährung vorfanden. Bemerkenswerther
Weise wuchsen die Bacillen hier in der Tiefe des Stichs nicht so gut wie
in Bouillonagar, wenn man den */ 4 Stunde lang ausgekocht hatte. Dies
ist ebenfalls durch die Abwesenheit von Zucker zu erklären; denn hier
fehlte den Bacillen der nach Baginsky 2 durch die Gährung aus dem
Zucker entstehende freie Sauerstoff. Ide 2 hat für Bacterium coli commune
nachgewiesen, dass speciell Glycose ein besserer Nahrungsstoff ist als
Sauerstoff.
Der Wuchs im Gelatinestich entsprach vollkommen dem im Agarstich.
In neutral reagierender Bouillon verursachen die Bacillen nach sechs¬
stündigem Aufenthalt im Brütraum stark alkalische Reaktion. Während
der Bodensatz in jüngeren Culturen sich beim Schütteln gleichmässig ver¬
theilte, bildete er in sehr alten schleimige Strähne. Manchmal bildete
sich auf absolut ruhig stehender Bouilloncultur nach 6 Tagen ein zartes,
weissliches, zuweilen perlmuttergläuzendes Häutchen, das leicht in Stücke
brach.
1 Ich möchte hier einen Hinweis auf die vortrefflichen Abbildungen in Leh¬
mann und Neumann, Bakteriologische Diagnostik, T. II, nicht unterlassen.
* Anörohiose du bacille commun de Pintestin et de quelques autres baeteries.
Centralblatt für Bakteriologie. 1893. Bd. XXIV. S. 72.
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Die Seuche ünteb den Agoni des Lago di Lugano.
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Von zehn Bonilionröhrchen gab mir nur eins nach 10 Tagen eine
undeutliche Indolreaction, jedenfalls wegen des Gehaltes an Muskelzucker,
der die Indolbildung hintenanhält In Peptonkochsalzwasser dagegen von
der oben genannten Zusammensetzung erhielt sich in Uebereinstimmung
mit Radzievski 1 stets nach 8 Tagen deutliche Indolreaction (Methode
Kitasato: auf 10 ccm Cultur 1 ccm Cal. nitros (1:12000)+ 5 Tropfen
Acid. sulf. pur.). In dieser Flüssigkeit gediehen die Bacillen gut unter
Bildung eines weissen Bodensatzes opalescirender Trübung.
Die Cultur auf erstarrtem Blutserum glich genau der auf Schrägagar.
Milch wurde von den Bacillen nach 3 Tagen völlig coagulirt. Auf
Kartoffeln entstanden nach 24 Stunden weissliche, saftige, wellig um¬
randete Beläge, die nach und nach gelblich bis bräunlich wurden. Einige
Male strömte ein saurer Geruch von den Kartoffelculturen aus.
Urin gab für die Bacillen eine gute Nährlösung ab. Derselbe
reagirte sauer und war frei von Eiweiss, Zucker und Carbonaten. Ich
konnte weder eine Umsetzung des Harnstoffes in Ammoniumcarbonat, wie
sie Ali-Krogius gefunden haben will 2 , noch Bildung freien Ammoniaks
nach weisen; ebenso wenig bei einem typischen Colistamm, den ich aus
meinen eigenen Fäces isolirte und als Controlstamm benutzte.
Letzteren werde ich im Folgenden immer als Coli V., die Agonibacillen
als Coli A. bezeichnen.
Auch in Jacksch’s Nährlösung (Magnes. sulf. 0*062, Kal.
biphosph. 0*125 Tartar., natronat. 5.0, Aqu. dest. 1000*0 + Ureae 3*0
(trocken sterilisirt bei 106°) fand weder durch Coli A. noch Coli V. eine
Zersetzung des Harnstoffes statt; nebenbei bemerkt sagte dieser Nährboden
den Bacillen auch nicht zu.
Die Reductionskraft des Coli A. war eine sehr starke. So reducirte
er Nitrat zu Nitrit: Eine Cultur in Peptonkochsalzwasser, welches Kali¬
salpeter enthielt, gab nach 4 Tagen deutliche Nitroso-Indol-(Choleraroth-)
Reaction.
Lackmus-Traubenzuckeragar (Agarnährboden 100 ccm , Glycose 0 • 5 grm ,
concentrirte wässerige blaue Lackmuslösung 1 ccra ) durch Stich geimpft
wurde bei 37° schon innerhalb 6 Stunden zunächst geröthet und dann
bis auf eine 1 ccm hohe Zone am oberen Rand entfärbt.
Methylenblau wurde nach derselben Methode in 6 Stunden bis auf
eine schmale Randzone völlig gebleicht; Safranin ebenso, indem es zuerst
in einen gelben Farbstoff umgewandelt wurde.
1 Beitrag zur Kenntniss des Bacterium coli. Diese Zeitschrift. 1900. Bd. XXXIV.
1 Flügge, a. a. O. Bd. II, S. 306, setzt ein Fragezeichen dahinter.
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In Neutralrothculturen 1 uach der durch Scheffler* modificirten
Methode Rothbergers 3 trat schon nach 12 Stunden gelb- bis dunkel¬
grüne Fluorescenz ein, welche aber nie den ganzen Inhalt des Röhrchens
ergriff; besonders prächtig fluorescirte das Condenswasser, welches sich
in den Gaslücken des Agar ansammelte. 4
Coli V. brachte in den gefärbten Nährböden dieselben Phänomene
hervor, während ein zum Vergleich herangezogener Typhusstamm Safranin
und Neutralroth nicht veränderte und auch keinen Zucker vergähren
konnte. 6
Die Vergährungsfähigkeit des Coli A. erstreckte sich ausser auf
Monosaccharid auch auf Di- und Polysaccharid und mehrwertigen Alkohol.
Die Versuche ordnete ich in folgender Weise an.
Peptonkochsalzwasser färbte ich mit conceutrirter wässeriger Lackmus¬
lösung blau und füllte es unter Zusatz von je 1 Procent der auf Ver-
gährung zu prüfenden Substanz in Reagensgläser ein. In dieselben stellte
ich dann engere 3 bis 4 cm lange Röhrchen, die ich von einer Glasröhre
durch Zuschmelzen der Oeffnung und Abschneiden gewann, mit der Kuppe
nach oben ein, setzte einen Wattepfropf auf und sterilisirte das Ganze im
Autoclaveu, wobei die Luft aus den kleinen Röhrchen ausgetrieben wurde.
1 Beim Zubereiten der Neutralroth-Agarröhrehen musste ich häufig die unan¬
genehme Erfahrung machen, dass dieselben sich nach dem Erkalten erst schmutzig-
roth, dann gelblich-roth verfärbten, und der Farbstoff schliesslich in orangefarbenen
ßtechapfelförmigen Krystallen ausfiel. Die Ursache dieser Zersetzung erkannte ich
erst später durch die Lectüre in Meyer*» ,/Theerfarbstoffe". Es war das Natrium¬
hydroxyd, welches dem Agar zum Alkalisireu zugesetzt wird. Das Neutral- oder
Toluylenroth ist nämlich salzsaures Dymethyldiamidotoluphenazin. Durch Al¬
kalien wird die freie Base dieses Farbstoffes ausgefällt. Dieselbe krystallisirt mit
4H 2 0 in orangerothen Nadeln; die Lösung in Alkohol und Aether fluorescirt. nicht
die in Wasser; wohl aber fluorescirt die wässerige Lösung des Hydrates der I>ase.
Es dürfte somit anzunehmen sein, dass letzterer durch Einwirkung des Bacterium
coli aus dem Toluylenroth abgespalten wird.
Durch Verwendung neutral oder schwach sauer reagirenden Agars könnte mau
die Zersetzung des Neutralroths wahrscheinlich vermeiden.
a Neutralroth als Hülfsmittel zur Diagnose des Bacterium coli. Centralhlatt für
Bakteriologie . 1900. Bd. XXVIII. S. 199.
8 Differentialdiagnostische Untersuchungen mit gefärbten Nährböden. Ebenda .
Bd. XXIV. S. 518.
4 Um Photographieen meiner fluorescirenden Neutralrothculturen mittels farben¬
empfindlicher Platten bemühten sich die Herren Prof. Dr. Tavel und Dr. Krum*
bein persönlich, wofür ich ihnen an dieser Stelle noch besonderen Dank ausspreche.
Es wurden jedoch befriedigende Aufnahmen nicht erhalten, weder mit refiectirtem
noch mit durchfallendem Licht.
5 Eine Untersuchung des Wachsthums auf anderen Nährböden, die speciell zur
Differcntialdiagnose zwischen Coli und Typhus dienen, hielt ich nicht für nöthig.
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Bei solchen Nährböden zeigt sich die Yergährung durch Röthung des
Lackmus in Folge Säurebildung und Ansammlung von Gas im kleinen
Röhrchen an. 1
Ich prüfte so das Verhalten von Coli A. und V. gegenüber Glucose,
Laktose, Saccharose, Maltose, Dextrin, Glycerin und Caramel. Beide ver-
gährten sämmtliche Stoffe in 6 bis 60 Stunden bei 37° mit Ausnahme
des Caramel, welches ihre Vermehrung zu hemmen schien.
Die diastatische Wirkung auf Stärke, welche nach Fermi 2 dem Bac-
terium coli commune zukommt und die von Tavel 8 beobachtete Gas¬
bildung auf Kartoffeln sowie den sauren Geruch meiner Kartoffelculturen
erst erklärlich macht, besass sowohl Coli A. wie V.
Meine Versuche erstreckten sich auf mit destillirtem Wasser an¬
gerührte rohe und verkleisterte Reisstärke und Kartoffelbrei. Ich über¬
zeugte mich durch die Fehling’sche Probe, dass sie frei von Zucker
waren und färbte sie mit Lackmus blau. Während Fermi den Zucker
nachher durch chemische Reaction nachwies, führte mich die theoretische
Ueberlegung zu einer der Hefegährung analogen und ebenso zuverlässigen
biologischen Zuckerprobe. Da die Bacillen Dextrin und Zucker, selbst
die Spuren von Muskelzucker, welche gewöhnliche Bouillon enthält, prompt
vergährteu, so musste, wenn eine Hydratation der Stärke stattfand, eben¬
falls eine Gasbildung erfolgen, da Dextrin und Zucker die Produkte der
diastatischen Stärkeumsetzuug sind.
1 Diese Methode wird auch nach der mündlichen Ueberlieferung des bereits er¬
wähnten Dr. Harrison im hiesigen bakteriologischen Institut ausgeübt.
* Die Leim und Fibrin lösenden und die diastatischen Fermente der Mikro¬
organismen. Archiv für Hygiene. 1890. Bd. X. S. 1.
* Ueber die Aetiologie der Peritonitis. 1893. S. 160.
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Da bei dem Harrison'sehen Gährröhrchen (Fig. 3) ebenso wie bei
den bisher gebräuchlichen (Fig. 1, 2) ein grosser Theil des Gases un¬
bemerkt entweichen konnte, ersann ich für meine Versuche ein anderes
(Fig. 4). Ich knickte über der Stichflamme ein gewöhnliches Reagens¬
glas 3 bis 4 cm über dem geschlossenen Ende rechtwinklig ab, so dass
der Binnenraum durch eine vorspringende Glasfalte auf einen schmalen
Spalt verengt wurde. Bei Röhrchen 1 ist der geschlossene Schenkel ab¬
gebogen und sehr lang, so dass ebenso wie bei 2 viel Nährmaterial er¬
forderlich ist und nach Flügge’s Vorschrift die Verwendung „mögliche
grosser Mengen“ des Bakterienmaterials zur Impfung; ausserdem muss
hier Röhrchen und Inhalt jedes für sich allein sterilisirt werden. Bei
Röhrchen 4 fallt dies alles weg. Das Röhrchen hat ferner noch die Vor¬
züge, dass in dem offenen Schenkel nur eine geringe Menge Flüssigkeit
zu sein braucht, deren Niveau den Rand der Glasfalte um wenige Milli¬
meter überragt, ohne dass die Nährlösung aus dem anderen Schenkel
ausfliessen kann, und dass man das Impfmaterial durch Schütteln ver¬
teilen und dann Luftblasen bequem entweichen lassen kann. Als Unter¬
sätze für solche Röhrchen kann man zweckmässig Gestelle für photo¬
graphische Platten verwenden.
Wenn ich zur Zubereitung der Stärkenährböden Peptonkochsalzwasser
nahm, so wurde weder Zucker, noch Säure noch Gas gebildet, sondern
nur der Lackmus nach verschieden langer Zeit reducirt; ein Zeichen, dass
die Bacillen Pepton der Stärke als Nahrungsstoff vorzogen. Waren die
Bacillen aber auf letztere ausschliesslich angewiesen in Folge Verwendung
destillirten Wassers, so trat bei Coli A. und V. nach kurzer Zeit bei 37°
Röthung des Lackmus (Säure-) und Gasbildung ein.
Wie die Stichcultur in Peptonkochsalzwasseragar schon zeigte, wuchs
Coli A. zwar bei Abwesenheit von Sauerstoff und Zucker, aber sehr
schlecht. Die anaörobe Cultur nach der Vacuummethode Gruber erwies
dies noch eclatanter.
In fünf Bouillouröhrchen entstand bei Zimmertemperatur während
des Auspumpens an der Vacuumleitung starke diffuse Trübung. Nachdem
ich sie abgeschmolzen und in den Brütraum gebracht hatte, setzte
sich die Trübung schnell als weisser Bodensatz ab, so dass die Bouillon
vollkommen klar wurde. Zwei Röhrchen wurden nach 6 Tagen geöffnet
und mit Wattepfropf versehen; sofort entstand wieder eine Trübung, und
nach weiteren 2 Tagen hatte sich auf der Bouillon ein Häutchen ge¬
bildet. Die übrigen Culturen blieben unverändert. Als ich dieselben
nach Verlauf von 3 1 / 2 Monaten öffnete, erwiesen sich die Bacillen auf
Agar überimpft als noch vollkommen lebenskräftig; sis waren also facultativ
anaerob.
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Die Widerstandsfähigkeit gegen Austrocknen war bei Coli A. eine
ziemlich grosse. Bei den dahingehenden Versuchen bediente ich mich
folgender Methode.
V a cm lange Seidenfaden sterilisirte ich in leeren, verschlossenen
Reagensgläsern. Die Fäden nahm ich dann mit einem Platinhäkchen
heraus, tränkte sie mit 24 Stunden alter Bouilloncultur und brachte sie
wieder auf den Grund ihrer Gläser zurück. Die Röhrchen stellte ich
darauf zusammen in den Brütraum, wo die Bacillen bei 37° austrockneten.
In Intervallen von je 24 Stunden goss ich zu je einem Seidenfaden ein
Bouillonröhrchen um; trübte sich die Bouillon darnach, so waren die
Bacillen eben noch lebensfähig.
Die Vortheile dieser Methode liegen auf der Hand. Es ist eine Ver¬
unreinigung durch andere Bacillen und Schimmelpilze, wie es bei
Trocknen an freier Luft unvermeidlich ist, ausgeschlossen, so dass man
nachher nicht mehr mittels des umständlichen Platten Verfahrens nach
seinen Bacillen zu fahnden braucht. Auch ist bei Verwendung gleich
grosser Seidenfaden das Flüssigkeitsquantum, das zunächst verdunsten
muss, und damit die hierzu erforderliche Zeit viel gleichmässiger gross.
Ich fand so, dass Coli A. erst durch 7 bis 8 tägiges Austrocknen bei
37° völlig abgetödtet werden konnte.
Gegen höhere Temperatur besassen die Bacillen nur geringe Resistenz;
sie starben schon in Folge einer 5 Minuten langen Erhitzung auf 60°.
Gegen Kälte waren sie jedoch sehr widerstandsfähig. In einer
Bouilloncultur, welche ich für 24 Stunden in eine Kältemischung von
— 10° gestellt hatte, besassen die Bacillen, nachdem sie eingefroren und
wieder aufgethaut waren, noch ihre volle Entwicklungsfähigkeit. Bacterium
coli commune soll sogar Temperaturen von — 182° bis — 190° C. bei
hermetischem Abschluss 7 Tage lang ohne Schädigung ertragen können. 1
Durch Carboisäurelösung 1:100 wurde Coli A. nach 20 Minuten
langer Einwirkung getödtet, durch Sublimatlösung 1:1000 schon nach
1 Minute. Ich ermittelte dies nach folgender Methode.
In ein steriles Reagensglas goss ich 10 ccm der desinficirenden Lösung
und vertheilte darin einen Platinlöffel voll = 0*25 ccm einer Bacillenauf¬
schwemmung. Nach bestimmter Zeit goss ich mit einem Platinlöffel voll
dieser verdünnten Emulsion eine Gelatineplatte.
Da Gilbert 2 nachgewiesen hat, dass Bacterium coli commune lösliche
Giftstoffe producirt, welche auf Homoiothermen (Kaninchen) eine charakte-
1 Ice and Refrigeration. July 1901. Referat: Berliner thierärztl. Wochenschrift.
1902. p. 44.
* Des poisons produits par le bacille intestinal d’Eselierich. Comptes rendus de
la sociite de biologie. 1893.
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ristische neuroparatytisehe Wirkung ausüben, und diese auch bei Poikilo-
thermen (Frosch) von Roger 1 coustatirt wurde, studirte ich Coli A. auch
nach dieser Richtung hin.
Aus 24 Stunden alter Bouilloncultur fällte ich die Toxine durch die
vierfache Menge absoluten Alkohols aus, so dass ein gelblichweisser Nieder¬
schlag aus Toxinen und agglutinirten Bacillenleibern entstand. Ich
filtrirte die Flüssigkeit so lange durch Watte, bis das Filtrat völlig klar
abfloss, nachdem ich den Alkohol seine abtödtende Wirkung 2 Stuudeu
lang auf die wenig resistenten Bacillen hatte ausüben lassen. Die Watte
mit dem Niederschlag trocknete ich dann schnell auf dem Trichter
mittels durchstreichender Luft, indem ich letzteren an die Vacuumleitung
anschloss, und löste die Toxine in destillirtem Wasser und zwar einem
Viertel vom Volumen der ursprünglichen Bouilloncultur.
Von dieser Toxinlösung injicirte ich einen Frosch 2 ccm intraperitoneal.
Nach Roger sollte nun fast plötzlich Parese ein treten, statt dessen sprang
mein Frosch aber lustig weg, so dass ich das Experiment schon für miss¬
glückt hielt; als ich aber nach 5 Minuten an das Aquarium zurückkam.
war er wirklich vollkommen gelähmt: ich konnte ihn auf die offene Hand
legen und auf den Rücken drehen, ohne dass er sich regte. In der
Rückenlage hielt der Frosch die Vorderbeine in der gewöhnlichen Ruhe¬
stellung, die Hinterbeine halb angezogen. Die Lungenrespiration war
vollkommen sistirt, ebenso die den Amphibien eigenthümliche Mundrachen¬
höhlenrespiration.
Den Amphibien fehlen nämlich Rippen und Zwerchfell; für die In¬
spiration tritt daher an Stelle des Saug- ein Druckmechanismus, dessen
Agentien die Kehl- und Bauchmuskeln sind: der Frosch schluckt die
Luft. 2 Da nun die ganze Skeletmusculatur bei meinem Versuchsfrosch
gelähmt war, blieb die Athmung auf die Hautrespiration beschränkt. Der
Corneareflex war vorhanden; bei Berührung der Cornea wurde der Bulbus
retrahirt, und die Lider schlossen sich, um sich langsam wieder zu öffnen,
ln Intervallen von 12 bis 20 Secunden traten tonisch-klonisclie Krämpfe
ein, auf der Höhe des Krampfstadiums Opisthotonus und Pleurothotonus
sinister. In den Vorderextremitäten befiel der Krampf successive ver¬
schiedene Muskeln, so dass ich die resultirende Bewegung am besten als
Umherfuchteln kennzeichne. Manchmal erstreckte sich der Krampf nur
auf die Phalangen, so dass eine clavierspielartige Bewegung zu Stande
1 Produits solubles du Bacillus coli communis, leur action sur la grenouille.
Ebenda. 1893.
* Näheres hierüber siehe Wiedersheim, Grundriss der vergleichend. Anatomie
der Wirbelthicre. 1898. S. 328.
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Die Seuche unteb den Agoni des Lago di Lugano.
301
kam. In den Hinterextremitäten erfolgte bei jedem Anfall eine Streck¬
bewegung mit Zuckungen in den Phalangen.
Keflexkrämpfe konnte ich nur auf eine Weise, aber prompt auslösen,
nämlich durch Kneifen in den Oberarm. Hob ich das Thier an einem
Vorderbein hoch, so hingen die drei anderen Extremitäten schlaff herab,
die Krämpfe erfolgten dann in Form einer Beugung in allen Gelenken.
Nach Verlauf von 40 Minuten hörten zuerst Krämpfe und Parese der
Hinterextremitäten auf, so dass der Frosch, immer noch auf dem Rücken
liegend, willkürlich schwimmen konnte, ein Zeichen, dass die Psyche frei
war. Nach weiteren 12 Minuten blieben auf der vorderen Körperhälfte
die Krämpfe aus, doch die Parese bestand noch. Hob man jetzt den
Frosch an seinem Hinterbein hoch, so zappelte er mit beiden Hinterbeinen
heftig; auch war er wieder im Stande, sich aus der Rückenlage umzu¬
drehen. Nach im Ganzen 67 Minuten traten wieder rhythmische Athem-
bewegungen ein und nach 1 Stunde 45 Minuten war auch die Parese der
Vorderextremitäten gelöst, so dass der Frosch wieder regelrechte Sprünge
machen konnte, also vollständig wiederhergestellt war.
Ich hatte somit den Beweis erbracht, dass Coli A. alle morphologischen,
culturellen und biologischen Eigenschaften des Bacterium coli commune
besass und sich von diesem nur durch seine specilische Pathogenität für
Alosa finta unterschied.
Infectionsversucbe.
Technisches.
Es blieb nun noch übrig, die ätiologische Bedeutung des Coli A.
durch Infectionsversuche zu erhärten.
Hierbei traten mir aber verschiedene Schwierigkeiten in den Weg.
Zunächst war es leider unmöglich, an Agoni selbst Infectionsversuche
anzustellen, weil man sie wie alle Clupeiden nicht in Gefangenschaft
halten, geschweige lebend versenden kann. Brehm 1 schreibt über diesen
Punkt: „In Gefangenschaft lässt sich der Hering nur, wenn er noch sehr
jung ist, einige Tage am Leben erhalten. Alt eingefaugene und in
engeren Gewahrsam gebrachte Heringe verlieren sofort den grössten Theil
ihrer Schuppen und sterben binnen wenigen Stunden.“
Von der Alosa im Besonderen sagte schon Gessner: 2
„So bald dieser Fisch auss dem Wasser gezogen, soll er sterben
nach der Hering-Art. ..“ und Fatio* bestätigt dies mit den Worten:
1 Thierleben . 1892. Bd. VIII. S. 379.
* Historia animalium Toi . IT, de Tiscium et aqnatilium animantium natura .
Zürich 1551—58.
3 A. a. 0. S. 39.
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„La large ouverture de ses oules ne lui permet pas un long sejour hors
de l’eau.“
Da nach Mittheilung des Oberforstinspectorats auch in neuerer Zeit
von sachkundiger Seite zu Ausstellungszwecken unternommene Versuche,
Agoni in Aquarien zu halten, keinen Erfolg hatten, musste ich von
meinem Vorhaben Abstand nehmen und weniger empfindliche Fische ver¬
wenden.
Ich will noch erwähnen, dass es auch dem Präparator des Berner
naturhistorischen Museums nur mit Mühe gelang, zum Ausstopfen zwei
Exemplare zu bekommen, die nicht ihre Schuppen theilweise abgeworfen
hatten, als sie aus dem Wasser kamen.
Ein zweiter Uebelstand war der, dass weder das zoologische noch das
bakteriologische Institut für derartige Arbeiten befriedigende Einrichtungen
besitzen.
Meine Versuche ordnete ich in der Weise an, dass ich frisch ge¬
fangene, gesunde Fische in grosse gläserne Becken setzte, die unter
ständiger Zufuhr frischen Leitungswassers standen. Den Zuleitungsschlauch
klemmte ich vorn mit einem zusammengebogenen Nagel zu, so dass ein
dünner Strahl mit starkem Druck entstand und bei minimalem Wasser¬
verbrauch ein maximales Luftquantum mitgerissen wurde. Die Behälter
waren mit einem Drahtgitter verschlossen, und das Wasser floss über den
Rand auf einen mit Abzug versehenen Secirtisch ab.
Bei der Impfung der Versuchsfische wandte ich folgende einfache
Handgriffe an, welche complicirte Halteapparate entbehrlich machen und
es ermöglichen bis 1 Pfund schwere Fische, ausser Aale, ohne Assistenz
zu impfen.
Man legt die sterilisirte und gefüllte Spritze mit aufgesetzter Canäle
rechts vom Aquarium zur Hand, erfasst den Fisch mit der linken Hand
mit einem zusammengelegten Handtuch und drückt ihn in horizontaler
Lage den Kopf nach links derart in die rechte vordere Ecke des Behälters,
dass jede Bewegung vereitelt ist und nur der zu impfende Körpertheil
aus dem Wasser hervorragt.
Zur Desinfection der Impfstelle benutzte ich eine 1 procentige Calium-
permanganatlösung, deren Anwendung keine schädlichen Folgen auf die
zarte Epidermis der Fische hat; Hofer 1 empfiehlt Cal. permang. sogar
als wirksamstes Mittel gegen Saprolegnienerkraukung in Form von Bädern.
Die subcutane Impfung ist bei Fischen nicht angebracht, da bei
ihnen von einem lockeren Unterhautbindegewebe kaum gesprochen werden
1 Die Krankheiten unserer Fische. Allgemeine Fischerei-Zeitung. 1901. Bd. XVL
S. 157.
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Die Seuche unter den Agoni des Lago di Lugano.
303
kann und sich die Haut in Folge dessen nicht iu einer Falte ab¬
heben lässt.
Gerade weil die Haut sich beim Einstich nicht verschiebt, ist da¬
gegen die intramusculäre Impfung sehr leicht anzuführen. Man setzt zu
diesem Zwecke die Spitze der Canüle in einem sehr spitzen Winkel mit
der Längsaxe des Körpers an dem Hinterrand einer Schuppe auf (vgl. Fig. 3),
sticht von hinten nach vorn durch die Epidermis, Schuppentasche und
Cutis in die Musculatur ein und drückt mit dem Zeigefinger der rechten
Hand den Kolben herab.
Die intraperitoneale Impfung wird in derselben Weise ausgeführt.
Fig. 3.
Querschnitt durch Rückenhaut von Salmo fario. Vergr. 100:1.
(Nach einem Präparat des Hm. Thierarzt Schöndorff.)
E = Epidermis, P = Pigmentzellager, T = Schuppentasche, S = Schuppe,
Ch = Chromatophor, C = Cutis, Sc = Subcutis.
Der Pfeil giebt den Weg der Canüle zur intramusculären Impfung an.
Ich empfehle nur die feine Canüle einer 1 '»'"“-Spritze zu verwenden,
dann ist ein künstlicher Verschluss der Stichöffnung, der auf der
schleimigen Epidermis der Fische doch nicht anzubringen wäre, auch
überflüssig. Ich hatte uuter Innehaltung dieser Cautelen in der That
niemals eine Mischinfection zu beklagen; auch trat weder eine Blutung
aus der Stichöffuung ein, noch floss die injicirte Cultur wieder aus, wie
es Wyss 1 stets passirte.
Zur Ausführung der intrastomachalen Impfung bediente ich mich
einer gewöhnlichen Pipette, die ich auf einen 20 cm laugen Gummischlauch,
welcher in der Mitte eine Klemme trug, aufsetzte. Diese Impfung ist
bei Fischen sehr leicht zu bewerkstelligen. Nachdem man die abgemessene
1 A. a. O. S. 155.
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Culturmenge in die Pipette aufgesogen hat, führt man letztere an den
Kiemenspalten vorbei durch den an und für sich schon weiten und noch
dehnbaren Oesophagus in den Magen ein, der keinen Sphincter besitzt, und
entleert sie durch Einblasen in den Schlauch.
Zuletzt noch einige Worte über die von mir ausgeübte Sectionstechnik.
Der Fisch wird auf die rechte Seite gelegt, mit dem Kopf nach ünks
und mit Nägeln auf dem Secirbrett befestigt. Mit einem glühenden
Kartoffelmesser wird die Epidermis an den Stellen, wo die Schnitte an¬
zulegen sind, abgesengt. Dann wird die Bauchhöhle mit ausgeglühter
Scheere vom After bis zur Kehle eröffnet (cave Herzbeutel!) und die linke
Bauchwand durch einen Schnitt abgetragen, welcher neben dem Knude
der Nieren und des Herzbeutels entlang läuft. Darauf wird die oben¬
aufliegende linke Geschlechtsdrüse entfernt. Der Verdauungstractus wird,
nachdem die Schlinge freipräparirt wurde, in toto im Zusammenhang mit
der Milz herausgenommen; darnach die Leber mit der Gallenblase, die
rechte Geschlechtsdrüse, sowie die Schwimmblase. Die Nieren werden
durch Abziehen des sie bedeckenden Peritoneums freigelegt, und zuletzt
wird der Herzbeutel aufgeschnitten und das Herz herausgenommen. Von
den einzelnen Organen werden lega artis Agarculturen angelegt und
Deckglasausstriche angefertigt.
Yersnche.
Die Infectionsversuche, welche ich mit Reinculturen des Coli A. vor'
nahm, gebe ich hier in tabellarischer Zusammenstellung:
Nummer
Versuchs¬
tiere 1
Dosis
1 in ccm
Impfmethode
i
Impftag
Todestag
Organe, aus denen Coli A.
wieder in Reincultur wuchs
1
Salmo fario
5*0
y. Wasser aus
3. VI.
2
»»
2-0
intrastomach.
ff
3
»j
1-0
intramusculär
8. VI.
9. VL
Bauchhöhle, Darm, Milz,
Leber, Herz, Niere.
4
ff
2-0
tf
11. VI.
18. VL
Bauchhöhle, Darm, Milz,
Leber, Herz, Mundschleim.
5
i
tf
2*0
intraperiton.
»I
19. VI.
Bauchhöhle, Darm, Milz,
Leber, Herz, Niere.
6
Cambar. Bardoni
0-5
ff
ff
13. VI.
Magen, Darm, Leber, Herz
7
ff
0-5
ff
ff
12. VI.
1 „ Leibeshöhle „ „
8
Triton taeniatus
0-5
subcutan
ff
13. VI.
„ Darm, Subcutis
1 Alle Versuchsfiüche besassen ein Gewicht von ca. 500 *"■*.
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305
(Fortsetzung.)
Nummer ||
| Versuchs-
thiere
Dosis
in ccm
Impfmethode
tu
s
Ti
a
HH
Todestag
Organe, aus denen Coli A
wieder in Reincultur wuchs
1
9 Rana esculenta
2-0
subcutan
8. VII.
10
ft
2*0
intrastomach.
II
11
»i
2*0
intraperiton.
II
12
Barbus fluviatilis
2-0
H
10. VIL
io. m
Bauchh., Darm, Herz, Niere.
13
>»
2-0
intramnsculär
99
i2. vn.
ii Milz „ ,i
I
Impfstelle
14 i
i
>»
2*0 j
intrastomach.
99
n
Darm.
Die bei Nr. 1 und 2 versuchte, dem natürlichen Modus entsprechende
Infection vom Wasser bezw. direct vom Verdauungstractus aus hatte ein
negatives Resultat, was mit Rücksicht auf die Seuchengeschichte nur zu
erwarten war, denn es waren nur Agoni erkrankt. Auch haben wir bei
colibacillären Epirootieen unter Homoiothermen Analogieen für ein der¬
artiges Verhalten der Colibakterien.
So konnten mit einem Bacterium coli, welches Zschokke 1 bei einer
seuchenhaften Enteritis crouposa der Katzen, die in 1 bis 3 Tagen zum
Tode führte, isolirte, nicht einmal ein Versuchsthier derselben
Gattung auf dem Fütterungswege inficirt werden.
Piorkowski und Jess® beschrieben auf ein durch Bacterium coli
verursachtes seuchenartiges Pferdesterben in Westpreussen, bei welchem
nicht nur andere Hausthiere, sondern sogar die Füllen verschont blieben.
Das Resultat eines FütterungsVersuches bei einem Pferde mit 2 Liter
Bouilloncultur wurde leider nicht abgewartet.
Der zur Coligruppe gehörige Bacillus mustelae septicus, 3 von Eberth
und Schimmelbusch als Erreger der Frettchenseuche mehrfach beob¬
achtet, vermag das Frettchen selbst weder auf dem Wege der Fütte¬
rung noch der Inhalation zu tödten.
Auch bei früher beobachteten Fischerkrankungen waren die betreffen¬
den Bakterien in der Natur stets nur für eine Fischspecies pathogen.
* Ueber Infection mit dem Colibacterium. Schweizer Archiv für Thierheilkunde.
Bd. XLII. Hft. 1.
* Bacterium coli als Ursache eines seuchenartigen Pferdesterbens in Westpreussen.
Berliner thierärzil. Wochenschrift. 1901. Nr. 4.
8 Plügge (a. a. 0.) rechnete ihn 1896 noch zur Gruppe der der Coligruppe
nahestehenden Hämorrhagische-Septicämie-Erreger.
Zcitbchr. f. Hygiene. XL1V.
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Beim Bacillus anguillaram, Bacterium salmonicida und Bacillus der
ulceratiTen Septicämie des Carassius auratus ist dieser Umstand schon im
Epitheton der Mikroorganismen ausgedrückt. Bei anderen Fischseuchen
erwies sich Staphylococcus pyogenes aureus als pathogen für Cobio fluviatilis
und Bacterium vulgare für Leuciscus rutilus, während sich alle anderen
Fische refractär verhielten.
Flügge sagt beim Capitel „Natürliche Immunität und Disposition“ :
es „ergiebt das Experiment in der Regel, dass Kaltblüter sich gegen die
Parasiten der Warmblüter resistent verhalten“ und führt Beispiele dafür
an. „Im Allgemeinen scheinen dieselben für Bakterieninfectionen über¬
haupt schlecht disponirt zu sein (vgl. dagegen Seite 307 betr. Krebse),
denn es sind bisher nur wenige Krankheiten solcher Art bei ihnen ge¬
funden worden, die zum Theil übrigens noch zweifelhafter Natur sind“ . ..
„Aehnliche Differenzen der natürlichen Immunität, die wir bei Thieren
verschiedener Arten finden, existiren aber auch zwischen den Rassen und
sogar zwischen den Individuen derselben Species.“
Bei Nr. 14 gelang es mir später doch, eine tödtliche Infection vom
Magen aus hervorzurufen. Ob dieser Erfolg auf einer grösseren Empfäng¬
lichkeit der Barbe gegenüber der Forelle beruht oder auf Virulenzsteige¬
rung, darüber lässt sich streiten; ich neige auf Grand späterer Versuche
letzterer Hypothese zu.
Das Krankheitsbild bei den geimpften Fischen war ein wenig
charakteristisches, und die einzelnen Symptome waren inconstant. Die
Thiere zeigten eine gewisse Trägheit und Mattigkeit in ihren Bewegungen
und lagen fast andauernd ganz regungslos am Boden des Behälters.
Dem Ergreifen mit der Hand leisteten sie nicht den Widerstand wie
gesunde Fische, oft gar keinen. Vorgeworfene Nahrung wurde gar nicht
beachtet, während gesunde Controlfische sofort darnach schnappten, ln
späteren Stadien der Erkrankung machten sich häufig vorübergehende
Gleichgewichtsstörungen bemerkbar. Bei Nr. 4, 5 und 14 sah ich die¬
selben kurz vor dem Tode constant werden und in eine Paralyse der
hinteren Körperhälfte übergehen; Kopf und Brustflossen blieben beweglich.
Die Thiere lagen in diesem Zustand auf einer Seite am Boden des
Beckens. Wenn man sie in richtiger Lage an die Oberfläche des Wassers
brachte und losliess, sanken sie mit dem Kopf voran unter, indem sie auf
die Seite fielen. Bei den anderen Fischen konnte ich das Phänomen
leider nicht studiren, weil mir die geregelte Arbeitszeit in den Instituten
im Besuch meiner Patienten eine Beschränkung auferlegte. Solche Para¬
lysen in Folge colibacillärer Infectionen wurden auch schon beim Menschen
beobachtet. Flügge erwähnt dieselben mit folgenden Worten: „Ob die
Paralysen, die im Gefolge von Cystitis, Pyelonephritis und Dannkatarrhen
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Die Seuche unteb den Agoni des Lago di Lugano.
807
(,L andry’sehe Paralyse') auftreten durch die giftigen Producte des Colon¬
bacillus oder durch dessen Eindringen in das Rückenmark verursacht
werden, wie Gilbert und Lion auf Grund ihrer oben erwähnten Thier¬
versuche annehmen, ist noch nicht ausgemacht."
Die Mitleidenschaft der Verdauungsorgane bekundete sich durch auf¬
getriebenen Leib und Röthung im Bereiche der After- und Geschlechts¬
öffnung.
An verschiedenen Stellen der Körperoberfläche und auch in der
Kiemen- und Mundschleimhaut waren Ecchymosen von Steoknadelkopf-
bis Bohnengrösse zu bemerken; solohe Ecchymosen, wie ich sie an den
Kiefern und Kiemendeckeln beobachtete, dürften es wohl gewesen sein,
welche Herrn Forstinspector Merz veranlassten, einen „starken Blut¬
andrang nach dem Kopf" als Krankheitserscheinung anzugeben. Häufig
schimmerten Hämorrhagieen an den Impfstellen durch Haut und Schuppen
hindurch.
Farbenveränderung der Haut ist, obwohl sie unzweifelhaft auch durch
nervöse Einflüsse zu Stande kommt und Erblassen z. B. bei Sauerstoff¬
mangel des Wassers in Erscheinung tritt, bei Fischen als Krankheits-
sympton nur gering zu bewerthen, da sie nicht wie bei Homoiothermen
auf Anämie und Hyperämie 1 beruht, sondern auf Contraction und Extension
der Chromatophoren. 2
Während ich bei gesunden Controlfischen gleicher Grösse 28 bis
86 Athemzüge pro Minute zählte, stieg die Frequenz bei den erkrankten
Impfthieren auf 90 bis 96. Die Dyspnoe erreichte manchmal einen
solchen Grad, dass das Maul bei der Exspiration nicht ganz geschlossen
wurde.
Die beiden Krebse erlagen der Impfung sehr schnell, was mit dem
Befund Hofer’s 3 , „dass sich von allen bisher bekannten Thieren kein ein-
1 Nach Hofer (Die Krankheiten unserer Fische, Allgemeine Fischerei*Zeitung,
1902, S. 157) besitzt die Fischhaut nur spärliche Capillaren und zwar ausschliesslich
die Cutis, welche nicht wie bei Warmblütern mit zahlreichen gefässführenden Papillen
in die Oberhaut yorspringt.
* Forelle 4 und 5 hielt ich in einem naturfarbenen, also gelblich-weissen Holz¬
bottich in einer ziemlich dunkeln Ecke. Nach Verlauf von 24 Stunden war Nr. 5
ganz gleichmässig lehmgelb gefärbt, während Nr. 4 grosse schwarze Flocken auf
lehmgelbem Untergrund zeigte, so dass selbst ein Zoologe die Fische schwerlich für
Forellen gehalten hätte; die rothe Farbe war ganz verschwunden. Gasbeleuchtung
übte auf die so gefärbten Fische keinen Einfluss aus. Als ich sie aber in einem
Glasbecken in einen hellen Raum setzte, erlangten sie binnen V 4 Stunde wieder ihre
normale Färbung.
a Untersuchungen über die Krebspest in Russland. Allgemeine Fischerei-Zeitung .
1900. Bd. XV. S. 426.
20 *
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ziges so überaus hinfällig gegenüber Bakterieninfectionen erweist, wie der
Krebs“ in Einklang steht. Die Erkrankung manifestirte sich dadurch,
dass die Thiere nur träge Bewegungen ausführten, oft auf den Rücken
fielen, ohne sich wieder herumdrehen zu können und sich auf Reize nicht
mit den Scheeren vertheidigten oder zur Flucht anschickten.
Die drei Frösche reagirten auf die Injection der Cultur gar nicht.
Infectionsversuche mit Bacterium coli bei Fröschen lagen bisher noch
nicht vor; wohl aber hat Roger 1 interessante Experimente mit Coli toxi n
bei diesen Thieren angestellt, und der Erfolg meines Intoxicationsversuches
stimmte, wie bereits erwähnt, mit den Resultaten dieses Forschers überein.
Ob der Teichmolch in Folge einer gelungenen Infection einging, muss
ich selbst bezweifeln, obwohl ich Coli A. aus den angeführten Organen
wieder in Reincultur züchten konnte, denn die Autopsie gab mir keine
Anhaltspunkte dafür, wie denn überhaupt anatomische Veränderungen bei
solch’ kleinen Objecten schwer erkennbar sind.
Entsprechend den klinischen Erscheinungen war auch der pathologisch¬
anatomische Befund ein wechselnder. Immer waren die localen Läsionen
an der Impfstelle am intensivsten.
Die äussere Haut zeigte die erwähnten Ecchymosen, vorzugsweise au
den Kiemendeckeln und Flossen. Mundhöhle mit zähem farblosem oder
weissem Schleim angefüllt. Kiemen blassroth oder grau, mit stecknadel¬
kopfgrossen Petechien, in Schleim gehüllt. After- (und Geschlechts-)
Öffnung geröthet und geschwollen. Musculatur in der Umgebung des
Impfcanals blutdurchtränkt, schmutzigroth, von breiiger Consistenz.
Peritonealhöhle enthielt blutige Flüssigkeit. Magen- und Darminhalt bei
intrastomachaler Impfung übelriechend. Darmwand diffus geröthet und
ramiform inicirt. Leber mit punktförmigen Blutungen im serösen
Ueberzug und ramiformer Röthung; Parenchym leicht zerreisslich. Gallen¬
blase prall angefüllt; anliegende Wand von Magen und Duodenum grün
imbibirt. Milz schwarzroth, Kapsel gespannt, hämorrhagischer Tumor.
Schwimmblase meist halbleer. Nieren blau- bis schwarzroth, stark ge¬
schwollen, so dass die Schwimmblase ihre Form als Eindruck auf ihnen
hinterliess. Dass der Blutreichthum der Nieren wirklich auf hämorrhagischer
Entzündung beruhte, ist leicht erklärlich; denn die Niere der Fische steht
auf dem Stadium des Mesonephros, der Urniere und befindet sich durch
ihre Nephrostome in offener Communication mit der Leibeshöhle, kann
also direct Bacillen und Toxine aufnehmen. Man könnte den Einwand
einer postmortalen Hypostase erheben, weil todte Fische auf dem Rücken
schwimmen. Ich habe aber gefunden, dass frisch gestorbene Fische
1 A. a. 0.
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Die Seuche unter den Agoni des Lago di Lugano.
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ebenso wie andere Wasserleichen auf dem Boden des Behälters liegen,
seihst bei vollständig gefüllter Schwimmblase, der lebende Fisch schwimmt
nur unter Zuhülfenahme der Brust- und Bauchflossen, welche als
Schwebeapparate functioniren; die Cadaver steigen erst später bei Beginn
der Fäulniss und Gasentwickelung hoch. Das Myocard war wie gekocht;
Atrium stark gefüllt mit schlecht geronnenem, theerartigem Blut; Poikilo-
cytose (vgl Seite 288).
Bei den Krebsen war der Zerfall der Leberdrüsen auffallend; dieselben
bildeten einen grüngelben Brei, an dem von dem normalen Aufbau aus
Schläuchen nichts mehr zu erkennen war. Der Darm war inicirt.
Coli A. war bei den Fischen durch Ausstrichpräparate in fast allen
Organen nachweisbar. Immer waren sie theils zerstreut, theils in dichten
Haufen in Peritonealsecret, Herzblut, Milz und Niere zu finden. Wenn
einmal bei einem Organ die Bacillen im Präparat nicht zu sehen waren,
so Hessen sie sich doch stets culturell nachweisen. Die durch Agarimpfung
erhaltenen Culturen waren meist Reinculturen; die Organe, aus denen ich
solche erhielt, sind Seite 304 in der Tabelle angeführt.
Die Deckglasausstriche aus Milz, Niere und Impfcanal in der Mus-
culatur stellten einfach Blutpräparate dar in Folge der hämorrhagischen
Beschaffenheit dieser Organe.
Im Peritonealsecret fand ich häufig grünliche Krystalle: Biliverdin,
deren Anwesenheit ich mir durch eine postmortale Osmose der Galle durch
die Wand der prall gefüllten Gallenblase hindurch erkläre.
Der bakteriologische Befund bei Nr. 6, 7 und 8 war analog dem bei
den Versuchs fischen.
Virulenzabnahme.
Im Winter 1902 musste ich die Erfahrung machen, dass Coli A.
dem gemeinen menschlichen Fäcesbacillus auch in der ausserordentlichen
Variabilität der Virulenz vollkommen entsprach. Wenn bei den Infections-
versuchen im Sommer schon eine Virulenzsteigerung vorzuliegen schien,
so zeigte es sich jetzt im November, dass bei intramusculärer und intra¬
peritonealer Inoculation 5 ccm Bouilloncultur keine pathogene Wirkung
mehr ausübten, mithin Coli A. seine Infectiosität eingebüsst hatte. Diese
Versuche stellte ich an je zwei Exemplaren von Squalius cephalus, Barbus
fluviatilis und Anguilla vulgaris an. Von diesen starb der eine Squalius
nach 2 Tagen durch einen unglücklichen Zufall an Erstickung, der andere
nach 18 Tagen an einer Saprolegnienerkrankung der äusseren Haut. Die
Bacillen waren durch Cultur an der Impfstelle noch nachweisbar, doch
entwickelten sich nur wenige Colonieen, die Mehrzahl der einverleibten
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310
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Bacillen war verschwunden, da dieselben zu „Laboratoriumsbacillen“, un¬
schädlichen Saprophyten geworden waren und speciell „die Fische in ihrem
Blut besonders kräftige baktericide Stoffe besitzen, deren Wirkung nach
den bisherigen Untersuchungen sogar kräftiger ist als z. B. bei den
Säugethieren“ (Hofer).
Der Virulenzverlust des Coli A. ist durch folgende Umstände zu er¬
klären:
1. Die Bacillen wurden während der dreimonatlichen Herbstferien, in
denen die Institute für Praktikanten geschlossen sind, ohne Thierpassage
nur künstlich von Agar zu Agar gezüchtet, also an saprophytische Lebens¬
weise angepasst.
2. Die Bacillen wurden dabei durch ihre eigenen Stoffwechselproducte
ungünstig beeinflusst; sah ich doch, dass sie bei Lufteintritt in einer
4 Monate alten Bouilloncultur abgestorben waren.
3. Die Nichtinfectiosität der Bacillen im Winter hing auch, wie ich
experimentell durch Cultur beweisen konnte, mit der niedrigen Tempe¬
ratur des Wassers und dem zu Folge auch der des Fischkörpers zusammen.
Die Temperatur des Leitungswassers betrug 9° und bei Fischen und
Fröschen übersteigt die Körperwärme die des umgebenden Mediums nach
Munk 1 nur um 0»05 bis 0*1°. Bei 9° vermehrte sich Coli A. aber nicht
mehr. Als ich ein geimpftes Agarröhrchen in einem Wasserglas unter
den geöffneten Leitungshahn stellte, war nach 24 Stunden nur der über das
Niveau des Wassers herausragende Theil des Agar mit einem schwachen
Belag versehen, der übrige Theil ganz frei. Nachdem ich das Röhrchen
in den Brütraum gebracht hatte, bedeckte sich der Nährboden rasch mit
einem üppigen Belag.
Flügge sagt über diesen Punkt: „Die Eigenwärme des Thierkörpers
ist für diejenigen Saprophyten, die nur bei niederer Temperatur gedeiheu,
und umgekehrt die niedere Temperatur der Kaltblüter für Tuberkel¬
bacillen, Gonokokken, Influenzabacillen ein Grund, der genügt, ein Wachs¬
timm zu verhüten.“
Infectionsversuche mit Bacterium coli commune.
Mit Coli V. das ich am 7. Juli 1902 aus meinem eigenen Stuhl bei
ungestörter Darmthätigkeit isolirt und seitdem (also 4 Monate lang) nur
künstlich fortgezüchtet hatte, nahm ich Controlimpfungen vor, die ich hier
tabellarisch zusammenstelle:
1 Physiologie des Menschen und der Säugethiere .
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Die Seuche unter den Agoni des Lago di Lugano.
311
Nummer
Versuchsthiere
Dosis
in ccm
Impfstelle
Impftag
1
Barbus fluviatilis
1
intraperitoneal
7. XL 1902
2
8
•9
99
3
99
2
intrastomachal
99
4
99
1
intramusoulär
99
5
99
5
intraperitoneal
21. XL 1902.
6
99
4
intramusculär
14. XIL „
7
99
5
99
22. XII. „
Von den Impfthieren erkrankte und starb keins, was mit den bis¬
herigen Erfahrungen in Einklang steht {vgl. S. 306).
Dass jedoch Bacterium coli commune für Fische pathogen sein
kann, habe ich dadurch bewiesen, dass ich solche unter günstigen
Bedingungen tödtlich inficirte. Zur Impfung verwandte ich einen für
Homoiothermen pathogenen Colistamm aus einem diarrhoischen Stuhl
vom Menschen, und die Versuchsfische brachte ich auf eine Körper¬
temperatur von 20° mittels der unten zu besprechenden Einrichtung. Hier
die Resultate:
Nr.
Versuchsthiere
Dosis
in ccm
Impfstelle
Impftag
Todestag
1
Squalius cephalus
2
intraperitoneal
10.1. 03.
; 12.1.
2
99
99
1
99
14.1. „
! 15.1.
3
99
99
1
intrastomachal
16. L ..
17.1.
Die Krankheitserscheinungen und der Obductionsbefund waren die¬
selben wie bei den Coli A. eingegangenen Fischen.
Zuletzt impfte ich zur Erforschung ihrer Wirkung bei Homoiothermen
noch je eine Taube mit 1 wm Bouilloncultur von Coli A. und V. in den
musculus pectoralis major.
Die mit Coli V. inficirte erkrankte am zweiten Tag unter folgenden
Symptomen: Gesträubtes Gefieder, Apathie, verminderte Fresslust, taumelnde
Bewegung, welche bis zu dem am neunten Tage eingetretenen Tod gleich-
massig bestehen blieben.
Bei der Section fand ich Folgendes: An der Impfstelle war die
Brustmusculatur stark geschwollen und von harter Consistenz. Nach
Entfernung der Haut schimmerte es auf der Höhe der Verdickung gelb¬
lich aus der Tiefe durch. Beim Einschneiden traf ich auf ein fast
tauben eigrosses, graubraunes, trockenes, wie gekocht aussehendes Stück
nekrotischer Muskelsubstanz, das von der gesunden Umbgebung durch
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312
Otto E. Vogel:
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eine entzündliche Demarkationszone abgegrenzt war. Den Sphacelus konnte
ich mit der Pincette leicht herausheben und aus ihm die Bacillen wieder
in Reincultur gewinnen. An den inneren Organen fand ich nichts
Abnormes. So konnte auch Sanfelice 1 sogar mit dem virulenten Coli-
bacterium einer Taubenseuche hei subcutaner Impfung von Tauben nur
locale Abscesse hervorrufen.
Bei der anderen Taube traten keinerlei Krankheitserscheinungen zu
Tage. Als ich dieselbe nach 11 Tagen tödtete, fand ich die gleichen localen
Läsionen wie bei der ersteren.
Y iralenz Steigerung.
Durch weitere Versuche wollte ich nun feststellen, ob Coli A. experi¬
mentell durch häufige Thierpassage wieder virulent gemacht werden
könnte.
Zu dem Zwecke benutzte ich als Impffische fortan nur eine Species.
nämlich Squalius cephalus und inoculirte zunächst grosse Dosen. Das
jeweilige Impfmaterial gewann ich durch directe Ueberimpfung aus dem
Thierkörper in Bouillon; von der Reinheit der Cultur überzeugte ich mich
durch Parallelcultur auf Agar und Präparate. Die Bouillon meliorisirte
ich durch Zusatz von 5 Procent Glycerin und je eines Platinlöffels voll
Kreide zu einem Röhrchen zwecks Neutralisation der in Folge Vergähruug
entstehenden Säure und Paralysirung ihrer schädigenden Wirkung. Um
den entwickelungshemmenden Einfluss der niedrigen Wasser- und Körper¬
temperatur der Fische auf die Bacillen auszuschalten, hielt ich die Thiere
in erwärmtem Wasser; ich wählte dazu eine Temperatur von 20°. wie
sie wohl das Wasser des Lago di Lugano zur heissesten Jahreszeit haben
kann. 2
Um steten Zufluss frischen Wassers und doch Constanz der Tempe¬
ratur und Wassermenge im Fischbehälter zu erzielen, traf ich folgende
Einrichtungen:
In einem grossen Behälter aus Zinkblech erwärmte ich das Wasser
durch einen Thermostat Ths., der an die Gasleitung durch Schlauch G
angeschlossen war. Frisches Lei tun gs wasser floss durch Schlauch W zu
1 üeber einige Infectonskrankheiten der Hausthiere in Sardinien. — Eine Seuche
bei Tauben durch Bacterium coli verursacht. Diese Zeitschrift. 1895. Bd. XX. S. 1.
* Nach dem „Conto-Heso del Consiglio di stato della republica e cantone del
Ticino“ hatte das Wasser des Lago di Lugano am 25. April 1893 Morgens 9 Uhr
40 Min. an der Oberfläche eine Temperatur von 11° bei einer Luftwärme von 20®.
am 25. October Mittags eine solche von 16° bei einer Luftwärme von 17*6°.
(Tav. VIII, l: Tempcratura dell’ acqua del’ Lago.)
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Die Seuche unter den Agoni des Lago di Lugano.
313
und durch S, welcher eine grössere lichte Weite haben muss, ab in ein
Wasserglas Gl, das von einem Stativ St mittels einer Klammer K gehalten
wurde. Nach dem Princip der communicirenden Röhren konnte nun das
Wasser im Becken nicht über das Niveau des Wasserglasrandes steigen;
das überschüssige Wasser floss aus dem Glase über den vom Ring R ge¬
haltenen Trichter T und wurde durch den Schlauch A abgeleitet. Der Be¬
hälter war mit einem Drahtgitter B bedeckt, durch welches ein Thermo¬
meter Thm. in das Wasser hineinhing.
Die Versuchsfische fühlten sich in dem Wasser von 20° Wärme
äusserst behaglich.
Die Resultate meiner Impfungen gebe ich hier in einer Tabelle
wieder.
Nummer
Dosis in ccm
Impfstelle
Impftag
Todestag
1
5
intramusculär
14. XU. 02.
17. XII. 02.
2
4
ft
22. XII. „
23. XII.
3
3
intraperitoneal
9. L 03.
10. I. 03.
4
2
tt
11.1.
12. I.
5
1
• *
14. I.
15.1.
6
1
intrastomachal
16. I. „
17. I.
7
V,
tt
19. I.
20. I.
8
tt
tt
9
tt
tt
Es gelang mir unter den genannten günstigen Bedingungen durch
siebenmalige Thierpassage schon, die Virulenz von Coli A. so wiederher-
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314
Otto E. Vogel:
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zustellen, dass ich zunächst mit 1 / 2 ccm Cultur vom Magen aus eine rasch zum
Tode führende Infection hervorrufen konnte und dass dann gesunde, nicht
geimpfte Fische (Nr. 8 und 9) sich durch das Wasser inficirten und
starben. Wie bei allen anderen, so konnte ich speciell auch bei diesen
beiden die Bacillen im Peritonealsecret nachweisen.
Weitere Infectionsversuche vom Wasser aus nahm ich nicht vor, um
nicht eine Verunreinigung der Aare auf dem Wege der Canalisation
herbeizuführen.
Zur Controle jedoch, dass wirklich eine artificielle und keine spontane
Virulenzsteigerung der Cultur vorlag, impfte ich noch je einen Versuchs¬
fisch unter denselben günstigen Bedingungen mit 1 ccm Cultur, welche die
Thierpassage nicht durchgemacht hatte, intramusculär, intraperitoneal und
intrastomachal. Diese Impfungen hatten ein negatives Resultat.
Betrachtungen Ober Pathogenese, Verlauf, Erlöschen
und Charakter der Eplzootle.
Nachdem ich die Aetiologie des Agonisterbens, erkannt hatte, musste
ich mir zunächst die Fragen vorlegen:
„Woher stammten die Bacillen, wie gelangten sie in den Körper der
Agoni, und wie lässt sich ihre specifische Infectiosität für letztere er¬
klären?“
Für die Beantwortung dieser Fragen kamen drei Möglichkeiten in
Betracht; diese sind:
1. Bacterium coli commune mit allen charakteristischen Eigenschaften
ist ständiger parasitischer Darmbewohner der Agoni. Die Entstehung der
Seuche konnte dann auf eine Autoinfection eines oder mehrerer Individuen
zurückgeführt werden. Für solche Infektionen mit bereits im Körper
vorhandenen Bakterien im Gefolge des Eintrittes disponirender Factoren
führen Birch-Hir schfeld 1 gerade Infektionen des Menschen mit Bacterium
coli commune als bestes Beispiel an.
Dass dabei eine Allgemeininfection entstehen kann, beweisen zahl¬
reiche Fälle bei Warmblütern. Beim Menschen wurde dies beobachtet im
Gefolge von Hautulceration, Angiocholitis, Cystitis, Winkel’scher Krank¬
heit, Influenza und infectiöser Enteritis 2 3 * ; eine typhusähnliche Haus¬
epidemie colibacillärer Natur beschrieben Sion und Negel. 8 Bei Thieren
1 Lehrbuch der pathoL Anatomie . 5. Aufl. I. Hälfte.
2 Flügge, Die Mikroorganismen . 1896.
3 Ueber eine von einem atypischen Colibacillus veranlasst« Hausepidemie hy-
drisehen Ursprunges. Centralblatt für Bakteriologie. 1902.
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Die Seuche unteb den Agoni des Lago di Lugano.
315
haben wir folgende colibacillären Allgemeininfectionen: Nach Nocard 1
Papageienmykose und bösartiges Katarrhalfieber des Rindes, nachZcliokke*
infectiöse Parese des Rindes, nach Piorkowski und Jess 8 ein seuchen¬
artiges Pferdesterben, nach Eberth und Schimmelbusch 4 die Frettchen¬
seuche, nach Kovärzik 6 eine Meerschweinchenepizootie, nach Sanfelice 6
eine Taubenseuohe. Bei den meisten dieser Thiere ist Bacterium coli
commune auch als normaler Darmbewohner nachgewiesen worden. 7
Die Voraussetzung für eine Autoinfection dürfte bei den Agoni aber
schwerlich zutreffen. Gegen sie spricht schon die üppige Wachsthums¬
fähigkeit der Bacillen bei 37°, welche bei Bacillen der Poikilothermen
niemals vorhanden ist (vgl. Bact. salmonicida, Bact. ranicida u. s. w.).
Auch ist Bacterium coli commune bisher weder im Agoni- noch über¬
haupt im Fischdarm gefunden worden. Emmerich und Weibel 8 fanden
ein die Gelatine verflüssigendes Stäbchen mit Komma- und S-Formen im
Forellendarm. Ich selbst habe auch im Darminhalt von Forellen nach
Colibacillen gefahndet, isolirte aber nur einen nach Gram färbbaren
Streptococcus, einen sehr grossen und dicken Bacillus mit abgerundeten
Enden und ein mittelständige Sporen bildendes Stäbchen, die sich alle
drei bei 37° nicht vermehrten. Auch Remmelts 9 hat sich mit solchen
Studien beschäftigt; er schreibt:
„Bei den beiden Seefischen (Botte und Scholle) fiel die Untersuchung
negativ aus, ebenso beim Barsch; beim Aal dagegen positiv; . ..“ und
scbliesst mit den Worten:
„Ob das Bacterium coli commune sich bei anderen Fischen vorfindet,
bleibt noch in Frage, weil das negative Resultat meiner nur einmaligen
Untersuchung mich nicht zu einer Generalisation berechtigt. Sein Vor¬
kommen beim Aal steht fest.“
Mir scheint nicht so fest wie Remmelts es darstellt; S. 17 sagt er
nämlich ausdrücklich: „Für die Diagnose Bacterium coli commune
wurden Stäbchen mit Eigenbewegung als Bedingung gestellt,
die auf der Oberfläche der Gelatine in Häutchenform wachsen,
1 Les maladtes microbiennes.
8 Schweizer Archiv für Thierheilkunde. 1896.
8 Berliner thierärztl. Wochenschrift. 1901. S. 4.
4 A. a. O.
8 Meerschweinchenepizootie durch eine Varietät des Colibacillus verursacht.
Centralblatt für Bakteriologie. 1903. S. 143.
8 Diese Zeitschrift. 1895. Bd. XX. S. 1.
7 Remmelts, Untersuchungen, betreffend Bacterium coli commune bei Säuge-
thieren, Vögeln und Fischen. Inaug.-Diss. Bern 190*2.
8 Archiv für Hygiene. 1894. Bd. XXI. S. 1.
9 A. a. 0.
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316
Otto E. Vogel:
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dieselbe nicht verflüssigen, Trauben* und Milchzucker unter
Säuerung und Gasbildung vergähren, Milch coaguliren und in
eiweisshaltigen Substraten Indol bilden.“ Und dann constatirt er
bei seinem Aalbacillus Nichtvermehrung bei 37°, Unbeweglich¬
keit, Nichtvergährung von Laktose, Nichtcoagulirung der Milch.
Die Agglutinationsversuche und Neutralrothcultur hat er leider gerade bei
diesem nicht ausgeführt. Ich halte diesen Bacillus für näher verwandt
mit der Aörogenesgruppe wegen der Unbeweglichkeit und Bildung eines
schleimigen Häufchens auf dem Boden der Bouillonröhrchen.
2. Coli A. stammte direct aus dem Wasser des Lago di Lugano. Ob
Bacterium coli oommune in demselben zu finden ist, weiss ich nicht; es
liegt mir zwar eine quantitative bakteriologische Untersuchung 1 vor, aber
keine qualitative. Der Fall ist jedoch anzunehmen, da Weissenfeld*
fand, „dass Bacterium coli oommune aus Wässern jeder Herkunft, guten
und schlechten zu züchten sei, wenn man nur genügend grosse Mengen
des Wassers zur Züchtung benutzt“ und nach Mittheilung Dr. Vinassas
in Lugano alle Aborte direct in die Canalisationen führen und
diese direct in den See. Ein solcher Spaltpilz aus dem Wasser
müsste dann erst duroh günstige äussere Lebensbedingungen und prä-
disponirende causae internae der Agoni eine specifische Pathogenität für
diese erlangt haben. Von ersteren zähle ich auf:
a) Der ganze Lago di Lugano hat nur einen einzigen Abfluss, die
kleine Tresa, so dass eine Wassererneuerung nur in minimalem Maasse
stattfindet und, wie Vinassa sagt „che il bacino di Lugano ha una
corrente rotatoria“, dass das Luganer Becken eine rotirende Strömung hat.
b) In Lugano werden die ganzen Abwässer der Stadt in den See ge¬
leitet, und in den anderen Uferstädten wird es kaum besser um die
Caualisation bestellt sein; das Wasser muss daher in der Nähe der Kloakeu-
nnmduugeu hochgradig organisch verunreinigt sein.
c) Höhere Temperatur des Seewassers in der heissen Jahreszeit
Als prädisponirende Factoren der Agoni führe ich ihre empfindliche
Organisation und den eben unter c) genannten Umstand an. Brehm
bemerkt über dieses Moment: „Beinahe alle Meeresfische sind gegen den
Temperaturwechsel des Wassers sehr empfindlich und vertragen die Ver¬
setzung aus einem Klima in ein anderes nicht. .. . Bei den Süsswasser¬
fischen ist die Temperatur des Wassers von grossem Einfluss auf ihre
Lebensthätigkeit im Allgemeinen. . . .“
* Conto-Reso (lei Consiglio di stato della republica e cantone del Ticino. 1893.
* Der Befund des Bacterium coli im Wasser und das Thierexperiment sind keine
brauchbaren Hülfsmittel für die hygienische Beurtheilung des Wassers. Diese Zeit¬
schrift. Bd. XXXV. S. 78.
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Die Seuche unter den Agoni des Lago di Lugano.
817
Auch Senneboghen 1 schreibt in Betreff seines „morbo maligno
delle anguille“: ,,Als wiederholt beobachtete Thatsache sticht hervor, dass
die Krankheit dann auftritt, wenn grosse Hitze anhaltend herrscht vereint
mit niedrigem Wasserstand, besonders zur Periode des Laichens, wie schon
Bull* erkannt hat“ Dass ein saprophytischer Colistamm pathogen
werden bann, habe ich experimentell gezeigt, dass aber Coli in der Natur,
im Wasser erst infectiös werden sollen, ist sehr unwahrscheinlich, und an
und für sich sind sie es nicht, wie die Untersuchungen von Levy und
Bruhns 3 dargethan haben. Ueber pathogene Colibakterien sagen diese
Autoren: „Treffen wir sie in einem Wasser, so dürfen wir mit Wahr¬
scheinlichkeit behaupten, dass sie vor noch nicht allzulanger Zeit von
aussen in das Wasser hineingelangt sind, dass es sich in der grössten
Mehrzahl der Fälle um ein verunreinigtes Wasser handelt.“
Damit wurde ich auf die dritte Möglichkeit übergeleitet, welche am
meisten für sich hat, dass nämlich
3. Coli A. einen virulenten Colistamm eines Warmblüters darstellte,
der mit den Abwässern in das Seewasser gelangte und sich für Agoni
pathogen verhielt.
Das speciell im Stuhle des Menschen virulente Colibakterien Vor¬
kommen können, ist lange bekannt; z. B. bei Typhus, Cholera nostras,
Cholera asiatica, Dysenterie. 4 Die Virulenz eines Coli aus diarrholschen
menschlischen Fäces für Fische habe ich erwiesen.
Auch mit dem Harne kann virulentes Coli entleert werden, so bei
Pyelonephritis, Cystitis und Urethritis. 4
Von Hausthieren aus können ebenfalls solche mit dem Kot oder Urin
ins Wasser gelangen bei gewissen Erkrankungen; als solche zähle ich auf:
infectiöse Kälberdiarrhoe, Darmkatarrhe verschiedener Thiere®, Enteritis
crouposa der Katze, Colibacillosis des Kalbes 9 u. s. w., ferner Cystitis des
Hundes 7 , Pyelonephritis suppurativa des Hundes, Nephritis des Hundes
und Schweines 8 , Colpitis, Retentio secundinarum, Abortus und puerperaler
Colibacillosis des Rindes. 9
1 A. a. 0.
• Piscicultura Marina. Padova 1891. S. 318.
8 Zur Hygiene des Wassers. Archiv für Hygiene . 1899. Bd. XXXYI. S. 178.
4 Plügge, Die Mikroorganismen. 1896.
§ Jensen, Bacterium coli commune als Krankheitserreger bei Thieren. Berl.
thierärztl. Wochenschrift. 1896. Nr. 50.
• Poels, Rapport over Ralverzieklen in JSederland. 1899.
7 Jensen, a. a. 0.
• Nocard, a. a. 0.
• Besnoit, Puerperale Colibacillose bei einer Kuh. Schweizer Archiv f. Thier¬
heilkunde. Bd. XLIV. Heft 5.
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818
Otto E. Vogel:
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Dass eine der genannten Erkrankungen bei Mensch oder Thier zur
Zeit der Agoniseuche vorgekommen wäre, ist mir nicht bekannt geworden;
aber eine andere Seuche, die Hühnercholera, forderte unter den Hühnern
nach Mittheilung des Herrn Canton-Forstinspector Merz grosse Opfer.
Da nun ausgedehnte Untersuchungen von Rahner 1 * 3 * , Joest* und zuletzt
auch Remmelts dargethan haben, dass Bacterium coli, welches keine
Verschiedenheit gegenüber dem des Menschen besitzt, immer in grossen
Mengen als obligater Parasit den Hühnerdarm bewohnt, so legte mir die
Analogie mit den oben aufgezählten Beispielen — Analogie ist ja ein
Leitmotiv der Forschung — die Annahme nahe, dass mit den Excrementen
der an Cholera erkrankten Hühner auch Colibakterien mit virulentem
Charakter in den See gelangt waren.
Der Modus einer Infection der Agoni durch pathologische Fäces er¬
scheint um so annehmbarer, als viele Fische sich mit Vorliebe an den
Ausmündungen von Canalisationen (besonders der Schlachthäuser) auf halten
und auch geradezu Koth fressen, so dass solche Stellen immer von Anglern
belagert werden. 8
Vielleicht war der Tod der 15000 Barben, Schleien und Barsche auf
dasselbe Bacterium zurückzuführen, welches 4 Wochen später das Agoni¬
sterben verursachte. Jedenfalls stammte dasselbe primär von eiuem
Warmblüter ab und hatte seinen infectiösen Charakter im Wasser con-
servirt. Darf man doch nach Levy und Bruhns auf eine gewisse Dauer¬
haftigkeit der pathogenen Eigenschaften des Coli im Wasser schliessen und
eine Lebensdauer von mehreren Wochen und darüber in Brunnen- bezw.
nicht stark strömendem Wasser annehmen.
Auch der Verlauf der Seuche spricht für eine Verunreinigung des
Wassers mit thierischen oder menschlichen pathologischen Fäkalien.
Wenn es hiess, dass die Krankheit ihren Höhepunkt erreichte, als die in
den See mündenden Flüsse trüb wurden, so lag das weniger an diesem
Umstande au und für sich, als vielmehr an den ihn verursachenden Regen¬
güssen und dem Hochwasser, welches eine erhöhte Zufuhr der verunreinigen¬
den Materie und eine leichtere Verbreitung derselben bewirkte.
Für die „angebliche“ grössere Mortalität in den Morgenstunden und
kühlen Nächten kann ich keine genügende Erklärung finden; sie wäre
leicht verständlich, wenn Coli A. ein niedriges Temperaturoptimum ge¬
habt hätte.
1 Centralhlatt für Bakteriologie. B(l. XXX. Nr. 6.
1 Berliner thierärztl. Wochenschrift. 1902. Nr. 16.
3 Auch von Spitta beobachtet: Weitere Untersuchungen über Flussverunreini-
gung. Archiv für Hygiene. 1903. S. 114.
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Original frum
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Dee Seuche unteb den Agoni des Lago di Lugano.
319
Das Erlöschen der Epizootie stand vielleicht auch mit dem Trüb¬
werden oder vielmehr mit dem Wiederklarwerden des Wassers in Ver¬
bindung.
Hofer 1 sah sich veranlasst, die in Kreisen der Fischzüchter ver¬
breitete Ansicht, man könne durch ein Antrüben des Wassers mit Lehm
Fischkrankheiten heilen, experimentell zu prüfen. Aus seinen Versuchen
ging hervor, „dass der Lehm in der That nur eine mechanische, klärende
Wirkung auf das Wasser besitzt, da er Bakterien und Bakteriengallerten,
die im Wasser flottiren, zu Boden zu reissen im Stande ist, dass er aber,
wie schon die ersten Versuche gezeigt hatten, das Wachsthum und die
Entwickelung derselben nicht beeinflusst.“ Auf Grund dieses Resultates
empfiehlt Hofer, bei Fischkrankheiten das Wasser therapeutisch mit Lehm
zu trüben und dann zu erneuern.
Vielleicht dürfte die von Senneboghen beim „morbo maligno delle
auguille“ beobachtete Thatsache, dass „die Epizootie auch unerwartet nach
einem starken Regenguss abbrechen kann“, auf einer solchen mechanischen
Wasserreinigung beruhen.
Die Agoniseuche besass im Allgemeinen die Symptome einer Er¬
krankung, die man bisher als „Fischtyphus“ zu bezeichnen pflegte; ich
habe aber die Benennung „Agonityphus“ vermieden aus bestimmtem
Grunde.
„Solange sich die ärztliche Kunst — schreiben Conradi und
Drigalski* — noch hauptsächlich auf die symptomatische und ana¬
tomische Diagnostik stützen musste, grenzte man von dem Typhus abdo¬
minalis eine ganze Reihe ähnlicher Krankheitsbilder ab. So unterschied
Griesinger von dem Ileotyphus das Typhoid und bezog in letztere
Krankheitsgruppe das biliöse Typhoid, die Febris gastrica, Febricula u. s. w.
ein. Als aber eine exacte ätiologische Forschung einsetzte und der Typhus¬
bacillus durch Koch, Eberth und Gaffky entdeckt war, gab man die
Anschauung von der Vielheit auch in ihrer Ursache verschiedener typhöser
Krankheitsbilder auf, und man versteht zur Zeit unter Typhus eine ätio¬
logische Einheit.“
Demselben Gedanken haben in der Veterinärmedicin schon drei Jahre
vorher Friedberger und Fröhner 8 Worte verliehen:
1 Ueber Lehm als Heilmittel bei Fischkrankheiten. Allgem. Fischerei-Zeit ung.
1902. Bd.XVII. S. 433.
* Ueber eine unter dem Bild des Typhus verlaufende, durch einen besonderen
Erreger bedingte Epidemie. Diese Zeitschrift. 1903. 8. 141.
* Lehrbuch der speciellen Pathologie u. Therapie der Hausthiere. 1900. Bd. I.
S. 198.
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Otto E. Vogel:
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„In früheren Zeiten hat man jede mit Blutzersetzung und schweren
cerebralen Allgemeinerscheinungen verlaufende Infectionskrankheit mit dem
Namen Typhus oder Faulfieber belegt. So waren namentlich der
Milzbrand, die Septicämie, die Influenza und Brustseuche, der acute Rotz,
die Meningitis cerebralis „typhöse“ Krankheiten, und man sprach von
einem „typhösen“ Stadium dieses oder jenes Leidens, wenn während des
Krankheitsverlaufes schwere Störungen von Seiten des Sensoriums hinzu¬
kamen. In diesem Sinne galt auch das Petechialfieber anfänglich als
Typhus und wurde zur genaueren Unterscheidung von anderen typhösen
Krankheiten speciell Pferdetyphus oder Petechialtyphus genannt. ...
Der Name Typhus hat sodann, wie leicht begreiflich ist, zu der Annahme
einer Identität des Pferdetyphus mit dem Abdominal- und Flecktyphus
des Menschen geführt; ...“ Diese Autoren werfen daher die Namen Pferde¬
typhus und Petechialtyphus über Bord.
So möchte ich nun auch die Bezeichnung „Fischtyphus“ ausmerzen,
da auch sie zu solch’ unangenehmer Verwirrung führen muss, und wie
wir gesehen haben, wurden in der That schon ätiologisch ganz verschiedene
Fischseuchen als Typhus bezeichnet: von Canestrini die durch den
Bacillus anguillarum hervorgerufene Aalseuche als „tifo exantematico con-
taggioso“ (Senneboghen wandte die lateinische Benennung „typhus
exanthematicus contagiosus“ dafür an), von Studer und Piana die vor¬
liegende durch Bacterium coli commune verursachte Agoniseuche als
„Typhus“ (S. 285) und von Forel und du Plessis die Barschseuche
im Genfer See als „Typhus des Perches“. Wenn daher die Agoniseuche
einen Namen haben soll, so möchte ich sie „Colibacillosis Alosae
fintae“ nennen.
Therapie and Prophylaxe.
Wenn in einem grossen See eine solche ausgebreitete Fischepizootie
auftritt, so sind wir ihr gegenüber einfach vollkommen machtlos. Etwas
Anderes ist es, wenn es sich um Verseuchung eines Fischteiches oder
kleinen Gewässers handelt; die therapeutischen Maassnahmen, die in
einem solchen Falle zu ergreifen sind, hier aufzuzählen, kann ich mir
ersparen, da in jeder Fischerei-Zeitschrift Grosses über Breites darüber zu
lesen ist.
Das Einzige, was bei einer Seeseuche gegen die weitere Verbreitung
gethan werden kann, ist, alle Cadaver und die auf der Oberfläche des
Wassers schwimmenden erkrankten Fische abzusammeln und durch Ver¬
brennen, Verscharren mit ungelöschtem Kalk oder Verarbeitung zu künst¬
lichem Dünger in Form von Fleischmehl zu vernichten. Wegen ihrer
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Die Seuche unter den Agoni des Lago di Lugano.
321
Function als gefiederte hygienische Wasserpolizei verdienen die fisch¬
fressenden Vögel, wie Vinassa schon sehr richtig bemerkte, der weitest¬
gehenden Schonung.
Von viel wichtigerem Charakter sind die prophylaktischen Maassregeln
gegen Fischseuchen, die in das Gebiet der Wasserhygiene fallen. Ich
möchte diesbezüglich auf die Verhandlungen des Congresses verweisen,
welcher anlässlich der „Internationalen Fischereiausstellung in Wien“ am
6. Sept. 1902 stattfand und folgende Forderungen aufstellte: 1
1. Reinigungsanlagen für Abwässer.
2. Gesetzliche Vorschriften für dieselben.
3. Anstellung von Wasserinspectoren zur Beaufsichtigung.
Hiervon ist der erste Punkt weitaus der wichtigste. Zur Reinigung
der Abwässer stehen uns jetzt drei Verfahren zur Verfügung:
a) Die Einrichtung der Rieselfelder, eine mechanische Reinigungs¬
methode, die aber oft, wie in dem Berliner Vorort Neu-Weissensee „bei
Weitem nicht ausreichte, um die grosse Schmutzwassermenge aufzunehmen
und zu reinigen. Die Folge dieser Ueberlastung war eine vollständige
Verschlammung der Rieselfelder, die zu allerlei Missständen und Geruchs¬
belästigungen Veranlassung gab, auch häufige Beschwerden verursachte.“ 2
Solche Anlagen beanspruchen ein riesiges Terrain, das nicht überall zur
Verfügung steht.
b) Die biologische Kläranlage, wie sie jetzt Neu-Weissensee mit
gutem Erfolge eingerichtet hat. 2 Hier werden die Schmutzwässer zunächst
von gröberen Suspendien befreit und dann in Oxydationsbeete geleitet, die
mit staubfrei gesiebter, poröser Steinkohlenschlacke gefüllt sind. Der
Schlamm, welcher sich hier absetzt, wird in besonderen Beeten schnell
getrocknet und mit Torf zusammen als Kompostdünger abgefahren. In
dem Wasser findet unter Durchlüftung durch die Wirkung der Bakterien
eine energische Zersetzung und Oxydation statt, wobei namentlich das
freiwerdende Ammoniak nitrificirt wird und harmlose salpetersaure Salze
entstehen; die gebildeten unschädlichen Gase, besonders Kohlensäure ent¬
weichen in die Luft. Die Kläranlage in Neu-Weissensee besitzt eine
Leistungsfähigkeit von 2500 cbm pro Tag, und der Betrieb ist äusserst
einfach.
c) Für Trinkwasserreinigung wird das Ozonisirungsverfahren sehr
empfohlen, eine chemische Methode, auf der Oxydationskraft des Ozons
1 Allgemeine Fischer ei-Zeitung. 1902.
* Eine biologische Abwasser-Reinigungsanlage. Technische Rundschau. Wochen¬
beilaffe zum Berliner Tageblatt. 1903. Nr. 4.
Zeitächr. f. Hygiene. XL1V. 21
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322 Otto E. Vogel: Die Seuche untee den Agoni u. s. w.
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beruhend. 1 Ein solches Ozon werk ist seit einiger Zeit in Schiedam uud
Nieuwersluis 2 mit Erfolg in Betrieb, und ioh glaube, eine derartige An¬
lage könne mit Leichtigkeit auch für Schmutzwässer construirt werden.
Die Bestrebungen der Fischereivereine verdienen jedenfalls schon
im Interesse der Hygiene kräftige Unterstützung von Seiten der Mediciner.
Schlusswort.
Vorliegende Arbeit wurde während des Sommersemesters 1902 und
während des Wintersemesters 1902/03 im Zoologischen Institut und
Institut zur Erforschung der Infectionskrankheiten, Bern angefertigt
Es ist mir eine angenehme Pflicht, den Leitern dieser Institute,
meinen hochverehrten Lehrern Herrn Prof. Dr. Th. Studer und Prof.
Dr. E. Tavel, sowie dem Assistenten der Untersuchungsstation Herrn
E. Tomarkin für das rege Interesse, mit dem sie meiner Arbeit folgten,
und vielfache Anregungen an dieser Stelle meinen aufrichtigsten Dank
auszusprechen.
Auch den Herren Prof. Dr. Hofer-München, Prof. Levi-Morenos-
Venedig und Prof. Piana-Mailand, sowie Oberforstinspector Coaz-Bern,
Cantonforstinspector Merz-Bellinzona und Dr. Vinassa-Lugano statte
ich hiermit für Angabe und Ueberlassung von Litteratur meinen besteu
Dank ab.
1 Vgl. Calmette, Sterilisation des eaux par l’ozone. Annales de l’ Institut
Pasteur. 1899.
* Van’t Hoff, Die Reinigung des Trinkwassers durch Ozon. Zeitschrift für
Elektrochemie. 1902. Nr. 30.
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[Aus dem hygienischen Institut der Universität Utrecht.]
(Director: Prof. Dr. C. Eijkman.)
Ueber das Absterben von Bakterien beim Kochen
unter erniedrigtem Druck.
Von
Dr. J. Sohut jr.
(Hlers« Tftt T.)
I. Einleitung.
Beim Gebrauch von Desinfectionsöfen mit strömendem Wasserdampf
wird gewöhnlich stillschweigend angenommen, dass man es mit Dampf
von 100° C. zu thun hat Weder Koch, dessen Dampfkochtopf das
Laboratoriummodell für all dergleichen Oefen gewesen ist, noch diejenigen,
die dessen Idee auf die Desinfectionspraxis anwendeten, haben jemals die
Frage gestellt, ob es einen nennenswerthen Unterschied hinsichtlich der
Schnelligkeit der Desinfection mache, ob das Wasser gerade bei 100° oder
bei etwas niedrigerer Temperatur koche. Man pflegt z. B. beim Gebrauch
jener Oefen den Barometerstand nicht in Betracht zu ziehen und wahr¬
scheinlich mit Recht, weil nicht einzusehen ist, wie eine Differenz von
etwa einem Grade oder von einer Fraction eines Grades im Siedepunkt
einen nennenswerthen Einfluss haben könnte.
Eine ähnliche Frage erhebt sich beim Gebrauch von Desinfections¬
öfen an Orten, die ansehnlich über dem Meeresniveau gelegen sind; auch
dort sinkt der Siedepunkt des Wassers unter 100° C.
In seinem Jahresbericht des Laboratoriums für pathologische Anatomie
und Bakteriologie in Weltevreden 1889 1 hat Dr. Eijkman fürs erste die
1 Geneesk. tijdtchr. v. Ned. Indie. 1890 . XXX.
21*
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324
J. SCHUT JR.:
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Aufmerksamkeit darauf gelenkt. Es hatte sich nämlich ergeben, dass
ein Desinfectionsofen in Willem I (Java, 400 m über dem Meere) den ge¬
stellten Anforderungen nicht entsprach. In einer Fussnote auf Seite 3t>8
sagt er diesbezüglich: „Wegen der hohen Lage von Willem I liegt der
Siedepunkt des Wassers dort unter 100 ° C. Inwiefern dieser Umstund
einen nachtheiligen Einfluss auf das Desinficirungsvermögen des strömen¬
den Wasserdampfes hat, ist noch nicht untersucht worden. Es wird in¬
dessen rathsam sein, bei der Wahl eines Desinfectionsofens darauf zu
achten.“
Bis vor Kurzem hatte man diese Frage jedoch nicht experimentell in
Angriff genommen, alsRubner 1 umfassende Experimente über die desin-
ficirende Kraft des gesättigten und des übersättigten Dampfes sowohl
über als unter 100° C. anstellte. Ich komme hierauf später zurück.
Auch meine Untersuchungen hatten die Frage zum Ausgangspunkt, inwie¬
fern die desinficirende Kraft des gesättigten Dampfes mit der Temperatur
unter 100° C. abnehme. Doch im Anschluss daran habe ich den Einfluss
von Temperaturen unter 100° C. auf in Flüssigkeit suspendirte Bakterien
einer vergleichenden Untersuchung unterzogen und zwar mit Bezug auf
die Frage, ob ein Unterschied bestehe, je nachdem die Flüssigkeit bei der
gegebenen Temperatur kocht (bei niedrigem Druck) oder bloss erhitzt
wird (bei atmosphärischem Druck).
Was das Kochen anbelangt, dachte ich hierbei vor Allem an eine
möglicherweise schädliche Wirkung der Dampf blasen. Es war festzu¬
stellen, ob das Kochen der Flüssigkeit einen nachtheiligeren Eiufluss hat,
als blosses Erhitzen auf dieselbe Temperatur. Ein etwaiger Unterschied
müsste am besten dadurch zu erkennen sein, dass für verschiedene Tem¬
peraturen die Schnelligkeit des Absterbens beim Kochen und beim blossen
Erwärmen mit einander verglichen wurden.
Dafür musste eine Vorrichtung ersonnen werden, die nicht nur das
Kochen einer Flüssigkeit bei jedem erwünschten Druck, niedriger als der
atmosphärische, ermöglichte, sondern ausserdem erlaubte daun und wann
eine Probe des inficirten Materiales zu entnehmen, ohne dass hierbei der
Druck durch zuströmende Luft sich erhob. Und daneben musste eine
Bakteriensuspension bei derselben Temperatur aber unter atmosphärischem
Druck erhitzt werden.
In Abweichung meines ursprünglichen Planes werde ich also nach
einander behandeln: das Kochen und Erwärmen bei Temperaturen unter
100° C., und darnach den Einfluss gesättigten Dampfes, gleichfalls unter
100° C., auf die Mikroben besprechen.
1 Hygienische Rundschau. 1899.
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Bakterientüdtung durch Kochen unter niedrigem Druck. 325
II. Kochen bei erniedrigtem Druck im Vergleich mit blosser
Erhitzung.
Methode der Untersuchung.
Eine emaillirte, metallene Flasche B, von ca. 1 Liter Inhalt, ist mit
einem Kautschukstöpsel, worin vier Durchbohrungen angebracht sind,
luftdicht geschlossen. (Siehe Tafel V).
In der einen Oeffnung steckt ein Thermometer t, die zweite enthält
ein Glasrohr d, welches zu einem Rückflusskühler führt, wodurch Menge
und Concentration der kochenden Flüssigkeit in der Flasche constant er¬
halten werden. Das andere Ende des Rückflusskühlers steht vermittels
eines T-Stückes mit einer Wasserstrahlluftpumpe, andererseits mit dem
Manometer C in Verbindung.
Weil der Apparat auf die Dauer kaum absolut luftdicht zu erhalten
ist, und schon ein winziges Leck bei dem relativ geringen Inhalt der
Flasche, namentlich bei stark vermindertem Druck, eine fortwährende
schnelle Druckerhöhung zur Folge haben würde, war zwischen Kühler
und Luftpumpe noch ein T-Stück eingeschaltet, dessen dritter Arm zu
einem Luftreservoir führte.
Als solches diente eine bekleidete Flasche von ca. 60 Liter Inhalt.
Die immerhin relativ kleinen Luftmengen, welche durch nicht vollkommenes
Schliessen hereinkämen, vertheilen sich über diesen grossen Inhalt und
geben nur eine äusserst langsame Drucksteigeruug, welche sehr leicht
aufgehoben werden kann, indem man dann und wann die Luftpumpe in
Thätigkeit setzt. Auf diese Weise gelang es, den Inhalt der Flasche B
bei jeder gewünschten Temperatur (unter 100° C.) kochen zu lassen und
sehr genau auf dieser Temperatur zu erhalten.
(Absichtlich wurde die Flasche bekleidet, da alsdann etwaige Ver¬
änderungen der Zimmertemperatur weniger Einfluss auf den Druck der
darin sich befindenden Luft ausüben.)
Durch die dritte Oeffnung im Kautschukstöpsel steckt ein weites
Metallrohr, worin ein Hahn K angebracht ist. Das obere Ende des Rohres
ist mit einem Kautschukschlauch m von ungefähr 5 cm Länge versehen.
In der vierten Oeffnung hängt ein Probierröhrchen r, dessen unteres
Ende bis nahe an den Boden der Flasche B heraureicht. Die letztere
steht bis zum Halse in einem Wasserbade mit constantem Niveau, das
mit einem gut schliessenden Deckel versehen ist; der Dampf des Bades
findet durch die Abführröhre a einen Ausweg.
Namentlich bei Experimenten, wo die Temperatur in der Flasche
95 bis 100° C. betrug, musste das Wasserbad so hoch erwärmt werden,
dass der Dampf ohne diese Abführung sehr hinderlich gewesen wäre.
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326
J. Schut jr.:
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Beim Anfang eines Experimentes wird zunächst der Luftdruck in
der ganzen Vorrichtung so weit herabgesetzt, bis er der Temperatur ent¬
spricht, bei welcher ich zu arbeiten beabsichtige. — Inzwischen ist das
Wasserbad erhitzt worden, und wenn der aus physiologischer Kochsalz¬
lösung bestehende Inhalt der Flasche B die gewünschte Temperatur er¬
reicht hat, fangt derselbe zu kochen an. Ein auf dem Boden befindliches
Glasstückchen lässt durch sein fortwährendes Ticken erkennen, dass die
Flüssigkeit kocht; übrigens ist das auch am Zurückfliessen des conden-
sirten Dampfes aus dem Kühler zu bemerken.
Alsdann wird durch den Kautschukschlauch m hindurch ein kleines,
mit Bouilloncultur der zu untersuchenden Mikroben gefülltes Probier¬
röhrchen auf den Stöpsel des Hahnes K gestellt.
Indem man mittlerweile mit dem Finger den Schlauch oben ab-
schliesst, wird der Hahn geöffnet, das Röhrchen fällt in die kochende
Flüssigkeit und giebt beim Anschlägen auf den Boden genau den Zeitpunkt
an, wann die Flüssigkeit inficirt wird. Zuvor hatte ich mich, indem ich
ein derartiges mit Methylenblau gefülltes Röhrchen in einen mit kochen¬
dem Wasser gefüllten Kolben hatte fallen lassen, davon überzeugt, dass
der Inhalt sich unmittelbar in das Wasser vertheilte.
Um jedes Mal aus der bei erniedrigtem Druck kochenden Flüssigkeit
unter Abschluss der Aussenluft eine Probe entnehmen zu können, bediente
ich mich eines mit einer Platinspirale armirten Glasstabes s, von der
Dicke, dass er gerade in den Kautschukschlauch m hineinpasste. (Siehe
Kn) Die Spirale kann eine Flüssigkeitsmenge von ca. 10 cmm enthalten.
Der Kautschukschlauch und der Hahn wurden ziemlich weit genommen,
von ca. 1 cm Durchmesser, damit ein dicker Stab hindurchgehe. Es wurde
dadurch die Gefahr vermieden, dass der Platindraht bei dem Ein- und
Ausführen die innere Wandung des Rohres durch Hin- und Herbe wegen
inficireu könnte.
Zur Entnahme einer Probe führte ich den vorgewärmten und ein-
gefetteten Stab in den Kautschukschlauch hinein, bis dieser sich gut um
ihn schloss; dabei wurde Acht darauf gegeben, dass die Spirale den Stöpsel
des Hahnes nicht berührte; alsdann konnte ich den Hahn aufdrehen,
ohne dass Luft zutrat, und der Stab wurde in das Gefäss gesenkt, bis
ein ihn umschliessender Kautschukring den Schlauch berührte; eine vor¬
hergehende Sondirung hatte mich belehrt, dass die Spirale sich dauu
gerade in der Flüssigkeit befand, das untere Ende des Stabes jedoch
noch nicht.
Darnach wurde er aufgezogen, bis der Platindraht wieder über dem
Hahne war, was ich durch das Ansaugen des Schlauches fühlen konnte.
Hätte man jetzt den Hahn schliessen und den Stab dann weiter heraus-
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Bakterientödtung durch Kochen unter niedrigem Druck. 827
ziehen wollen, so würde der Kautschukschlauch gegen die beladene Spirale
angesaugt und inficirt worden sein. Diesem wurde jedoch durch zwei
kleine Löcher o und g, die in den Hahn gebohrt waren, wie Figur Ki an
giebt, vorgebeugt. Schloss man den Hahn jetzt, so trat die Luft in
den Raum h zwischen dem Hahne und dem Stabe, und die Spirale konnte
nun unbehindert ganz herausgezogen werden.
Die Kochsalzlösung in dem Reagensglase r wurde mit einer Platin¬
öse mit Cultur inficirt. Sie hatte, wie ich wiederholt feststellen konnte,
bis auf eine kleine Fraction eines Grades dieselbe Temperatur wie der
Inhalt der Flasche; auf diese Weise konnten also (vorbehaltlich der kleinen
Temperaturdifferenz, welche, wie die Resultate erwiesen, vernachlässigt
werden konnte), die Experimente mit Kochen und mit blossem Erhitzen
stets zu gleicher Zeit und vollkommen unter denselben Umständen ge¬
macht werden. Die Platinöse, womit die Proben entnommen wurden, war
am Ende eines Glasstabes eingeschmolzen, welcher genau in das Reagens¬
glas hineinpasste. Hierdurch würde wiederum verhütet, dass die Oese
die Wandung beim Herausziehen berührte. Obgleich ich fast immer mit
leicht zu erkennenden Bakterien operirte, versteht es sich doch, dass
accidentelle Infectionen möglichst vermieden wurden. Nicht nur die
Platinösen, sondern auch die Glasstäbe wurden vor jeder Probeent¬
nahme gehörig flambirt; zum Einschmieren wurde nur sterilisirtes Fett
benutzt. Die Flasche mit den zugehörigen Theilen wurde vor jedem
Versuch während einer Viertelstunde im Autoclav auf 115° C. erhitzt.
Schon vorher war die erforderliche Flüssigkeitsmenge hineingethan, so dass
diese zugleich noch einmal sterilisirt wurde. Hierdurch gelang es so gut
wie jede Verunreinigung auszuschliessen.
Des Weiteren ist es noch von grossem Belang, dass die Flasche
wenig Flüssigkeit enthält, denn gösse man zu viel hinein, so würden die
Tropfen in den Kühler spritzen und nach einiger Zeit abgekühlt in die
Flasche zurückfallen, was mir im Anfang mehrmals passirte. Schliesslich
ist es aus gleichem Grunde noch empfehlenswerth, den Hals der Flasche
durch Bekleidung mit einem, die Wärme isolirenden Stoff gegen Ab¬
kühlung zu schützen.
Anfangs wurde jede Probe in Nährbouillon geimpft, aber bald ergab
sich, dass diese Methode weniger genau ist. Wie schon vorauszusehen
war, und sich auch bei unseren Versuchen herausstellte, sterben nicht
alle eingebrachten Keime in gleicher Zeit ab; viele sind schon ziemlich
bald todt, andere halten es länger aus, während einzelne vielleicht nur
ein oder zwei auf einer Platinöse sich viel widerstandsfähiger zeigen.
Impft man nun in Nährbouillon, so wird man an den daraus erhaltenen
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J. SCHUT JE.:
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Culturen die successive Abnahme der Keimenzahl nicht ersehen können,
die einzelnen hartnäckigen werden die Bouillon eben so sehr trüben oder
färben, während es zu unserem Zwecke doch besser ist, diese vereinzelten
Keime nicht in Rechnung zu ziehen.
Sterilisirungsversuche, wobei man nicht quantitativ arbeitet, sind also
als minderwerthig zu betrachten, und die hierbei angegebenen Zeiten sind
durchgängig zu lang.
Bei meinen Experimenten wendete ich deshalb immer die Platten-
cultur an, und zwar in Form von Rollröhrchen, Anfangs mit Gelatine,
später mit Agar-Agar. Diese Rollröhrchen hatten für uns mehrere Vor¬
theile über jene aus Gelatine, erstens bei den Experimenten mit Bakterien,
welche die Gelatine verflüssigen, was das quantitative Arbeiten sehr be¬
schwerlich macht; dazu kommt, dass die Anfertigung von Agarrollröhrchen
viel weniger Zeit erfordert. Auch ist damit möglich, bei 37° C. zu culti-
viren, was, namentlich wenn es sich um pathogene Keime handelt, ein
grosser Vortheil ist. Auch braucht man weniger lange auf die Resultate
zu warten, was für eine ununterbrochene Fortführung der Versuche nicht
ohne Belang ist. — Man kann das Agar-Agar vor der Impfung bis nahe
an 40° C. abkühlen lassen, ohne dass es gerinnt, und diese Temperatur ist
für alle von mir untersuchten Mikroben unschädlich, wenigstens während
der kurzen Frist, die zum Rollen nöthig ist.
Zum Schluss noch ein Vortheil der Plattencultur über die Bouillon-
culturen. Es wird dadurch zugleich ermöglicht, individuelle Abweichungen
der Colonieen wahrzunehmen, wie z. B. verzögertes Eintreten oder gänz¬
liches Ausbleiben der Fluorescenz bei Bac. fluorescens, das Auftreten der
weissen Varietät des Bacillus prodigiosus, Abweichungen, welche bei Cultur
in Bouillon verborgen bleiben können.
Es ist empfehlenswerth, die Agar-Agarrollröhrchen umgekehrt in
den Brutofen zu stellen, damit das Expressionswasser in den Wattepropf
aufgesogen wird, sonst läuft es auf den Boden zusammen und behindert
dort die getrennte Entwickelung und damit das Zählen der Colouieen.
Auch ist es besser, anstatt 1*5 Procent Agar-Agar etwas mehr, bis zu
2 Procent zu nehmen, damit man eine consistentere und adbäreutere
Schicht bekommt.
Unsere vergleichenden Untersuchungen über den Einfluss des Kochens
und des einfachen Erhitzens sind sowohl mit vegetativen Bakterienformen
als mit Sporen angestellt worden. Was die erstereu anbetrifft, so wurde
dazu stets eine ungefähr 24 Stunden alte, in physiologischer Kochsalzlösung
vertheilte Bouilloncultur benutzt. Absichtlich wurden Culturen von nicht
mehr als 24 Stunden Alter gewählt. Aus den Untersuchungen u. A
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Baktebientödtung dubch Kochen unteb niedbigem Dkuck. 329
von Hehewerth 1 geht hervor, dass in jedem Nährmedium die Anzahl
lebendiger Keime nach Verlauf einer bestimmten Zeit beständig abnimmt,
diese Verminderung hängt an erster Stelle von den Ernährungsbedingungen
ab, dann aber auch zeigen die Mikrobenspecies unter sich erhebliche
Differenzen in dieser Beziehung. Für Culturen von Bac. coli in Bouillon
bei 37° C. fand Hehewerth, dass zwischen 24 und 29 Stunden eine
grosse Anzahl abstirbt. In solchen Culturen hat man aber neben noch
vollständig lebensfrischen und schon abgestorbenen Keimen naturgemäss
auch deren viele, die im Begriff stehen, abzusterben; diese werden
natürlich jeder schädlichen Wirkung gegenüber weniger resistent sein.
Um also in jeder Hinsicht vergleichbare Ergebnisse zu bekommen,
wurde die Cultur stets ungefähr gleich alt und zwar von 20 bis 24 Stunden
Alter genommen.
Für jede Mikrobenspecies wurde bei verschiedenen Temperaturen der
Zeitverlauf, wonach die Keime abgestorben waren, bestimmt. Im Nach¬
folgenden sind die Versuchsresultate graphisch wiedergegeben, und zwar
wurden die Zeiten als Abscissen, die Temperaturen als Ordinaten auf¬
getragen.
Bei einer Versuchsreihe von mittlerer Zeitdauer (20 bis 40 Minuten)
wurde in der Regel jede 5 Minuten eine Probe genommen, währte sie
länger, so geschah das jede 10 bis 15 Minuten, bei kürzerer Dauer wählte
ich kürzere Intervalle (z. B. 1, 3, 6, 9 Minuten oder 1, 4, 8, 12 Minuten).
Zuvor war in einzelnen orieutirenden Versuchen die ungefähre Zeit¬
dauer des Absterbens bei zwei oder drei auseinanderliegenden Temperaturen
festgestellt worden.
Man erhielt also jedes Mal eine Serie Rollröhrchen, wovon die ersteren
Nummern mehr oder weniger zahlreiche Colouieen zeigten, die letzteren
steril waren.
Erhielt man z. B. nach 20 Minuten noch eine Anzahl von Colonieen,
nach 25 Minuten keine einzige mehr, so wurde die Curve mitten zwischen
beide Zeiten hindurchgezogen. Es geschah auch mehrmals, dass nach
Verlauf einer bestimmten Zeit Kochens oder Erhitzens nur noch ein oder
zwei Colonieen auf kamen, während die vorhergehende Nummer deren
noch viele enthielt; in diesem Falle nahm ich als Zeit des Absterbens
den Augenblick an, wo die betreffende Probe genommen war.
Weil es aber von einem praktischen Standpunkte aus von Belang
war, die Bakterien auch in anderen Substraten als in Salzlösung zu unter¬
suchen, habe ich gleichfalls Experimente mit frischer Milch, und für
Wasserbakterien mit gewöhnlichem Wasser gemacht.
1 Archiv für Hygiene. Bd. XXXIX.
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Ich habe, da es mir darum zu thun war, den in der Praxis in
Betracht kommenden Verhältnissen möglichst nahe zu kommen, die Milch
nicht zuvor sterilisirt, in Anbetracht der dadurch eintretenden physischen
und chemischen Veränderungen.
Was die Auswahl der Versuchsmikroben anbetrifft, so wurden als
Vertreter der Saprophyten die leicht erkennbaren Bac. prodigiosus und
Bac. fluorescens liquefaciens auserkoren; von den parasitischen wählte ich
Bac. pyocyaneus, coli, typhi; von den sporenbildenden den Bac. anthracis.
Schliesslich machte ich, wie schon erwähnt, noch einige Experimente mit
Bakteriengemischen in ihrem natürlichen Milieu: Milch und Grabeuwasser.
Resultate.
Bacillus fluorescens liquefaciens.
Dieser darf als Typus eines Saprophyten gelten. Er wächst nicht
mehr bei einer Temperatur über 30° C. und wurde für unsere Experimente
bei 22° C. gezüchtet. Die nachfolgenden Ergebnisse beziehen sich auf in
Kochsalzlösung geimpfte Bouilloncultur.
Zeitdauer des Absterbens
Temperatur
Kochen
Erwärmen
55° C.
< i
Minute
< i
Minute
53» „
< i
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??
52° „
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50° ,.
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45» „
1- 4
!?
15—20
o
CO
1— 4
?!
20—25
41° „
2— 5
?!
25—30
40° „
5—10
?!
30-35
o
00
CO
15—20
??
35-45
?!
35» „
20—30
??
Keine Verminderuu
33» „
> 1
Stunde
?!
Bei graphischer Wiedergabe obiger Zahlen bekommt man die nach¬
stehenden Curven. (Siehe Fig. 1.)
Von allen von mir untersuchten Mikroorganismen ist dieser am
wenigsten widerstandsfähig gegen Hitze. Bei einer Temperatur von 41° C.
stirbt er durch Kochen schon innerhalb 5 Minuten, ohne Kochen aber
nach einer halben Stunde. Bei 52° C. wird er in beiden Fällen innerhalb
einer Minute abgetödtet.
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Bakterientödtung dubch Kochen unter niedrigem Druck. 381
Dem Absterben geht eine Periode voraus, in welcher die Bacillen
grösstentheils noch leben, aber das Vermögen der Fluorescenz schon
eingebösst haben; bei einer Temperatur von 38° C. geschieht das durch
blosses Erhitzen nach ca. 20 Minuten, bei Kochen schon nach 5 bis
10 Minuten. Den grössten Unterschied zwischen Kochen und Erhitzen
fand ich bei etwa 40° C. und darunter.
Ohne Kochen war bei 85° C. auch nach 2 Stunden keine Verminde¬
rung in der Zahl lebensfähiger Keime zu bemerken, während sie durch
Kochen bei dieser Temperatur schon in 20 bis 30 Minuten abgetödtet
wurden. Bei 33° C. musste dieser Zeitraum schon bis zu mehr als einer
Stunde verlängert werden.
Bacillus prodigiosus.
Einer Erhitzung (ohne Kochen) über 50° C. widerstand der Bacillus
prodigiosus nicht länger als 5 Minuten, und bei 51° C. starb er schon in
einer Minute. Bei 48 l /a° C. wurde jene Zeit schon bis zu 10 Minuten
verlängert.
Bei Erwärmung auf 41° C. bemerkte man nach zwei Stunden noch
keine Verminderung in der Keimzahl, während beim Kochen der Tod
alsdann schon innerhalb 40 Minuten eintritt. Bei Temperaturen unter
40° C. wird in einer kochenden Flüssigkeit mehr als eine Stunde erfordert,
ehe die letzten Keime absterben.
Bei Erhitzung mit oder ohne Kochen auf Temperaturen zwischen
43° und 48° C. sieht man in ziemlich kurzer Zeit, ungefähr 5 Minuten,
den grössten Theil der Keime schon erliegen; die überbleibenden ent¬
wickeln sich zu Colonieen, welche alle verschiedene Nuancen von roth bis
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332
J. Schut JB.:
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weiss zeigen. Die weissen Colonieen kommen später als die rothen zum
Vorschein, meistens erst nach 4 bis 5 Tagen im Brutofen bei 22° C.
Weiter fand ich die Eigentümlichkeit, dass die in Bouillon bei
22° C. cultivirten Bacillen dem Erhitzen und dem Kochen gegenüber
resistenter waren, als wenn sie bei 37° C. gewachsen waren:
Temp. 46° C.
48°
Gezüchtet bei 22° C.
>>
„ 37«
ff
ff
„ 22°
ff
o
00
ff
Mit Kochen
10 Minuten
Ohne Kochen
25
15
15
Minuten
r
5
1
In Milch suspendirt, zeigen die Keime sich wiederum widerstands¬
fähiger als in Kochsalzlösung und zwar:
Mit Kochen Ohne Kochen
Temp. 46° C.
( Milch 25 Minuten
l 0-9 NaCl 10 „
45 Minuten
25
Bacillus pyocyaneus.
Wie abweichend die Resultate verschiedener Forscher sein können,
zeigt die Vergleichung der Erwärmungscurve meines Bac. pyocyaneus mit
einzelnen Angaben von Emmerich und Löw. 1 Sie konnten den Bacillus
pyocyaneus 3 / 4 Stunde bei 100° C. und 1 1 / 4 Stunde bei 85° bis 90" C.
erhitzen, ohne dass er seine Lebensfähigkeit verlor.
Eine Cultur dieses Bacillus wurde durch einen Berkefeldfilter gepresst,
dann während 3 / 4 Stunde in ein kochendes Wasserbad gestellt, darnach in
1 Diese Zeitschrift . 1899.
Gck igle
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
J
Bakterientödtung dukch Kochen unter niedrigem Druck. 333
Agar-Agar geimpft Schon am folgenden Tage trat eine intensiv grün-
gefarbte Cultur von Bac. pyocyaneus auf. Sie selbst sind augenschein¬
lich über dieses Resultat erstaunt: „Es ist immerhin möglich, dass der
Bacillus pyocyaneus bis jetzt nicht nachgewiesene Sporen bildet, welche
so klein sind, dass sie durch Berkefeldfilter hindurchgehen.“
Meine Cultur bildete ganz gewiss keine Sporen; bei einer Temperatur
von 53° C. stirbt sie schon innerhalb einer Minute, sowohl durch Kochen
wie durch einfaches Erhitzen.
Bei einer Temperatur von 45° C. ohne Kochen ist der Bacillus
pyocyaneus noch im Stande, sich zu vermehren, die kochende Flüssigkeit
tödtet ihn dann schon in ungefähr 30 Minuten. Bei noch niedriger
Temperatur wird viel längeres Kochen erfordert, bei 40° C. ungefähr
3 Stunden, während bei 37° C., dem Temperaturoptimum, erst nach
7 Stunden die letzten Keime getödtet sind.
Im Gegensatz zu Bac. prodigiosus und Bac. tluorescens verlor der Bac.
pyocyaneus nie sein farbeproducirendes Vermögen. Bei 22° C. gewachsene
Culturen zeigten in Abweichung vom mehr saprophytischen Prodigiosus
geringere Resistenz als die bei 37°C. erhaltenen; jedoch stimmen die beiden
insoweit überein, dass sie am längsten Widerstand leisten, wenn sie bei
der ihrer Natur am meisten entsprechenden Temperatur cultivirt wurden.
Temperatur
Mit Kochen
Ohne Kochen
Cultivirt bei 37° C.
49° C.
5—10 Min.
15—20 Min.
47°
^ 1
15-20 „
30-40 „
22°
49° ,,
5 „
10—15 „
47» „
5—10 „
15—20 „
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Original frorn
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334
J. Schüt JE.:
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In hohem Maasse zeigen sich die Ergebnisse von der Natur des
Mediums beeinflusst, wie die nachfolgenden Ziffern lehren:
Temp. 53° C.
„ 50 « „
In Milch
„0-9 NaCl
In Milch
„0-9 NaCl
Mit Kochen
20 Min.
< 1 „
> 1 Stunde
6 Min.
Ohne Kochen
30 Min.
< 1 »
> 1 Stunde
12 Min.
Bacillus typhi und coli.
Auch die mit Bac. typhi und Bac. coli erhaltenen Versuchsergebnisse
sind hier graphisch wiedergegeben und glaube ich nach Obigem von einer
detaillirten Besprechung der Versuchsresultate absehen zu dürfen. Nur
V,
—
Bi
Gekocht .
Erwärmt
lallus tyt
ihL-
/
1
1
_Z_
Keutt Vennu
lehr ah ein
V - -
nderunej .
c Stunde
WMinuten. 20 30 l *0 50 60
Fig. 4.
Gck igle
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Baktebientödtung dubch Kochen unteb niehbigem Dbuck. 335
sei darauf hingewiesen, dass auch hier wiederum der beschleunigende Ein¬
fluss des Kochens auf das Absterben der Keime deutlich hervortritt und
dass Bac. typhi sich jeder Temperatur gegenüber sowohl in einer kochenden
als in einer bloss erhitzten Salzlösung weniger resistent zeigt als Bac. coli.
Bacillus anthracis.
Vom Milzbrandbacillus bestimmte ich nur die Widerstandsfähigkeit
der Sporen. Anfänglich bei 18° C. gezüchtet und dann während einiger
Tage bei 37° C. verblieben, zeigte die Cultur sich fast ausschliesslich als
aus Sporen bestehend. Getrocknet und mit Glaspulver ein wenig zerrieben,
stellte dieselbe ein Versuchsmaterial dar, dass sich, wie anzunehmen war,
in den 14 Tagen, während welcher die Experimente dauerten, wenig
änderte, um so mehr, als es beim Anfang der Versuche schon gut einen
Monat alt war.
Fig. 6.
Wie sich aus den Curven ergiebt, ertragen auch die Sporen besser
das Erhitzen als das Kochen.
Bei einer Temperatur von 97° C. wurden sie in den beiden Fällen
schon in einer Minute abgetödtet, weiter nach unten weichen die Curven
mehr aus einander.
Ohne Kochen scheint eine Temperatur von 83° C. ihnen auch in
einer Stunde gar nicht zu schaden; andernfalls muss diese Grenze bei
ungefähr 81° C. gezogen werden.
Nebenbei bemerkt, fand ich, dass die Sporen mit dem Altern der Cultur
die Hitze besser ertragen, und also gewissermaassen gereift werden. — Für
die resistenteren Sporen habe ich jedoch die Curve nicht gemacht, aber
ich darf auf Grund meiner Experimente aussagen, dass ihre Form der
der anderen ähnlich ist, nur um einige Grade nach oben verschoben.
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
336
J. SCHUT JE.:
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Grabenwasser.
Nachdem ich festgestellt hatte, dass die Keime schneller zu Grunde
gehen, wenn die Flüssigkeit kocht, als bei blosser Erhitzung, und ich
weiter constatirt hatte, dass für jede Bakterienspecies eine Temperatur
besteht, wo dieser Unterschied am grössten ist, habe ich versucht, die
Temperatur für ein Bakteriengemisch, wie es im Grabenwasser vorkommt,
zu finden.
Bei einer Temperatur von 27° C. zeigte sich auch nach 2 Stunden
keine Abnahme der Keimenzahl, weder durch Erhitzen, noch durch Kochen.
Nach einer Stunde bei 47° C. fand ich in den beiden Fällen den grösseren
Theil der Keime schon abgestorben; noch eine Stunde später war durch
Erhitzen keine Verminderung mehr aufgetreten, im gekochten Wasser
hingegen waren alsdann alle Keime vernichtet.
Das letztere Resultat glaube ich jedoch ausschliesslich dem Umstände
zuschreiben zu müssen, dass zufällig in den herausgenommenen Proben
keine Sporen oder thermophile Mikroben anwesend waren; sonst wäre es
ja undenkbar, dass alle Keime bei 47° C. in 2 Stunden getödtet waren.
Denn bekanntlich giebt es Keime, die sogar das Kochen bei 100° C. mehr
als 2 Stunden ertragen.
Dass der grössere Theil schon innerhalb einer Stunde abgestorben
war, versteht sich leicht; man hat es fast ausschliesslich mit Saprophyten
zu thun, die vegetativen Formen werden also diese Erhitzung nicht so
lauge ertragen (siehe Bac. fluorescens), späterhin verminderte sich die
Anzahl durch Erwärmen nicht mehr, es sind jetzt die Sporen und die
thermophilen Bakterien, die Widerstand leisten.
Meine Vermuthung wurde bei einem folgenden bei 55° C. angestellten
Versuche bestätigt. Hieraus ergab sich, dass sowohl durch Kochen wie
durch blosses Erhitzen die Keimeuzahl in einer halben Stunde schon bis zu
einem sehr kleinen Reste reducirt war. Die Ueberbleibenden aber wider¬
standen noch 2 Stunden fortgesetztem Kochen bei 55° C. Bei der mikro¬
skopischen Untersuchung stellte sich heraus, dass von den aus den über¬
gebliebeneu Keimen gewachsenen Colonieen (sechs an der Zahl, während
sich in dem Control-Rollröhrchen ungefähr 80 Colonieen entwickelten)
vier aus sporenbildenden Bacillen und zwei aus Mikrokokken bestanden.
Milch.
Bei den Koch versuchen zeigte sich eine Schwierigkeit, die Anfangs
sehr störend wirkte. Erhitzte ich nämlich die Milch zu der gewünschten
Temperatur und brachte sie daun unter erniedrigten Druck, so fing sie
dermassen aufzuwallen an, dass der ganze Kühler damit gefüllt wurde;
nach ungefähr einer halben Stunde wurde das Kochen ruhiger und floss nur
Gck igle
Original frum
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Baktekientödtung dukch Kochen untee niedrigem Druck. 337
Condensationswasser ans dem Kühler zurück. Wenn aber später die
Temperatur des Wasserbades etwas zu hoch anstieg oder die Luftpumpe
einen Augenblick in Arbeit gesetzt werden musste, fing das starke Kochen
aufs Neue an.
War die Milch schon inficirt und geriethen also einige Keime in
den Kühler, so waren sie zeitweise der Einwirkung des Kochens und der
Hitze entzogen, fielen abgekühlt allmählich in die Flasche zurüok, und
gaben also trügüche Resultate. All diesem konnte ich dadurch zuvor¬
kommen, dass ich schon vor der Erhitzung die Luft in der Flasche unter
den gewünschten Druck brachte und Sorge dafür trug, dass das Wasser¬
bad nicht zu heiss wurde.
Mein Zweck mit diesen und den früher schon beschriebenen Experi¬
menten mit Bac. pyocyaneus und prodigiosus in Milch, war, zu ermitteln,
ob man durch Kochen bei möglichst niedriger Temperatur die vegetativen
Formen tödten und so dass Pasteurisiren ersetzen könnte. Die Möglich¬
keit, die Milch ganz keimfrei zu machen, war dabei aus naheliegenden
Gründen ausgeschlossen.
Die sich in der Milch befindenden, von den Eutern der Kuh, von
den Händen der Milchenden und vom Gefäss herkömmlichen Keime
nehmen, auch durch blosses Erhitzen auf etwa 55° C., schon ziemlich bald
an Zahl ab, doch ebenso wie bei den Versuchen mit Grabenwasser bleiben
deren auch nach mehreren Stunden Erwärmens noch einzelne übrig. Die
Rollröhrchen (in diesem Falle giebt Gelatine bessere Resulate als Agar-
Agar) können zwar in den ersten Tagen steril erscheinen, stets sieht
man aber nach etwa 6 Tagen noch einzelne Colonieen auf kommen. Wenn
man aber erwägt, dass Bac. pyocyaneus an Resistenz gegen Wärme nicht
oder kaum hinter den anderen von mir untersuchten pathogenen Bacillen
zurücksteht, und dass er, in Milch auf 53° C. erhitzt, nach 30 Minuten
schon abgestorben ist, so ist eine Erhitzung auf 70° C., wie bei dem
Pasteurisiren stattfindet, ganz gewiss mehr als hinreichend, um die vege¬
tativen Formen der pathogenen Keime zu tödten.
Vergleicht man Milch, die bei 70° C. während etwa einer Viertelstunde
gekocht hat, mit solcher, die gleich lange und gleich hoch in einem offenen
Gefäss erwärmt wurde, so zeigt sich ein Unterschied darin, dass in der
gekochten Milch keine Spur von Hautbildung stattgefunden hat, es sei
denn, dass man unmittelbar nach dem Kochen die Milch in ein offenes
Gefäss ausgiesst. Die Hautbildung aber ist, wie neuere Untersuchungen
gelehrt haben, insofern von Bedeutung, als die in dem Häutchen ein¬
geschlossenen Keime wegen ihrer geschützten Lage der Wärme länger
widerstehen. Aber auch abgesehen davon — denn durch eine geeignete Vor¬
richtung lässt sich auch bei blosser Erwärmung der Milch die Hautbildung
Zcltschr. f. Hygiene. XldV.
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Original frorn
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338
J. SCHUT JR.:
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leicht vermeiden — sterben die Keime in der kochenden Milch schneller
ab. Dem gegenüber steht jedoch der Nachtheil, dass, wie wir später
sehen werden, das Kochen dem Entstehen einer chemischen Umsetzung
in der Milch, nämlich dem Verschwinden der Enzymreaction mit IRO.,
Vorschub leistet. Und überdies kann man durch eine nur wenig höhere
Erhitzung den gleichen Effect hinsichtlich des Absterbens der Keime in
derselben Zeit erreichen als mit dem Kochen.
Meine ursprüngliche Erwartung, dass das Kochen bei erniedrigtem
Druck in der Praxis das Pasteurisiren mit Vortheil ersetzen könnte, ist
mithin nicht erfüllt worden.
Zusammenfassung.
Wie schon zu erwarten war, stellte sich bei meinen Untersuchungen
ein grosser Unterschied in der Widerstandsfähigkeit gegen Wärme zwischen
Saprophyten und Parasiten heraus. Ausserdem zeigen diese beiden Kategorieen
auch unter sich ziemlich aus einander gehende Temperatur-Curven des
Absterbens, besonders was die absolute Höhe betrifft.
Und auch für dieselbe Bakterienspecies fand ich verschiedene Resistenz
abhängig vom Medium, worin die Keime suspendirt, von der Temperatur,
wobei sie gezüchtet waren, und vom Alter der Cultur, woraus das Material
entnommen war. In Milch widerstanden die Mikroben der Wärme viel
länger als in einer Kochsalzlösung; Bacillus prodigiosus und pyocyaneus
zeigten sich am meisten resistent, wenn sie bei ihrem Temperaturoptimum
cultivirt waren; die aus einer jungen Cultur entnommenen Milzbrand¬
sporen starben viel eher, als wenn die Cultur einige Wochen alt war.
Schliesslich bestehen bedeutende individuelle Differenzen, wie insonder¬
heit bei den Kochversuchen deutlich zu ersehen war; in einem Viertel
der zur Vernichtung aller Keime benöthigten Zeit waren deren schon etwa
90 Procent abgestorben, die Ueberbleibenden zeigten sich viel resistenter.
Bei blosser Erwärmung ist dieser Unterschied weniger in die Augen fallend,
die Anzahl lebensfähiger Keime nimmt hier gleichmässiger mit der Zeit ab.
Dem Absterben geht eine Periode voran, in welcher die Mikroben
noch lebensfähig sind, aber ein verzögertes Wachsthum aufweisen, bei
Milzbrandsporen währte es oft mehr als 2 Tage, ehe sich bei 37° C.
Colonieen entwickelten, während sie normal schon in 24 Stunden zum
Vorschein kamen. Die Saprophyten Prodigiosus und Fluorescens zeigten
bei 22° C. gezüchtet für gewöhnlich nach 2 X 24 Stunden schon gut
sichtbare Colonieen; eine kurze Erhitzung mit oder ohne Kochen ver¬
längerte diese Zeit auf 4 bis 6 Tage.
Go^ 'gle
Original frum
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Bakterientödtung durch Kochen unter niedrigem Druck. 339
Während es bei den höheren Temperaturgraden wenig zur Sache
thut, ob das Medium koche oder zu demselben Wärmegrad bloss erhitzt
werde, weil die Zeiträume zu kurz werden, um noch einen deutlichen
Unterschied constatiren zu können, so wird bei niederer Temperatur hin¬
gegen der Unterschied sehr in die Augen fallend. Für jede der von mir
untersuchten Bakterien besteht eine Temperaturgrenze, wo sie lediglich
durch Erhitzung nicht oder erst nach mehreren Stunden getödtet werden,
während sie dann durch Kochen schon ziemlich bald absterben.
So gelang es, die vegetativen Formen bei einer Temperatur, wobei
sie sich unter gewöhnlichen Umständen noch vermehren können, zu ver¬
nichten. Den Bac. pyocyaneus konnte ich z. B. sogar bei 37° C. tüdten,
wenn auch diese Execution 7 Stunden beanspruchte.
Noch deutlicher erhellt der Effect des Kochens aus folgendem modifi-
cirten Koch versuch, wobei ausgegangen wurde von der experimentell er¬
mittelten Thatsache, dass in einer Suspension des Bac. pyocyaneus in physio¬
logischer Salzlösung nach dreistündigem Kochen bei 40° C. die Keime zum
grösseren Theile aber noch nicht alle vernichtet sind. Zunächst wurde das
Luftreservoir so weit leer gesogen, dass der Druck einem Siedepunkt von
37 0 C. entsprach. Dann erhitzte ich die Suspension bis zu 40° C., während
das Reservoir ausgeschaltet war. Durch Oeffnen des Hahues zum Reservoir
wurde nun plötzlich der Druck herabgesetzt, und der Inhalt der Flasche
fing an stark zu kochen. Nach ein Paar Minuten wurde der Hahn wieder
geschlossen und dadurch, dass ich ein wenig Luft in die Flasche B hineiu-
treten liess, stieg der Druck und damit die Temperatur wieder empor.
Darauf wurde der Druck wieder plötzlich vermindert u. s. w.
Auf diese Weise, durch sehr energisches Kochen also, wobei die
Temperatur von 37 bis 40° C. hin und her schwankte, konnte ich den
Bac. pyocyaneus in 1V 2 Stunden tödten.
Betrachtet man die auf die vegetativen Formen sich beziehenden
Koch- und Erwärmungscurven, so ergiebt sich zunächst, dass der Wider¬
stand gegen Erwärmung mit dem Ansteigen der Temperatur regelmässig
abnimmt, die Linie ist innerhalb gewisser Grenzen ziemlich gerade. Erst
in den höheren Temperaturen weicht die Curve einigermaassen ab; dort
hat wegen der immerhin schon kurzen Zeitdauer des Absterbens ein Grad
Erhöhung keinen nennenswerthen Einfluss, die Curve geht dort also steiler
hinauf. Ein wenig über dem physiologischen Maximum, der oberen Tempe¬
raturgrenze, wobei der Mikroorganismus sich noch lebend erhalten kann,
giebt ein Grad Erhöhung der Temperatur dagegen einen ziemlich grossen
Zeitunterschied; hier hat die Curve also einen mehr horizontalen Verlauf.
Unterziehen wir jetzt die Erwärmungs- und die Kochcurven einer
vergleichenden Betrachtung.
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J. Scuut jk.:
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Am ausgeprägtesten zeigt sich der Unterschied zwischen Kochen und
einfachem Erwärmen in den Curven des Bac. fluorescens auf S. 331; bei
den übrigen Mikroorganismen ist dieser Unterschied weniger deutlich
hervortretend, aber er zeigt sich dennoch im gleichen Sinne.
Das Kochen hat also nicht auf alle Bakterien einen ebenso grossen,
möglicherweise sogar nicht einmal denselben Einfluss, stets aber werden
sie durch Kochen schneller getödtet, als durch blosses Erwärmen bei der
gleichen Temperatur. Während die Erwärmungscurve bei allen Bakterien
ein wenig über ihrem physiologischen Temperaturmaximum schon eine
horizontale Richtung annimmt, sinkt die Kochcurve dann noch deutlich,
und erst zwischen Maximum und Optimum ändert sie ihre Richtung,
wird jedoch nie ganz horizontal. So weit ich wenigstens ermitteln konnte,
gelingt es auch innerhalb der physiologischen Grenzen stets, die Mikroben
durch Kochen zu tödten.
Zwar sieht man die beiden Linien bei den höheren Temperaturen,
denen die Keime nicht länger als 1 bis 5 Minuten widerstehen können,
in unmittelbarer Nähe neben einander verlaufen, ein Unterschied bleibt
aber bestehen, stets sterben die Keime am schnellsten beim Kochen.
Betrachten wir schliesslich die Curven der Sporen, so fällt es unmittel¬
bar in die Augen, dass die Kochcurve hier wieder den gleichen Typus
darbietet, wie oben, aber dass die Erwärmungscurve, anstatt einen mehr
geradlinigen Verlauf zu nehmen, damit in Form fast übereinstimmt.
Uebrigens gilt auch für die Sporen wieder, dass sie früher durch Kochen
absterben, als durch einfache Erwärmung bei derselben Temperatur.
Hier wäre es am Platze, die Frage zu erörtern, wie die Wirkung des
Kochens zu erklären sei; aber bevor ich dazu übergehe, erscheint es mir
angebracht, erst die Versuche über Sterilisirung durch Dampf bei niedrigem
Druck mitzutheilen.
III. Untersuchungen Aber die Einwirkung von Wasserdampf bei
erniedrigtem Druck.
In „Hygienischer Rundschau“ vom April 1899 sagt Rubner, dass
dazumal noch keine entscheidenden Versuche über diesen Gegenstand
publicirt waren und hat er deswegen selber ein ausführliches Studium
darüber angestellt. Nicht bloss prüfte er die desinficirende Kraft gesättigten
Dampfes bei verschiedenen Temperaturen, sowohl unter als über 100° C.,
sondern auch die des ungesättigten Dampfes und von Mischungen von
Dampf und Luft; auch bespricht er die Ursachen des Todes der Mikroben
durch Dampfeinwirkung.
Ueber die Wirkung gesättigten Dampfes unter 100° C. auf Milz¬
brandsporen sagt er: „Die Versuche zeigten, dass Dampf von niederer
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Bakterientödtung durch Kochen unter niedrigem Bruck. 341
Temperatur als 100° C., z. B. 95° C., nur wenig aber immerhin deutlich
in seiner Wirksamkeit hinter dem Dampf von 100° C. zurücksteht. Er¬
heblicher werden die Differenzen bei 90° C. Wenn Milzbrandsporen in
Dampf von 100° C. in einer Minute absterben, so wirkt Dampf von 90° C.
erst in 12 Minuten. Trägt man die Zeiten der Desinfection als Ordinaten,
die Temperaturen als Abscissen auf, so erhält man eine Curve, welche
unter 95° C. sich ziemlich steil zu 90° C. hebt. Auch bei Sporen einer
saprophy tischen Art ergaben sich dieselben Verhältnisse.“
Soviel aus seinen Mittheilungen hervorgeht, scheint Rubner nicht
quantitativ untersucht zu haben, jedenfalls sind die von ihm als Test-
ohject benutzten Seidenfäden mit angetrockneten Sporen, obschon durch
ihre geringe Masse von Vortheil, meiner Meinung nach für derartige
Versuche weniger geeignet. Es ist ja unmöglich, alle Keime daraus
zu entfernen und in die geschmolzene Nährgallerte zu vertheilen; an der
Cultur wird man also nicht ersehen können, ob der Faden noch einen, 10
oder etwa 100 lebensfähige Keime enthält, was doch nicht ohne Belang ist
Als ich also anlässlich der in der Einleitung gestellten Frage eigene
Untersuchungen anstellen wollte über die desinficirende Wirkung gesättigten
Dampfes bei Temperaturen unter 100° C., habe ich dabei dem obigen
Bedenken durch entsprechende Modificirung des Testobjectes Rechnung ge¬
tragen. Ueberdies habe ich meinen Apparat so eingerichtet, dass es möglich
war, bei jedem Versuch eine Reihe von Proben nach beliebigen Zwischen¬
zeiten zu entnehmen. Rubner’s Apparat war dazu an sich nicht geeignet.
Beschreibung des Apparates.
Der Apparat besteht aus einem cylindrischen Metallgefäss, dessen
oberer Theil einen stumpfen Winkel (von ca. 135° C.) mit dem verticalen
unteren Theil bildet (Taf. V, Fig. 2). Der Cylinder steht auf einem Dreifuss
und ist ganz mit einer doppelter Schicht eines wärme-isolirenden Stoffes be¬
kleidet. Gerade an der Biegung ist ein Thermometer angebracht. Im oberen
offenen Ende des Gefässes befindet sich ein doppelt durchbohrter Kaut¬
schukstopfen. In der einen Durchbohrung steckt ein Glasrohr a, das zum
Rückflusskühler führt. Letzterer ist wiederum, ebenso wie bei dem früher
beschriebenen Apparat, mit dem Manometer, dem Luftreservoir und der
Wasserstrahlluftpumpe verbunden.
In die andere Durchbohrung passt ein 17 mm dicker kupferner Stab
hinein, der eingefettet sehr bequem und luftdicht darin hin- und her¬
geschoben werden kann. In den Stab sind, wie die Zeichnung angiebt,
sechs Löcher in solcher Entfernung von einander angebracht, dass, wenn
eins derselben gerade vor den Stopfen geschoben ist, das nächst voran¬
gehende im Innern desselben und ein drittes auf 3 cm Abstand hinter dem
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Stopfen im Apparat sich befindet. Dadurch, dass der Stab jedes Mal ein Loch
weiter hineingeschoben wurde, konnte man die in den Löchern enthaltenen
Testobjecte während verschiedener Zeiträume dem Dampfe aussetzen.
Ebenso wie Rubner gebrauchte ich als Versuchsmaterial Milzbrand¬
sporen. Von einer Suspension derselben in sterilem Wasser, worin pro
Cubikmillimeter ungefähr 30 Keime enthalten waren, wurde mit einer
Platinöse je ein Tröpfchen auf äusserst dünne kreisrunde Micascheibchen
von 6 ram Durchmesser gebracht; jedes Scheibchen bekam, wie Control¬
versuche lehrten, etwa 100 Keime. Die Scheibchen wurden dann ge¬
trocknet und zwischen zwei Stückchen Filtrirpapier, deren Durchmesser
ungefähr doppelt so gross war, eingeschlossen, indem die Ränder der
letzteren mit Collodium auf einander geklebt wurden. Die betröpfle
Seite des Micascheibchens wurde mittels Anilinbleistift auf der Aussenseite
des Papieres markirt. Hierdurch wusste ich nach Beenden des Versuches
an welcher Seite die Sporen sich befanden. Die in solcher Weise ange¬
fertigten Papierkapseln passten genau in die Löcher des Stabes, ohne
jedoch beim Schütteln herauszufallen.
Beim Anfang eines Versuches wurde der Stab also mit sechs der¬
gleichen Probeobjecten versehen und so tief hineingeschoben, bis das zweite
Loch gerade vor dem Stopfen sich befand; das erste befand sich dann in
dem Stopfen. Es wurde darauf das Wasser, welches sich im verticalen Theile
des Gefässes befand, zum Sieden erhitzt, und die Temperatur und der Druck
in der früher beschriebenen Weise auf die gewünschte Höhe eingestellt
und constant erhalten.
Wegen des Winkels, den die beiden Theile des Cylinders mit einander
bilden, konnte das spritzende Wasser den Stab und die darin erhaltenen
Objecte nicht benetzen, was störend gewirkt hätte. Denn nicht alleiu.
dass man es alsdann nicht mit reiner Dampfwirkung zu thun gehabt
hätte, sondern es könnten dabei auch die Sporen leicht von der glatten
Oberfläche der Micaplättchen abgespült werden. Aus gleicher Ursache
musste auch der Condensirung von Wasserdampf auf dem Stabe möglichst
vorgebeugt werden. Es geschah dies mit Erfolg dadurch, dass der Stab
vorgewärmt eiugeführt und einer nachfolgenden Abkühlung entgegen¬
gewirkt wurde durch Erhitzung des ausser dem Apparat hervor ragenden
T heiles des Stabes mittels einer kleinen Flamme. — Durch Control versuche
überzeugten wir uns, dass die Sporen dadurch nicht geschädigt wurden.
Sobald als das Ticken eines auf dem Boden des Gelasses befind¬
lichen Glasstückchens das Kochen des Wassers angab und Wasser aus
dem Kühler zurückfloss, wurde der Stab ein Loch weiter hineingeschoben
und so wurde mit bestimmten Zwischenzeiten fortgefahren, bis alle sechs
Löcher sich in dem Apparat befanden. Am Ende des Versuches wurde
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Bakterientödtung durch Kochen unter niedrigem Druck. 34B
der Stab in einem Zuge ganz herausgenommen, die Micascheibchen
waren sodann verschieden lange dem Dampfe ausgesetzt gewesen. Mit
zwei sterilen Pincetten wurde nun die Kapsel herausgenommen und ge¬
öffnet, das Micaplättchen in geschmolzenen Agar-Agar übergebracht, mit
einer Platinöse die Sporen abgerieben und ein Rollröhrchen davon angefertigt.
Auf diese Weise gelang es fast immer, die Scheibchen ganz von den
Keimen zu befreien, es geschah nur selten, dass darauf noch eine Colonie
zum Vorschein kam, ein grosser Vortheil also über die gewöhnlich für
dergleichen Versuche benutzten Seidenfaden.
Resultate.
Von einigen Experimenten mit Bac. pyocyaneus abgesehen, beziehen
sich meine Versuche über Sterilisirung durch Dampf bei niederem Druck
ausschliesslich auf Sporen und zwar jene des Milzbrandbacillus.
Ich gebrauchte hierzu Sporen aus einer jungen und aus einer älteren
Cultur, deren Unterschied in Resistenz schon aus den Kochversuchen
hervorgegangen war. Vollständigkeitshalber gebe ich hier die Resultate
in einer Tabelle wieder, wobei zu bemerken ist, dass es jetzt möglich war,
auch kürzere Versuchszeiten als 1 Minute zu nehmen, was bei den Koch¬
versuchen nicht gelang, weil die ganze Procedur der Probeentnahme dort
zu viel Zeit beanspruchte.
Keine lebensfähigen Keime waren mehr anwesend bei:
Temperatur
Junge Cultur
Alte Cultur
100° C.
—
nach
Va Miuute
98° „
—
77
7a
77
co
o
nach
V 4 Minute
77
7a
77
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5
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—
77
78° „
77
6
77
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25—30
7 *
76» „
77
10
77
77
—
77
75° „
77
14
77
77
—
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77
20
77
*7
> 1
Stunde
71° „
77
30-40
77
77
—
77
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J. ScHtrr du.;
Nachfolgend sind dieselben Ergebnisse graphisch dargestellt.
Fig. 7.
Wie bei den Curven angedeutet ist, gilt die eine für Material, das
aus einer jungen Cultur entnommen war, das andere für Sporen derselben
Cultur, welche inzwischen etwa 1 Monat älter geworden war.
Bei Temperaturen zwischen 90° und 100° macht ein Grad Differenz
fast keinen Unterschied im Zeitpunkte des Absterbens.
Erst unter 90° werden bei der alten Cultur die Zeiten deutlich ver¬
längert (1 bis 2 Min.), die Sporen jüngeren Datums sterben auch dann
noch in sehr kurzer Zeit (V 4 bis 1 Min.).
Stellt man die von Rubner erhaltenen Resultate gleichfalls mittels
einer Curve dar, so würde diese ungefähr dieselbe Form haben, aber im
Ganzen höher liegen als die unseligen, sein Material muss resistenter ge¬
wesen sein, denn bei 90° waren zur völligen Vernichtung der Sporen
schon 12 Minuten nöthig.
Gleich wie beim Kochen war auch bei unseren Versuchen mit Wasser¬
dampf die Mehrheit der Keime schon nach kürzerer Zeit abgestorben; die
überbleibenden (von den allerletzten abgesehen, vgl. S. 328) sind also
ausschlaggebend für die Form der Curve.
Der Vergleich der mit Dampf erhaltenen Resultate mit dem der
Koch versuche lehrte, dass die Sporen durch Dampf eher abstarben als
durch Kochen bei derselben Temperatur, und obgleich es unwahrscheinlich
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BakteEientödtung durch Kochen unter niedrigem Druck. 345
war* wollte ich doch erst noch untersuchen, ob vielleicht das Trocknen
auf die Micascheibchen die Ursache davon sein könnte. Zu diesem Zwecke
machte ich einen Koch versuch, wobei der Inhalt der Flasche mit einer
Anzahl derselben Micascheibchen, wie die zu den Dampfversuchen benutzten,
inficirt wurde. Das Resultat war, dass sie auch bei dieser Behandlung
länger im kochenden Wasser als im Dampf am Leben blieben.
Nun blieb noch die Frage zu beantworten, ob der Dampf auch im
Stande ist, vegetative Formen und zwar bei niederer Temperatur, gleich
schnell oder schneller zu tödten als beim Kochen.
Der Bac. pyocyaneus, auf Micascheibchen eingetrocknet, war auch
in diesem Falle sehr gut brauchbar. Das schnelle Austrocknen schadete
ihm, wie zuvor festgestellt wurde, nicht, die Anzahl lebensfähiger Keime
wurde hierdurch nicht merkbar vermindert. Ausserdem wurden die Ver¬
suche im Dampf und durch Kochen unmittelbar nach einander genommen
und nach Beendigung der beiden Versuche machte ich noch ein Control-
Rollröhrchen mit einem Scheibchen, das keiner der beiden Behandlungen
ausgesetzt worden war. Es ergab sich nun, dass (bei 45 ( ° und 48°) der
Bae. pyocyaneus schneller durch gesättigten Dampf als durch Kochen in
einer physiologischen Kochsalzlösung getödtet wird. Darauf bin ich mit
der Temperatur noch weiter hinunter gegangen und machte einen Versuch
bei 34°. Auch jetzt war das Resultat ein ganz ähnliches.
Hier folgen zwei Tabellen, wo die Zeiten für Dampf und Kochen
angegeben sind, erstens mit Bezug auf Milzbrandsporen dreierlei Resistenz
und zweitens mit Bezug auf eine Pyocyaneuscultur.
Milzbrandsporen.
Temperatur
Dampf
Kochen
I. 87° C.
< 3 Minuten
5—10 Minuten
II. 85° „
2 „
10-15 „
H
00
o
o
5 „
> 1 Stunde
Bacillus pyocyaneus.
Temperatur
Dampf
Kochen
45° C.
< 10 Minuten
25—30 Minuten
48« „
<5 „
10—15 „
34« „
45 „
7 Stunden
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346
J. ScTTÜT .TR.:
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IV. lieber die Erklärung der Koch- und der Dampfwirkung.
Zuerst erbebt sieb die Frage: Warum sterben die Mikroben um so
viel früher in einer kochenden Flüssigkeit, als wenn das Medium auf
derselben Temperatur erhitzt wird ohne zu kochen?
Die verschiedenen hierbei in Betracht zu ziehenden Factoren sind:
die Temperatur, der Mangel an Sauerstoff, die mechanische Wirkung der
Flüssigkeitsströmungen und der Dampfblasen.
Erstens die Temperatur. Diese wurde in beiden Fällen, Kochen
und Erwärmen, stets gleich genommen, so dass der Einfluss derselben aus¬
geschlossen war. Dass das Kochen auch unabhängig von der Temperatur
schädigend auf die Keime einwirkt, geht schon daraus hervor, dass die
Keime sogar vernichtet werden bei Temperaturgraden, die an und für sich
unschädlich, ja sogar günstig sind.
Es wäre nun weiter möglich, dass die Keime aus Mangel an Sauer¬
stoff starben, beim Kochen wird ja alle Luft aus dem Wasser vertrieben.
Um zu entscheiden, ob Mangel an Sauerstoff die Ursache des Ab¬
sterbens war, wurde ein zur Hälfte mit einem Gemisch von 0*9procentiger
Kochsalzlösung und Bouilloncultur von Bac. pyocyaneus gefülltes Kölbchen
mit der Säugpumpe verbunden, und die Flüssigkeit hierauf in einem
Wasserbade, bei höchstens 30°, einige Minuten gekocht. Während des
Kochens, als ich annehmen konnte, dass alle Luft ausgetrieben war, wurde
der ausgezogene Hals mit der Stichflamme dichtgeschmolzen. Das also
behandelte Kölbchen (Nr. 1) wurde dann während 7 Stunden in den
Brütofen bei 37° gestellt; daneben zwei Controlkölbchen (Nr. 2 und 3).
beide gleichfalls zur Hälfte mit der ursprünglichen Suspension gefüllt.
Der Inhalt von Nr. 2 war einige Augenblicke bei 30° gekocht worden,
doch darauf mit einem Wattepfropfen geschlossen, während Nr. 3 direct
ohne irgend welche Vorbehandlung in den Ofen gestellt wurde.
Am Anfang und am Ende des Versuches wurden Rollröhrchen ange¬
fertigt. Das Resultat war eine, wenn auch geringe Abnahme der Keime¬
zahl in allen drei Kölbcheu.
Soviel geht aus diesem Versuch hervor, dass das Absterben des Bac.
pyocyaneus nach einigen Stunden Kochens bei 37° nicht ohne Weiteres
auf Mangel an Sauerstoff zurückzuführen ist. Die Verminderung der
Keimezahl in allen Kölbchen glaube ich der kümmerlichen Nahrung,
welche den Bacillen während ihres Aufenthaltes in der Kochsalzlösung
geboten wurde, zuschreiben zu müssen, denn ich hatte die Salzlösung im
Verhältniss von ungefähr 75:1 mit einer Bouilloncultur der Bacillen
inficirt. In dieser Auffassung wurde ich verstärkt, als ich bei einem
folgenden derartigen Versuch, anstatt eine Bouilloncultur zu gebrauchen.
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Bakterientödtung durch Kochen unter niedrigem Druck. 347
eiufach mit einer Platinöse ein wenig von einer Agar-Agarcultur abstrich,
und dieses in die Kochsalzlösung vertheilte. Zwei gleich nach der ln-
fection geimpfte Rollröhrchen zeigten nach 24 Stunden sozusagen eine
einzige Colonie, während die am Ende des Experimentes aus den Kölbchen
gemachten Rollröhrchen ganz steril blieben.
Nach diesen Vorversuchen habe ich mit den nöthigen Cautelen das
Erstickungsexperiment mit Bac. prodigiosus, mit Bac. pyocyaneus und mit
Bac. coli angestellt und zwar sowohl bei 43° als bei Zimmertemperatur.
Das Resultat war, dass keine der Culturen getödtet wurde.
Dieses Resultat stimmt also vollständig mit Ru bn er ’s Meinung, dass
der Sauerstoff der Luft keine oder höchstens eine sehr untergeordnete
Rolle spielt Uebrigens war schon a priori nicht wahrscheinlich, dass
Sauerstoffmangel an und für sich die Keime zum Absterben bringe,
wenigstens blieb dann unerklärt, warum Bac. pyocyaneus, bei 40° gekocht
in 3 Stunden, bei 37° erst in 7 Stunden getödtet wurde, bei Temperatur¬
graden also, die als schädlich nicht zu betrachten sind. Auch ist zu
bedenken, dass die Culturen im Laboratorium vielfach in luftdicht abge¬
schlossenen Reagirgläsern aufbewahrt werden, und darin oft Monate, ja
Jahre lang am Leben bleiben. Es war jedoch denkbar, dass bei unseren
Kochversuchen die Combination von Sauerstoffmangel und Wärme den
Tod der Mikroorganismen herbeiführte; dies ist nun wenigstens durch
unsere soeben mitgetheilten Experimente ausgeschlossen.
Eine dritte Erklärung für das Absterben der Mikroben in einer
kochenden Flüssigkeit, selbst bei einer Temperatur, wobei sie gewöhnlich
nicht nur am Leben bleiben, sondern sogar sich noch vermehren können,
bleibt noch zu besprechen übrig. Die mechanische Wirkung der
Flüssigkeitströmungen sowie der Dampfblasen dürfte vielleicht schon ge¬
nügen, die Keime zu tödten.
Horvath 1 war der erste, der durch mechanische Bewegung, durch
Schütteln in einem Schüttelapparat, Bakterien getödtet hat; nach ihm haben
eine Anzahl von Forschern mit verschiedenen Modificationen und mit
ebenso wechselnden Resultaten diese Experimente wiederholt.
Meitzer 2 versucht diese Widersprüche zu lösen. Sie sind nach ihm
nur scheinbar und vielleicht oft genug gegenseitige Ergänzungen. In
vielen Fällen kann nur langdauernde starke Bewegung die Entwickelung
von Mikroorganismen hemmen oder ganz aufheben. Dass dem gegenüber
schwache Bewegungen der Entwickelung förderlich sein können, steht
damit gar nicht in Widerspruch. Zwar fanden einige Autoren auch nach
' Pflüger’s Archiv. 1878.
2 Archiv für Biologie. 1804.
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348
Sr Schüt JR.:
kräftigerem Schütteln keine Verminderung, doch dann rührten die Miss¬
erfolge wahrscheinlich von der Methode des Schütteins her, indem die
Flüssigkeitsmasse dabei nur erschüttert und nicht mit grosser Heftigkeit
gegen die Wand des Gefässes geschleudert wurde. Dies geschieht aber
nur dann, wenn eine nur theilweise gefüllte Flasche mit Heftigkeit und
Geschwindigkeit in der Längsrichtung hin und her bewegt wird.
Bei seinen eigenen Versuchen bediente auch Meitzer sich einer
Schüttelmaschine. Die Bewegung war eine horizontale, die Schwingungs¬
weite ungefähr 40 cm , die Zahl der Stösse betrug etwa 180 in der Minute.
Die nur zu einem Drittel gefüllten Flaschen lagen horizontal und zwar
in der Richtung der Bewegung. Die Maschine war nur 9 Stunden
täglich im Gange, von 8 bis 12 Vormittags und 1 bis 6 Nachmittags.
Die Temperatur des Versuchsraumes bewegte sich ungefähr zwischen
16 und 22° C.
Aus seinen Versuchen geht hervor, dass der Bac. megaterium durch
heftiges Schütteln nicht nur in der Entwickelung aufgehalten wird, sondern
völlig vernichtet werden kann. Beim Schütteln mit Glasperlen blieb die
Cultur fast immer keimfrei, aber auch beim einfachen Schütteln, ohne
Beimengung von Glasperlen, wurde bei längerer Dauer des Versuches in
den meisten Fällen das gleiche Resultat erzielt
Die kürzeste Schüttelzeit, während welcher bereits eine völlige Ver¬
nichtung der Keime sich vollzog, war 10 Stunden. Auch mit anderen
Mikroorganismen wurden ähnliche Ergebnisse erzielt, wobei sich aber je
nach der Species grosse graduelle Unterschiede herausstellten.
Was die mikroskopisch zu constatirenden Aenderuugen anbetrifft,
welche die Bakterien in Folge des Schütteins erfahren, so findet sich bei
Meitzer die Angabe, dass sie nicht in sichtbare Trümmer, sondern zu
nicht unterscheidbarem feinen Staub verwandelt werden. Indem wir nach
Obigem annehmen, dass die Mikroben durch Schütteln vernichtet werden
können, so wollen wir doch darauf aufmerksam machen, dass dies erst
nach sehr langer Zeit der Fall war (die kürzeste Zeit betrug bei Meitzer
10 Stunden), während bei unseren Kochversuchen, auch innerhalb physio¬
logischer Temperaturgrenzen, der Tod in viel kürzerer Zeit eintrat. Ledig¬
lich aus der Bewegung der Flüssigkeit und der Dampf blasen beim Kochen
ist dies also nicht wohl erklärbar.
Nichtsdestoweniger habe ich, um diese Möglichkeit genauer zu contro-
liren, selber noch mehrere Experimente gemacht und Luft- oder Gas¬
blasen durch mikrobeuhaltige Flüssigkeiten hindurchstreichen lassen, dabei
so viel wie möglich die Wirkung des Kochens nachahmend.
Bei meinem ersten Experimente verband ich die kurze Röhre einer
Spritzflasche mit der Wasserstrahlluftpumpe, die lange, welche in die
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BaKTEIUENTÖDTUNG DURCH KOCHEN UNTEii NIEDRIGEM DeüCK. 349
bakterienhaltige Flüssigkeit hinein tauchte, war an deren freien Ende mit
einem Wattepfropfen verschlossen. Durch die Saugwirkung trat die Luft
durch den Wattepfropfen hindurch, sprudelte in der Flüssigkeit auf und
wurde dann wieder durch die kurze Röhre fortgesaugt.
Das Durchstreichen der Luft auf diese Weise, sogar während einiger
Stunden, war nicht im Stande, die Anzahl lebensfähiger Keime zu ver¬
mindern. Die auf diese Weise entstehenden grossen und nicht sehr zahl¬
reichen Blasen sind aber streng genommen nicht mit denjenigen, welche
durch das Kochen entstehen, zu vergleichen und darum wurde versucht,
die Luftblasen kleiner und zahlreicher zu machen. Dies ist jedoch äusserst
schwierig; führt man die Luft durch Glaspulver, durch Glasperlen, durch
die Sprühöffnungen eines Giessers, immer giebt es einzelne Stellen, wo
der Widerstand geringer ist; dort passirt stets die grösste Luftmenge und
die Folge ist, dass man doch wieder weniger zahlreiche und grössere
Blasen bekommt. Es wurde darum die Flüssigkeitssäule dünner genommen
und kleine Gasblasen in ununterbrochener Reihe von unten nach oben
hindurchgeführt; die dadurch bedingte Bewegung war zum Mindesten
ebenso stark wie beim Kochen.
TJm unseren Kochversuchen möglichst nahe zu kommen, erwärmte
ich ausserdem die Flüssigkeit und beraubte die hindurchzuführende Luft
zuvor ihres Sauerstoffes.
Das Experiment wurde in folgender Weise eingerichtet.
Die Bakteriensuspension (Bac. pyocyaneus) wurde in den unteren bis
zu 6 mm Durchmesser verengten Theil eines Röhrchens von Liborius 1
gefüllt, dessen oberer Theil kugelförmig erweitert war, um zu verhindern,
dass die Flüssigkeit durch den Luftstrom herausgejagt wurde.
Das Röhrchen war derartig mit der Saug- und Blaseöffnung der
Wasserstrahlluftpumpe verbunden, dass immer dieselbe Luft hindurch¬
ging. Diese Luft passirte, ehe sie in das Röhrchen von Liborius kam,
durch drei Waschflaschen mit Pyrogallol und Kalilauge und durch eine
vierte Waschflache mit Wasser. Letztere war ebenso wie die Bakterien¬
suspension in ein Wasserbad bei 43 0 gestellt.
Es stellte sich heraus, dass Bouilloncultur auch bei starker Ver¬
dünnung mit Kochsalzlösung wegen des Schäumens nicht zu gebrauchen
war; sie wurde darum durch eine Cultur in 1 pro mille Asparagin und
1 pro mille Glucose, ein Nährsubstrat, womit der Bac. pyocyaneus ganz
zufrieden ist, ersetzt. Zur Ausführung des Experimentes war die Cultur
noch mit derselben Flüssigkeit verdünnt worden.
1 Diese Zeitschrift. Bd. I.
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350
J. Schut jxt.:
Gleichzeitig wurde ein Theil derselben Suspension gekocht und zwar
ebenso bei 43 0 und zur Controle eine dritte Portion ohne Weiteres daneben
in das Wasserbad gestellt. Es ergab sich jetzt, dass nach gut einer
Stunde der Bac. pyocyaneus durch das Kochen schon abgestorben war,
während sogar nach 2 Stunden im Röhrchen von Liborius (ebenso wie
in dem Controlröhrchen) noch zahlreiche Keime am Leben waren, und
doch war die Bewegung der Flüssigkeit durch die Luftblasen hier viel
stärker als beim Kochen.
Dass die Bacillen nicht allein durch die aufsteigenden Luftblasen
und die dadurch verursachte kräftige Bewegung der Flüssigkeit getödtet
wurden, ist eiu schlagender Beleg dafür, dass man die Ursache des Todes
der Bakterien beim Kochen nicht im Bombardiren der Zellen durch die
Dampfblasen suchen soll.
Man könnte sich aber eine schädliche Wirkung der Dampfblasen noch
auf andere Weise denken. Es könnte sein, dass während des Kochens sich
im Bakterienkörper mikroskopische Dampfbläschen bildeten, die den
Bakterieukörper vernichteten.
Für die experimentelle Inangriffnahme dieser Frage erschienen Mikro¬
organismen mit relativ grossen Dimensionen am geeignetsten.
Es wurde zunächst käufliche Hefe gewählt und zwar in Form einer
Suspension von 18 Volumeinheiten auf 100 Volumeinheiten O-öprocentiger
Kochsalzlösung.
Vor dem Anfang des Experimentes wurde eine Probe der Suspension
unter dem Mikroskop betrachtet nach Vermischung mit stark verdünnter
Methylenblaulösung. Hierbei sieht man, dass die etwa vorhandenen todten
Zellen sich färben, indem die lebendigen ungefärbt bleiben. Dann wurde
die Hefe in der Flasche B (Taf. V, Fig. 1) bei ca. 35° gekocht.
Von einem Zerrissen- oder Zersprengtwerden der Hefezellen war auch
nach 3 Stunden Kochens nichts zu verspüren. Die Zellen scheinen ganz
unverletzt zu bleiben. Selbst wurden die jungen Hefezellen nicht von
den alten abgerissen.
Bei Färbung mit verdünntem Methylenblau sah ich jedoch die Zahl
der gefärbten Zellen im Verhältnis zu den ungefärbten in der gekochten
schneller als in der im Reagensglas einfach erhitzten Suspension zunehmen.
Ebensowenig konnte ich in mehreren Versuchen irgend eine mecha¬
nische Läsion bei Sarcina ventriculi beobachten, als ich diese eine Zeit
lang bei niederem Druck kochte; nach 2 Stuuden energischen Kochens
z. B. bei 44° C. waren die Packetchen noch ganz intact!
Wo aber keine gröberen Aenderungen an den gekochten Zellen zu
beobachten waren, da könnte doch sehr wohl die feinere Structur verändert
sein; hierin wäre alsdann die Ursache des Todes zu suchen.
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Bakterientüdtung durch Kochen unter niedrigem Druck. 351
Dass das Protoplasma permeabeler geworden war, konnte ich auf
mancherlei Weise darthun. Wir sahen schon, wie die Zellen sich zu
wässerigem Methylenblau verhalten; sogleich werden wir sehen, dass durch
Kochen das Eiweiss des Protoplasma in die umgebende Flüssigkeit über¬
geht, später kommen noch mehrere Beweise für das Permeabelwerden der
Zellen hinzu.
Wenn ich die Hefesuspension vor dem Kochen oder Erhitzen filtrirte,
gab das klare Filtrat nur sehr schwach die Biuretreaction. Stärker jedoch
war die Lilafarbe, welche man bei Ausführung der Reaction mit dem
Filtrat der erhitzten Hefe bekam, und am stärksten mit dem der ge¬
kochten Hefe.
Es ist also sehr wahrscheinlich, dass durch Kochen die Zellen ge¬
schädigt, permeabel werden und stickstoffhaltige Stoffe hinaustreten.
Ein anderes Mittel, um festzustellen, ob die Permeabilität des Proto¬
plasma verändert sei, wurde mir von Prof. Eijkman an die Hand ge¬
geben. Er hatte nämlich gefunden, dass das Leitungsvermögen für
Elektricität einer Hefesuspension bedeutend zunimmt, wenn man die Hefe¬
zellen, sei es durch Erhitzung bei 60 bis 70° oder mittels Formalin oder
Carbolsäure tödtet, und glaubt dies dem Zunehmen der Permeabilität zu¬
schreiben zu müssen. Gleich wie in dem vorigen Versuche nahm ich
eine Hefesuspeusion in 0-5 Procent NaCl und zwar 100 Volumen Koch¬
salzlösung und 10 Volumen Hefe. Die Suspension wurde in drei Theile
getheilt. Der erste wurde bei Zimmertemperatur aufbewahrt, der zweite
in einem Wasserbade auf ungefähr 45° erhitzt, der dritte bei derselben
Temperatur gekocht; beides während 2 1 / ä Stunden.
Ganz in Uebereinstimmung mit dem durch die Biuretreaction er¬
haltenen Resultat wurde hier der grösste Widerstand in der bei Zimmer¬
temperatur aufbewahrten Suspension gefunden, weniger gross, obgleich nur
wenig abgenommen, war der Widerstand der auf 45° erwärmten Suspension;
viel besser leitfähig dagegen war die gekochte Suspension geworden.
Wenn man dieselbe in Zahlen ausdrückt und den Widerstand des bei
Zimmertemperatur Aufbewahrten gleich 100 setzt, findet man:
A Widerstand der Suspension während 2 1 / 2 St. bei Zimmertemp. 100
B „ „ „ nach 2 1 j 3 „ Erhitzung bei 45 0 91
C „ „ „ „ 2V 2 „ Kochens „45° 76-9
D „ „ O’öprocentigen Kochsalzlösung.80*6
Hiernach wurde die Suspension C noch ein Mal bis zu ungefähr 90°
erhitzt, damit man gewiss sei, dass alle Zellen getödtet waren; der Wider¬
stand war nicht nennenswerth vermindert: 76*4.
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J. Schut JE.:
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Waren die Zellen permeabel geworden, so musste es sich auch als
unmöglich heraussteilen, Plasmolyse zu Wege zu bringen, denn diese beruht
gerade darauf, dass das Protoplasma bloss für Wasser und nicht für gelüste
Stoffe durchgängig ist. In der That zeigten die gekochten Zellen, in con-
centrirte Salzlösung versetzt kein Plasmolyse mehr.
Da die bloss erhitzte Hefe bei diesem ersten Experimente auch
schon gelitten hatte, wie die gesteigerte Biuretreaction, die Abnahme
des elektrischen Widerstandes und die Färbung mit wässerigem Methylen¬
blau anzeigten, versuchte ich den Unterschied zwischen Kochen und Er¬
hitzen dadurch deutlicher zu machen, dass ich bei noch niederer Tem¬
peratur operirte.
Während 3 Stunden wurde eine Hefesuspension bei 27° gekocht.
Das Resultat war viel geringer als nach dem Kochen bei 45°. Biuret¬
reaction und Methylenblaufärbung zeigten keinen deutlichen Unterschied
zwischen gekochter und erhitzter Hefe.
Die Widerstandsbestimmung gab jedoch noch einen Unterschied, wie
die folgenden Ziffern zeigen:
L Ursprüngliche Suspension.100
II. Filtrat dieser Suspension.91*1
III. Suspension gekocht bei 27°.96.4
IV. Filtrat von III.88-4
V. Nr. III darnach auf 90° erhitzt . . . 92*1
VI. Suspension bloss erhitzt auf 27° . . . 98
VII. Filtrat von VI.90-1
VIII. Nr. VI auf 90° erhitzt.93*3
Diese Experimente zeigen also, dass das Kochen die Hefezellen per-
meabeler machen kann, dass diese Wirkung jedoch durch Temperatur¬
erhöhung sehr gefordert wird.
Ich versuchte nun den Einfluss des Kochens zu erhöhen und zwar
auf dieselbe Weise, wie bei den Versuchen mit Bac. pyocyaneus (S. 339)
beschrieben worden ist. Die Temperatur wechselte hier gleichfalls von
40° bis 37°. Nach ungefähr einer Stunde stellte ich das Experiment ein,
aber sogar dieses ungestüme Kochen war nicht im Stande, die Hefezellen
zu zersprengen; Biuretreaction zeigte wohl einen Unterschied mit der
bloss erhitzten Hefe, aber doch sehr wenig, ebenso wie die Färbung mit
Methylenblau. Nur die Widerstandsbestimmung liess wieder erkennen,
dass eine Schädigung der Zelle stattgefuuden hatte.
I. Widerstand der ursprünglichen Suspension.100
II. Filtrat von I.92*4
III. Suspension etwa 1 Stunde bei 36 bis 40° gekocht . . 97
IV. „ „ 1 „ auf 36 bis 40° erhitzt . . 98-5
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Bakterientödtung durch Kochen unter niedrigem Druck. 353
Obgleich ich noch mehrmals Experimente mit Hefe machte, kam nie
wieder so deutlich der Unterschied zwischen Kochen und Erhitzen an’s
Licht als das erste Mal, als die Temperatur höher war als hei allen nach¬
folgenden Versuchen.
Wir finden also, dass die Wirkung des Kochens auf die Hefezellen
durch eine bestimmte Temperatur unterstützt werden muss; wählt man
diese zu niedrig, dann tritt der Unterschied nicht deutlich auf, es sei
denn nach längerer Zeit: ein Resultat, das vollständig mit dem für
Bakterien von uns gefundenen Resultat übereinstimmt.
Weiter verglich ich die Wirkung des Kochens und Erhitzens auf
rothe Blutkörperchen. Zu diesem Zweck diente mit Pferdeserum ver¬
dünntes defibrinirtes Pferdeblut. Durch blosse Erhitzung bei Temperaturen
zwischen 35 und 50° trat bei keinem dieser Versuche irgend eine Ver¬
änderung auf; durch Kochen jedoch wird das Blut schwarzbraun. Auf
dem Boden des Gefässes befinden sich zahlreiche braune Klümpchen, die
unter dem Druck des Deckglases aus einander gehen und aus zusammen
geklebten Blutkörperchenschatten bestehen. Nach Centrifugiren findet
man das Serum durch Hämoglobin intensiv roth gefärbt. Es ist eigen-
thümlich, dass alle diese durch Kochen unter erniedrigtem Druck be¬
dingten Aenderungen im Blute schon sehr bald auftreten und wenig
von der Temperatur abhängig sich zeigen. Sie gingen bei 35° kaum
langsamer von statten als bei 50°. Bei 35° ist das Serum nach 10 Minuten
Kochens schon stark lackfarbig geworden, sogar nach einer Minute ist
bereits Hämoglobin ausgetreten.
Es war immer noch möglich, dass durch Schütteln allein das
Blut schon lackfarben würde. Bei, während einer Stunde in einem
Reagirglase mit der Hand geschütteltem Blute, konnte ich in der That,
im Gegensatz zu Meitzer und Welch (vgl. S. 347, Fussnote), Austreten
von Hämoglobin feststellen, wenn auch in viel geringerem Grade als im
gekochten Blute.
Mir schien es nach alledem, als müsse die Kochwirkung einen mehr
chemischen als mechanischen Charakter haben, und es versteht sich, dass
ich dabei in erster Linie an das Eiweiss der Zellen dachte.
Ich nahm darum Hühnereiweiss, das 10 Mal mit Wasser verdünnt
war und brachte dasselbe in die Flasche B (Taf. V, Fig. 1), zugleich
zur Controle einige Cubikcentimeter in das Reagirglas r. Nach ungefähr
einer Viertelstunde Kochens bei 49° bildete sich ein Coagulum, das in
Form von Fäden in die Flasche ausgespannt war, die Flüssigkeit blieb
jedoch klar, ebenso wie die im Reagirglase r; das Filtrat aus der Lösung
in der Flasche zeigte keine Biuretreactiou mehr. Erhöhte sich dann die
Temperatur bis zu ca. 60°, so trat in dem Inhalt der Flasche keine
Zcitschr. f. Hygiene. XL1Y.
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Original fram
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354
J. Schut jr.:
Coagulation mehr auf, während der des Reagirglases milchweiss wurde.
Durch Kochen bei 49° also verwandelt sich das Eiweiss, es coagulirt;
durch blosses Erhitzen bei 49° nicht. Nachdem ich diese Experimente
gemacht hatte, bekam ich eine Abhandlung von Ramsden 1 „Ueber das
Coaguliren von Eiweissstoffen durch Schütteln“ zu Gesicht
Er fand zunächst, dass durch Schütteln in Eierei weis ein faseriges
oder häutiges Gerinnsel entsteht, das unter dem Mikroskop Fibrin sehr
ähnlich sieht. Diese Coagula geben Eiweissreaction, weichen aber in
mancher Beziehung von den durch Hitze entstehenden Coagula ab. Auch
mit einer Lösung von Hofmeister’s krystallinischem Eieralbumin in
reinem Wasser konnte er durch Schütteln diese Gerinnsel bekommen, ein
Beweis also, dass diese aus Eiweiss und nichts als Eiweiss bestehen, und
dass zum Coaguliren die mechanische Bewegung sich als hinreichend erweist
Smee 2 bekam in einer filtrirten Eiweisslösung dadurch, dass er
4 Stunden lang Sauerstoff hindurchführte, ein Coagulum, dass er für
Fibrin hielt; Durchführen von Kohlensäure und Wasserstoff gab kein
Gerinnsel.
Ramsden 8 glaubt hier nicht an die Wirkung des Sauerstoffes, aber
er glaubt, die Gerinnung auf die mechanische Wirkung der aufsteigenden
Gasblasen zurückführen zu müssen.
Aus dem Vorhergehenden ergiebt sich die Möglichkeit, dass bei unseren
Kochversuchen die aufsteigenden Dampfblasen das Coaguliren verursacht
haben, nur sei darauf hingewiesen, dass beim Kochen der Eiweiss¬
lösung unter niederem Druck das Gerinnen um so viel eher auftritt als
auf rein mechanischem Wege, und dass die Temperatur einen über¬
wiegenden Einfluss hat.
Es erscheint mir angebracht, hier auf die Koch versuche mit Milch
zurückzubommen. Eine Eiweissgerinnung fand dabei, wie gesagt, nicht
statt, wohl aber eine andere Umsetzung, welche auch als eine chemische
zu betrachten ist. Wie bekannt, kommt frischer Milch die Eigenschaft
zu, H 2 0 2 zu spalten, was sich durch eine Blaufärbung verräth bei nach¬
träglichem Zusatze von Jodkalikleister. Anstatt Jod kalikleister kann auch
Paraphenylendiamin oder Guajactinctur Verwendung finden. Es tritt dann
ebenso eine blaue Verfärbung auf. Auf 80° erhitzte Milch zeigt die
Reaction nicht mehr.
Wie bei der Besprechung der Sterilisation von Milch schon mit
einigen Worten angedeutet wurde, verschwindet diese Enzymreaction eher,
1 Archiv für Physiologie . 1894.
s Proc. Kuycil Society. XII.
8 A. a. O. ‘
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Bakterientödtung durch Kochen unter niedrigem Druck. 355
wenn man die Milch kocht, als wenn man sie auf dieselbe Temperatur
bloss erhitzt.
Meine Versuche lehrten, dass diese Reaction durch Erhitzung der
Milch mit oder ohne Kochen auf ungefähr 76° innerhalb 5 Minuten ver¬
schwindet. Operirte ich bei niederer Temperatur, so verschwand die
Reaction durch Kochen eher als durch Erhitzen; je niedriger die Tem¬
peratur genommen wurde, um so grösser der Zeitunterschied. Bei 70°
ist die Zeit für das Kochen ungefähr 15 Minuten, für blosse Erhitzung
ungefähr 40 Minuten, während bei 67° einstündiges Kochen die Reaction
zum Verschwinden bringt, blosses Erwärmen dagegen nicht mehr.
Zu meiner grossen Ueberraschung stellte sich heraus, dass Durch-
blasen von Luft gleichfalls die Reaction zum Verschwinden bringt, sogar
schon bei Zimmertemperatur. Meine erste Vermuthung war, dass das
sogenannte Enzym der Milch gar kein Enzym sei, sondern ein flüchtiger
Stoff, ein Gas vielleicht. In dieser Richtung angestellte Versuche, wobei
Milch in vacuo destillirt wurde, ergaben jedoch durch den negativen
Ausfall der Reaction im Destillat, dass der gesuchte Stoff nicht flüchtig
war, es wäre denn, dass er nicht in Wasser, wohl aber in Milch löslich
sei. Ich wiederholte darum das erste Experiment und brachte dabei in
den Empfänger Milch, die durch momentanes Aufkochen der Reaction
beraubt war. Das Resultat war gleichfalls ein negatives.
Schliesslich fand ich, dass schon durch blosses Schütteln der Milch
mit der Hand in einem geschlossenen Reagirglase die Reaction bedeutend
geschwächt wird.
Ich glaube also auf Gruud dieser und vorhergehender Experimente
annehmen zu dürfen, dass die Wirkung des Kochens in diesen Fällen
eine mechanische sei, die chemische Umsetzungen veranlasst.
Nach dieser Abschweifung will ich auf die ursprüngliche Frage zurück¬
kommen: Warum tödtet Kochen bei niederem Druck die Mikroben
schneller als Erhitzen zu derselben Temperatur bei gewöhnlichem Druck?
Ich glaube wahrscheinlich gemacht zu haben, dass die Zellen in
Folge von Aenderungen des Protoplasma sterben; im Anschluss daran
werden sie permeabel. Ausgeschlossen ist grobmechanische Läsion, nie
sah ich etwas, was darauf hindeutete.
Es scheint mir also nicht allzu gewagt, die folgende Hypothese auf¬
zustellen:
Beim Kochen einer Suspension lebendiger Zellen entstehen intra¬
cellulare Dampf blasen, diese vernichten die feinere Structur des Proto¬
plasma und im Anschluss hieran wird die Zelle permeabel. Wir werden
sehen, was zu Gunsten dessen zu sagen sei.
-'S*
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J. Schut JK.:
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Das schnellere Absterbeu der Bakterien durch Kochen wird unmittelbar
dadurch erklärt.
Zu Gunsten der Hypothese sprechen weiter:
1. Die Kochversuche mit Hefe: Färbung mit Methylenblau, Biuret-
reaction, Plasmolyse, Widerstandsbestimmung, alles deutet in diesem Sinne.
2. Die Kochversuche mit Pferdeblut, das Lackfarbigwerden des Serums,
die grosse Anzahl Schatten.
3. Die Experimente mit Bac. pyocyaneus und Hefe, wobei das Kochen
intermittirend aber sehr energisch stattfand. Die Bakterien waren in ein
Viertel der Zeit, die für fortgesetztes Kochen bei 40° erfordert wird, ab¬
gestorben. Vollkommen zu erklären ist dies, wenn man bedenkt, dass
durch die plötzliche Druckerniedrigung die Entwickelung der hypothetischen
intracellulären Dampfblasen sehr gefördert werden muss.
Dass Bac. pyocyaneus bei 40° C. viel schneller getödtet wird als bei
37 °, wird durch die Annahme erklärlich, dass im letzten Falle die Mikroben
lebensfrischer sind.
Es bleibt also noch die Frage zu beantworten: Warum steht Kochen
in tödtender Wirkung hinter gesättigtem Dampf derselben Temperatur
zurück?
Wenn man in Betracht zieht, dass bei den Experimenten mit Dampf
die Keime getrocknet waren, so könnte man sich vorstellen, dass durch
Aufnahme hygroskopischen Wassers bei dem Aufenthalte im Dampf inner¬
und ausserhalb der Zellen eine concentrirte Salzlösung entstellt, die
schädlich auf die Keime einwirkt.
Auf vegetative Formen wirkt, wie bekannt, eine concentrirte Salz¬
lösung sehr nachtheilig ein. Zum Ueberflusse machte ich ein Experiment
mit Bac. pyocyaneus: in einer gesättigten Kochsalzlösung stirbt er bei
37° in einer halben Stunde.
In Uebereinstimmung mit dieser Hypothese sind einige schon bekannte
Thatsachen.
Mit Luft gemischter Dampf, ebenso wie überhitzter Dampf wirken
weniger schnell als gesättigter Dampf: die erforderliche Quantität Wasser
wird weniger schnell angeboten und aufgenommen.
Ist aber die Hypothese richtig, beruht also der schnellere Tod der
Bakterieu und Sporen bei Einwirkung gesättigten Dampfes auf der Ent¬
stehung gleichsam eines starken Pökels, so müssten auch die in einer
physiologischen Salzlösung erhitzten Sporen länger am Leben bleiben als
in einer concentrirten Lösung. Ein Controlversuch ergab aber, dass die
Sporen in der gesättigten und in der physiologischen Salzlösung in der
gleichen Zeit abgestorben waren.
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Bakterientödtung durch Kochen unter niedrigem Druck. 357
Unsere Hypothese, dass bei der Einwirkung des Dampfes auf ge¬
trocknetes Bakterienmaterial die dabei entstehende concentrirte Salzlösung
mit eine Rolle spielt, wird also, was die vegetativen Formen betrifft, be¬
stätigt. Mit Rücksicht auf Sporen dagegen trifft, wie wir ja schon er¬
warteten, diese Erklärung nicht zu und musste man sie also in anderer
Richtung suchen.
Wir glauben, dieselbe im Folgenden gefunden zu haben: Bekanntlich
erhöhen in Wasser gelöste Stoffe den Kochpunkt desselben, ohne dass die
Temperatur des Dampfes gleichzeitig erhöht wird. Eine unter atmosphä¬
rischem Drucke z. B. bei 110° kochende Salzlösung entwickelt ja Wasser¬
dampf von nur 100°. Umgekehrt kann man, indem man Wasserdampf
durch eine Salzlösung leitet, die letztere über die Temperatur des Dampfes,
bis in die Nähe ihres Kochpunktes, erhitzen. Die dazu erforderliche
Calorienmenge wird von der bei der Condensation des Dampfes frei wer¬
denden Wärme geliefert.
Dass die Kochtemperatur nicht ganz erreicht wird, liegt daran, dass
die Lösung an die niedriger temperirte Umgebung Wärme abgiebt. Die
Salzlösung hat mithin das Bestreben, sich mittels der von dem Dampf
zugeführten Wärme bis zum Kochpunkt zu erhitzen, wird aber caeteris
paribus um so mehr davon entfernt bleiben, je niedriger die Temperatur
des Dampfes ist.
Es ist einleuchtend, dass diese Betrachtung auf den vorliegenden
Fall, wo wir es mit eingetrocknetem, hakterien haltigem Material zu thun
haben, Anwendung finden kann, wenn man bedenkt, dass durch Wasser¬
aufnahme eine concentrirte Salzlösung gebildet wird. Die in dieser Lösung
eingebetteten Keime werden mit derselben eine höhere Temperatur an¬
nehmen, und so erklärt sich ungezwungen, warum sie schneller absterben
als in kochendem Wasser von demselben Wärmegrad als der des Dampfes.
Schliesslich braucht kaum hervorgehoben zu werden, dass die oben
gegebene Erklärung nicht nur für Sporen, sondern auch für vegetative
Formen Geltung hat, so dass das raschere Absterben letzterer im Dampf
als im Wasser gleicher Temperatur nicht nur auf reine Salzwirkung
zurückzuführen ist. _
Schlussfolgerungen.
1. Durch blosse Erhitzung sterben in einer Flüssigkeit suspendirte
Bakterien und Sporen weniger schnell ab als durch Kochen bei derselben
Temperatur.
2. Innerhalb gewisser Grenzen nimmt bei Erhitzung die Dauer des
Absterbens der vegetativen Formen ziemlich gleichmässig mit steigender
Temperatur ab.
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358 J. iSciiut jh.: Baktmuentödtuno bukch Kochen u. s. \v.
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3. Durch Kochen bei erniedrigtem Druck sterben die Bakterien sogar
innerhalb der physiologischen Temperaturgrenzen ab. Die Dauer des Ab¬
sterbens nimmt mit steigender Temperatur erst schnell, danach langsamer ab.
4. Die letzterwähnte Form der Curve resultirt für Sporen sowohl bei
blosser Erhitzung als beim Kochen.
5. Gesättigter Dampf übertrifft bei jeder Temperatur das Kochen in
tödtender Wirkung; von der höchsten Temperatur an gerechnet fällt die
Curve erst steil herab, ein Grad Unterschied hat da wenig Einfluss auf
die Dauer des Absterbens, bei niederer Temperatur nimmt dieser Einfluss
stark zu.
6. Grossen Einfluss auf die Resistenz haben: die Temperatur, wobei
die Mikroben gezüchtet wurden, das Medium, in welchem sie suspendirt
sind; für Sporen nimmt bis zu einem gewissen Maasse die Resistenz mit
dem Alter der Cultur zu.
7. Zur Vernichtung der vegetativen Formen, speciell der pathogenen
Keime, ist eine Erhitzung während einer halben Stunde bis zu 60° sicherlich
genügend, bei Milch unter der Bedingung, dass das Gefäss geschlossen sei.
8. Gesättigter Dampf von 90° steht in Wirkung praktisch nicht
hinter gesättigtem Dampf von 100° zurück.
9. Die Erklärung des nachtheiligen Einflusses, den das Kochen auf
die Keime ausübt, beruht vielleicht auf dem Entstehen von Dampfblasen
innerhalb des Bakterienkörpers. Jedenfalls hat die mechanische Wirkung
des Kochens chemische Umsetzungen zur Folge.
10. Es ist wahrscheinlich, dass Wasserdampf dadurch ungleich viel
schneller abtödtend wirkt als kochendes Wasser von gleich hoher Tem¬
peratur, dass die getrockneten Sporen bezw. Bakterien im Dampf einen
höheren Wärmegrad erreichen, als der Dampf selber besitzt.
Ich fühle hier die Pflicht, Hm. Prof. Dr. C. Eijkman meinen leb¬
haften Dank dafür abzustatteu, dass er mich diese Untersuchungen in
seinem Laboratorium anstellen liess, und für seine Hülfe und mehrfach
ertheilten Rath.
Gch igle
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[Aus dem Institut für allgemeine Pathologie und Therapie
der Universität Budapest.]
Beitrag zur Lebensdauer der Milzbrandsporen.
Von
Docent Dr. August von Szekely.
Vor fünf Jahren fand ich im obengenannten Institut drei kleine
Proberöhrchen vor, welche zu Folge der auf ihnen befindlichen Aufschrift
noch im Jahre 1832, beziehungsweise 1883 in Klausenburg mit Milzbrand¬
sporen enthaltender Flüssigkeit, beziehungsweise mit Nährgelatine gefüllt
worden waren, welch’ letztere mit dem Blute eines an Milzbrand ver¬
endeten Thieres geimpft war. Da ich nun beim Durchsehen der ein¬
schlägigen Litteratur zur Ueberzeugung gelangte, dass bezüglich der
Lebensdauer der Milzbrandsporen bisher nur wenig Daten zur Verfügung
stehen, obzwar solche in allgemeinbakteriologischer Hinsicht, als auch vom
Standpunkte der Abwehr des Milzbrandes betrachtet, von grosser Bedeu¬
tung sind, erschien es der Mühe werth, den vollständig eingetrockneten
Inhalt der erwähnten Proberöhrchen einer Untersuchung zu unterziehen.
Nachdem nun diese Untersuchung in Hinsicht auf die Lebensdauer der
Milzbraudsporen zu einem derartigen Ergebniss geführt hatte, welches in
seiner Art meines Wissens so zu sagen einzig dasteht: erachtete ich es
nicht für überflüssig, diese meine Untersuchungen nachstehend kurz zu
veröffentlichen.
Bevor ich aber daran gehe, dies zu thun, will ich die in der mir zur
Verfügung stehenden Litteratur aufgefundenen einschlägigen Daten kurz
mittheilen.
Koch konnte die Infectiousfähigkeit von an Seidenfaden angetrockneten
Milzbrandsporen noch nach 4 Jahren nachweisen.
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Gck igle
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360
August von SzUkeut:
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Pasteur 1 gelang es mit Erde, in der vor 12 Jahren an Milzbrand
verendete Thiere verscharrt worden waren, bei Meerschweinchen Milzbrand
zu erzeugen.
Feltz 2 fand, dass die Infectiousfahigkeit von Milzbrandsporen, welche
in Erde aufbewahrt waren, bereits nach 2—3 Jahren abnahm, da zwar
sämmtliehe mit denselben geimpfte Meerschweinchen erlagen, Kaninchen
aber nur zum Theil.
Crookshank 8 konnte mit Erde, in welche man vor 9 Jahren an
Milzbrand verendete Thiere begraben hatte, Mäuse inficiren.
Di Matt ei 4 vermochte mit Milzbrandsporen enthaltenden Seidenfaden
noch nach 8, ja sogar nach 10 Jahren bei empfänglichen Thieren Milz-
brandinfection hervorzurufen. Er gedenkt auch einer Privatmittheilung von
Kitt, der zu Folge 8 jährige Milzbrandsporen enthaltende Seidenfaden noch
infectionstüchtig befunden wurden.
Ajello und Drago 6 untersuchten Seidenfaden, die vor 10, 12 und
13 Jahren mit Milzbrandsporen enthaltender Flüssigkeit getränkt worden
waren. Aus den 10 jährigen Fäden ging in Nährbouillon die Auskeimung
der Sporen mit einer gewissen Verzögerung vor sich, ferner erwies sich
auch die Infectionsfahigkeit der erhaltenen Culturen einigermaassen ab¬
geschwächt. Ein ähnliches Ergebniss lieferten auch die 12 Jahre alten
Fäden; die mit denselben geimpften Thiere gingen nicht alle ein. Aus
den 13 Jahre alten Fäden konnten Culturen nicht mehr erhalten werden;
die mit den Fäden geimpften Meerschweinchen blieben sämmtlich am
Leben.
Endlich sei noch Duclaux 6 erwähnt, welcher zwar nicht speciell über
die Lebensdauer der Milzbrandsporen, sondern über die der Sporen über¬
haupt seine Meinung abgiebt auf Grund jener Ergebnisse, welche er bei
Untersuchung jener Nährflüssigkeiten erhielt, die, von Pasteur iu den
Jahren 1859 und 1860 behufs Studiums der Generatio spontauea be¬
reitet, Sporen verschiedener Mikroben enthielten, und zwar in wohlver¬
schlossenen Gefässen aufbewahrt. Duclaux fand in diesen Nährflüssigkeiten
noch nach 25 Jahren lebensfähige Sporen, die leicht zur Keimung und
Vermehrung zu bringen waren, und glaubt, dass er noch nach weiteren
25 Jahren zum gleichen Ergebnisse gelangt sein würde. Er fügt aber
1 Campt -. rend. de VAcad. des Sciences. 1881. T. XCII.
* Ebenda . 188C>. T. CIL
3 The Lancet . 1885. II. S. 3H5.
4 Annali delV Istituto d 9 Ifjiene sperimcnialc della R . Inir. di Roma. 1SVM.
Pd. IV.
5 (> n zettet denli Ospedali e ddle CI int che. 1898. Nr. 3.
6 Duclaux, Le mir rohe et la mala die . Paris 1886.
Go^ 'gle
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Beitrag zur Lebensdauer der Milzbrandsporen.
361
hiuzn, dass diese Sporen sich in Culturflüssigkeit, von der Luft abge¬
schlossen befanden, also unter Bedingungen, die in der Natur gewöhnlich
nicht vorhanden sind; unter natürlichen Verhältnissen erscheint es aber
fraglich, ob die Sporen auch nur 20 Jahren am Leben zu bleiben ver¬
mögen. Fadenknäuel, welche mit Sporen enthaltendem Material durch¬
tränkt, bei diffusem Lichte auf bewahrt waren, erwiesen sich nach
20 Jahren steril.
Um nun kurz über meine Versuche zu berichten: stand mir das
Material jener Eingangs erwähnten drei Proberöhrchen zur Verfügung.
Diese waren, mit Watte und darüber noch mit einem Korkstopfen ver¬
schlossen, in einem Glaskasten des Institutes, also bei Zimmertemperatur
und diffusem Lichte aufbewahrt.
Das erste Proberöhrchen hatte folgende Aufschrift: „Mit Milzbrand¬
sporen enthaltender Flüssigkeit geimpfte Gelatine. 1882. 3. X.“ Am
2. September 1897 entnahm ich ein wenig von dem an der Innenwand
des Röhrchens fest haftenden, vollständig ausgetrocknetem Material und
verrieb dasselbe auf der Oberfläche von schräg erstarrtem Agar-Agar.
Am dritten Tage entwickelte sich auf derselben eine typische Milzbrand-
cultur; Infectionsversuche wurden mit derselben nicht vorgenommen.
Bei der Untersuchung des im zweiten Proberöhrchen vorhandenen
Materials richtete ich nun meine Aufmerksamkeit auch auf den letzteren
Punkt. Dieses Proberöhrchen, welches gleich dem ersten der Innenwand
anhaftendes, vollständig trockenes, in Schüppchen und Blättchen ablös¬
bares Material von mässiger Menge enthielt, trug folgende Aufschrift:
„Mit Milzbrandblut geimpfte Gelatine. 1882. 4. X. Wirksam befunden
1883. 19. V.; 1883. 13. XII.“ Nachdem ich den oben aufsitzenden Kork¬
stopfen, sowie die unterhalb desselben befindliche Watte gründlich ab¬
gebrannt und das obere Ende des Röhrchens stark ausgeglüht hatte, um
die möglicher Weise später von aussen hingelangten Bakterien, unter denen
sich auch der Milzbrandbacillus befinden konnte, zu vernichten, öffnete
ich das Röhrchen vorsichtig, goss etwas sterile Nährbouillon hinein, ver¬
schloss dasselbe wieder und hielt es 24 Stunden bei 37° C. im Brutkasten.
Tags darauf erwies sich die Bouillon getrübt; auf dem mit der trüben
Flüssigkeit beschickten Nähragar entwickelten sich in 24 Stunden typische
Milzbrandcolonieen, welche einer weissen Maus subcutan ein gespritzt, das
Thier in 48 Stunden tödteten. Bei der Obduction fanden sich die für
Milzbrand charakteristischen Veränderungen, aus dem Blute, der Leber
und der Milz konnte der Milzbrandbacillus in Reincultur erhalten werden.
Das dritte Proberöhrchen öffnete ich erst 4 Jahre später, am
23. Mai 1901 unter Einhaltung der obenerwähnten Vorsichtsmaassregeln.
Auf demselben befand sich folgende Aufschrift: „Mit Milzbrandsporen ent-
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362
August von SzEkely:
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haltender Flüssigkeit geimpfte Gelatine. 1882. 3. X. Wirksam 1886.
14. I.“ Nach der Oeffnung goss ich etwas Nährbouillon in das Eöhrchen.
verschloss es wieder und brachte es in den auf 37° C. eingestellten Brut¬
kasten. Am nächsten Tage fand ich die Flüssigkeit stark getrübt; unter
dem Mikroskope waren zum grössten Theile der Form nach den Milz¬
brandbacillen gleichende, meistens zu langen Fäden vereinigte Bacillen zu
sehen, ausserdem aber auch solche, die an ihren Enden abgerundet er¬
schienen. Mit einem kleinen Theile der trüben Flüssigkeit wurde nun
eine weisse Maus subcutan inficirt, zugleich strich ich etwas davon auf
die Oberfläche von schräg erstarrtem Nähragar. Die Maus verendete nach
36 Stunden, aus ihrem Blute entwickelten sich typische Milzbrandcolonieen.
Aus der auf Nähragar gebrachten Flüssigkeit entwickelte sich aber nicht
die typische Milzbrandcultur; die Gegenwart von Milzbrandbacillen erschien
zwar äusserst wahrscheinlich schon bei Betrachtung der dünnen Cultur-
schichten mit blossem Auge, man musste jedoch ausserdem auf Grund
des makroskopischen Verhaltens die Gegenwart auch eines anderen Mikro¬
organismus annehmen. In der That fand ich bei der mikroskopischen
Untersuchung ausser verhältnissmässig wenigen Milzbrandbacillen sehr
viele, zumeist mit endständigen Sporen versehene, den Bacillen des malignen
Oedems gleichende Stäbchen, welche sich nach Gram nicht färbten uud
im hängenden Tropfen lebhafte Eigenbewegung zeigten. Die isolirte Rein-
cultur der beiden verschiedenen Bacillen überzeugte mich dann endgültig
von der Gegenwart des Milzbrandbacillus und des Bacillus des malignen
Oedems, und zwar war letzterer, wie dies der an einem Kaninchen vor¬
genommene Versuch bewies, in ziemlich virulentem Zustande, da die tief
in die Gewebe gespritzte Cultur den Tod des Versuchsthieres in 36 Stunden
herbeiführte; bei der Obduction waren die für das maligne Oedem charakte¬
ristischen Veränderungen nachweisbar.
Das im dritten Proberöhrchen Vorgefundene Material enthielt also
gleichzeitig die Sporen der Bacillen des Milzbrandes und des malignen
Oedems, welche auch in der Natur thatsächlich häufig beisammen zu
finden sind. Im Darmtrakte der verschiedensten Thiere finden sich
nämlich die Bacillen des malignen Oedems, welche einige Zeit nach dem
Tode des Thieres auch in das Blut einwandern. Verendet nun ein Thier
an Milzbrand und untersucht mau das Blut desselben erst nach 24 Stunden
oder noch später, so können die bereits in das Blut eingewanderten
Bacillen des malignen Oedems die Milzbrandbacillen zum Theile über¬
wuchert haben, zu mindestem aber den Nachweis dieser letzteren er¬
schweren. Bekannt ist die Regel, dass, wenn ein milzbrandverdäehtiges
Thier erst 24 Stunden oder noch später nach seinem Tode zur Unter¬
suchung gelangt, es am zweckinässigsten ist, das Blut desselben in die
Gck igle
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Beitkag zuit Lebensdauak der Mllzbrandsporen.
363
oberflächliche Hautwunde eines für Milzbrand empfänglichen Thieres ein¬
zubringen. In diesem Falle wird sich der eventuell ebenfalls vorhandene
Bacillus des malignen Oedems nicht vermehren können, weil zu Folge
seiner anaöroben Natur die Gegenwart der Luft ihm daran hindert; das
Wachsthum des Milzbrandbacillus wird hingegen durch das Vorhandensein
von Luft nicht beeinträchtigt, das in oben erwähnter Weise inficirte Ver¬
suchsthier wird also an Milzbrand und nicht an malignem Oedem zu
Grunde gehen. Es muss daher als wahrscheinlich bezeichnet werden, dass
in das dritte kleine Proberöhrchen die Sporen des Bacillus oedematis
maligni auf solche Weise gelangt sind, dass die von dem betreffenden
Thiere stammende, „Milzbrandsporen enthaltende Flüssigkeit“, mit welcher
die Gelatine geimpft worden war, ausser den Sporen des Milzbrandbacillus
auch diejenigen des aus dem Darmtrakte eingewanderten Bacillus des
malignen Oedems enthielt
Das Resultat meiner Untersuchungen kann ich kurz in Folgendem
zusammenfassen:
1. In einer Nährgelatine, welche mit Sporen des Milz¬
brandbacillus geimpft, und bei Zimmertemperatur, und dif¬
fusem Lichte ausgesetzt unter Verhältnissen aufbewahrt worden
war, welche ein verhältnissmässig rasches Austrocknen ermög¬
lichen, fanden sich noch nach 18 x / 2 Jahren vermehrungsfähige
und — wenigstens für weisse Mäuse — virulente Sporen des
Milzbrandbacillus.
2. Unter den vorerwähnten Umständen aufbewahrte
Sporen des Bacillus oedematis maligni erwiesen sich ebenfalls
nach 18Vj Jahren noch vermehrungs- und infectionsfähig.
3. Die Sporen der Bacillen des Milzbrandes und des
malignen Oedems können sehr lange Zeit — 18 1 / 2 Jahre —
gleichzeitig beisammen sein, ohne dass die einen die anderen
in Hinsicht auf ihre Infectionsfähigkeit wesentlich beein¬
flussen würden.
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Original fro-m
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[Aus dem hygienischen Institut der K. Universität zu Cagliari.]
lieber die pathogene Wirkung der Blastomyceten.
VI. Abhandlung.
Ein Beitrag zur Aetiologie der bösartigen Geschwülste.
Von
Prüf. Francesco SanfeUce.
(Hier» T»f. TI a. T1I.)
I.
In meiner letzten Arbeit 1 über die pathogene Wirkung der Blasto¬
myceten, welche bereits vor zwei Jahren erschien, führte ich darüber
Klage, dass wohl zahlreiche Untersuchungen über die Blastomyceten, so¬
wohl vom morphologischen als experimentellen Standpunkte aus, vorhanden
seien, jedoch eine ernsthafte und gewissenhafte Arbeit über die Bedeutung,
welche diese Parasiten für die Genese der bösartigen Geschwülste haben,
durchaus mangele. Ich fügte hinzu, dass die spärlichen Untersuchungen,
die in Bezug auf diesen Gegenstand von einigen Autoren angestellt worden
waren, mehr dahin neigten, die Wichtigkeit der Saccharomyceten für die
Erzeugung bösartiger Neoplasmen in Frage zu stellen als sie festzustellen.
Ich stand daher ganz allein, wenn ich auf Grund von Resultaten, welche
ich mit der Impfung des Saccharomyces neoformans bei Thieren,
die überhaupt bösartige Geschwülste zu bekommen im Stande sind, er¬
halten hatte, die Behauptung aufstellte, dass dieser Parasit, wenn er in
reiner Cultur eingeimpft wird, bei Hunden im Stande ist, in den Organen
epitheliale Geschwülste hervorzubringen, welche sowohl ihrem Verlaufe
als ihrer Structur nach vollkommen identisch sind mit den bösartigen,
1 Sanfelice, lieber die pathogene Wirkung der Blastomyceten. V. Abhandlung
Diese Zeitschrift, lö l J8. Bd. XXIX.
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Übeb die pathogene Wibkung deb Blastomyceten.
3ü5
epithelialen Geschwülsten, welche wir bei dem Menschen beobachten.
Ferner behauptete ich, dass dieser Parasit, wenn er in die Venen bei
denselben Thieren eingeimpft wird, Geschwülste bindegewebiger Natur
veranlasst.
Alle diese Resultate hatte ich erhalten mit dem Saccharomyces
neoformans, als dem einzigen Blastomyceten, der sich unter den vielen,
welche ich aus dem umgebenden Medium isolirte, als pathogen erwiesen
hatte. Weitere Versuche, pathogene Saccharomyceten aus den bösartigen
Geschwülsten des Menschen zu isoliren, habe ich nicht gemacht, weil es
mir einerseits an einer grösseren Zahl von Geschwülsten mangelte, wie
man sie ja zu derlei Untersuchungen nöthig hat, und weil ich mich
andererseits davon überzeugt hatte, dass die Isolation des Parasiten aus
Geschwülsten älteren Datums keine leichte Sache ist. Nur aus bösartigen
Geschwülsten mit rapidem oder acutem Verlaufe, wie Plimmer es nennt,
und bei reichlichem Befunde an Parasiten hielt ich die Cultur des Para¬
siten für leicht und sicher, aber derartige Fälle sind nicht häufig und es
war daher schwierig, dass solche auch nur in sehr kleiner Anzahl zu
meiner Disposition gelangten. Diese Gründe waren es vornehmlich, welche
mich zwangen, anstatt des directen den indirecten Weg weiter zu ver¬
folgen, um so mehr, als ich durch meine ersten Impfversuche mit den
reinen Culturen des Saccharomyces neoformans die Ueberzeugung
gewonnen hatte, dass derselbe eine hohe pathogene Bedeutung hat Und
das, was ich von Anfang an angenommen hatte, wurde reichlich bestätigt
durch die Impfungen, welche ich mit diesem Saccharomyceten bei den
Hunden angestellt hatte.
Heutzutage stehe ich mit meiner Behauptung, dass die Blastomyceten
für die Genese der bösartigen Geschwülste von Bedeutung sind, nicht
mehr allein. Andere vertrauenswürdige und in der Wissenschaft durch
hervorragende Arbeiten bekannte Forscher haben das bestätigt, was ich
in meinen früheren Arbeiten behauptet hatte, indem sie durch reine Cul¬
turen von Blastomyceten, welche von bösartigen Geschwülsten des Menschen
herstammten, epitheliale und bindegewebige Neubildungen bei den Versuchs-
thieren erzeugten.
Es sind besonders die Arbeiten von Plimmer und Leopold, welche
ich hier vor allen anderen eingehend besprechen möchte, weil beide Ar¬
beiten von Forschern herrühren, welche in Bezug auf den vorliegenden
Gegenstand äusserst competent sind. Plimmer hat schon vor mehreren
Jahren zusammen mit Ruffer sich mit den Parasiten befasst, welche in
einigen bösartigen Geschwülsten Vorkommen und für Coccidien gehalten
wurden. Leopold hat schon seit Jahren der parasitären Natur der Ge¬
schwülste seine Aufmerksamkeit zugewendet und seinen Assistenten,
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366
Francesco Saneelice:
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Dr. Rosen thal, dazu veranlasst, Untersuchungen über die Structur des
Krebsgewebes und die zeitigen, dort vorkommenden Einschlüsse anzustellen.
Diese ihre Arbeiten haben die genannten Forscher veröffentlicht nach
einem Studium von mehreren Jahren, nach Benutzung einer ausserordent¬
lich grossen Anzahl von menschlichen Geschwülsten und naeh Anstellung
zahlreicher Versuche mit Thieren. Es lässt sich auch nur mit Hülfe
einer grossen Anzahl von Geschwülsten und vieler Thierversuche zu einem
Schlüsse bezüglich der schwierigen Frage nach der Aetiologie der bös¬
artigen Geschwülste gelangen. Es machen sich daher lächerlich und rufen
zu gleicher Zeit Mitleid hervor alle jene jungen Leute, welche noch ganz
neu in wissenschaftlichen Untersuchungen, auf eine ganz geringfügige
Zahl von Geschwülsten hin und auf Grund nur ganz weniger Thierversuche,
sich haben schlecht berathen lassen, die Resultate ihrer Untersuchungen
zu publiciren, mögen sie nun für oder gegen die auf der pathogenen
Wirkung der Blastomyceten gegründete parasitäre Theorie von den bös¬
artigen Geschwülsten des Menschen sprechen. Alle derlei Arbeiten richten
sich selbst und beweisen nichts anderes, als dass diejenigen, welche die
Veröffentlichung derselben gestattet haben, wenig ernst zu nehmen sind.
Die Arbeit von Plimmer 1 ist im April 1899 erschienen. Er ni mm t
sehr eingehend auf alle meine Untersuchungen betreffs der vorliegenden
Frage Bezug und vertheidigt mich gegen die Kritik einiger Forscher und
vornehmlich von Baumgarten, welcher die Resultate meiner Arbeiten
gar nicht berücksichtigt und nichts weniger als die Behauptung aufstellt,
dass es überhaupt keine pathogenen Blastomyceten giebt. Plimmer
schreibt: „I do not see auy reason to doubt any of Sanfelice’s Statements;
and I think that his work is of the greatest importance, and that at any
rate, he deserves great credit for removing the study of the aetiology of
cancer from the histological to the experimental region of work.“
Plimmer hat 1278 Fälle von Krebs untersucht und in 1130 Fällen
davon Parasiten gefunden. Die freien oder endocellulären Parasiten wurden
in den activen und nicht in den degenerirten Zellen gefunden. Die Analyse
der vom Verfasser untersuchten Fälle genügt, um eine beständige Be¬
ziehung dieser Körper zum Krebs nachzuweisen. Die Parasiten wurden
nicht in allen Fällen in gleicher Anzahl gefunden. In manchen Fällen
waren sie zahlreich, und besonders in denjenigen mit rapidem Verlaufe,
welche der Verfasser mit Recht „acute“ nennt, wurden sie in ungeheuerer
Zahl angetroffen. Solche Fälle sind aber selten, nur neun derartige kamen
unter der genannten Zahl vor. In ihnen waren selten Zellen zu finden,
welche nicht einen oder mehrere Parasiten enthielten.
1 Plimmer, On the aetiology on histology of caneer with special referrnet¬
to recent work on the subject. The Praetifioner. 1899.
Gck igle
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Über die pathogene Wirkung der Blastomyceten.
367
Wenn der Leser sich die grosse Zahl der von Plimmer untersuchten
Fälle vergegenwärtigt, so wird er sich selbst ausmalen können, welchen
Eindruck die Arbeiten jener unerfahrenen Jünglinge machen, welche nach
einer Untersuchung von 10 oder auch 20 Fällen von Krebs mit grosser
Leichtfertigkeit den Schluss ziehen, dass es überhaupt keine Krebsparasiten
giebt, und dass die angetroflfenen und als Parasiten gedeuteten Gebilde
nichts anderes sind als Producte einer hyalinen, colloiden oder schleimigen
Degeneration.
Nach Plimmer hängt das Auftreten der Geschwülste mit rapidem
Verlaufe ab von einer verringerten Widerstandsfähigkeit des Organismus
oder von der Erhöhung der Virulenz des Mikroorganismus, oder auch von
beiden Bedingungen zusammen.
Trotz Anwendung derselben Fixirungs- und Färbemittel, welche bei
dem Krebse benutzt wurden, auf andere pathologische Gewebe, als Gummi¬
geschwulst, Tuberkeln u. s. w., gelang es dem Verfasser nicht, dort Gebilde
anzutreffen, welche sich mit den beim Krebs gefundenen Parasiten hätten
vergleichen lassen.
„The presence of these bodies“ schliesst der Verfasser, „therefore,
constantly in cancer, and their constant absence in other diseased conditions
of the cell, is a very point in the question before us.“
Auch Plimmer hat, wie ich, vergeblich versucht, durch Einimpfung
von Stückchen menschlichen Krebses in verschiedene Körpertheile bei
Thieren den Krebs hervorzubringen.
In einem Falle von Krebs mit rapidem Verlaufe, in welchem die
mikroskopische Untersuchung sehr zahlreiche Parasiten erkennen liess,
glückte es Plimmer, den Blastomyceten in reiner Cultur zu erhalten.
Der Nährboden, mit Hülfe dessen der Mikroorganismus isolirt wurde, be¬
stand aus einem Infus des Krebses, welcher ebenso hergestellt wurde, wie
Fleischinfus, und dem nach der Neutralisation 2 procent. Glycose und
1 procent. Weinsteinsäure zugesetzt wurde. In diese Culturflüssigkeit
wurden noch Stücke der Geschwulst hineingethan und, um ein anaörobisches
Medium zu haben, die Luft durch Wasserstoff ersetzt. Bei dieser Methode
wurde die Virulenz des Mikroorganismus auf lange Zeit beständig erhalten.
Die Cultur dieses Blastomyceten hatte Plimmer die Güte mir zu¬
zusenden, und ich konnte feststellen, dass es sich darin um einen typischen
Blastomyceten handelte, welcher, wie weiter unten eingehender erörtert
werden soll, sich in Bezug auf seine culturellen und morphologischen
Eigenschaften in keiner Weise von dem Saccharomyces neoformans
unterscheidet. Nachdem ich dies festgestellt habe, kann ich mir nicht
erklären, warum Plimmer im Anfänge seiner Arbeit bei der Feststellung
der Natur des isolirten Parasiten so reservirt ist. Er scheint sich diese
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368
Francesco Sanfelice:
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Reserve auferlegt zu haben aus einer nach meiner Ansicht falsch an¬
gebrachten Rücksicht gegen Metschnikoff, welcher dadurch, dass er
die Parasiten des Krebses Coccidien taufte, alle meine ernsten und ge¬
wissenhaften Vorgänger in die Irre geführt hat.
Plimmer’s Blastomycet entwickelt sich in den Nährflüssigkeiten,
ohne ein Häutchen an der Oberfläche zu bilden, in der Gelatine, ohne
sie zu verflüssigen. Auf der Oberfläche von Kartoffeln bildet er einen
Belag von brauner Farbe. Auf der Oberfläche von Glycerinagar ent¬
wickelt er sich ebenfalls.
Unter dem Mikroskope betrachtet, erscheint der Parasit rund und
pflanzt sich beständig durch Knospung fort, genau in derselben Weise,
wie innerhalb des Organismus.
Die Resultate der Experimente von Plimmer zerfallen in drei
Gruppen, nämlich: 1. in die negativen Resultate, 2. in diejenigen, lei
denen der Tod der Thiere ohne pathologische Veränderungen der Organe
selbst eintrat, 3. in die Fälle, bei denen die Thiere starben mit Neu¬
bildungen endothelialen Ursprunges.
Was Verfasser über die Meerschweinchen berichtet, welche mit einer
reinen Cultur des Saccharomyceten in den Unterleib geimpft wurden,
stimmt vollkommen überein mit den Erscheinungen, welche der Saccha¬
romyces neoformaus bei Meerschweinchen nach Einimpfung in den
Unterleib hervorruft.
Plimmer hat auch eine Reihe von Einimpfungen in das Comeal-
epithel von Kaninchen vorgenommen und beschreibt die Resultate davon
in folgender Weise: „in tliese (Kanineben) after from three to five days,
considerable proliferation of the corneal epithelium was found, together
with the Organismus in the cells. This proliferation showed itself not
only on the surface, but also in the fibrous layers of the corneal tissue:
masses of enlarged epithelial cells extendend into, and separated, the
fibrous layers, spreading for some distance below and at the sides of the
point of inoculation. A control experiment, made with only a sterile
lancet, showed no such proliferation, and the wound was nearly healed
in five days. These animals have been killed at five days at the latest,
so that the final effect is unknown; but, even after these few days, tbere
is a very considerable and remarkable epithelial proliferation, together
with the presence of the Organismus in the cells. 4 *
Von Interesse sind folgende Schlüsse von Plimmer:
1. „That in cancers there are certain intracellular bodies which are
neither parts of the cell structure, nor any known degenerative change.
and which are only found in cancer; and that the}' are only found at
Gck igle
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Über die pathogene Wirkung der Blastomyceten.
369
the periphery of the growing parts of a caueer, and not in the degenerated
parts and that these bodies have distinctive microchemical reactions.“
2. „That there are certain cancers, which occur rarely, in which
these bodies are present in enormous numbers.“
3. „That by the use of appropriate means these bodies can be isolated
and cultivated outside the body.“
4. „That these cultures, when introduced into certain animals, can
cause death, with the production of tumors, so for of endothelial origin
(with the one exception of the cornea, the epithelium of which, when inoculated
with these organisms, proliferates considerably, both on the surface and
deeply in various directions between the fibrous layers of the cornea);
and that pure cultures can be made from this tumours which, if inoculated
into suitable animals, will produce again similar growths.“
Wie wichtig diese Schlussfolgerungen sind, wird Niemandem entgehen.
Derselbe Blastomycet, welcher beim Menschen einer bösartigen Geschwulst
epithelialer Natur die Entstehung gegeben hat, rief nach der Einimpfung
bei Meerschweinchen endotheliale Neubildungen hervor. Dieselbe Er¬
scheinung hatte ich bei dem Saccharomyces neoformans beobachtet,
welcher bei Hunden entweder epitheliale oder bindegewebige Neubildungen
hervorbringen kann. Sicherlich kann man, wie ich bereits in meinen
früheren Arbeiten ausgesprochen habe, nicht erwarten, bei Meerschweinchen,
welche für die Infection mit Blastomyceten sehr empfängliche Thiere sind,
mit einem aus menschlichen Krebsen oder Sarkomen isolirten Blastomyceten
ebenfalls einen Krebs oder ein Sarkom hervorzubringen. Man bekommt
bei den Meerschweinchen eine diffuse Infection mit knotigen Neubildungen
in den verschiedenen Organen, Neubildungen, welche sehr reich an Para¬
siten sind und nur eiue spärliche Reaction von Seiten der Zellelemente
aufweisen. Es ist dies die Infection des Meerschweinchens, welche dieses
erleidet, wenn es mit pathogenen von bösartigen Geschwülsten des Menschen
isolirten Blastomyceten geimpft wird, und wir müssen sie als äquivalent
mit der Krebs- oder Sarcomainfection, wie sie beim Menschen beobachtet
wird, ansehen, genau in derselben Weise, wie wir die Sputum-Septicämie
des Kaninchens als Aequivalent der Pneumonie des Menschen betrachten.
Die Erzeugung eines pathologischen Processes, ähnlich, wie wir ihn beim
Menschen beobachten, ist eben nur möglich bei Thieren, welche überhaupt
dazu im Stande sind, bösartige Geschwülste zu bekommen, die nach
Structur und Verlauf denen des Menschen ähnlich sind.
Aus diesem Grunde werde ich niemals auf hören, alle diejenigen
Forscher, welche pathogene Blastomyceten aus bösartigen Geschwülsten
des Menschen isoliren, darauf hinzuweisen, dass sie zahlreiche Impfungen
Zeitschr. f. Hygiene. XIJ V
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Francesco Sanfelice:
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bei Hunden vornehmen nnd dabei auch direct in das Cornealepithel ein¬
impfen, wie ich es in der letzten Zeit, nach dem Vorbilde von Plimmer,
in ausgedehntem Haasse gethan habe, und womit ich, wie wir bald sehen
werden, ausgezeichnete Resultate erzielte.
Nicht minder wichtig als die Arbeit von Plimmer ist diejenige von
Leopold. 1
Als Untersuchungsmaterial dienten ihm mehrere Hundert Krebse,
besonders vom Uterus, aus den Ovarien, den Tuben, von der Vagina, den
äusseren Genitalorganen, den Brüsten, vom Peritoneum, vom Omentum
und anderen Organen. Ausgeschlossen waren vereiterte Carcinome. Nach¬
dem die Geschwulst mit allen Vorsichtsmaassregeln der Antisepsis ent¬
nommen war, wurde sie unter dem Mikroskope in sterilisirten Flüssig¬
keiten und unter Anwendung lediglich sterilisirter Instrumente untersucht,
und zwar bei einer Temperatur, welche sich durch einen vom Verfasser
besonders construirten Apparate genau regeln liess. Das Untersuchungs¬
material wurde niemals von der Oberfläche, sondern stets aus tieferen
Schichten oder aus der Mitte junger Knötchen entnommen.
Besonderes Gewicht wurde auf die mikroskopische Untersuchung (und
dies ist ganz neu und wirklich geistreich an der Arbeit) sehr kleiner
Stückchen jungen Krebsgewebes im hängenden Tropfen bei einer Tem¬
peratur von 37° C. gelegt, um zu sehen, welche Veränderungen jene als
Parasiten angesprochenen Gebilde nach Wochen und Monaten zeigten.
Es konnten auf diese Weise kleine Gewebsstückchen 200 Tage lang in
dem Gesichtsfelde des Mikroskopes, auf eine passende Temperatur erwärmt,
beobachtet werden, ohne dass eine Spur der gewöhnlichen Mikroorganismen
der Fäulniss darin gefunden wurde. Zur Cultur wurden jene Stückchen
benutzt, welche sich im hängenden Tropfen von Nährflüssigkeiten als frei
von gewöhnlichen Bacillen und Kokken erwiesen hatten. Als Nährmittel
dienten sterilisirte Bouillon, sterilisirtes Blutserum, Lösungen von Trauben¬
zucker, neutrale und saure Gelatine u. 8. w.
Leopold beschränkte sich aber nicht auf die mikroskopische Unter¬
suchung, sondern nahm auch Impfungen mit Krebsgewebe bei Versuchs-
thieren, wie Ratten, Meerschweinchen und Kaninchen vor.
Leopold spricht, wie ich es auch in meinen früheren Arbeiten ge-
than habe, sich gleichfalls scharf gegen alle jene Forscher aus, welche
sich gegen die parasitäre Theorie der Geschwülste erhoben haben, ohne
andere als mikroskopische Untersuchungen angestellt zu haben. Es lassen
sich nach ihm überhaupt keine Schlüsse ziehen, ohne dass man zahlreiche
1 Leopold, Untersuchungen zur Aetiologie des Care in oms und über die patho¬
genen Blastomyceten. Archiv für Gynäkologie. Bd. LX1.
Gck igle
Original frum
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Über die pathogene Wirkung der Blastomyceten.
371
Experimente mit dem frischen Gewebe und mit reinen aus ihm erhaltenen
Culturen anstellt.
Bei eingehender Beobachtung frischer Präparate unter dem Mikro¬
skope hat Yerf. gesehen, dass sich die als Parasiten angesehenen Gebilde
vermehrten, wodurch also jeder Verdacht, dass es sich um degenerirende
Zellenelemente handele, beseitigt wird. Diese neue und wichtige Beob¬
achtung wird wohl sehr dazu beitragen, dass sich die Zahl der Skeptiker
vermindert.
Von 20 Carcinomeu, mit denen Leopold Culturversuche machte,
gelang es ihm in vier Fällen, reine Culturen von Blastomyceten zu er¬
halten. Es waren dies folgende:
1. Carcinom des Eierstockes. Die parasitären Gebilde wurden in
dem Gesichtsfelde des Mikroskopes angebracht und zeigten nach einiger
Zeit Vermehrung durch Knospung. Von diesem Tropfen wurden drei Tuben
mit neutraler Gelatine durch Streichen geimpft, und es wurde damit ein
weisser, aus Fäden und runden, doppelt umgrenzten, vollkommen den
Blastomyceten ähnlichen Elementen gebildeter Belag erhalten. Der isolirte
ßlastomycet verflüssigte die Gelatine nicht.
2. Carcinom beider Eierstöcke. Unter Anwendung derselben Technik,
wie im ersten Falle, wurde an der Oberfläche der Gelatine die Entwicke¬
lung eines Blastomyceten in Form eines weissen Belages erhalten.
3. Carcinomatöse Knötchen in der rechten Brust und carcinomatöse
Infiltration der Achseldntsen. Bei Anwendung der gleichen Technik bildete
sich ein weisser Belag an der Oberfläche der Gelatine. Der Belag bestand
aus einem Blastomyceten.
4. Carcinom der Portio vaginalis uteri. Auch hier ergab sich eine
reine Cultur eines Blastomyceten.
Mit der Einimpfung von carcinomatösem Gewebe bei Thieren hat
Leopold bei vier Versuchen zwei positive Resultate erhalten. Im ersten
Falle fand er in der Bauchhöhle der Ratte eine Geschwulst sarcomatöser
Natur (Sarcoma medulläre) vor, während die Geschwulst, von der aus die
Einimpfung stattfand, krebsartiger Natur war. In der gefundenen Ge¬
schwulst waren viel Blastomyceten zu sehen. Im zweiten Falle impfte er
cdnem Kaninchen kleine Theile eines Uteruskrebses ein. Es entstand eine
Geschwulst in dem oberen Theile der Bauchhöhle und blieb dort einige
Monate lang stationär. Im vierten Jahre nach der Operation fing das
Thier an abzumagern, während die Geschwulst an Grösse zunahm. Nach
4 Jahren und 5 Monaten starb das Thier. Die Geschwulst enthielt De¬
tritus in einer dicken Kapsel. Von dem eingepllanzten Stück des Krebs¬
gewebes war nicht die Spur vorhanden. Die Leber war bestreut mit
graulichen Knötchen, und auch die Lungen zeigten Knötchen epithelialer
24 *
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372
Fbancesco Saneelice:
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Natur von verschiedener Grösse. In diesen Knötchen wurden Blastomy-
ceten beobachtet.
Reine Culturen des vom zweiten Falle (Ovarialcarcinom) isolirten
Blastomyceten wurden Ratten eingeimpft, und Leopold erhielt damit
Geschwülste von einer Structur, wie sie bei den Sarkomen mit Riesenzellen
sich findet Nach dem Verfasser handelt es sich hier nicht um ein
Granulationsgewebe oder eine Geschwulst, welche lediglich von Blasto¬
myceten gebildet wird, sondern um wahre bindegewebige Geschwülste, um
multiple sarkomatöse Knötchen der Bauchhöhle, entstanden in Folge von
Impfung mit einem in reiner Cultur aus einem menschlichen Krebse er¬
haltenen Blastomyceten.
Am Ende seiner Arbeit drückt sich Leopold folgendermaassen aus:
„Sonach ist bis jetzt folgende Versuchskette gebildet worden:
1. Im frischen Ovarialcarcinom der Frau Die (3. XII. 1898) fanden
sich Blastomyceten.
2. Aus diesem frischen Carcinomgewebe liessen sich die Blastomyceten
in Reincultur gewinnen.
3. Diese Reincultur, in den Hoden einer Ratte injicirt, bewirkte bei
der letzteren eine grosse Zahl von Peritonealknoten, welche zum Tode der
Ratte führten und im frischen wie im gehärteten Gewebe eine Unmenge
von Blastomyceten aufwiesen.
4. Aus diesen frischen Knoten liessen sich die Blastomyceten wiederum
in Reincultur züchten.
Sollte es gelingen, mit der Uebertragung dieser letzteren Reincultur
auf Ratten bei diesen auch wiederum Neubildungen zu erzielen, welche
so geartet sind, dass sie den Tod der Trägerinnen herbeiführen, dann ist
der Ring geschlossen und ein Zweifel darüber wohl nicht mehr zulässig,
dass Blastomyceteu im Stande sind, maligne Neubildungen hervorzurufen.'■
So haben also die beiden Arbeiten von Plimmer und Leopold,
beides competente und vertrauenswürdige Forscher, meine Untersuchungen
über die Bedeutung der Blastomyceten für die Entstehung der bösartigen
Geschwülste bestätigt und ergänzt.
Für den Fall, dass man über eine grosse Anzahl von Geschwülsten
verfügt, eine conditio sine qua non für das Gelingen der Arbeit, so
wissen wir, welche Technik wir anwenden müssen, um die Parasiten zu
isoliren.
Wir wollen hoffen, dass mit der Zunahme von positiven Unter¬
suchungen über diesen Gegenstand endlich einmal der systematische
Skepticismus, welcher mehr auf vorgefassten Meinungen und Vorurtheilen
einer Schule, als auf wirklichen Thatsachen beruht, aufhört.
Gck igle
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Über die pathogene Wirkung der Blastomyceten.
873
Es scheint mir hier am Platze, darauf hinzuweisen, was neuerdings
Czerny 1 , der berühmte Kliniker Heidelbergs, ausgesprochen hat. Er sagt:
„Obgleich es ja schwer sein mag, vom klinischen Standpunkte aus neue
Beweise für die parasitäre Theorie beizubringen, halte ich es doch für
wünschenswerth, die Gründe zusammenzufassen, welche mich veranlassen,
an dieser Theorie vorläufig festzuhalten, wenn auch alle bisher beschrie¬
benen Parasiten unter dem kritischen Blicke der Skeptiker sich als „de-
generirte Kerne, degenerirte Kerntheiluugsfiguren . . ., Schleim, Colloid,
Hyalin oder in Zellen aufgenommene Leukocyten und deren Zerfalls-
producte heraussteilen sollten. Zunächst hat die parasitäre Theorie eine
grosse Zahl bedeutender Forscher zu immer neuen Untersuchungen an¬
geregt, und wenn auch die Resultate der allerstrengsten Kritik nicht
Stand halten, so lassen sich dieselben doch auch nicht mit einem, wenn
auch durch lange Studien begründeten Federstrich beseitigen, wie es
Ziegler versucht hat“
Eine weitere Bestätigung bringt die Arbeit von Bra 2 , welcher aus
einer grossen Zahl von Neoplasmen, Ovarialcarcinomen, Zungenepitheliomen,
Brustcarcinomen, Sarkomen des Kiefers u. s. w. einen Blastomyceten
isolirt hat, welchen er richtiger Weise in die Familie der Ascomyceten
einreiht
Die Methoden, welche befolgt wurden, um Culturen zu erhalten, waren
die Zerstückelung des Krebsgewebes und der Aderlass. Als Nährboden
verwendete Bra Bouillon vom Euter einer Kuh, bisweilen mit Zusatz von
1 Procent Glycose. Von dem Krebsgewebe waren die Culturen leichter
zu erhalten als aus dem Blute.
Der Parasit erscheint in der Gestalt von Kugeln oder cyliudrischen
Zellen. Die Culturen des Parasiten, besonders auf festen Nährböden,
nehmen mit dem Verlaufe der Zeit eine rosige Farbe an. Innerhalb der
Gewebe ist der Parasit ebenfalls rundlich oder hat die Gestalt mehr oder
weniger regelmässig cylindrischer Zellen.
Bra bestätigt das, was ich in meinen früheren Arbeiten ausgesprochen
habe, nämlich, dass die Parasiten innerhalb der Gewebe ähnlich sind jenen
Gebilden, welche als Coccidien oder Fuchsinkörperchen beschrieben wurden.
Wurden reine Culturen des Parasiten Kaninchen in die Venen ein¬
geimpft, so führten sie den Tod derselben am 4. oder 5. Tage herbei,
und bei der Section zeigten die Thiere das Herz mit kleinen mykotischen
Knötchen bestreut, die Nieren congestionirt und bedeckt mit kleinen
1 Czerny, Warum dürfen wir die parasitäre Theorie für die bösartigen Ge¬
schwülste nicht aufgeben? Beiträge sur klin. Chirurgie. Bd. XXV.
* Bra, Le Champignon parasite du cancer. La Breme Medical. Fevrier 1899.
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Fkancesco Sanfelice:
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braunen Flecken, die Leber gekörnt Wurde die Cultur in das Unterhaut-
bindegewebe oder in die Milchdrüsen eingeimpft, so entstand eine faserig-
sarkomatöse Geschwulst. Es kam auch bisweilen Tor, dass das Thier an
Marasmus starb, ohne pathologische Veränderungen aufzuweisen.
Wurde die Cultur Hunden in die Milchdrüsen eingeimpft, so entstaud
eine Schwellung, welche sich auflösen, aber auch im Laufe von 6 Monaten
die Grösse einer Nuss erreichen konnte. Diese Geschwulst konnte die
Structur eines Fibrosarkoms oder diejenige eines typischen Carcinoms haben.
Diejenigen Hunde, welche ohne localen Erfolg geimpft wurden, konnten
nach Verlauf einiger Monate Geschwülste an den Eingeweiden, mit Vor¬
liebe am Darme, zeigen.
Bra kam zu folgenden Schlüssen:
1. En injectant ä des animaux les cultures d’un Champignon prove-
nant de careinomes humains et cultive par nous ä l’ötat de puretö, nous
avons cröö des tumeurs ayant indifförement la structure typique du fibro-
sarcome et du carcinome.
2. Les ensemencements de ces tumeurs experimentales donnent regu-
lierement, comme ceux des tumeurs humaines, des cultures du parasite.
Auch Casagrandi 1 2 hat neuerdings aus einem kleinzelligen Sarkome
beim Menschen einen Blastomyceten isolirt, welchem er den Namen
Saccharomyces infiltrans beilegte. Einimpfungen reiner Culturen bei
Thieren führte zur Bildung von Knötchen mit Infiltrationen oder mit
eiterähnlichem Inhalte. Der Verfasser verspricht eine ausführliche Ab¬
handlung über die pathogenen Eigenschaften dieses Mikroorganismus.
Zuletzt möchte ich noch auf Sawtchenko *, einen sehr competenteu
Beobachter, hinweisen, welcher in den vergangenen Jahren die als Coccidien
angesehenen Parasitenformen eingehend studirt hat und auch neuerdings
wieder auf denselben Gegenstand zurückgekommen ist. Er hat die Para¬
siten untersucht, welche in den Endotheliomen Vorkommen, und hat sich
überzeugt, dass die als Coccidien beschriebenen Formen vielmehr zu den
Blastomyceten gehören. Verfasser schliesst seine Arbeit folgendermaassen:
„Cette hypothese que les parasites des tumeurs se rapportent aux lörures,
önoncöe par Sanfelice et confirmee par nos recherches morphologiques
actuelles, peut etre tres feconde dans ses suites, et on peut etre sür que
les recherches pour obtenir des cultures des blastomycötes specifiques.
surtout dans les endotheliomes, donneront, töt ou tard, un resultat positif.“
1 Casagrandi, Ricerehe suir azione patogena dei blastomiceti. Annali d'Igienc
Sperimenfale. 1899. Vol. IX.
2 Sawtchenko, Les sporozoaires des tumeurs malignes et les blastomyceten
pathogenes. Archives Kusses des Sciences Kiologiques . 1898.
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ÜüEB DIE PATHOGENE WIRKUNG DER BLASTOMYCETEN.
375
Von denjenigen Arbeiten, welche sich gegen die Bedeutung der
Blastomyceten für die Entstehung der bösartigen Geschwülste beim
Menschen auflehnen, führe ich nur einige an, weil sie sich im Allgemeinen
ähnlich sind. Wir haben da solche, welche sich nur auf mikroskopische
Untersuchungen stützen und andere, die auch über Experimente verfügen.
In den ersten fährt man immer weiter fort zu behaupten, dass die als
Blastomyceten beschriebenen Gebilde nichts weiter sind, als zellige De-
generationsproducte. In den Arbeiten der zweiten Kategorie wird auf
sehr wenig Experimente hin, die in wenigen Monaten angestellt wurden,
die Behauptung aufgestellt, dass die Blastomyceten nicht im Stande sind,
bösartige Geschwülste hervorzurufen. Eine Arbeit, welche in Anbetracht
der Ernsthaftigkeit der Untersuchungen, wegen der grossen Zahl der
untersuchten Geschwülste, mit den oben besprochenen Arbeiten von
Plimmer und Leopold einen Vergleich aushalten könnte, ist bisher
noch nicht erschienen.
Eine von den gegnerischen, nur auf mikroskopische Untersuchungen
gegründete Arbeit ist diejenige von Sternberg. 1 Zu Grunde lag derselben
ein Adenocarcinom des Ovariums mit Metastasen in der Leber, den Nieren,
den Lymphdrüsen und Knochen. Besonders in der Metastase der Leber
befanden sich zahlreiche Zelleinschlüsse. Ferner traf Steruberg zahl¬
reiche Zelleinschlüsse bei einem Brustkrebs und einem primären Carcinom
der Leber. Nach ihm sind alle diese als Parasiten beschriebenen Ein¬
schlüsse entweder Producte einer hyalinen, colloiden und schleimigen De¬
generation oder auch Reste von Leukocyten oder rothen Blutkörperchen (!).
Verfasser hat auch einige Präparate des Dr. Grassberger untersucht,
welcher einem Meerschweincheu von mir an Kral gesendete pathogene
Blastomyceten eingeimpft hatte. Nachdem er das Aussehen der Blasto¬
myceten in den Schnitten durch die Geschwulst des Unterhautbinde¬
gewebes, welche durch die Einimpfung einer reinen Cultur des Parasiten
entstanden war, beschrieben hat, sagt er: „Es ist nicht zu leugnen, dass
einzelne dieser Gebilde an verschiedene der früher in den Tumoren be¬
schriebenen Zelleinschlüsse erinnern und vielleicht auch thatsächlich mit
diesen verwechselt werden können.“
Sonderbar ist es, wenn Verfasser aus dem Resultate mit dem einzigen
mit einem Blastomyceten, welcher nicht der Saccharomyces neofor-
mans war, geimpften Meerschweinchen schliesst: „Wir möchten auch
darauf noch hinweisen, dass die Sanfelice’schen Blastomyceten im Thier¬
körper keinen Tumor im engeren Sinne des Wortes hervorriefen, sondern
1 Steruberg, Ueher die Zelleinschlüsse in Careinomen und ihre Deutung als
Blastomyceten. Ziegler’s Beiträge. Bd. XXV.
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Francesco Saneelice:
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nur die Veranlassung zur Entstehung eines entzündlichen, central zer¬
fallenden Granulationsgewebes gaben, das auch nicht im Entferntesten au
ein Carcinom oder Sarkom erinnert und nie und nimmer mit demselben
in Parallele gestellt werden kann.“
Wie ich mich schon in meinen früheren Arbeiten ausgesprochen bäte,
haben derartige Arbeiten von einer rein histologischen Richtung gar keinen
Werth. Der Verfasser hat nicht ein einziges Experiment gemacht und
spricht sich mit grosser Prätension gegen die Wichtigkeit der Blasto¬
myceten für die Entstehung der bösartigen Geschwülste aus. Nun aber
kann man, wenn man nicht den Weg des Experimentes einschlägt, nichts
sehen, und daher auch keine Schlüsse ziehen. Es wäre besser gewesen,
wenn Sternberg, anstatt seine Zeit mit unnützen und keinen Schluss
erlaubenden Untersuchungen zu verlieren, gelernt hätte, eine lange Reihe
von Experimenten mit vielen menschlichen Geschwülsten und mit vielen
Thierimpfungen anzustellen.
Eine andere, die parasitäre Theorie der Geschwülste bekämpfende
Arbeit ist die erst kürzlich erschienene von Petersen und Exner. 1 Es
scheint bald so, als ob der einzige Beweggrund, welcher die Verfasser
zur Veröffentlichung ihrer Arbeiten angespornt hat, nur der gewesen ist,
bei einer actuellen Frage sich citirt zu sehen, denn etwas Neues sucht
man vergeblich bei ihnen. Es wäre besser gewesen, wenn sie sich hätten
entschlossen können, erst noch eine Reihe von Jahren zu arbeiten, ehe
sie ihre Untersuchungen publicirten.
Diese Autoren geben an, dass sie mit den Saccharomyces neofor-
mans, den sie sich von Kral in Prag verschafften, gearbeitet haben.
Nun, ich habe an Kral diesen Saccharomyceten überhaupt nicht geschickt,
sondern einen für Meerschweinchen pathogenen Blastomyceteu, welcher
von dem Saccharomyces neoformans gänzlich verschieden ist. Sie
werden wohl denselben Blastomyceten gehabt haben, von dem Sternberg
in seiner oben citirten Arbeit spricht. Sie haben auch mit dem Saccharo¬
myces hominis von Busse gearbeitet. Die Impfungen wurden an
Meerschweinchen und weissen Mäusen vorgenommen. Sie haben meine
Resultate, dass die intraperitoneale Infection bedeutendere pathologische
Veränderungen hervorruft, als die subcutane, bestätigt. Ebenso bestätigen
sie die Thatsache, dass bei den Meerschweinchen eine starke Anhäufung
von Blastomyceten und eine spärliche Reaction von Seiten des Gewebes
statt findet.
1 Petersen und Exner, Ueber Hefepilze und Geschwulstbildung. Beiträge
zur klin. Chirurgie. Bd. XXV.
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ÜjBEIi DIE EATHOGENE WlKKÜKG DElt BdaSTOMYCETEN.
377
Die Verfasser befinden sich aber in einem sehr schweren Irrthum,
wenn sie glauben, dass sie bei Meerschweinchen und weissen Mausen
Krebs hervorbringen könnten. Hätten sie die über diesen Gegenstand
veröffentlichten Arbeiten gelesen, dann würden sie gewusst haben, dass
bis zur Zeit bei Meerschweinchen und weissen Mäusen durch Einimpfung
pathogener Blastomyceten weder Krebse noch Sarkome erzeugt worden sind.
Die Schlussfolgerungen ihrer Arbeit sind folgende:
„1. Die ausserordentlich vielgestaltigen, als „parasitär“ gedeuteten
Zelleinschlüsse des Carcinoms hissen sich nur zum allerkleinsten Theile
mit Formen aus der Eutwickelungsreihe des Saccharomyces identificiren.
2. Die Reinzüchtung von Hefen aus echten malignen Tumoren ist
bisher so selten gelungen, dass es sich bei den positiven Ergebnissen wohl
um zufällige Verunreinigungen oder um rein saprophytische Formen ge¬
handelt hat. Wir wollen hier nur kurz erwähnen, dass es auch uns in
22 Fällen von nicht ulcerirten Carcinomen und Sarkomen trotz ver¬
schiedenster Methoden und Nährböden nie gelungen ist, eine Hefecultur
zu erzielen.
3. Diejenigen thierischen und menschlichen Erkrankungen, als deren
Ursache Hefepilze mit voller Sicherheit oder mit hoher Wahrscheinlichkeit
nachgewiesen wurden, haben entweder überhaupt nichts zu thun mit den
malignen Tumoren (Hautgeschwüre, Endometritis, Rhinitis), oder sie haben
mit diesen nur eine ganz oberflächliche Aehnlichkeit (z. B. Busse’s
Saccharomycose; Curti’s Myxom). Dasselbe gilt von allen bisher experi¬
mentell durch Hefepilze producirten pathologischen Gebilden; dieselben
gehören sämmtlich zur Gruppe der infectiösen Granulationsgeschwülste
und nicht zu den echten Tumoren. Am ehesten besteht noch die Aussicht,
dass einzelne Formen von malignen Symptomen als Saccharomyces-Infec-
tionen sich erweisen.“
Ich überlasse es dem Leser zu beurtheilen, ob Petersen und Exner
solche Schlüsse, wie eben angegeben, ziehen durften, nachdem sie pathogene
Blastomyceten Meerschweinchen und weissen Mäusen, also Thiereu, welche
nicht im Stande sind, Carcinome und Sarkome zu bekommen, eingeimpft
hatten, und nachdem sie lediglich von 22 Geschwülsten die Culturen
verwendet hatten.
Auf die anderen, der parasitären Theorie der bösartigen Geschwülste
gegnerischen Arbeiten halte ich es nicht für nöthig, näher einzugehen.
Sie sind im Wesentlichen ebenso ausgeführt, wie die bereits referirten.
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Francesco S anfelice:
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n.
Ich habe Gelegenheit gehabt, vier pathogene Blastomyceten ver¬
gleichend zu studiren, und ich halte es daher für angezeigt, ihre morpho¬
logischen und culturellen Eigenschaften zu beschreiben, um ihre Identität
festzustellen. Es waren folgende: 1. der Saccharomyces neoformans,
der einzige pathogene unter den vielen aus gährenden Fruchtsäften iso-
lirten Blastomyceten, den ich gefunden habe; 2. der Saccharomyces
lithogenes, isolirt von mir aus den Lymphdrüsen eines Ochsen, welcher
an einem primären Carcinom der Leber gestorben war; 3. ein pathogener
Blastomycet, isolirt aus einem Adeno-Carcinom eines Ovariums; 4. der
von Flimmer aus einem Brustkrebs isolirte pathogene Blastomycet
Es ist sicher von Interesse, vier pathogene Blastomyceten gänzlich
verschiedenen Ursprunges mit einander zu vergleichen. Derartige Unter¬
suchungen können allen denjenigen Forschern nützlich werden, welche
diese pathogenen Mikroorganismen in den bösartigen Geschwülsten und io
dem umgebenden Medium aufsuchen.
Alle diese vier pathogenen Blastomyceten haben die Eigenschaft, die
Gelatine nicht zu verflüssigen und sich gleichmässig gut, sowohl in neu¬
traler oder leicht alkalischer Gelatine, als auch in leicht mit Weinstein¬
säure angesäuerter zu entwickeln.
Auf Gelatineplatten unterscheiden sich die Colonieen an der Oberfläche
etwas von den tiefer liegenden. Die ersteren sind rund, von der Grösse
eines Stecknadelknopfes, von weisser Farbe und ein wenig über die Ober¬
fläche des Nährbodens erhaben. Die tieferen Colonieen sind kleiner, kugelig
oder scheibenförmig, gut umgrenzt, von gelblich-weisser Farbe. Auf Agar-
platten haben die Colonieen dasselbe Aussehen.
Stichculturen in Gelatine entwickeln sich üppig an der Oberfläche
und längs des Einstiches. An der Oberfläche bildet sich ein dicker, weisser.
mehr oder minder ausgedehnter Belag, und längs des Einstiches entwickelt
sich ein gelblich-weisser, aus einer Reihe kleiner, dicht benachbarter Co¬
lonieen zusammengesetzter Streifen.
Auf der Oberfläche von schief in den Röhren erstarrtem Ag.ir ent¬
wickeln sich alle vier Blastomyceten als ein weisser, dichter, regelmässig
umrandeter Belag.
Sehr charakteristisch ist die Cultur an der Oberfläche von Kartoffeln.
Anfangs entsteht ein weissgefärbter, gut umrandeter, über die Oberfläche
des Nährsubstrates erhabener Belag von trockenem Aussehen. In den
folgenden Tagen (3, 4 oder 5 und mehr Tage nach der Vornahme der
Impfung, je nach der Temperatur der Umgebung) wird die Farbe scbmutzig-
weiss, und diese Verfärbung nimmt immer mehr zu, bis sie kastanien-
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ÜBEli DIE l’ATUOGKNE WIRKUNG DER BLASTOMYCETEN.
379
braun wird, wie der Belag, welchen der Vibrio der Cholera und der Rotz¬
bacillus auf Kartoffeln bilden.
Wenn die Culturen in flüssigen Nährböden mit Zusatz von 1 Procent
Glycose angesetzt werden, so tritt eine rapide Entwickelung ein, wobei
mitunter an der Oberfläche der Flüssigkeit ein Häutchen gebildet und
diese selbst leicht getrübt wird.
Macht man von diesen verschiedenen Nährsubstraten mit einfachem
Wasser mikroskopische Präparate und betrachtet man diese bei starker
Vergrösserung, so erscheinen die Parasiten rund oder schwach elliptisch.
Einige haben ein homogenes Protoplasma, andere führen in diesem homo¬
genen Protoplasma verschieden grosse, das Licht intensiv brechende Körn¬
chen. An den jungen Elementen ist eine Membran nicht gut zu unter¬
scheiden, während bei den erwachsenen Elementen eine doppelt begrenzte
Membran sichtbar ist.
Bringt man etwas von der Nährflüssigkeit mit diesen Parasiten in
einen Tropfen und verfolgt man die Vermehrung im Gesichtsfelde des
Mikroskopes, so sieht man, dass diese durch Knospung stattfindet, ähnlich
wie es innerhalb des Organismus der Fall ist. Es wölbt sich zunächst
die Membran des betreffenden Elementes nach aussen, dann entsteht eine
kleine Knospe, welche an Grösse zunimmt und sich endlich ablöst Diese
Ablösung erfolgt manchmal, wenn die Knospe noch ganz klein ist, während
umgekehrt dieselbe auch erst dann stattfinden kann, wenn die Knospe
die Grösse der Mutterzelle erreicht hat.
Soviel ich auch mit diesen pathogenen Blastomyceten Culturversuche
in allerverschiedensten Nährsubstraten gemacht habe, so ist es mir den¬
noch niemals gelungen, eine Vermehrung durch endogene Sporen zu be¬
obachten.
Stellt man von jungen Culturen Trockenpräparate her und färbt diese
mit den gewöhnlichen alkoholisch-wässerigen Lösungen der Anilinfarben, so
sieht man, dass der grösste Theil der Elemente sich intensiv und homogen
färbt. Nur einige grössere Elemente lassen eine intensiv gefärbte, doppelt
conturirte Membran und im Innern eiuen Unterschied zwischen einer
intensiver und einer anderen weniger intensiv gefärbten Substanz erkennen.
Bei den Culturversuchen mit diesen pathogenen Blastomyceten habe
ich niemals die Bildung von Hyphen beobachtet. Nur im Organismus
der Meerschweinchen sieht man mitunter, wie von einer runden Parasiten¬
form ein kurzer Faden entspringt. Solche Formen sind abgebildet auf
der ersten Tafel meiner ersten Abhandlung 1 über die pathogene Wirkung
der Blastomyceten.
1 Sanfelice, Ueber die pathogene Wirkung der Blastomyceten. I. Abhandlung.
Diese Zeitschrift. 1895. Bd. XXI.
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Fhancesco Sanfeuce:
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Werden diese pathogenen Blastomyceten Meerschweinchen in den
Unterleib eingeimpft, so liefern sie den gleichen anatomisch-pathologischen
Befund. Ursprünglich gab der Saccharomyces lithogenes, wenn er
Meerschweinchen in den Unterleib eingeimpft wurde, nicht die gleichen
Befunde wieder Saccharomyces neoformans; nachdem er aber wieder¬
holt seinen Weg durch Meerschweinchen genommen hatte, lieferte er doch
auch den ganz gleichen Befund als dieser. Bemerken muss ich noch,
dass sowohl der Saccharomyces neoformans, als der aus dem Adeno-
carciuom des Eierstockes isolirte pathogene Blastomycet und der vun
Plimmer gefundene die Eigenschaft', wenn auch in geringerem Grade,
besitzen in den Geweben der Meerschweinchen, besonders in den Niereu.
unter Bildung kalkiger Massen zu degeneriren.
Der Tod tritt bei den in den Unterleib geimpften Kaninchen nach
20 bis 30 Tagen ein. Im Bauche constatirt man dann eine Peritonitis,
die mau mit Recht eine neoplastische nennen kann. Die ganze Oberfläche
des Peritoneums ist von einer milchigen Flüssigkeit bedeckt und au dir
Oberfläche derselben, besonders am seitlichen Peritoneum, sieht man ver¬
schieden grosse Knötchen. Das grosse Epiploon zeigt in seiner ganzen
Ausdehnung zahlreiche Knötchen. Die Lymphdrüsen des Mesenteriums
sind stark vergrössert. Verschieden grosse Knötchen trifft man auch in
der Milz, in der Leber, in den Lungen und im Gehirn.
Alle diese vier pathogenen Blastomyceten, mögen sie nun gefärbt
oder im ungefärbten Zustande betrachtet werden, stellen sich in den Ge¬
weben in gleicher Weise dar.
Interessant ist ferner die Thatsache, dass diese vier von mir studirten
pathogenen Blastomyceten Hunde tödten, wenn sie ihnen in die Venen
eingeimpft werden (jedoch nicht immer, wie wir weiter unten sehen werden),
mit eiuem anatomisch-pathologischen Befuude, welcher verschieden ist von
dem, welchen wir bei den Meerschweinchen beobachten, welche in Folge
einer Impfung in den Unterleib gestorben sind. Bei den Meerschweinchen
haben wir eine starke Vermehrung der Parasiten und eine schwache Re¬
uet ion von Seiten des Gewebes, so dass wir sagen können, die Geschwülste
werden hier mehr durch die Anhäufung der Parasiten als durch Neu¬
bildung vom Gewebe veranlasst. Bei den Huuden hingegen ist die Ver¬
mehrung der Parasiten spärlich, reich dagegen die Wucherung Seitens der
Elemente des Bindegewebes.
Die Hunde starben nach 1, V/ 2 , 2 und mehr Monaten und zeigen
pathologische Veränderungen neoplastischer Natur in den Nieren (am
häutigsten), in der Milz, in der Leber, in den Lungen und im Gehirne.
Mitunter gewahrt man auch locale Erscheinungen in den Augen. Dieser
anatomisch-pathologische Befund ist vollkommen identisch mit demjenigen.
Gck igle
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Über die pathogene Wirkung der Beartomyceten.
381
welcher in meiner 5. Abhandlung 1 über die Wirkung der pathogenen
Blastomyceten vom Saccharomyces neoformans beschrieben wurde.
Die von mir isolirten pathogenen Blastomyceten haben sowohl in den
jungen als auch in den alten Culturen stets dasselbe pathogene Vermögen
bewahrt. Ich besitze Culturen auf Kartoffeln, welche bereits ein Alter
von 2, 3 und 4 Jahren haben, und doch genügt es, die Oberfläche davon
mit etwas sterilisirtem Wasser zu befeuchten und eine Uebertragung auf
neue Substrate vorzunehmen, um stets zu sehen, dass sie gedeihen. Werden
alte Culturen Meerschweinchen eingeimpft, so erweisen sie sich in ganz
gleicher Weise pathogen als die jungeu Culturen.
Ausserdem erweisen sich die Culturen der von mir isolirten Blasto¬
myceten gleichmässig pathogen, gleichgültig, ob sie in der Luft oder bei
Abwesenheit von Luft hergestellt wurden.
Im letzten Jahre habe ich nun auch mit dem mir gütigst von
Pli mm er übersendeten Blastomyceten Versuche angestellt, indem ich ihn
bei Anwesenheit und Abwesenheit von Sauerstoff cultivirt habe, und ich
konnte mich davon überzeugen, dass sowohl die einen als die anderen
Culturen sich gleichmässig pathogen für die Versuchsthiere erwiesen.
Die Blastomyceten in den bei 37° ausgetrockneten Organen der in
Folge von endovenöser Impfung gestorbenen Hunde widerstehen nicht so
lange als die Culturen auf Kartoffeln. Wurden kleine Stückchen der
Nieren von Hunden, welche in Folge von endovenöser Impfung mit patho¬
genen Blastomyceten gestorben waren, genommen, in sterilisirtem Wasser
zerkleinert und dann in sterilisirten Glasröhren vor Licht geschützt 10 bis
11 Monate auf bewahrt, so führten die Emulsionen davon, wenn sie Hunden
in die Vene injicirt wurden, nicht deren Tod herbei. Gelatineplatten,
welche mit derselben Emulsion geimpft wurden, blieben stets steril. Man
kann also sagen, dass nach Verlauf eines Jahres und vielleicht schon
früher die pathogenen Blastomyceten in den Organen der in Folge endo¬
venöser Impfung verendeten Thiere absterben. In den Culturen auf
Kartoffeln dagegen halten sie, wie schon oben gesagt, vier und mehr
Jahre aus.
III.
In diesem Capitel will ich über die Resultate berichten, welche ich
bei einer Reihe von Impfungen mit pathogenen Blastomyceten in das
Cornealepithel von Hunden erhalten habe. Ich stellte diese Versuche an.
1 Sanfelice, Ueber die pathogene Wirkung der Blast,omyooten. V. Abhandlung.
Diese Zeitschrift. 1898. Bd. XXIX.
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Francesco Sanfelice:
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um die Wirkung zu verfolgen, welche diese Parasiten auf Epithelzellen
im Stunde waren auszuüben.
Die ersten Versuche dieser Art wurden von Plimmer gemacht, und
ich habe oben mitgetheilt, was dieser in Bezug hierauf angiebt. Er hat
wohl die Wucherung des Epithels beobachtet, aber keine eingehende Be¬
schreibung davon gegeben, wie diese stattfindet, und über die Art und
Weise, wie sich die Parasiten dabei verhalten. Ich nahm mir nun vor.
eines Theils das Schicksal der Parasiten und anderen Theils die Epithel¬
wucherung zu studiren.
Ich habe nun Versuche mit allen vier pathogenen Blastomyceten in
meinem Besitze angestellt und kann mittheilen, dass sie alle dazu im
Stande sind, wenn sie in das Cornealepithel eingeimpft werden, eine der¬
artige Wucherung der Epithelzellen herbeizuführeu, dass man in der That
von einer Neubildung reden kann. Control versuche, welche mit mecha¬
nischen, physikalischen und chemischen Mitteln angestellt wurden, erg-aben
niemals eine derartige Neubildung. Ausserdem habe ich auch noch zahl¬
reiche Impfungen mit reinen Culturen nicht pathogener, aus gährendt-n
Fruchtsäften isolirten Blastomyceten angestellt, aber niemals irgend eine
Wucherung der Epithelzellen beobachtet.
Aus diesem Grunde hat die Impfung der Cornea mit Blastomyceten
eine grosse Bedeutung für die Entscheidung der Frage, ob es sich um
einen pathogenen Blastomyceten handelt oder nicht, ähnlich wie es zuerst
Guarnieri für die Lymphe der Kuhpocken nachgewiesen hat.
Die Impfung der Cornea bei den Hunden nahm ich in folgender
Weise vor. Die Augenlider wurden mit einer kleinen sterilisirten Lanzette
aus einander gezogen, und dann wurden zahlreiche Kratzungen auf der
Cornea angebracht. Mit einer Platinnadel wurde hierauf ein wenig einer
meist von Kartoffeln genommenen Cultur darauf gebracht. Natürlich
machte ich nur Gebrauch von den Fällen, wo nicht in Folge der Impfung
an der Cornea auf die gewöhnlichen pathogenen Staphylokokken zurück-
führbare Complicationen eintraten.
Nach 10, 20 Tagen, 1, 2 und 3 Monaten wurde den Hunden die
Cornea abgetragen. Sobald der Augapfel herausgenommen war, wurde
derselbe sorgfältig wiederholt mit Wasser gewaschen, um jede Spur von
Blut oder auf der Cornea abgelagertem Schmutze zu entfernen. Dann
wurde die ganze Cornea abgeschnitten und entweder in Sublimat-Essigsäure
(kaltgesättigte Lösung von Sublimat mit 1 Procent Essigsäure), oder in
absolutem Alkohol oder in Müll er’scher Flüssigkeit conservirt Zum
Färben benützte ich ohne Unterschied Jod-Hämatoxylin oder auch die
Doppelfarbuug.
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ÜBEB DDO PATHOGENE WIRKUNG DER BlASTOMYCETEN.
383
Die Färbung mit Hämatoxylin in toto gab mir die besten Resultate.
Die Parasiten können leicht erkannt werden, auch von einem wenig ge¬
übten Auge, weil sie eine ganz andere Färbung annehmen als die Ele¬
mente des Gewebes wegen ihrer metachromatischen Eigenschaft.
Eine Doppelfärbung erhält man, indem man zuerst mit Mayer’schem
Paracarmin in toto und dann die Schnitte mit Gentianaviolett färbt, nach
der in den früheren Arbeiten beschriebenen Methode.
Die Schnitte wurden theils senkrecht, theils tangential zur Oberfläche
der Cornea ausgeführt.
Makroskopisch beobachtet man in den ersten Tagen nach der Vor¬
nahme der Impfung eine leichte Trübung der Cornea, welche in den
folgenden Tagen stärker wird, so dass eine Verdickung von weisslicher
Farbe wahrzunehmen ist. Diese Epithelverdickung ist nicht gleichmässig
in ihrer ganzen Ausdehnung, sondern hier mehr, dort weniger ausgesprochen.
Einige Hunde, an deren Cornea ich die Impfung vorgenommen hatte,
habe ich leben lassen. Die Epithelverdickung schwand jedoch nie, wenn
sie auch immer begrenzt blieb und keine Störung des Allgemeinbefindens
des Thieres verursachte.
Aus dem Studium der Schnitte konnte ich ersehen, dass in der ersten
Zeit ein Theil der Parasiten in den Körper der Epithelzellen hineindringt,
ein anderer Theil unter dasselbe eindringt und zum grössten Theile von
den Leukocyten aufgenommen wird.
In einer späteren Zeit (nach 20 und mehr Tagen) tritt eine Ver¬
minderung der Zahl der Parasiten ein, und die Wucherung der Epithel¬
zellen beginnt.
Höchst interessant ist das Studium der parasitären Gebilde im Innern
der Epithelzellen. Man kann die Parasiten eintheilen in junge, mittlere
und erwachsene oder alte, bereits in Degeneration begriffene. Alle haben
die gemeinsame Eigentümlichkeit, dass sie sich im Protoplasma der Zellen
einen Hohlraum aushöhlen, so dass sie alle von einem hellen Hofe um¬
geben scheinen, der eben diesem Hohlraume entspricht.
Die jungen Formen (Taf. VII, Figg. 3 u. 9) (die Ausdrücke Junge“,
„mittlere“ und „erwachsene“ Formen beziehen sich nur auf die Grösse
und nicht auf das Alter der Parasiten) sind kleiner und entsprechen den
typischen Fuchsinkörpern Russe 11’s. Sie sind entweder homogen und
intensiv gefärbt oder lassen einen intensiv gefärbten mittleren und einen
weniger intensiv gefärbten peripherischen Theil erkennen.
Die mittleren Formen (Taf. VII, Figg. 2, 4, 5, 7, 10) sind entweder
homogen und intensiv gefärbt, wobei sie dann bisweilen eine hyaline
Membran aussen um den intensiv gefärbten Theil zeigen, oder weisen
eine Differenzirung in der chromatischen Substanz auf, derart, dass diese
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entweder auf die Peripherie beschränkt ist, oder in Gestalt eines chro¬
matischen Kernes in der Mitte liegt.
Die erwachsenen Formen (Taf.YII, Fig. 8) besitzen wenig chromatische
Substanz, ja manchmal sogar gar keine, so dass sie dann wie ein hyaliner
Kreis erscheinen. In diesem Falle ist von dem Parasiten nichts weiter
übrig als die Membran, und der protoplasmatische, das Chromatin ent¬
haltende Inhalt ist absorbirt worden.
Oft kann man in ein und derselben Epithelialzelle mehrere Parasiten
sehen (multiple Infection bei Soudakewitch).
In dem Gewebe unterhalb des Epithels findet man in Zellen liegende
und freie Parasiten, welche dieselben Structureigenthümlichkeiten besitzen,
wie sie eben beschrieben wurden.
In einigen Epithelzellen der Cornea beobachtet man Leukocyten.
welche sich jedoch leicht von den Parasiten unterscheiden lassen.
1. Nehmen die Kerne oder die Kernwerthe der in die Epithelzellen
eingedrungenen Leukocyten auf den mit Hämatoxylin gefärbten Schnitten
eine violette Farbe an, wie die Kerne der Epithelzellen, während die
Parasiten kastanienbraun gefärbt werden.
2. Ist der helle Hof, welcher die Infiltrationselemente umgiebt, viel
kleiner als derjenige um die Parasiten.
3. Haben die Parasiten die chromatische Substanz ganz anders ver¬
theilt, als es bei den Kernen der Leukocyten der Fall ist. An den Epi¬
thelialzellen der Cornea ist, von der durch die Parasiten bewirkte Aus¬
höhlung des Protoplasmas abgesehen, sonst weiter keine Veränderung zu
bemerken.
Schon oben habe ich gesagt, dass in einem zweiten Zeitabschnitte,
wann die Parasiten der Zahl nach abgeuommen haben, die Wucherung
des Epithels beginnt. Es tritt dann eine Störung in der Orientirung der
Zellenelemente ein, in der Art, dass entweder Fortsätze gebildet werdeu.
welche in das subepitheliale Gewebe eindringen und sich vergrössern, oder
dass sich wahre Nester und Klumpen von Zellen bilden, wie man sie bei
einigen Hautepitheliomen des Menschen wahrnimmt (Taf. VII, Fig. 1).
Es ist sehr leicht, sich von dieser epithelialen Neubildung zu über¬
zeugen, sowohl an Schnitten senkrecht zur Oberfläche der Cornea, als an
Tangentialschuitten, weil man die disorientirten zelligen Elemente leicht
unterscheiden kann.
Bei dieser Wucherung des Epithels kann man viele atypische karyo-
kinetische Figuren beobachten.
In Bezug auf das Verhältniss zwischen der Zahl der Parasiten und
der Wucherung des Epithels bemerkt man hier genau dasselbe, was ich
schon in früheren Arbeiten angegeben habe, nämlich dass mit der Zeit.
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Übeb die pathogene Wibkung deb Blastomyceten.
385
während welcher die Parasiten in dem Gewebe Vorkommen, ihre Zahl ab¬
nimmt, so dass man schliesslich, wenn das Epithel stark gewuchert hat,
nur noch eine spärliche Anzahl von ihnen antrifft. Diese Erscheinung
bezüglich der Impfung der Cornea mit pathogenen Blastomyceten beob¬
achtet man noch besser als bei den Meerschweinchen, bei Hunden und
Katzen, welche in den Unterleib oder in die Venen geimpft wurden. Ueber
die Natur der epithelialen Neubildungen, hervorgerufen durch Impfung
der Cornea von Hunden mit pathogenen Blastomyceten, kann ich mich
nach dieser ersten Beihe von Versuchen noch nicht aussprechen, hierzu
ist noch eine grössere Zahl von Versuchen erforderlich.
In der ophthalmologischen Litteratur spricht man von einem Papillom
und von einem Epitheliom der Cornea. Ein Fall von Papillom der Cornea
des Menschen wurde beschrieben von Szohalski in der Sitzung der oph¬
thalmologischen Gesellschaft zu Heidelberg am 4. September 1864. Ueber
einen Fall von Epitheliom der Cornea des Menschen berichtet Stellwag
von Carion, über ein anderes Steiner in der Nummer vom März 1896
des „Centralblattes für praktische Augenheilkunde“, über ein weiteres
Anbineau, und endlich noch in neuerer Zeit Parisotti. Wenn man
die Beschreibung dieser Epitheliome der Cornea, welche bei dem Menschen
beobachtet wurden, durchliest, so findet man genau dasselbe, was ich oben
über die Neubildung in dem Cornealepithel der Hunde gesagt habe.
IV.
Die endovenösen Impfungen der Hunde mit den vier pathogenen
Blastomyceten ergaben dieselben Resultate. Einige Thiere starben nach
1, l 1 /*, 2, 3 Monaten mit einem ähnlichen anatomisch - pathologischen
Befunde, wie ich ihn in meiner fünften Abhandlung beschrieben habe.
Andere wieder sterben in Folge ungeheurer Abmagerung, ähnlich wie ich
oben angegeben habe, ohne anatomisch-pathologische Veränderungen auf¬
zuweisen. Andere wieder magern einige Zeit nach Einimpfung der Cultur
etwas ab, erholen sich aber wieder, ohne eine Störung zu zeigen. Diese
letzten Hunde wurden nach mehreren Monaten getödtet, um zu sehen,
ob sie etwa Geschwülste hätten, aber nur ein einziger von zehn zeigte
eine Geschwulst in der Milz, von der weiter unten die Rede sein wird.
Diese verschiedenen Resultate, welche die endo venöse Einimpfung
pathogener Blastomyceten bei Hunden ergiebt, sind leicht zu erklären.
Im ersten Falle, d. h. also wenn die Thiere nach der endovenösen
Impfung in Folge bedeutender Cachexie und mit anatomisch-pathologischen
Veränderungen sterben, sind die in den verschiedenen Organen localisirten
ZMtMhz. u HjgteM. XLIV.
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Francesco Saneelice:
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Parasiten theils am Leben geblieben und haben die histologischen Ver¬
änderungen hervorgerufen, zum Theil sind sie vom Organismus zerstört
worden, welcher dadurch, dass er die Proteine von ihnen aufnahm, eine
Intoxication erlitt, welche in der Cachexie zum Ausdruck kam.
Im zweiten Falle, d. h. also wenn die Hunde nach der endovenOseu
Impfung in Folge von bedeutender Abmagerung sterben, sind sämmtlicke
Parasiten durch den Organismus zerstört worden, der nun durch die Auf¬
nahme deren Proteine eine Intoxication erfuhr.
Im dritten Falle, d. h. wenn die Thiere die Infection und Intoxi¬
cation überwinden, handelt es sich entweder um hervorragend refractäre
Individuen, oder die Parasiten sind in zu geringer Zahl eingeimpft worden.
Hierauf werde ich zurückkommen bei Gelegenheit der Studien, welche ich
jetzt begonnen habe über die Immunität und die Impfung gegen die
pathogenen Blastomyceten, und die ich im nächsten Jahre vollenden werde.
Dass die pathogenen Blastomyceten Proteine enthalten, welche im
Stande sind, den Tod der Thiere mit bedeutender Abmagerung herbeizu¬
führen, kann man leicht nachweisen, wenn man die Culturen durch Wärme
abschwächt und sie dann subcutan Hunden eiuimpft. In diesem Falle
sterben die Thiere in Folge ausserordentlicher Abmagerung, ohne irgend
welche anatomisch-pathologische Veränderungen aufzuweisen.
Die endovenöse Einimpfung der pathogenen Blastomyceten bei Hunden
kann Veranlassung geben zu einer diffusen Infection mit vielfacher Locali-
sation der Parasiten, ferner einer Infection mit geringer Localisation der
Parasiten, endlich zu einer Infection mit einer einzigen Localisation.
Die Neubildungen, welche bei Hunden in Folge endovenöser Impfung
mit den Parasiten auftreten, mögen sie nun vielfache oder einzige sein,
sind immer bindegewebiger Natur. Bei den Hunden, welche an diffuser
Infection sterben, bemerkt man anatomisch-pathologische Veränderungen
an den Nieren in Gestalt gelblich-weisser Knötchen in der Corticalsub-
stanz, in der Leber, in der Milz auch unter der Form von erbsengrossen
Knötchen, welche ein wenig über die Oberfläche hervorragen, in den
Lungen als Knötchen von der Grösse eines Hanfkornes auf der ganzen
Oberfläche, im Herzen als ganz ähnliche Knötchen wie bei der Lunge,
im Gehirn als Knötchen von verschiedener Grösse, besonders in der Corti-
calsubstanz, im Kleinhirn in ähnlicher Gestalt, im Rückenmark, in der
Retina als Neubildungen von verschiedener Ausdehnung.
Die Thiere, welche in Folge dieser diffusen Infection sterben, zeigen,
ausser der sehr bedeutenden Abmagerung, ein Schwanken beim Gehen,
fallen oft auf eiue Seite und verlieren das Sehvermögen, alles Störungen,
welche mit den pathologischen Veränderungen im Nervensystem in Be¬
ziehung stehen.
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ÜBER DIE l'ATHUGEEE WIRKUNG DER BLASTOMYCETEN.
387
Setzt man von allen den Organen, welche die genannten pathologischen
Erscheinungen aufweisen, Culturen an, so erhält man mit diesen beständig
positive Resultate.
Alle Neubildungen werden von Bindegewebszellen mit deutlich unter¬
scheidbarem Zellkörper gebildet. Die an einander gelagerten Zellen bilden
verschiedene, durch Bindegewebsfasern von einander getrennte Gruppen.
In der Leber scheinen die Zellen, welche die Neubildungen ausmachen,
endothelialen Ursprunges zu sein.
Die diffusen Infectiouen, welche bei den Hunden in Folge der endo-
venösen Impfung mit den pathogenen Blastomyceten auftreten, sind also
charakterisirt durch bindegewebige Neubildungen, welche denen entsprechen,
die Busse beim Menschen beobachtet hat.
Busse befand sich gegenüber einem neuen Falle von einer Krank¬
heit, welche durch einen neuen Parasiten, einen Saccharomyceten, hervor¬
gerufen worden war. Da er ihn nach den allgemeinen Kenntnissen der
pathologischen Anatomie deuten musste, deutete er ihn als einen Fall von
Pyämie. Man darf aber nicht vergessen, dass Chirurgen und mit ihnen
Busse die primäre pathologische Veränderung an der Tibia der Frau als
Sarkom diagnosticirt hatten. Die zweite Deutung von Busse steht also
im Widerspruch mit der ersten. Ich, für meinen Theil, hal'.e daran fest,
dass es sich um ein primäres Sarkom der Tibia mit darauffolgender Ver¬
breitung auf die Organe handelte; die Gründe, welche mich zu dieser
Auffassung bewegen, habe ich in meiner früheren Arbeit aus einander
gesetzt.
Wenn man endovenöse Impfungen bei den Hunden vornimmt, so er¬
hält man vielfache Localisationen der Parasiten uud daher auch vielfache
Neubildungen, nimmt mau aber die Impfung in Organen vor, so können
ganz ähnliche Fälle eintreten, wie der Fall von Busse war, nämlich die
Bildung einer bindegewebigen Geschwulst am primären Ort der Impfung
und darauf folgende Diffusion in die Organe.
Der einzige Unterschied liegt in dem rapiden Verlaufe, wenn die In-
jection in die Venen stattfand, dem gegenüber der Verlauf bei Impfung
von Organen weniger rapid ist.
Einige von den Hunden, welche in Folge von endovenöser Impfung
mit den pathogenen Blastomyceten starben, zeigten bei der Section keine
diffusen anatomisch-pathologischen Veränderungen in allen Organen, son¬
dern nur in den Nieren und manchmal auch in der Milz. Diese Befunde
sind wohl von den oben beschriebenen zu unterscheiden. Die histo¬
logischen Veränderungen dieser beiden Organe sind völlig gleich den¬
jenigen, welche sich bei den an diffuser Infection gestorbenen Hunden
finden.
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Francesco Sanfelice:
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In meiner zuletzt veröffentlichten Arbeit über die pathogene Wirkuug
der Blastomyceten habe ich mich in Bezug auf die durch endovenöse
Impfung mit dem Saccharomyces neoformans erhaltenen Resultate
folgendermaassen ausgedrückt: „Wären die in die Vene mit dem Sac¬
charomyces neoformans geimpften Hunde nicht nach 1 oder l l / 2 Monat,
sondern erst nach 8, 10 Monaten in Folge der Infection gestorben —
und ich bin sicher, dass mir solche Fälle Vorkommen werden —, so dürften
wir ohne Zweifel auf Grund der bisher beobachteten Thatsachen annehmen,
dass wir viel weiter ausgedehnte pathologische Veränderungen des Binde¬
gewebes würden angetroffen haben, und dass wir die Parasiten nicht nur
nicht cultiviren gekonnt, sondern mit aller Wahrscheinlichkeit nicht einmal
in den Geweben angetroffen haben würden. In diesem Falle wäre ich
nun sicher, dass jedweder pathologische Anatom die Diagnose auf einen
neoplastischen Process bindegewebiger Natur gestellt haben würde.“
Das, was ich vorausgesehen habe, ist nun wirklich bei einem Hunde
eingetroffen, welcher in die Halsvene mit einer reinen Cultur des Sac¬
charomyces neoformans geimpft und nach Monaten getödtet wurde,
weil er keine augenfälligen Abnormitäten zeigte, mit Ausnahme einer
etwas bedeutenden Abmagerung gegen den vierten und fünften Monat
nach der Impfung hin, von der er sich aber im sechsten Monat wieder
etwas erholte. Sofort nach der Tödtung wurde die Section vorgenommen
und keine andere pathologische Veränderung bei ihm gefunden, als eine
Geschwulst in der Milz, wie sie auf Taf. VI, Fig. 4 abgebildet ist.
Die Geschwulst hatte, was die Grösse und Form anlangt, von der
Bauchseite der Milz aus betrachtet, das Aussehen einer Kastanie. Von
der Rückenseite der Milz aus betrachtet erschien sie in zwei Theile ge-
theilt, von denen der eine kugelig und von der Grösse einer grossen
Kirsche war, der andere aus zwei Knötchen, einem grösseren und einem
kleineren, bestand, die durch einen ziemlich breiten Isthmus verbunden
waren. Der von den beiden Knötchen gebildete Theil setzte sich direct
in den anderen, an der ventralen Seite der Milz gelegenen Theil fort
Die Farbe der Geschwulst war die der Milz, nur an einigen Stellen war
sie dunkelroth. Die Consistenz war weich. Aufgeschnitten zeigte sie sich
aus einem compakten Gewebe gebildet und Hess keine Abgrenzung zwischen
den duukelrothen und theilweise auftretenden schwarzen Stellen erkennen.
Gleich nach dem Aufschueiden wurden Culturen in verschiedenen festen
und flüssigen Nährböden angesetzt, aber sämmtliche Culturen bUeben steril.
Nachdem die Geschwulst theils in Sublimat-Essigsäure, theils in ab¬
solutem Alkohol fixirt war, wurde sie mit May er’schein Paracarmin ge¬
färbt. Die auf dem Objectträger aufgeklebten Schnitte wurden mit Gen-
tianaviolett nachgefärbt, einige auch mit Jodhämatoxylin.
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Über die pathogene Wirkung der Blastomyceten.
B89
Die Geschwulst wurde gebildet von Zellen, deren Körper dicht neben
einander liegen und einen grossen Kern besitzen. Wollte man diese
Zellen zu den normalen Zellen der Milz in Beziehung bringen, so würden
sie den grossen ljmphoiden Zellen entsprechen, welche den Hanpttheil
der Milzpulpa ausmachen. Unregelmässige, aus einer mehr oder minder
grossen Zahl solcher Zellen gebildete Gruppen werden durch verlängerte
Bindegewebszellen von einander getrennt. Zwischen den Gruppen befin¬
den sich mehr oder minder grosse, von rothen Blutkörperchen gefüllte
Räume. Hier und da erblickt man zwischen den Elementen der Ge¬
schwulst mehr oder weniger grosse Mengen dunkelrothen Pigmentes. So
viel Schnitte ich auch durch die verschiedenen Theile der Geschwulst ge¬
macht habe, so konnte ich doch nirgends mehr die typische Structur der
Milz darin finden. Es ist keine gute Abgrenzung mehr zwischen den
Malpighi’schen Körpern und der Pulpa vorhanden.
In denjenigen Schnitten, in welchen grosse Anhäufungen rother Blut¬
körperchen zu sehen sind, bemerkte ich in Zerfall begriffene zellige Ele¬
mente mit vielen Resten nucleären Chromatins.
Der Rest der Milz, welcher nicht von der Geschwulst eingenommen
wurde, hatte normales Aussehen.
Die anderen Organe zeigten nichts Pathologisches. Die Lymphdrüsen,
der Darm, die Leber, die Nieren, die Lungen, das Herz und das Nerven¬
system wurden normal befunden.
Die Culturen, welche von den einzelnen Organen angesetzt wurden,
blieben ebenso vollkommen steril wie die Culturen von der Geschwulst.
Interessant war nun die Untersuchung der Parasiten in dem Gewebe
der Geschwulst.
Die Parasiten lagen theils frei, theils innerhalb der Zellen, waren
aber nur dort anzutrefifen, wo eben die zelligen Elemente lagen, aus deuen
die Geschwulst gebildet wurde. Die innerhalb der Zellen liegenden Para¬
siten sind rund, intensiv gefärbt und manchmal von einem hyalinen Hofe
umgeben; sie sind vollkommen den Russe 11’sehen Körperchen ähnlich.
Mehr als drei habe ich niemals in einer einzigen Zelle gefunden. Die
frei liegenden Parasiten haben dieselbe Structur wie die oben beschriebenen
und sind zu 8, 4, 5 bis 8 zusammeugruppirt. Unter diesen sieht man
einige in Knospung begriffen. Auch diese freien Parasiten entsprechen
den typischen Russell’schen Körperchen. Einige von ihnen zeigen ein
violett gefärbtes Centrum und einen peripherischen Theil von glasigem
Aussehen, was wohl den Anfang der kalkigen Degeneration anzeigt, denn
wie ich schon für den Saccharomyces lithogenes nachgewiesen habe,
beginnt die Ablagerung der Kalksalze in der Peripherie und schreitet von
dort nach dem Centrum vorwärts.
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Aus der Gestalt, in welcher die Parasiten in der Geschwulst er¬
scheinen, erklärt sich das negative Resultat mit den Culturen. Denn ich
habe schon in meiner letzten Arbeit nachgewiesen, dass die Blastomyceten,
wenn sie in den Geweben in der Form von intensiv gefärbten Kugeln
erscheinen, wie sie unter dem Namen von Russell’schen Körperchen
bekannt sind, nicht mehr in den künstlichen Nährböden cultivirbar sind.
Welches ist nun die Natur der hier vorliegenden Geschwulst?
Es sind in der Milz beschrieben Fibrome, Angiome und Sarkome.
Die primären Sarkome der Milz sind ziemlich selten, aber es existiren
Beschreibungen davon in der Litteratur, von denen ich nur diejenige von
Weichselbaum 1 namhaft machen will.
Die Structur der von mir an dem Hunde beobachteten Geschwulst
entspricht dem, was die Autoren über das Sarkom der Milz mitgetheilt
haben. Ich neige daher, wenn auch mit einem gewissen Vorbehalte, weil
ja bekanntlich die Diagnose der Geschwülste der Milz sehr schwierig ist,
zur Diagnose als Sarkom.
Wenn ich nun Alles das, was ich über die Einimpfung pathogener
Blastomyceten in die Venen der Hunde gesagt habe, zusammenfasse, so
kann ich auf Grund meiner experimentellen Untersuchungen behaupten,
dass dieselben in allen Organen oder nur in einzelnen Organen (Niere,
Milz), oder nur in einem einzigen Organe anatomisch-pathologische Ver¬
änderungen bindegewebiger Natur hervorrufen, und dass eben dieser ana¬
tomisch-pathologische Befund einer diffusen Sarkomatose entspricht, welche
bisweilen beim Menschen beobachtet wird, oder auch der Production einer
bindegewebigen Geschwulst in einigen Organen. Wenn die Thiere nach
kurzer Zeit mit vielfacher Localisation sterben, so ist es leicht, die ein¬
geimpften Parasiten aus allen den Organen zu erhalten, welche patho¬
logische Veränderungen zeigen. Sterben jedoch die Thiere nach mehreren
Monaten mit einer pathologischen Veränderung an nur einem einzigen
Organe, so ist es nicht mehr möglich, davon Culturen der eingeimpften
Parasiten zu erhalten.
Endlich kann man behaupten, dass die Einimpfungen der Blastomy¬
ceten in die Venen eine grössere Zahl positiver Resultate ergeben, als die
Einimpfungen der Parasiten direct in die Organe. Man kann sicher sein,
dass 70 Procent der in die Venen geimpften Hunde der Impfung erliegen.
Es bildet also die endovenöse Impfung bei Hunden ein leichtes Mittel
um die pathogenen Blastomyceten zu diagnosticiren.
1 Weichselbaum, Primäres Sarkom der Milz. — Virchow’s Archiv.
3d. IiXXXVIII. S. 5G2.
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Über die pathogene Wirkung der Blastomyceten.
391
V.
Die Impfung der einzelnen Organe (Brustdrüse. Hoden) der Hunde
mit pathogenen Blastomyceten giebt weniger häufig positive Resultate als
die endovenöse Impfung.
Von 30 Hunden, welche in die Brustdrüsen und Hoden mit reinen
Culturen des Saccharomyces neoformans geimpft wurden, zeigten nur
zwei Neubildungen.
Die erste Geschwulst wurde bei einer Hündin beobachtet, welche an
der rechten hinteren Brustdrüse mit einer reinen Cultur des Saccharo¬
myces neoformans geimpft worden war. Mehrere Tage nach der
Impfung konnte man an der Impfstelle eine Erhärtung coustatiren, und
nach 27a Monaten war die Geschwulst so gross wie eine Kastanie. Un¬
gefähr 5 Monate nach der Impfung wurde das Thier von meinem
Collegen, Cesaris Demel, Professor der pathologischen Anatomie, in
Augenschein genommen.
77a Monate nach der Impfung starb das Thier in Folge einer be¬
deutenden Cachexie; unmittelbar darauf wurde die Section vorgenommen.
Bei unversehrter Haut hatte die Geschwulst ein Aussehen, wie Taf. VI,
Fig. 1 etwas verkleinert zeigt. Die Geschwulst lässt sich von der Basis
abheben, während die Brustwarze und die Haut fest anliegt und sich nicht
in Falten erheben lässt.
Nachdem die Haut in der Mittellinie aufgeschnitten und nach aussen
umgeschlagen war, überzeugte man sich, dass die Geschwulst sich sehr
in die Tiefe erstreckte, ohne jedoch mit dem Muskelgewebe vereinigt zu
sein. Die aufgeschnittene Geschwulst ist auf Taf. VI, Fig. 2 zu sehen.
Die Lymphdrüsen in der Nachbarschaft der Geschwulst waren schwach
vergrössert. In den Organen wurde keine pathologische Veränderung be¬
obachtet. Die von der Geschwulst angesetzten Culturen blieben gänzlich
steril. Auch die von den Organen angesetzten Culturen fielen ganz nega¬
tiv aus.
Zur Fixirung und Färbung wurden die üblichen Methoden befolgt.
Schnitte durch die Geschwulst zeigten eine Reihe von Schläuchen, aus¬
gekleidet mit Cylinderepithel, welches bisweilen viele Falten bildete (Taf. VII,
Fig. 2). Mit einem Worte, die Geschwulst zeigte die normale Structur
der Milchdrüsen des Hundes. Das zwischen den einzelnen Schläuchen
liegende Bindegewebe war an einigen Stellen stark mit Leukocyten infiltrirt.
Auf einigen Schnitten sieht man in der Mitte der Schläuche einen Kern-
Detritus, aus dessen Mitte einige Epithelzellen hervorragen, welche sich
von der Wandung der Schläuche losgelöst haben. Es scheint mir ganz
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Fbancesco S anfelice:
überflüssig zu sein, über den Ursprung der Epithelzellen, welche die
Geschwulst bilden, Worte zu machen. Sie können nur von dem Epithel
der Milchdrüse herstammen, unterscheiden sich jedoch von diesem durch
ihre Lage, Physiologie und Morphologie, weil sie mit einem Worte atypisch
sind. Ausserdem bemerkt man in diesen neugebildeten Zellen eine Hyper-
cbromatose der Zellkerne.
Die Geschwulst zeigte in ihrer ganzen Ausdehnung denselben Bau.
Die von mir zuerst beobachtete Thatsache, dass ein und derselbe
Parasit sowohl epitheliale als bindegewebige Geschwülste hervorbringen
kann, ist durch die Untersuchungen von Plimmer und Leopold be¬
stätigt worden. Diese beiden Forscher haben aus epithelialen Geschwülsten
in reiner Cultur Blastomyceten isolirt, welche, in Versuchsthiere eingeimpft,
bald epitheliale, bald bindegewebige Geschwülste hervorbrachten. Ich er¬
klärte diese Thatsache in meiner letzten Arbeit über die pathogene Wir¬
kung der Blastomyceten damit, dass ich sagte, dies hinge je von dem
Sitze oder dem Zellenterritorium ab, in welches die Parasiten zufällig ge¬
langten. Diese Erklärung hat bei den oben erwähnten Doctoren Peter-
sen und Exner keinen Beifall gefunden. Hoffen wir, dass sie im Stande
sein werden, eine befriedigendere Erklärung zu geben. Jedenfalls gereicht
es mir zur Freude, diese Thatsache durch meine Untersuchungen bestätigt
zu haben und andererseits auch von Seiten Plimmer’s und Leopold’s
Bestätigung erfahren zu haben.
Sicher muss man für die Genese einer epithelialen oder bindegewebigen
Geschwulst vor Allem grosses Gewicht auf diejenigen Zellenelemente legen,
mitten unter welche der Parasit gerathen ist, an zweiter Stelle aber auf
die chemischen Bedingungen des Gewebes selbst.
Auf den Schnitten durch die Organe der Hündin wurden keine patho¬
logischen Veränderungen von Bedeutung gefunden, mit Ausnahme einer
bedeutenden amyloiden Degeneration der Leber.
Wegen der Structur der Geschwulst, wegen der vollkommenen Aehn-
lichkeit mit der anderen epithelialen Geschwulst, welche ich an der Brust¬
drüse in meiner letzten Arbeit beschrieben habe, stellte ich im vorliegen¬
den Falle die Diagnose auf Adeno-carcinom, eine Diagnose, welche von
meinem Collegen Cesaris Demel, Professor der pathologischen Anatomie,
bestätigt wurde.
Die freien und endocellulären Parasiten waren nicht sehr zahlreich
und zeigten sich unter der Gestalt von Russell’schen Körperchen.
Eine andere Geschwulst kam bei eiuem Hunde zu meiner Beobach¬
tung, welcher am 22. Januar in die Hoden mit einer reinen Cultur des
Saccharomyces ueoformans geimpft worden war. Wenn man nach
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Über die pathogene Wirkung der Bla stomyceten.
393
ungefähr einem Monat nach der Impfung die Haut des Penis berührte,
so bemerkte man consistente Knötchen ohne irgend welche Adhärenz.
An den Hoden war nichts Abnormes wahrzunehmen. Die Knötchen,
welche ihren Sitz in der Schleimhaut des Penis hatten, wurden immer
umfangreicher.
Am 15. Mai starb das Thier unter bedeutender Abmagerung. Die
Section wurde sofort nach dem Tode vorgenommen. Schon einige Tage
vorher fing der Hund an, aus der Präputialöffnung eine eitrige Flüssigkeit
austreten zu lassen, welche, unter dem Mikroskop betrachtet, Eiterkörper¬
chen, spärlich rothe Blutkörperchen und einige Epithelzellen der Präputial-
schleimhaut erkennen liess.
Bei der Section gewährte die Geschwulst ein Bild, wie es auf Taf. VI,
Fig. 3 dargestellt ist. Wie aus dem in natürlicher Grösse wiedergegebenen
Photogramm zu sehen ist, setzt sich die Geschwulst aus mehreren,
verschieden grossen Knötchen zusammen, welche sowohl in das Unter¬
hau tbindegewebe, als auch in das Bindegewebe unter der Schleimhaut
des Präputiums, mehr jedoch nach der letzteren Richtung hin, hinein¬
ragen. Die grösseren Knötchen waren an ihrer, nach dem Penis zu ge¬
richteten Oberfläche erweitert. Die Hoden und die Prostata zeigten keine
Veränderung. Die Lymphdrüsen in den Weichen waren etwas vergrössert.
Bei den Nieren bemerkte man an der Oberfläche Knötchen, uud zwar
yier an der rechten und drei an der linken, welche ein wenig über die
Oberfläche hervorragten, gelblich-weisse Farbe hatten, und, wie man beim
Einschneiden des Organes sehen konnte, ein gutes Stück in die Cortical-
substanz eindrangen. Die Milz besass zwei Knötchen von der Grösse einer
Erbse, welche ebenfalls über die convexe Oberfläche des Organes hervor¬
ragten. Die übrigen Organe zeigten nichts. Die Culturen, welche von
der Geschwulst und von den Organen angesetzt wurden, gaben kein posi¬
tives Resultat
Die Geschwulst entstand in dem submucosen Bindegewebe des Prä¬
putiums, weil in dieses statt in das Parenchym der Hoden die Impfung
vorgenommen war (Taf. VI, Fig. 3).
An den Schnitten durch die Geschwulst war zu erkennen, dass sie
aus Zellen mesodermalen Ursprunges besteht, welche grosse Kerne besitzen
und mit ihren gut begrenzten Zellleibern dicht neben einander liegen.
Diese Zellen sind zu verschieden ausgedehnten und verschieden gestalteten
Gruppen vereinigt, welche durch faserige Bindegewebszellen von einander
getrennt sind. Die Kerne der Geschwulstzellen sind reich an chromatischen
Körnchen und zeigen hier und dort atypische Kerntheilungsfigüren. Dort,
wo die Eiterung eingetreten ist, ist das Epithel der Mucosa völlig zerstört,
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Francesco Sanfelice:
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dagegen ist in der Masse der Geschwulst keine Degeneration irgend welcher
Art zu erkennen. Das Epithel der Mucosa nimmt au der Neubildung
keinen Antheil. Die freien und endocellulären Parasiten treten in der
Gestalt typischer Russe 11’scher Körperchen auf. So viel Schnitte ich
auch angefertigt habe, so konnte ich doch niemals Parasiten mit con-
centrischen Höfen oder doppelter Membran wahrnehmen. Die Neubildungen
in der Niere werden von denselben Zellelementen gebildet wie die Haupt¬
geschwulst. Auch in dieser Neubildung sieht man Zellgruppen von ver¬
schiedener Ausdehnung und verschiedener Gestalt, getrennt durch faserige
Bindegewebszellen. Das Nierenepithel erscheint ganz normal. Die Parasiten
haben hier dieselbe Gestalt wie in der Hauptgeschwulst.
Die gleiche Structur zeigen die Neubildungen in der Milz.
Diese Geschwulst ist, was den Verlauf, die Structur und die in deu
Nieren beobachteten Veränderungen anlangt, ähnlich der ersten Geschwulst,
welche ich bei einer Hündin beobachtete, die mit dem Saccharomyces
neoformans in die Brustdrüsen geimpft worden war, und worüber ich
in meiner dritten Abhandlung über die pathogene Wirkung der Blasto-
myceten berichtet habe.
Es handelt sich in dem einen wie im anderen Falle um bindegewebige
Geschwülste, welche, wenn man sie tüchtigen, in der Diagnose von Ge¬
schwülsten geübten Histologen zeigte, denen die Erzeugungsweise derselben
unbekannt wäre, ohne Zögern als Sarkome diagnosticirt werden würden.
Was nun die Art und Weise anlangt, wie die Neubildungen in deu
Organen zu Stande kommen, ob durch Verpflanzung von Zellelementen
der primären Geschwulst oder durch Verpflanzung von Parasiten, darüber
kann ich mich zur Zeit nicht aussprechen, da ich zur Entscheidung dieser
Frage noch weitere zahlreiche Beobachtungen anstellen muss.
Am Schluss der Schilderung der neuen von mir erhaltenen experi¬
mentellen Resultate angelangt, kann ich nichts Anderes thun, als dieselbe
Schlussfolgerung zu wiederholen, welche ich schon am Ende meiner letzten
Arbeit gezogen habe, nämlich, dass die Blastomyceten, wenn sie in reiner
Cultur den für bösartige Geschwülste empfänglichen Thieren eingeimpft
werden, im Stande sind, epitheliale und bindegewebige Neubildungen
hervorzurufen, welche, was den Verlauf und die Structur anlangt, ganz
ähnlich den bösartigen Geschwülsten sind, welche man bei dem Menschen
beobachtet.
Es ist nicht zu erwarten, dass die neue parasitäre Theorie der bös¬
artigen Geschwülste eine Bestätigung erfährt von Forschern, welche alt
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Über die pathogene Wirkung der Blastomyceten.
395
an Jahren und an Geist sind, wohl aber von jungen und alten Forschern,
welche mit einer eifrigen Arbeit am Mikroskopirtisch eine gewissenhafte
Arbeit mit Experimenten verbinden. Nur durch eifriges Prüfen und immer
wieder Prüfen kann eine nutzbringende Arbeit entstehen. Ich bin indessen
froh, dieser Arbeit ein Ende setzen zu können, mit der ausgesprochenen
Genugthuung meiner selbst, da ich gesehen habe, dass in den beiden
letzten Jahren zwei hervorragende Forscher, wie Plimmer und Leopold,
meine Untersuchungen bestätigt haben.
Cagliari, den 5. October 1900.
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396 Francesco Sanfelice: Über die pathogene Wirkung d. s. w.
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Erklärung der Abbildungen.
(Ta£. VT u. VTL)
Tafel VL
FigT* 1« Epitheliale Geschwulst an der Brustdrüse einer Hündin, hervorgebracht
durch Impfung mit einer reinen Cultur des Saccharomyces neoformans. —
Etwas kleiner als natürliche Grösse.
Fig. 2. Dieselbe Geschwulst in der Mitte aufgespalten.
Flg. 3. Bindegewebige Geschwulst des Präputium eines mit dem Saccharo¬
myces neoformans geimpften Hundes. — Natürliche Grösse.
Flg. 4. Bindegewebige Geschwulst der Milz eines Hundes, hervorgerufeu durch
endovenöse Impfung mit einer reinen Cultur des Saccharomyces neoformans.—
Natürliche Grösse.
Tafel VH.
Fig. 1. Wucherung des Cornealepithels eines mit dem Saccharomyces
neoformans geimpften Hundes. Bildung von Zellenhaufen. Oc. 3, Obj. 6. Koristka.
Flg. 2. Geschwulst in der Brustdrüse einer Hündin, hervorgerufen durch
Impfung mit dem Saccharomyces neoformans. — Oc. 8, Obj. 6. Koristka.
Flgg. 8—10. Zellen des Cornealepithels eines Hundes, welcher direct in die
Cornea mit dem Saccharomyces neoformans geimpft worden war. In den Zell¬
körpern sind verschiedene Parasiten formen zu sehen. — Oc. 3, Obj. l / 1# . Immersion.
Koristka.
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[Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin.]
(Director: Geh. Med.-Rath Prof. Dr. R. Koch.)
Beiträge zur Aetiologie der Tuberculose.
Von
Dr. J. Mitulesou
aus Bukarest.
Bei der Uebertragung der Tuberculose spielt die Ansteckung eine
wichtige Rolle, sei es direct von Mensch zu Mensch, oder indirect ver¬
mittelst solcher Gegenstände, deren sich Tuberculose bedient haben. Durch
Vererbung wird die Tuberculose nur in den seltenen Fällen übertragen,
wo der mütterliche Organismus ausgedehnte uterine bezw. placentäre Lä¬
sionen aufweist; im Allgemeinen kann man aber annehmen, dass durch
jede Affection (und folglich auch durch die Tuberculose), die eine ab¬
schwächende Wirkung auf den Organismus ausübt, die Nachkommenschaft
ebenfalls beeinflusst wird, indem deren Widerstandskraft verringert, dem
Tuberkelbacillus bezw. dessen Ausbreitung im Organismus nicht mehr die
nöthige Energie entgegengestellt wird.
Von diesem Standpunkte aus müssen wir in jedem Tuberculosefall
nicht nur die Art der Ansteckung verfolgen, sondern auch die Bedingungen,
die eine Entwickelung der Bacillen erleichtert haben.
Bei der Lungentuberculose dringt die Krankheit im Allgemeinen
durch die Luftwege ein, seltener wird sie auf lymphatischem Wege auf¬
genommen.
Cornet 1 hat nachgewiesen, dass in dem Staube der von Tuberculösen
bewohnten Stuben sich Tuberkelbacillen vorfinden, deren Anwesenheit
durch intraperitoneal ausgeführte Einspritzungen an Meerschweinchen
nachgewiesen werden konnte.
1 Cornet, Dies« Zeitschrift. 1888. Bd. V.
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Krüger 1 * hat nach derselben Methode (Abreibung mit sterilem
Schwamm und intraperitoneale Einspritzung der ausgedrückten Flüssigkeit)
Untersuchungen angestellt. In Untersuchung wurden acht Säle genommen,
die zum ständigen Aufenthalt für Tuberculöse dienten, sowie andere acht,
in denen sich die Kranken nur zeitweise aufzuhalten pflegten.
Von den 40 Meerschweinchen, welche mit Staub aus den ersten acht
Räumen eingespritzt wurden, erkrankten zwei an Tuberculöse, während
die Einspritzungen der zweiten Gruppe ein negatives Resultat ergaben.
Bollinger* hat den Staub dreier verschiedener von Tuberculöseu
frequentirter Behausungen untersucht; dabei ergab sich als Folge der
Einspritzungen septische Peritonitis, an welcher die Thiere eingiugeu,
bevor sich Tuberculöse entwickeln konnte.
A. Möller 3 hat die Luft aus den Lesezimmern verschiedener Sana¬
torien untersucht. Nur in einem einzigen Falle von den sechs Unter¬
suchungen konnte er Tuberkelbacillen im Staube nach weisen. Weitere
zehn Untersuchungen lieferten ein negatives Ergebniss.
Kästner 4 5 hat an Meerschweinchen 16 Einspritzungen mit Staub
aus Krankenhäusern ausgeführt und davon zwei Fälle von Tuberculöse
erhalten.
Kustemann’s 6 20 Einspritzungen ergaben kein positives Resultat.
M. Kirscher 6 machte ebenfalls 15 negative Einspritzungen uud nur
aus einem Zimmer, in welchem nach einander ein Wachtmeister und
zwei Sergeanten verstürben, erhielt er von acht Einspritzungen drei posi¬
tive Resultate.
W. Prausnitz 7 hat den Staub aus den Eisenbahnwagen, die zwischen
Berlin und Meran verkehren, untersucht (eine Linie, welche von Tuber¬
culösen vielfach benützt wird). Von 20 Thieren, welche nach dem
Cornet’schen Verfahren eingespritzt wurden, erkrankten fünf an Tuberculöse.
Kelsch 8 untersuchte den Staub aus Kasernen in 122 Einspritzungen
ebenfalls nach dem Cornet’schen Verfahren und erhielt 52 Mal Peritonitis,
keine Tuberculöse.
Marpmann 9 hat Strassenstaub untersucht und fand in einigen Fällen
1 Krüger, Inaug.-Dissertation. Bonn 1889.
a Bollinger, Deutsche med. Wochenschrift. 1891.
8 A. Möller, Diese Zeitschrift . 1899. Bd. XXXII.
4 Kästner, Natur forsch erver Sammlung. Bremen 1890.
5 Kustemann, Ebenda .
6 M. Kirscher, Diese Zeitschrift. 1895. Bd. XIX.
7 W. Prausnitz, Archiv für Hygiene. 1891. Bd. XII.
8 Kelsch, Ann. d’hygiine et de med. legale. T. XLI. 3. Serie.
9 Marpmann, Centralblatt für Bakteriologie. Bd. XIV.
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Beiträge zue Aetiolooie dek Tubekcueose.
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mittels Fuchsinfärbung rothe Pünktchen, welche durch Säuren nicht ent¬
färbt wurden. Seiner Ansicht nach waren dies in Zerfall begriffene
Tuberkelbacillen. Da aber Cornet’s Untersuchungen in dieser Richtung
nichts Positives durch Einspritzungen an Meerschweinchen ergaben, glauben
wir, dass dieses säurebeständige Bakterien gewesen sind, keinesfalls aber
die der Tuberculose; leider hat Marpmann sich nur mit der bakterio¬
logischen Untersuchung beschäftigt, ohne Einspritzungen an Thieren aus¬
zuführen.
Aus all’ diesen Untersuchungen folgt, dass die Luft aus den von
Tuberculösen bewohnten Zimmern keine Bacillen enthält; mit dem Sputum
aber ausgestossen fallen sie zu Boden, wo sie nach dem Austrocknen des
letzteren mit dem Staube vermischt gefährlich werden können. Aus
diesem Grunde muss bei der Reinigung solcher Zimmer mit grosser Vor¬
sicht verfahren werden, Staub darf hierbei auf keinem Falle aufwirbeln,
denn wer ihn eiuathmen müsste, würde einer grossen Gefahr ausgesetzt sein.
Die Untersuchungen Flügge’s 1 * und seiner Schüler Laschtschenko*,
Niester 3 , Stricker 3 , Hermann 3 haben ergeben, dass die beim Husten,
Sprechen oder Niesen von Tuberculösen ausgestossenen Tröpfchen stets
Tuberkelbacillen enthalten und auf diese Weise die eigentliche Ansteckungs¬
gefahr bilden.
Heymann 4 fand Bacillen auf Platten, welche sich auf 1 * j i m Ent¬
fernung von hustenden Kranken befanden.
Engelmann 8 konnte in acht Fällen die Anwesenheit von Bacillen
sogar auf eine Entfernung von l m nach weisen, was durch die Unter¬
suchungen von Möller® in 16 von 32 Fällen bestätigt werden konnte.
Letzterer konnte Bacillen selbst auf Platten nachweisen, die seitwärts vom
Kranken gelegen waren, sowie den Beweis liefern, dass die Bakterien nicht
aus dem Speichel, sondern aus dem Auswurf stammen. An 30 Kranken
konnte er nur bei drei direct im Speichel Bakterien nachweisen und von
vier Meerschweinchen, denen zu je 3 ccm Speichel eingespritzt wurde, wurde
keines tuberculös.
Heymann 7 gelang es, 5 von 25 Meerschweinchen zu inficiren, in¬
dem dieselben längere Zeit in einem Zimmer belassen wurden, in denen
hustende Tuberculose sich in der Nähe der Thiere befanden.
1 Flügge, Deutsche med. Wochenschrift. 1897.
* Laschtschenko, Diese Zeitschrift. 1899. BJ. XXX.
3 Ebenda. Bd. XXXIV.
4 Heymann, Ebenda. 1899. Bd. XXX.
6 Engel mann, Inauy.-Dissertation. Berlin 1898.
Ä A. Möller, Diese Zeitschrift. 1899.
7 Heymann, a. a. O.
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J. Mitülescu:
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Sticker konnte auf dem Luftwege Meerschweinchen mittels gepulver¬
tem und aufgewirbeltem Auswurf inficiren. Die Infection gelang aber
nur in dem Falle, wo die Geschwindigkeit des Luftstromes mindestens
1 m in der Secunde betrug, während bei Schnelligkeiten von 10 bis 30 cm
die Infection nicht stattfand.
Cornet verursachte bei Meerschweinchen in 47 Fällen von 48 Tuber-
culose, indem er die Thiere gepulverten Auswurf einathmen liess, welcher
Tuberkelbacillen enthielt.
Positive Resultate wurden in dieser Richtung auch von Koch und
Baum garten erzielt.
Reich 1 erwähnt den Fall einer tuberculösen Hebamme, welche in
kurzer Zeit 10 neugeborene Kinder inficirte, indem sie den Kindern gleich
nach der Geburt Mund auf Mund Luft einblies.
Durch diese Reihe von Untersuchungen ist nun erwiesen, dass die
von Tuberculösen einfach ausgeathmete Luft keine Bacillen enthält.
Letztere werden gewöhnlich durch Husten oder Sprechen vermittelst
Sputumpartikelchen ausgestossen und können hierbei direct oder vermit¬
telst verschiedener Gegenstände, worauf sie sich festsetzen, übertragen
werden. Dieser getrocknete und alsdann mit Staub vermischte Auswurf
kann nun die Infection auf inhalatorischem Wege bewirken.
Es folgt daraus, dass die Tuberculösen mit offenen Läsionen von
einer ansteckenden Zone von mindestens 1 m Radius umgeben sind, dass
aber die Gefahr herabgemindert werden kann, im Falle der Auswurf gut
aufgesammelt, womöglich unmittelbar am Munde aufgefangen wird.
Aus dem bis jetzt Mitgetheilten ist ersichtlich, dass die von Tuber¬
culösen benutzten Gegenstände auf verschiedene Weise mit Sputum infi-
cirt sein können, und dadurch sich die Infection auf andere Individuen
ausbreiten kann. Dies betrifft vor Allem Gegenstände des täglichen Ge¬
brauches, als wie Taschentücher, Bettlaken, Polsterbezüge u. s. w.
Eine wichtige Frage war es nun, zu entscheiden, ob durch Bücher
ebenfalls die Infection übertragen werden kann. In dieser Richtung
wurden seiner Zeit Versuche von Knopf 2 angestellt, welcher, aufmerksam
gemacht durch den Umstand, dass 20 Beamte aus einem Bureau an
Lungentuberculose gestorben waren, verschiedene Actenbündel und Hefte
aus dem betreffenden Bureau einer näheren Untersuchung unterzog.
Alle enthielten Tuberkelbacillen, und die weitere Nachforschung ergab.
1 Reich, Hygienische Rundschau. 1899.
* Knopf, Fresse medicale. 24 Fev. 1900.
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Beiträge zur Aetiologie der Tuberculose.
401
dass einer der Beamten tubercnlös war und beim Husten oder Niesen
Bücher und Hefte mit kleinen Sputumpartikelchen bespritzte, sowie die
Blätter mit Speichel benetzten Fingern umdrehte.
Die Erklärung dieser Ansteckungen ist somit erwiesen. Interessant
war es nun zu erforschen, ob die Bücher der Yolksbibliotheken, die speciell
in Deutschland in so ausgedehntem Maasse eingerichtet sind, eine An¬
steckungsgefahr darstellen, was man, dem Gesagten zu Folge, gezwungen
wäre a priori anzunehmen, wenn man bedenkt, dass gern gelesene Bücher
von Hand zu Hand wandern und auch in die Hände von Tuberculösen
kommen müssen. Yon der Verwaltung der Stadt Berlin wurde also zu
diesem Zwecke dem Institut für Infectionskrankheiten eine grosse Anzahl
Bücher verschiedenen Alters übergeben mit dem Ersuchen, die auf den¬
selben wuchernde bakterielle Flora einer näheren Untersuchung zu unter¬
ziehen, wobei die Tuberculosefrage speciell im Auge behalten werden sollte.
Ueber den Gang und das Ergebniss der Untersuchung, mit der ich be¬
traut wurde, will ich im Folgenden berichten.
Hrn. Geheimrath R. Koch, sowie Hrn. Geheimrath Dönitz spreche
ich für die mir stets mit aller Bereitwilligkeit ertheilten Rathschläge und
für die Liebenswürdigkeit, womit mir die beiden Herren alles Material
zur Verfügung stellten, meinen verbindlichsten Dank aus.
Die erste Bücherserie wurde im Zeitraum vom 7. März bis 1. August
1902 untersucht. Sie bestand aus 37 Büchern (hauptsächlich Romane
und Märchen) und Zeitschriften, worunter einige mit populär-wissenschaft¬
lichen Abhandlungen. Das Alter der Bücher betrug 3 bis 6 Jahre und
alle waren durchweg sehr schmutzig, besonders an den Rändern und
Ecken der Blätter. Diese schmutzigen Stellen wurden nun abgeschnitten
und in einem sterilen Petri’schen Schälchen in physiologischer Kochsalz¬
lösung unter öfterem Durcheinanderrühren 24 Stunden lang ausgelaugt.
Die Papierstreifen wurden darauf gut ausgepresst und die trübe Flüssig¬
keit, in der sich nun alle Unreinlichkeiten befanden, centrifugirt.
Darauf wurde die überstehende Flüssigkeit abgegossen, der Nieder¬
schlag mikroskopisch untersucht, abermals in Kochsalzlösung gelöst und
von dieser Lösung je 5 ocra zur Einspritzung an Meerschweinchen verwandt.
Die sonstigen schmutzigen Büchertheile, die nicht gut zerschnitten
werden konnten, besonders die Deckel, wurden mit einem sterilisirten, in
physiologischer Kochsalzlösung getauchten Schwämmchen leicht abgerieben,
die ausgedrückte Flüssigkeit ebenfalls centrifugirt, mikroskopisch unter¬
sucht, von Neuem wie oben gelöst und 5 ccm dieser Flüssigkeit einem
anderen Thiere eingespritzt.
Auf diese Weise wurden auf 20 Bücher 40 Meerschweinchen verwandt,
für jedes Bueh also zwei. Dem einen Thier wurde die Flüssigkeit ein-
Z«ttMbr. C Hjgieue. XLIV.
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gespritzt, welche durch Auslaugen des beschmutzten Papiers erhalten
wurde, dem anderen der Auszug, welcher durch Abreibung vermittelst
des Schwammes erhalten wurde. Der Rest von 17 Büchern wurde nach
derselben Methode verarbeitet, aber die von je einem Buche gewonnenen
Auszüge zusammengegossen und auf nur ein Meerschweinchen verwandt.
Zu den mikroskopischen Präparaten wurde die Doppelfärbung mit Fuchsin
und Methylenblau, sowie Entfärbung mit alkoholischer S0 4 H, angewandt,
um bis zu einem bestimmten Grade auch die Entfärbung der anderen
säurefesten Bakterien zu erlangen, welche Analogieen mit den Tuberkel¬
bacillen aufweisen.
Es wurden 57 Meerschweinchen eingespritzt, von diesen starben 1,
2 und 3 Tage naoh der Einspritzung 14 an Oedem bezw. anderen Septi-
cämieen, der Rest der Thiere, 43, wurde 37 2 bis 4 Monate beobachtet.
Nur an zweien konnte eine Vergrössemng der Inguinalganglien, sowie eine
allgemeine Schwäche wahrgenommen werden. Ein anderes Thier zeigte
eine Läsion an der Einspritzungsstelle, wo ich durch directe Untersuchung
Tuberkelbacillen feststellen konnte. Bei sieben nahm das Gewicht Anfangs
ab, um aber nach einiger Zeit, wie es bei den anderen stets der Fall ge¬
wesen, beständig zuzunehmen.
Bei der Section konnte bei 15 Thieren Tuberculose der Leber, Milz
und Lunge festgestellt werden, während ein einziges Thier peritoneale
Tuberculose aufwies.
Dieser allgemeine Charakter einer langsamen Entwickelung bildet den
Unterschied zwischen diesen und den anderen säurefesten Bakterien. In
mehr als 1 / 3 der Bücher konnte also Tuberculose festgestellt werden. Be¬
trachtet man aber die langsame Entwickelung der Infection, sowie das im
Ganzen wenig veränderte Allgemeinbefinden, so wird man zu dem Schlüsse
gedrängt, dass die Giftigkeit der Bacillen keine grosse sein konnte, vor
Allem auch ihre Anzahl so gering war, dass ich in all’ den Hunderten
von mikroskopischen Untersuchungen direct keine Bacillen nachweiseu
konnte.
Die zweite Bücherserie wurde vom 28. November 1902 bis zum 2. Mai
1903 untersucht. Die Bücher enthielten ebenfalls Romane, verschiedene
Geschichten u. s. w. Ausserdem befanden sich auch einige Zeitschriften
darunter.
20 von den Büchern waren seit 2 Jahren im Gebrauch, 20 seit einem
Jahr, andere 20 nur seit 6 Monaten. Für jedes Buch aus dieser Serie
wurden zwei Thiere verwandt und die Einspritzungen genau wie oben an¬
gegeben ausgeführt. Alle Einspritzungen wurden subcutan ausgeführt.
Es wurden zu diesen Versuchen 120 Meerschweinchen verwandt; von
diesen starben 1 bis 2 Tage nach der Einspritzung 19 (6 aus der ersten
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Beitbäge zun Aetioeogie der Tubehculose.
403
Reihe, 9 aus der zweiten, 4 aus der dritten) an Oedem; 12 starheu später
an sonstigen bakteriellen Infectionen, speciell an Streptokokken.
89 Thiere wurden während 3*/ 2 bis 4 Monate beobachtet, dann secirt,
nachdem alle inzwischen an Gewicht zugenommen hatten. 14 von den
Thieren wiesen nekrotische Herde von der Grösse einer Erbse bis zu der
einer Haselnuss in der Leber, sowie in der Lunge auf. Die Kapseln, so¬
wie der zerflossene Inhalt derselben war durch verschiedene lebende Kokken
verursacht. Bei dem Rest der Thiere waren alle Organe unversehrt.
Keines von ihnen zeigte Tuberculose.
Betrachten wir nun das Ergebniss unserer Untersuchungen. Zu den¬
selben wurden verwandt 97 Bücher und 177 Thiere. In denjenigen
Büchern, welche bis zu 2 Jahren im Gebrauch waren, konnte man nach
allen Einspritzungen — das einzig richtige Mittel bei solchen Unter¬
suchungen — keine Tuberkelbacillen auffinden, während von den Büchern,
die 3 bis 6 Jahre im Gebrauch gewesen, mehr als Vs bacillenhaltig sich
erwies. Die Art und Weise der Infection ist also auf diesem Wege, nach
dem was oben auseinandergesetzt wurde, leicht erklärlich. Unter den
Benutzern der Bibliotheken befinden sich auch Tuberculose mit ausgebrei¬
tetem Krankheitsherd. Durch Husten, Niesen u. s. w. und speciell durch
die üble Angewohnheit, die Blätter heim Umdrehen mit den mit Speichel
benetzten Fingern anzufassen, werden die Bücher leicht inficirt Beweisend
für den letzten Satz ist der Umstand, dass nur der Schmutz der Blatt¬
ränder bei den Thieren Tuberculose hervorrief. In der That finden sich
auf den Fingern von Tuberculösen, wie Baldwin’s 1 Versuche ergeben
haben, Tuberkelbacillen. Er veranlasst« dazu die Kranken, sich die Hände
zu waschen. Dieselbe Operation wurde 8 bis 10 Stunden später aus¬
geführt, während welcher Zeit die Kranken nur ihre Taschentücher und
Spucknäpfe gebrauchten. Die Waschflüssigkeit wurde Meerschweinchen
eingespritzt, worauf fast alle au Tuberculose erkrankten. Die Annahme,
dass die Bakterien aus der Luft stammten und mit dem Staub nieder¬
geschlagen worden seien, ist in unseren Fällen nicht annehmbar. Dagegen
spricht ja schon der Umstand, dass von denjenigen Thieren, welchen der
mit dem Schwamme ahgeriebene Schmutz von den Bücherdeckeln einge¬
spritzt wurde, keines an Tuberculose einging.
Von grosser Wichtigkeit ist die Erfahrung, dass durch die bis zu
2 Jahren in Gebrauch befindlichen Bücher kein Meerschweinchen tuber-
culös gemacht wurde, während bei einem Drittel der von 3 bis 6 Jahren
1 Baldwin, Americ. Journal of the med. Sciences. 1899. p. 128.
2ü*
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in Gebrauch befindlichen lebende Tuberkelbacillen angetroffen wurden.
Auf einem Zufall kann dieser auffällige Unterschied nicht beruhen; dazu
sind die Zahlen zu gross, denn die ungefährliche Reihe bestand aus 60.
die gefährliche aus 87 Büchern, und diese waren in beiden Reihen so
gewählt, dass der grösste Theil viel benutzt worden war. Man ist also
berechtigt anzunehmen, dass eine grössere Anzahl von Büchern beider
Reihen in den Händen von Schwindsüchtigen gewesen war. Es war aber
von vornherein aufgefallen, dass die Bücher der ungefährlichen Reihe bei
weitem weniger eingeschmutzt waren als die anderen, entsprechend der
kürzeren Zeit ihrer Benutzung. Bei den anderen klebten vielfach die
Blätter vor Schmutz, und darin haben wir augenscheinlich die Erklärung
für den Unterschied in der Infectiosität Seitdem Kitasato 1 die Er¬
fahrung machte, dass Choleravibrionen an Seidenfäden sich Wochen lang
keimfähig erhalten, auf Glasflächen ausgestrichen dagegen nach wenigen
Tagen absterben, hat man mehrfach beobachtet, dass das mehr oder
weniger schnelle Absterben der Bakterien von der Unterlage abhängt, an
welcher sie haften; und daher erscheint es verständlich, dass die Tuberkel¬
bacillen sich in dem feuchten Schmutz alter Leihbibliothekbücher länger
keimfähig erhalten als auf frischem Papier, auf welchem das Sputum
leichter völlig austrocknen wird.
Nun würde es aber voreilig sein, wollte man hieraus schliessen, dass
von Leihbibliotheksbüchern, welche nicht länger als 2 Jahre in Gebrauch
sind, überhaupt keine Gefahr in Bezug auf Tuberculose zu befürchten sei.
Es ist nämlich noch zu berücksichtigen, dass immerhin einige Zeit ver¬
ging, bis die aus dem Verkehr gezogenen Bücher in unsere Hände ge¬
langten; und auch dann konnten nicht alle zugleich in Arbeit genommen
werden, weil die Mühseligkeit der Untersuchung es mit sich brachte, dass
an einem Tage nur eine geringe Anzahl verarbeitet werden konnte. Diese
Zeit aber mag hingereicht haben, um etwa an den Büchern haftende
Tuberkelbacillen durch Austrocknung zum Absterben zu bringen, und es
erscheint keineswegs ausgeschlossen, dass auch durch solche Bücher, welche
erst kurze Zeit in Gebrauch sind, aber viel gelesen werden und schnell
von Hand zu Hand gehen, gelegentlich die Tuberculose übertragen werden
kann. Aber diese Gefahr ist doch merklich geringer als bei Büchern,
welche durch den langen Gebrauch mit einer dicken Schmutzkruste be¬
deckt sind. Diese müssen geradezu als gemeingefährlich bezeichnet werden,
und deshalb muss man sie unschädlich machen.
Es fragt sich nun, welche praktischen Maassnahmen man in Vorschlag
1 Kitasato, Die Widerstandsfähigkeit der Cholerabakterien gegen Eintrocknen
und Hitze. Diese Zeitschrift. 1888. Bd. V. — 1889. Bd. YL
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Beitbäöe zub Aetiologie deb Tubebculose.
405
bringen soll, um die Verbreitung der Tuberculose auf diesem bisher un¬
beachtet gelassenen Wege zu verhüten.
Man könnte daran denken, die Bücher der Volksbibliotheken in regel¬
mässigen Zeiträumen zu sterilisiren. Leider aber hat gerade dasjenige
Mittel, auf das man die grösste Hoffnung gesetzt hatte, der Formaldehyd,
nach den Untersuchungen von Martin und Miquel 1 versagt. Trotzdem
wird man Formalindämpfe mit Erfolg anwenden können, wenn man in
der Lage ist, sie längere Zeit einwirken zu lassen, und es wird sich leicht
ein einfacher Apparat herrichten lassen, in welchem man die Bücher
fächerförmig geöffnet aufstellt und so den Dämpfen womöglich Tage lang
aussetzt Dann werden mit Sicherheit gerade die am stärksten beschmutzten
Ecken der Blätter getroffen und genügend desinficirt werden. Dieses Ver¬
fahren wird sich besonders für kleinere Verhältnisse eignen, wo man nicht
gleich jedes bedenklich erscheinende Buch ausmerzen und durch ein neues
ersetzen kann. Ebenso dürfte es sich für kleinere Privatbibliotheken, be¬
sonders wenn sie in andere Hände übergehen, empfehlen. Verfügt aber
die BibliotheksVerwaltung über grössere Mittel, so wird sie auch in der
Lage sein, in regelmässigen Zwischenräumen die stärker beschmutzten
Bücher auszusondern und den Abgang durch neue Ankäufe zu ersetzen.
Man kann aber auch etwas Weiteres thun und das Volk dazu er¬
ziehen, dass es die Blätter nicht mit beleckten Fingern umwendet. Durch
Belehrung lässt sich viel erreichen, wie man daran sieht, dass man sich
jetzt schon daran gewöhnt, nicht mehr in öffentlichem Fuhrwerk, in
Wartesälen u. s. w. auszuspucken. Durch immerfort wiederholte Belehrung
muss das Volk daran gewöhnt werden, dass es nicht bei jedem Blatt, das
umgewendet werden soll, erst den Finger im Munde benetzt. Das gilt
nicht nur für die Behandlung der Bücher, sondern auch für die des
Papiergeldes und der Actenstücke. Wie oft kann man beobachten, dass
Geldscheine und Actien mit belecktem Finger gezählt, Acten mit belecktem
Finger durch blättert werden. Diejenigen, welche sich diese Unsitte an¬
gewöhnt haben, werden sie ablegen, wenn ihnen zum Bewusstsein kommt,
dass sie mit ihren nassen Fingern die Tuberkelbacillen, welche vielleicht
ein Anderer ebenfalls mit beleckten Fingern auf das Papier gebracht hat,
abwischen und beim nächsten Benetzen der Finger sich selber in den
Mund schmieren, und dass die Gefahr um so grösser wird, je öfter sie
dies thun.
Schliesslich dürfte es sich empfehlen, es sich zum Gesetz zu machen,
nach der Benutzung eines jeden geliehenen Buches, von dem man nicht
weiss, in wessen Händen es gewesen ist, sich die Hände gründlich mit
Seife zu reinigen.
‘ M artin et Miquel, Revue d f Hygiene. T. XX.
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406 J. Mitulescu: Beiträge zur Aetioeogie der Tuberculose.
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Durch Befolgung dieser Rathschläge dürfte sich die Zahl jener tuber-
culösen Erkrankungen, bei welchen man eine Quelle der Ansteckung nicht
auffinden konnte, nicht unerheblich vermindern, denn die Zahl der auf
dem besprochenen Wege erfolgenden Ansteckungen scheint viel grosser
zu sein, als man sich jetzt wohl vorstellen mag, wie der oben erwähnte
Fall lehrt, in welchem 20 Menschen sich nach einander an denselben
Actenstücken mit Tuberculose ansteckten.
Für die Anregung zu dieser Arbeit, für die ausserordentliche Liebens¬
würdigkeit und für die werthvollen Rathschläge, die mir sowohl Hr. Ge¬
heimrath R. Koch, als auch nicht weniger Hr. Geheimrath Dönitz stets
im vollsten Maasse zu Theil werden liessen, spreche ich beiden Herren
nochmals zum Schluss meinen ergebensten Dank aus.
Gck igle
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[Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin.]
(Director: Geh. Med.-Bath Prof. Dr. E. Koch.)
Beitrag
zur Verbreitung und Prophylaxe der Tuberculose.
Von
Dr. B. Möüers,
AnUtenx&rxt
In den letzten Jahrzehnten ist von allen Culturstaaten unter dem
Vortritt Deutschlands der Kampf gegen die Tuberculose, die verbreitetste
Volkskrankheit der Gegenwart, auf der ganzen Linie eröffnet worden.
Mit zielbewusster Energie haben sich alle Stände und Gesellschaftsclassen,
der Staat und die Städte, und nicht zum Wenigsten die private Wohl-
thätigkeit in edlem Wettstreite vereint, um die mörderische Krankheit
einzuschränkeu. In langjähriger sorgfältiger Arbeit hat die wissenschaft¬
liche Forschung, nachdem der Erreger der verheerenden Seuche in dem
Tuberkelbacillus durch R. Koch gefunden war, die Aetiologie, Pathologie,
Prophylaxe und Therapie der Tuberculose zu ergründen gesucht und
überaus zahlreich ist die Litteratur, die sich speciell mit der Verbreitungs¬
weise dieser Krankheit beschäftigt.
Nachdem Koch auf dem letzten Londoner Tuberculose-Congress auf
Grund seiner neueren Untersuchungen die Infectionsgefahr durch Milch
und Fleisch perlsüchtiger Thiere geleugnet hat, ist über die Wichtigkeit
der verschiedenen Verbreitungsarten der Tuberculose viel gestritten worden.
Bei der grossen Bedeutuug der Frage in prophylaktischer Hinsicht ist
jede statistische Untersuchung über die Verbreitungsweise der Tuberculose
von Interesse. Es wurden daher von diesem Gesichtspunkt die letzten
200 Krankengeschichten der auf der Krankenabtheilung des Instituts für
Infectionskrankheiten in Berlin behandelten Phthisiker durchgesehen. Das
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Material ist zwar klein, doch sind die Anamnesen bezüglich der Aetiologie
sehr genau aufgenommen und es ist nicht anzunehmen, dass bei
grösserem Zahlenmaterial sich die Zahlen wesentlich verschieben werden.
Während die jüngst auf Grund ihrer in den deutschen Lungenheilstätten
angestellten Sammelforschung von Jacob und Pannwitz veröffentlichten
statistischen Zusammenstellungen hauptsächlich sich auf Phthisiker
I. Grades beziehen, handelt es sich bei den in den Koch’schen Baracken
behandelten Kranken um solche, die sich in den verschiedenen Stadien
der Erkrankung befanden.
Unter den 200 Patienten befanden sich 131 Männer und 69 Frauen,
von denen insgesammt 18 der tückischen Krankheit erlagen. Eine In-
fectionsquelle konnte in 189 Fällen (d. L 89-5 Procent) mit grosser
Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.
In 114 Fällen (d. i. 57 Procent) musste als Krankheitsursache das
Elternhaus angesehen werden. Das innige Zusammenleben, das besonders
in der Jugend zwischen den Eltern und Kindern stattfindet, macht es
leicht erklärlich, dass die Jahre lang in denselben Bäumen mit den tuber-
culösen Eltern lebenden Kinder der Ansteckungsgefahr am meisten aus¬
gesetzt sind. Neben den Eltern, die in 78 Fällen die Infectionsquelle
bildeten, hatte bei 36 Patienten die Uebertragung der Krankheit durch
erkrankte Geschwister oder den tuberculösen Ehegatten stattgefunden.
Zu einem ähnlichen Resultate kommt eine englische, jüngst ver¬
öffentlichte Statistik 1 über 651 Fälle, von denen bei 308 die Iufections-
quelle im Elternhause lag.
Im Elternhause also liegt für die Hälfte aller Schwindsüchtigen die
directe Veranlassung ihres Leidens, hier wird der Keim der Krankheit
ihnen als verderbenbringende Mitgift auf den Lebensweg gegeben. Da
die Hauptquelle der Infection in dem Auswurf der Erkrankten liegt, so
kann man sich leicht ausmalen, weshalb gerade hier die Hauptverbreitungs¬
stätte der Tuberculose sein muss. In den weitaus meisten Fällen handelt
es sich, soweit man aus den Statistiken ersehen kann, um die weniger
bemittelten Classen, die in der Regel in ungünstigen hygienischen Ver¬
hältnissen leben und häufig noch mit einem reichen Kindersegen bedacht
siud. Die ganze Familie ist auf enge, schlecht ventilirte Räume an¬
gewiesen. Dem oft Jahre lang bestehenden Husten mit Auswurf wird
von Seiten der Angehörigen wenig oder gar keine Beachtung geschenkt;
man gewöhnt sich daran und betrachtet ihn, da die Arbeitsfähigkeit und
das subjective Befinden meistens nur wenig gestört ist, als eine allerdings
hartnäckige, aber doch harmlose „Erkältung“.
1 Annuel Report of the medical officer of health of Manchester for J9oi.
Gck igle
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Beitrag zur Verbreitung und Prophylaxe der Tuberculose. 409
Das kleinste, am unfreundlichsten und dunkelsten gelegene Zimmer
ist gewöhnlich als Schlafraum eingerichtet. Da schläft die ganze Familie
zusammengedrängt auf einen engen Baum. Wie ist es unter solchen
Verhältnissen dem Kranken möglich, seinen Auswurf so zu beseitigen,
dass er keinen Schaden anrichtet?
Neben dem Elternhaus kommt für die Verbreitung der Tuberculose
in zweiter Linie die Arbeitsstätte in Betracht. Der Lauf der Zeit hat
es mit sich gebracht, dass immer mehr, zumal in den grösseren Städten
die Arbeitskräfte concentrirt werden. In grossen Betrieben, Fabriken
jeglicher Art, Geschäftsräumen oder Bureaux findet heutzutage der grösste
Theil der arbeitenden Bevölkerung sein tägliches Brod. Bei ihrer Thätig-
keit sind Dutzende von Arbeit«genossen in ein und demselben Baume
zusammen beschäftigt Wenn in einem Fabrikraum mit 100 Arbeitern
nur 10 Procent erkrankt sind, die ihren Auswurf auf den staubigen Fuss-
boden spucken, wie lange wird es da wohl dauern, bis auch die übrigen
90 Procent erkrankt sind?
Da fast in keinem Gewerbe auch unter einer nur kleinen Zahl von
Arbeitern Lungenkranke fehlen, so sind auch in dem Staub fast jeder
geschlossenen Werkstatt Tuberkelbacillen enthalten, zumal da die Venti-
lations- sowie Reinlichkeitsverhältnisse häufig jeder gesundheitsmässigen
Anforderung spotten..
Von unseren Patienten gaben allein 75 bestimmt an, dass sie an
ihrer Arbeitsstätte längere Zeit hindurch mit Schwindsüchtigen in engerem
Verkehr gestanden hätten. Da bei 25 derselben zugleich die Austeckungs-
möglichkeit im Elternhause bestand, so ist immerhin bei 50, d. i. 25 Proc.
unserer Patienten die Infectionsquelle in der Arbeitsstätte zu suchen.
Wie wir bei unseren Nachfragungen feststellen konnten, ist auch in
Berlin, trotz der staatlichen Beaufsichtigung, in manchen grösseren Fabrik¬
betrieben die so einfach durchzuführende Maassregel, Spucknäpfe in
den Fabrikräumen aufzustellen, keineswegs durchgeführt. In anderen
Fabriken sind zwar Spucknäpfe aufgestellt, es fehlt jedoch an der nöthigen
Einsicht und Aufklärung über den Zweck derselben. So erwiderte ein
Junge auf unsere Frage, Spucknäpfe seien zwar in jedem Arbeitsraum
aufgestellt, jedoch die benutze Niemand, „man spucke ja doch bequemer
auf die Erde“.
Wie die Arbeitsstätte, bildet auch die Wohnung — zumal in grossen
Städten — ein nicht zu unterschätzendes Moment für die Verbreitung
der Tuberculose. Ich will nur die sogenannten „Schlafstellen“ erwähnen,
in welchen ein grosser Theil der unverheiratheten arbeitenden Bevölkerung
seine Nachtruhe halten muss. Sind dieselben schon an und für sich in
Folge des beschränkten Raumes zu längerem Aufenthalt wenig geeignet,
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B. Möllers:
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so erhöht sich naturgemäss die Gefahr, je mehr Menschen in einem
solchen Raume zusammengepfercht sind. Befindet sich unter ihnen nur
ein mit Auswurf behafteter Schwindsüchtiger, so sind in diesen meistens
dumpfen, vielleicht unreinlich gehaltenen, engen Räumen die besten Be¬
dingungen zur Ansteckung der anderen Mitbewohner gegeben.
Eine nicht unbeträchtliche Anzahl unserer Patienten gab an, dass
sie Jahre lang mit Lungenkranken in demselben Zimmer, ja sogar in
demselben Bette geschlafen hätten, in mehreren Fällen bis kurz vor dem
Tode des betreffenden Kranken.
Gewiss ist öfters die rauhe Nothwendigkeit die Triebfeder des
Handelns; in vielen Fällen fehlt es aber an der nöthigen Einsicht und
der Aufklärung der breiten Yolksmassen über die grosse Ansteckungs¬
fähigkeit des Auswurfes. Denn in unserem deutschen Vaterlande wenigstens
sind die socialen Verhältnisse zur Zeit derart, dass jeder in einem vor¬
geschrittenen Stadium der Erkrankung befindliche unbemittelte Schwind¬
süchtige auf Kosten der Gemeinde ohne Schwierigkeit in öffentlichen
Krankenhäusern Aufnahme finden kann, wodurch wenigstens die schlimmste
Ansteckungsgefahr vermieden würde.
Von unseren Patienten haben sich 14 in der Schlafstelle, Wohnung
bei schwindsüchtigen Hausleuten oder durch Zusammenschlafen mit
Tuberculösen ihre Erkrankung zugezogen, während 7 Kranke das Kranken¬
haus als Infectionsquelle ansahen, in welchem sie theils als Krankenpfleger,
theils als Kranke längere Zeit mit Lungenkranken in Berührung gewesen
waren. Von ersteren kommen vier, von letzteren drei in Abrechnung,
bei denen zugleich die Ansteckungsmöglichkeit im Eltemhause vorlag, so
dass bei im Ganzen 7 Procent unserer Kranken die wahrscheinliche directe
Infectionsquelle in den Wohnungsverhältnissen lag. Jedoch auch von den
vorher erwähnten Patienten gaben die meisten an, in unhygienischen
Wohnungen zu leben.
Bei dem noch immer wogenden Streite über die Häufigkeit der Ueber-
tragung der Perlsucht der Rinder auf den Menschen ist es von Interesse, dass
nur einer unserer Patienten, also 0*5 Procent, und zwar ein Thierarzt seine
Erkrankung auf häufige Berührung mit perlsüchtigen Thieren zurückführte.
Bei 21 unserer Patienten konnte eine bestimmte Infectionsquelle
nicht festgestellt werden. Es sind hierunter alle die zusammengefasst,
die nicht mit Bestimmtheit angaben, dass unter ihren Mitarbeitern
Lungenkranke gewesen sind. Einige derselben beschuldigten staubige,
schlecht ventilirte Fabrikräume, andere feuchte Wohnungen. Es ist aber
wohl anzunehmen, dass ein Theil dieser Personen zu den durch die Ar¬
beitsstätte Inficirten zu rechnen sein wird. Es ist sicherlich häufig, dass
Arbeiter nicht wissen oder nicht darauf geachtet haben, dass sie mit
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Beitrag zur Verbreitung und Prophylaxe der Tuberculose. 411
Lungenkranken zusammen waren. Zu dieser Beobachtung gehört immerhin
eine gewisse Intelligenz; es wurde vermieden, so etwas in die Leute
hineinzufragen. Jene oben genannten gaben dagegen ohne Weiteres an,
dass manche ihrer Kameraden schwindsüchtig gewesen seien.
Man könnte den Einwurf machen, dass diese 10*5 Procent sich ihre
Krankheit eventuell durch den Genuss der Milch tuberculöser Kühe zu¬
gezogen hätten. Sehr wahrscheinlich ist dieses nicht; die meisten unserer
Patienten waren Männer, die nur wenig Milch zu trinken pflegen, während
die Frauen in der Grossstadt vielfach pasteurisirte Milch erhalten oder
dieselbe abzukochen pflegen. Auch unter den in dem oben genannten
englischen Jahresbericht besprochenen 883 Tuberculosefällen konnte nur
in einem Falle die wahrscheinliche Infectionsquelle in der Milch einer
perlsüchtigen Kuh gefunden werden. Die Patientin, welche längere Zeit in
grossen Quantitäten die Milch einer an Eutertuberculose erkrankten Kuh
getrunken hatte, starb nach 6 monatlichem Krankenlager unter den Sym¬
ptomen einer tuberculösen Meningitis.
Fassen wir das Ergebniss der Zusammenstellung noch einmal kurz
zusammen, so erhalten wir als Infectionsquellen:
I. Tuberculose der Familie.
II. Arbeitsstätte.
III. Wolymng u. s. w.
IY. Ansteckung durch tuberculose Thiere . . .
Y. Unbekannte Ursache.
114 d.i. 57 Procent,
50 „ 25 „
14 „ 7 „
1 „ 0*5 „
2 1 „ _ 10*5 _,,_
200 d. i. 100 Procent.
Unsere Patienten befanden sich im Alter zwischen 15 und 48 Jahren
und zwar waren die meisten zwischen 20 und 25 Jahre alt.
Die Dauer des Zusammenseins derselben mit ihrer tuberculösen In¬
fectionsquelle betrug im Durchschnitt 5-7 Jahre, also eine verhältniss-
mässig lange Zeit. Es stimmt hierzu die alte Erfahrung, dass die An¬
steckung mit Tuberculose in der Regel nicht durch einmaliges Eiuathmen
von Tuberkelbacillen geschieht, sondern dass eine längere Einwirkungszeit
derselben bis zur eigentlichen Infection erforderlich ist.
Wie es bei den geringen Beschwerden, die im Beginn der Lungen¬
schwindsucht vorhanden zu sein pflegen, nicht verwunderlich ist, suchen
die meisten Kranken das Krankenhaus erst dann auf, wenn sich stärkere
Beschwerden einstellen. So betrug bei unseren Patienten die Dauer der
Erkrankung bis zur Aufnahme in die Kgl. Charite 2 Jahre und 2 Monate.
Was die Berufsverhältnisse anbetrifft, so konnten auch wir die Beob¬
achtung machen, dass diejenigen Berufsclassen, welche hauptsächlich auf
die Arbeit in geschlossenen Räumen und Werkstätten angewiesen sind,
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B. Möllers:
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der Tuberculose den grössten Tribut zahlen müssen. An erster Linie
stehen die Metallarbeiter, Schlosser und Maschinisten mit 29; ihnen folgen
die Kellner, Hausdiener, Kaufleute, Buchhalter, dann die Maurer, Tischler,
Schriftsetzer, Maler und Schreiner. Günstiger stehen die Kutscher, Land¬
arbeiter und Schlächter.
Von unseren 131 Männern waren über die Hälfte, nämlich 70, in
grösseren Gewerbebetrieben (Fabriken u. s. w.) beschäftigt, in welchen
die Möglichkeit der Ansteckung der Mitarbeiter eine besonders grosse ist.
Unter 69 Frauen stellten den grössten Krankheitscontingent die
Dienstmädchen und Kellnerinnen mit 15, dann die Näherinnen nnd
Schneiderinnen mit 8 Patienten. Annähernd die Hälfte, 30 Frauen, waren
in den verschiedenen Fabrikbetrieben beschäftigt.
Welche Folgerungen können wir nun aus dieser statistischen Be¬
trachtung lür die Prophylaxe der gefährlichen Volkskrankheit ziehen?
Um zu erfahren, wo nicht nur aus Gründen der Humanität, sondern
in gleichem Maasse auf Grund von wirtschaftlichen Ueberlegungen helfend
und belehrend einzugreifen ist, ist das erste Erfordemiss die Anzeige¬
pflicht, wie wir sie bei der Bekämpfung anderer Infectionskrankheiten
bereits in segensreicher Weise haben in Wirksamkeit treten sehen. Selbst¬
verständlich würde es schwer durchzuführen sein, wollte man nun alle,
selbst die leichtesten, erst im Beginn begriffenen Tuberculosefälle zur
staatlichen Anzeige bringen; aber dieses ist ja auch nicht nöthig. In
prophylaktischer Hinsicht müssen wir besonders darauf Werth legen, dass
diejenigen Fälle, die nach dem Grade ihres Leidens und ihren sonstigen
Verhältnissen eine zweifellose Gefahr für ihre Umgebung bilden, kenntlich
und nach Möglichkeit unschädlich gemacht werden. Allerdings wird man
sich hüten müssen, bei der praktischen Durchführung der Anzeigepflicht
zu schroff vorzugehen, um aus der Maassregel weder ein Schreckmittel,
noch eine unnöthige Plage zu machen. Anf der jüngsten Berliner Tuber-
culoseconferenz wurde daher vorgeschlagen, bei Erkrankung von Privat¬
personen eine freiwillige Anzeige durch die behandelnden Aerzte ein¬
zuführen. Es soll dann zunächst den Kranken selbst und ihrer Umgebung
überlassen bleiben, die erforderlichen Maassnahmen gegen die Verbreitung
der Krankheit zu treffen; erst wo sich das nicht ausreichend erweist,
sollen die Behörden eingreifen. Ob die freiwillige unentgeltliche Anzeige
genügt, oder ob es angebrachter ist, Prämien für die Ermittelung der
Krankheit auszusetzen, wird praktisch erprobt werden müssen.
Dass die allgemeine Anzeigepflicht und die darauf beruhenden
Vorbeugungsmaassregeln durchführbar sind, beweisen die guten Früchte,
welche dadurch in den Vereinigten Staaten speciell in New-York gezeitigt
wurden, wo im Laufe der letzten Jahre die Tuberculosesterblicbkeit
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Beitrag zur Verbreitung und Prophylaxe der Tuberculose. 413
um 30 Procent zurückgegangen ist. In mehreren fremden Ländern und
auch in einzelnen deutschen Bundesstaaten ist eine mehr oder weniger
ausgedehnte Anzeigepflicht für Tuberculose bereits eingeführt, ohne dass
sich daraus irgend welche Unzuträglichkeiten ergeben hätten. So muss
im Königreich Sachsen jeder Fall von vorgeschrittener Tuberculose ge¬
meldet werden, der in Rücksicht auf seine WohnungsVerhältnisse seine
Umgebung hochgradig gefährdet.
In den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika speciell in New-York
besteht seit 1897 die allgemeine Anzeigepflicht. Hier muss der beamtete
Arzt bei den Tuberculösen genaue Ermittelungen anstellen, ob Tuberkel¬
bacillen im Auswurf vorhanden sind; er ertheilt mündliche Belehrung
über die Natur des Leidens, seine Ansteckungsgefahr und giebt Rathschläge
für das weitere Verhalten.
In Canada dürfen Kinder, die an Tuberculose erkrankt sind, ebenso
wie bei anderen Infectionskrankheiten, die Schule nicht besuchen.
In Norwegen ist durch ein Gesetz vom 8. V. 1900 den Gesundheits¬
commissionen sogar das Recht zugestanden, eine zwangsweise Einlieferung
der Erkrankten in ein Krankenhaus zu bestimmen. Anzeigepflichtig sind
hier nur die Fälle, welche mit solchen Absonderungen verbunden sind,
von denen eine Ansteckungsgefahr zu befürchten ist. Nach erfolgter
Anzeige müssen die Behörden sofort die nothwendigen prophylaktischen
Anordnungen treffen.
In Manchester besteht eine freiwillige Anzeige (wofür jeder Arzt
Mk. 2.50 erhält); ausserdem stellt die Stadt bei unbemittelten Kranken
unentgeltlich einen Consilarius, der auch den Auswurf untersucht. Jeder
Kranke erhält eine kurze Belehrung über die besten prophylaktischen
Mittel gegenüber seiner Umgebung, ferner Speiflaschen und japanische
Papiertaschentücher.
Besonders wichtig wird die Anzeigepflicht für öffentliche Anstalten
sein, bei denen die Gefahr der Ausbreitung der Krankheit wegen des
Zusammenwohnens vieler Menschen in gemeinsamen Räumen eine erhöhte
ist. Verhältnissmässig leicht wird sie durchzuführeu sein in solchen An¬
stalten, die ihre Bewohner nicht häufig wechseln wie in Waisen-, Siechen-,
Armenhäusern, Erziehungsanstalten, Pensionaten, Schulen, Klöstern und
Krankenhäusern, schwieriger in Gast- und Logierhäusern, Herbergen und
Schlafstellen.
Für eine Fernhaltung der Tuberculose aus der Armee ist wohl in
allen Culturstaaten bereits in hinreichender Weise gesorgt. Durch die
allmählich immer mehr zunehmende Einführung von Schulärzten wird in
absehbarer Zeit hoffentlich auch für unsere heramvaclisende Jugend bald
das gleiche Ziel erreicht werden.
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B. Möllebs:
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Im Allgemeinen wird es vielleicht hinreichend sein, die Anzeigepflicht
auf jeden Todesfall an Tuberculose sowie jeden Fall von vorgeschrittener
Lungen- und Kehlkopftuberculose zu beschränken, welcher eine offenbare
Ansteckungsgefahr für seine Umgebung bedeutet.
Naturgemäss ist die Gefahr entsprechend der Form und dem Ent¬
wickelungsgrade des Leidens sowie den socialen Verhältnissen des Er¬
krankten wesentlich verschieden. Ist der Kranke in der Lage und
gewillt, bestimmte Vorsichtsmaassregeln zu beachten, so ist die Infections-
gefahr verhältnissmässig gering, während das Gegentheil der Fall ist.
wenn der Erkrankte gezwungen ist, mit zahlreichen anderen Personen in
geschlossenen Räumen, Werkstätten oder Fabriken zusammen zu leben,
zu arbeiten und zu schlafen.
Auch der Beruf spielt für die Gefahr der Uebertragung insofern eine
wichtige Rolle, je grösser der Kreis derjenigen ist, mit denen der Er¬
krankte täglich in Berührung kommen muss. Bureaubeamte, Ladenbediente,
Lehrer oder Geistliche werden mehr zur Verbreitung der Tuberculose bei¬
tragen können, als der allein in seiner Werkstatt thätige Arbeiter.
Aus der Forderung einer Anzeigepflicht für Tuberculose ergiebt sich
ohne Weiteres die Frage, was soll mit den auf diese Weise zur Keuntuiss
der Behörde gebrachten Schwindsüchtigen geschehen?
Bei den besser gestellten Classen wird die Kenutniss der Ansteckungs¬
gefahr und eine zweckentsprechende Belehrung in den meisten Fällen
wohl genügen, um dieselben aus eigenem Antriebe zu veranlassen, für
zweckentsprechende Vorbeugungsmaassregeln Sorge zu tragen. Schwieriger
gestaltet sich die Frage, was für eine Fürsorge für die zahlreichen, den
unbemittelten Ständen Angehörigen getroffen werden soll.
Während Dank der in grossartigem Maassstabe in’s Leben gerufenen
Heilstättenbewegung für die im beginnenden Stadium der Erkrankung
befindlichen Tuberculösen in mannigfaltiger Weise durch Lungenheilstätten,
Erholungsstätten, Genesungsheime und Volksheilstätten gesorgt ist, besteht
leider noch eine Lücke der humanitären Antituberculosebestrebungen in
dem Mangel an geeigneten Unterkunftsstätten für die vorgeschritten
Erkrankten. Bestiinmungsgemäss sollen in den Lungenheilstätten nur
Leichterkrankte Aufnahme finden, die sich im ersten Stadium befinden
und verhältnissmässig geringe Krankheitserscheinungen darbieten, da man
in dreimonatlicher Behandlung eine möglichst langdauernde Wiederherstel¬
lung der Arbeitsfähigkeit zu erzielen hofft, was natürlich nur bei begin¬
nenden Phthisen erhofft werden kann.
Betrachten wir aber die Heilstättenfrage von dem Standpunkte aus,
wer am hauptsächlichsten zur Verbreitung der Tuberculose beiträgt, so
sind es nicht die jetzigen Heilstättecandidaten, sondern gerade Diejenigen,
Gck igle
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BeITEAG ZUE VeEBBEITUNG UND PeOI’HYLAXE DEN TüBEECUIiOSE. 415
welche von der Heilstättenfürsorge wegen zu vorgeschrittener Erkrankung
ausgeschlossen sind. Ein reichlich Auswurf absondernder Arbeiter, der
mit 20 Collegen in einer dumpfen, staubigen Werkstatt zusammen arbeitet,
trägt sicherlich mehr zur Verbreitung der Tuberculose bei, als 20 Leicht¬
erkrankte, die nur Morgens geringen Auswurf haben. Wird es nicht auch
vom allgemeinen volkswirtschaftlichen Standpunkte aus rationell erscheinen,
diese eigentlichen Krankheitsherde zu beseitigen, welche uns die weit
grössere Anzahl der jetzigen Heilstättecandidaten erst liefert?
Selbstverständlich kann bei der Pflege und Absonderung der vor¬
geschrittenen Lungenkranken nicht der zahlenmässig nachweisbare und in
die Augen fallende Heilungserfolg wie in den beginnenden Fällen erzielt
werden. Betrachten wir aber das Endbestreben, die Verbreitung der
Tuberculose einzuschränken, so ist die Absonderung und Pflege der
Schwererkrankten sicherlich eine mindestens ebenso dankbare und sogar
wichtigere Aufgabe für die allgemeine Volkswohlfahrt, wie die Heilung
der Leichterkrankten.
Für die im späteren Stadium der Erkrankung befindlichen Tuber-
culösen sind bereits in einigen Städten unter dem Namen „Tuberculose-
Heime und -Spitäler“ besondere Pflegestätten errichtet worden; doch leider
noch lange nicht in genügender Anzahl. Befinden sich doch nach un¬
gefährer Schätzung Dettweiler’s allein im Deutschen Reiche über
1200000 Tuberculose; von diesen sterben im Durchschnitt jährlich etwa
87000 Menschen im Alter von 15 bis 60 Jahren allein an Lungentuber-
culose, während nach dem Bericht des Kais. Reichsgesundheitsamtes bei
ungefähr 226000 erwachsenen Personen das tuberculose Leiden so weit
vorgeschritten ist, dass Krankenhausbehandlung nothwendig wäre.
Gewiss liefern die in den letzten 8 Jahren seit Gründung des
Deutschen Centralcomites zur Errichtung von Heilstätten für Lungen¬
kranke in’s Leben gerufenen etwa 60 Volksheilstätten neben ca. 20 Privat¬
anstalten, die zusammen alljährlich das stattliche Heer von mindestens
20000 Kranken einer 3monatlichen Cur unterziehen können, einen
schlagenden Beweis für die Begeisterung und Energie, mit welcher der
Kampf gegen diese gefährlichste Volkskraukheit in allen Theilen unseres
deutschen Vaterlandes geführt wird. Bei Betrachtung der grossen Ver¬
breitung der Tuberculose leuchtet es jedoch ohne Weiteres ein, dass das
bisher geleistete, speciell was die im vorgeschrittenen Stadium betrifft,
bei Weitem nicht ausreichend ist Wie gross die Zahl der Letzteren ist,
zeigt die Statistik der Berliner Poliklinik für Lungenkranke. Unter
ca. 16000 Patienten wurden nur ca. 5000 für die Heilstätteubehandlung
geeignet gefunden; bei fast 70 Procent der Erkrankten war der Lungen-
process bereits so vorgeschritten, dass dieselben nicht mehr als passend
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416
B. Möllebs:
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befunden werden konnten. Gerade diese aber, die tagtäglich den Ver¬
derben bringenden Krankheitsstoff auf ihre Umgebung übertragen und
am meisten zur Verbreitung der Tuberculose beitragen, verdienen bei der
Prophylaxe der mörderischen Volkskrankheit eine besondere Beachtung.
Am zweckentsprechendsten würde analog den Lepraheimen die Er¬
richtung eigener Tuberculosespitäler in waldiger Gegend, in der Nähe
grosser Städte oder, wo dieses nicht angängig ist, die Errichtung besonderer
Tuberculosestationen an den allgemeinen Krankenhäusern sein. Wünschens-
werth würde es auch erscheinen, aus einigen der jetzt bestehenden Lungen¬
heilstätten Absonderungsstätten für die ernster kranken Tuberculösen zu
machen oder besondere Stationen für die Letzteren den jetzigen Lungen¬
heilstätten anzuschliessen.
Gewiss hat die jetzige Art der Heilstättenbehandlung ihren grossen
Werth. Wir dürfen uns aber nicht darüber im Unklaren bleiben, dass
auch in den Heilstätten nicht immer die vollständige Heilung erzielt wird,
sondern meistens nur eine erhebliche Besserung. Und wenn diese Leute
dann wieder in ihre elenden Verhältnisse, in ihr Misere zurückkehreu.
so schwindet gewöhnlich über kurz oder lang die gewonnene Besserung
und das alte Leiden kehrt von Neuem wieder. Nach einer Statistik des
Kais. Gesundheitsamtes gehen jährlich 72 Procent als gebessert und
arbeitsfähig aus den Heilstätten heraus; nach 3 Jahren sind nur noch
29 Procent arbeitsfähig, da die Pfleglinge in dieselben ungünstigen
Wohuungs-, Ernährungs- und Arbeitsverhältnisse zurückkommen, welche
wenigstens mittelbar zur Entwickelung des Leidens beigetragen haben.
Wenn man nun den Charakter der Heilstätten in der Weise änderte, dass
nur schwere Tuberculosefalle aufgenommen würden, dann wird zwar die
Statistik Anfangs ungünstiger werden; prophylaktisch aber ist es ein
überaus wichtiger Gesichtspunkt, dass zahlreiche gefährliche Infectionsherde
aus der Allgemeinheit ausgeschalten werden. Indem man die philan¬
thropische Seite der Hilfsbereitschaft für diese Kranken in den Vorder¬
grund stellte, könnte man diese Anstalten nach v. Leyden’s Vorschlag
als „Krankenhäuser“ oder selbst „Heilstätten“ für schwere Lungenkranke
in vorgeschrittenen Stadien nennen. Auch in diesen würden noch manche
Besserungen zu erzielen sein und sie bleiben immer „Krankenhäuser“
keine „Sterbehäuser“.
Wegen der hohen Kostenfrage wurde auf der jüngsten Berliner Tuber-
culoseconferenz der Vorschlag gemacht, auf die Landesversicherungs¬
anstalten einen Theil der Kosten der Invalidenheime für Tuberculose ab¬
zuwälzen. Die Erfahrungen, die die Landesversicherungsanstalt in Berlin,
welche als erste eine eigene Anstalt für invalide Brustkranke errichtete,
damit gemacht hat, sind ganz günstige. Zur Aufnahme sind in erster
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Beitrag zur Verbreitung und Prophylaxe der Tuberculose. 417
Linie die ganz schweren Fälle geeignet, die etwa noch s / 4 bis 1 Jahr zu
leben haben. Dadurch werden die Kosten geringer und es regelt sich
auch die Frage der Familienunterstützung leichter, da den Angehörigen
nicht der Ernährer geraubt, sondern eine Last abgenommen wird.
Wenn wir die grosse Anzahl von Fabriken und grösseren Gewerbe¬
betrieben in Betracht ziehen, die heutzutage besonders in den Gress¬
städten die Hauptmasse der Bevölkerung beschäftigen, so kann es uns
nicht Wunder nehmen, dass die Arbeitsstätte in einer nicht unerheblichen
Zahl der Fälle die Infectionsquelle für Tuberculose bildet. Für die
allgemeine Volksgesundheit ist daher die hygienische Gestaltung der
Fabrikbetriebe von einem besonderen Interesse. Betrachten wir die Ver¬
hältnisse näher, so finden wir in einem mehr oder weniger grossen Baume
bis zu 100 und mehr Personen fast den ganzen Tag über beschäftigt.
Neben der in vielen Fällen vorhandenen schlechten Beschaffenheit der
Arbeitsräume in Folge Mangels an Licht und Luft wirken Metall-, Holz-
nnd Steinstaub, welche erfahrungsgemäss eine Disposition zur Tuberculose
hervorrufen, während längerer Zeit schädigend auf die Lungen ein; eine
ähnliche ungünstige Wirkung haben ungenügende Arbeitspausen und
allzu lange Arbeitszeit besonders in geschlossenen Arbeitsräumen.
Eine weit grössere Gefahr als durch die todte Materie droht dem
Arbeiter von Seiten seiner lungenkranken Arbeitsgenossen durch Ver¬
mittelung des die Ansteckung in erster Linie übertragenden Auswurfs,
der nicht nur in seinem natürlichen schleimflüssigen, sondern auch im
eingetrockneten Zustande gefährlich bleibt und mit dem Staub aufge¬
wirbelt eine nicht zu unterschätzende Ansteckungsmöglichkeit bildet.
Während der Staat durch eine dauernde Beaufsichtigung der Gewerbe¬
betriebe und Fabrikanlagen und durch die gesetzlich eingeführten Unfall¬
verhütungsvorschriften eine Gefährdung der Arbeiter durch äussere Ge¬
walten möglichst von demselben fern zu halten sucht, fehlt dem grossen
Arbeitsstande zur Bekämpfung der Tuberculose, seines gefährlichsten
Feindes, der jährlich allein in Deutschland fast hunderttausend Menschen
dahinrafft, bis jetzt noch der mächtige Schutz des Staates.
Und doch erscheint eine genaue sanitäre Ueberwaohung der Gewerbe¬
betriebe sowohl im Interesse des Einzelnen wie der Allgemeinheit dringend
nothwendig und verhältnissmässig leicht durchführbar. Da die Haupt¬
ansteckungsgefahr bei der Tuberculose in den reichlich Auswurf ab¬
sondernden Personen liegt, so würde es in erster Linie darauf ankommen,
diese von den gesunden zu trennen.
Wie aus unserer statistischen Untersuchung hervorgeht, gaben von
100 in grösseren Gewerbebetrieben beschäftigten Patienten nicht weniger
als 75 an, dass sich unter ihren Arbeitscollegen solche mit Husten und
Zeitschr. f. Hygiene. XL IV.
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Auswarf befanden. Da bei 25 derselben ausserdem noch hereditäre Be¬
lastung vorlag, so konnten wir immerhin bei 50 Patienten, also der Hälfte
derselben, in der Arbeitsstätte die wahrscheinliche Infectionsquelle der
Krankheit erblicken. Andere Statistiken ergeben einen ähnlichen hohen
Procentsatz für die durch ihre Arbeitsstätte inficirten Lungenkranken.
So leiden nach Bielefeld von allen männlichen Arbeitern aus dem Hütten-
und Bergbauwesen, die bis zum Alter von 30 Jahren invalide werden,
mehr als die Hälfte an Tuberculose.
Um die Gefahr der Ansteckung der noch gesunden durch die er¬
krankten Arbeiter herabzusetzen, würde eine in bestimmten Zeiträumen
zu wiederholende ärztliche Untersuchung sämmtlicher Mitglieder der be¬
treffenden Arbeitsstätte nothwendig sein. Die unheilbaren Tuberculösen
würden am besten in den oben besprochenen Pflegestätten für vor¬
geschrittene Erkrankte oder in besonderen Invalidenheimen untergebracht.
Die im ersten Stadium der Tuberculose befindlichen Kranken müssten
entweder den Lungenheilstätten und Sanatorien zugeführt oder unter
strenger Innehaltung der hygienischen Vorschriften getrennt von den ge¬
sunden Arbeitern in besonderen Werkstätten mit leichteren Arbeiten be¬
schäftigt werden. Zu letzterer Maassregel, die sich durch die verhältniss-
mässige Leichtigkeit, mit welcher sie wenigstens bei grösseren Betrieben
in der Praxis durchführbar sein wird, auszeichnet, kann um so eher ge-
rathen werden, als durch eine kürzlich von Hammer 1 veröffentlichte
statistische Arbeit festgestellt ist, dass der wirtschaftliche Erfolg bei
diesen beiden Behandlungsmethoden keine beredte Sprache zu Gunsten
der Heilstättenbehandlung führt; denn auch ohne Anstaltsbehandlung
geben die initialen Tuberculösen bei zweckmässigem sonstigen Begime
eine relativ gute wirtschaftliche Prognose. Es ist eine bekannte Er¬
fahrung, dass gerade unter der Arbeiterbevölkerung ein Spitzenkatarrh
unter indifferenter Behandlung allein dadurch, dass der Patient eine Zeit
laug seine Arbeit aussetzt, die staubigen Fabrikräume meidet und so
vorübergehend unter etwas günstigeren hygienischen Verhältnissen lebt,
recht häufig in kurzer Zeit ausheilt. Diese schnellen Heilungen scheinen
bei der Arbeitertuberculose deshalb häufiger beobachtet zu werden als bei
der Tuberculose der besseren Stände, weil der an körperliche Thätigkeit
gewöhnte, den Witterungsverhältnissen trotzende, abgehärtete Arbeiter
geringere Disposition zur Erkrankung besitzt.
Neben der Absonderung der erkrankten Arbeiter würde eine weitere
Aufgabe der Aufsichtsorgane in einer genauen sanitären Ueberwachung
der Gewerbetriebe bestehen, wobei besonders auf die Aufstellung von
1 Münchener med. Wochenschrift 1902. Nr. 26.
Gck igle
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Beitbag ztjb Verbreitung und Prophylaxe der Tuberculose. 419
Spacknäpfen in den Arbeitsräumen, Reinlichkeit, Lüftung und Vermeidung
von Staub, kurz alle diejenigen hygienischen Maassnahmen zu achten ist,
welche nach unserer heutigen Kenntniss zur Verhütung der Tuberculose
nothwendig sind. Es ist nicht zu glauben, in wie vielen selbst unserer
besseren Fabriken noch keine Spucknäpfe aufgestellt sind. Die Arbeiter
müssten ferner über die Verbreitung der Tuberculose und die Zweck¬
mässigkeit der getroffenen Einrichtungen unterrichtet werden.
Einen beachtenswerthen Vorschlag zur Herabsetzung der Verbreitung
der Tuberculose in Arbeitssälen, Bureaux u. s. w. machte Flügge-Breslau
auf der jüngsten Berliner Tuberculose-Conferenz. Während früher die
sogen. Stäubcheninfection als die wichtigste Art der Uebertragung der
Tuberculose angesehen wurde, hat bekanntlich er zuerst darauf hin¬
gewiesen, dass eine mindestens ebenso wichtige Ursache für den Gehalt
der Athmungsluft an Tuberkelbacillen in der Zerstreuung ausgehusteter
Tröpfchen besteht. Die von der kranken Lunge abgesonderten Schleim¬
partikel werden mit ihrer infectiösen Beimengung beim Sprechen oder
Husten in Tröpfchenform losgelöst und mit dem Luftstrom hinaus befördert.
Um diese Infectionsmöglichkeit herabzusetzen, sind daher die Kranken
anzuweisen, heftiges Husten bei offenem Munde möglichst zu vermeiden,
bei Hustenstössen sich auf Armlänge von anderen Menschen fern zu
halten, den Kopf abzuwenden und die Hand oder das Taschentuch vor
den Mund zu halten. Da die ausgehusteten Tröpfchen meist nicht weiter
als 1 m in horizontaler Richtung geschleudert werden, so empfiehlt
Flügge, dass in den Arbeitsräumen der Abstand zwischen je zwei
Köpfen mindestens 1 ra betragen soll. Zu diesem Zwecke will er an
Schreibpulten, an denen sich zwei Personen gegenübersitzen, in der Mitte
eine verticale Glaswand bis 1 / 2 m über Kopf höhe und soweit es der Betrieb
erlaubt, zwischen benachbarten Arbeitern eine trennende Zwischenwand
anbringen.
Die aus der Tröpfcheninfection entstehende Gefahr muss für Gesunde,
die sich längere Zeit in der Nähe eines stark hustenden Tuberculösen
aufhalten, als eiue sehr erhebliche geschätzt werden. Unsere Statistik
zeigt gleichfalls, dass in Bureaux, Werkstätten, Schlafstellen und Herbergen,
in welchen Gesunde sich längere Zeit zusammen mit viel Auswurf ab-
sondemden Tuberculösen aufgehalten haben, die Ansteckungen ziemlich
häufig vorkamen. Wie viel könnte hier geholfen werden durch eine Be¬
lehrung der breiten Volksschichten über die Gefahr der Benutzung von
Schlafräumen und engen, schlecht ventilirten Arbeitsstätten zusammen
mit Schwindsüchtigen!
Während die zur sanitären Ueberwachnng der Gewerbebetriebe er¬
forderlichen Maassnahmen sich verhältnissmässig leicht ohne allzu grosse
27*
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Gck igle
Original frum
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420
B. Möllers:
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Kosten durchführen lassen, bietet die Sanirung der Wohnungsverhältnisse
der unbemittelten Classen grössere Schwierigkeiten.
Unser Hauptbestreben bei der Bekämpfung der Tuberculose muss
stets dahin gerichtet sein, den Auswurf der Erkrankten als Infections-
quelle zu eliminiren. So unschädlich der in einem zweckmässigen Spuck¬
napfe oder Speiglase aufgefangene Auswurf ist, so gefährlich wird derselbe,
wenn er auf den Fussboden geworfen, dort eintrockuet und verstäubt;
doppelt gefährlich aber wird er, wenn in den dunkeln, überfüllten Räumen
der Armen das Sonnenlicht die Bacillen nicht abtödten kann. Daher sind
die überfüllten Wohnungen geradezu als die Brutstätten der Tuberculose
anzusehen. Ein erschreckendes Bild der in den Grossstädten herrschenden
Wohnungsmisöre ergiebt der vor Kurzem herausgegebene amtliche Bericht
über die Berliner Wohnungsverhältnisse. 43 Procent aller vorhandenen
Wohnungen bestehen darnach nur aus einem Raume. Wohnungen, nur
aus einer Küche bestehend, beherbergen bis zu 12 Personen. In
250 Fällen waren in einer solchen Küche vier Menschen untergebraeht.
In einem Falle hausten in einem heizbaren Zimmer nicht weniger als
13 Personen. Nun male man sich nur einmal aus, wie sich unter solchen
hygienischen Verhältnissen die Lage eines Schwindsüchtigen gestaltet!
Wie ist es denkbar, dass ein hülfloser Kranker unter diesen Umständen
seinen Auswurf so beseitigen kann, dass er seine Mitbewohner nicht in
hohem Grade gefährdet? Oft bleibt die Ansteckung nicht auf die einzelne
Familie beschränkt, sondern greift in dichtbewohnten Miethshäusern auf
benachbarte Familien über. So hat kürzlich Ch. Proka in einer Arbeit
(über die Tuberculoseherde in Bukarest) statistisch ermittelt, in welchen
Strassen und Häusern der Stadt die Fälle von Tuberculose gehäuft oder
nach einander vorkamen und eine Liste der Krankheitsherde aufgestellt,
damit durch geeignete hygienische Maassregeln dem Fortschreiten der
gefährlichen Krankheit entgegen gearbeitet werden könne.
In anerkennenswerther Weise sind von Seiten des Staates und
mancher Grossindustriellen keine Kosten gescheut worden, um durch den
Bau hygienisch angelegter Beamten- und Arbeiterhäuser der Wohnungs-
noth zu steuern. Dass auf diesem Gebiete im Interesse der allgemeinen
Wohlfahrt und der Wehrkraft des Volkes noch viel geschehen muss, zeigt
uns deutlich die Berliner Wohnungsstatistik. Ohne eine umfassende
Besserung der Arbeiterwohnungsverhältnisse ist und bleibt eben der
Kampf gegen die Tuberculose ein aussichtsloser. Auch die aus den Heil¬
stätten als wesentlich gebessert oder geheilt Entlassenen erleiden, wenn sie
in ihre alten ungünstigen Wohnungs- und Arbeitsverhältnisse zurück¬
kehren, in der Mehrzahl der Fälle eine spätere Verschlimmerung ihres
Leidens.
Gck igle
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Beitrag zur Verbreitung und Prophylaxe der Tuberculose. 421
Die Beseitigung der überfüllten dumpfen Wohnungen der Armen
bildet daher das wirksamste Schutzmittel gegen die Verbreitung der
Tuberculose; doch ist dieses Ziel nur zu erreichen durch die gemeinsame
Arbeit aller Factoren in Staat und Gemeinde. Die Gemeinsamkeit ist
gewährleistet durch die Parteilosigkeit der Aufgabe.
Als das Erstrebenswertheste ist entschieden das von einigen Gross-
industriellen angewandte System der Einfamilienhäuser zu bezeichnen, die
möglichst mit etwas Gartenland umgeben sind. Die Arbeiter erhalten
dafür einen mässigen Gehaltsabzug derart, dass das Häuschen nach etwa
20 Jahren in ihren Besitz übergeht Auf diese Weise kann nicht nur
eine den hygienischen Anforderungen genügende Wohnung geschaffen
werden, sondern es wird zugleich auch die sociale Lage des Arbeiters
gehoben. Es entsteht ein gesunder, arbeitsfreudiger Arbeiterstand, der
sich in seinem eigenen Heime wohl fühlt und mit seiner Lage zufrieden
ist. Ein solcher aber bildet die beste Schutzwehr des Staates gegen alle
Bestrebungen der Umstürzler und eine Stütze für Thron und Altar.
Leicht wird uns, wie wir sehen, der Kampf gegen die Tuberculose,
diesen Erbfeind der Menschheit, nicht gemacht. Grosse Opfer an Arbeit
und Geld, an Schaffensfreudigkeit und Ausdauer müssen gebracht werden.
Der Staat und die Gemeinde, der Arbeitgeber und die Arbeiter selbst,
alle Stände und Gesellschaftsclassen müssen ihre besten Kräfte einsetzen
zur Erreichung des gesetzten Zieles, zur Erhaltung und Erhöhung von
Wohlstand, Gesundheit und Wehrkraft des Volkes.
Doch der Kampf ist nicht aussichtslos. Wie uns die Erfahrung der
letzten Jahre gezeigt hat, ist es möglich, einer Infectionskrankheit Herr
zu werden. Seit der allgemeinen Einführung der Impfpflicht haben die
Pocken ihre Bedeutung als verheerende Volksseuche verloren. Die als
„Würgengel der Kinder“ gefürchtete Diphtherie hat den grössten Theil
ihres Schreckens eingebüsst, seitdem das Diphtherieheilserum seinen
Siegeszug begonnen hat. Auch bei der Leprakrankheit, die im Mittelalter
so starke Verheerungen in Europa verursachte, ist es durch die Isolirung
der Kranken gelungen, der entsetzlichen Seuche Herr zu werden.
Wenn uns nicht alles täuscht, so haben wir auch die besten Aus¬
sichten, der tückischsten aller Volkskrankheiten, der Tuberculose Herr zu
werden. Wie die beständige und nicht unerhebliche Abnahme der Tuber-
culosesterblichkeit in den letzten Jahren zeigt, sind die bisherigen Anti-
tuberculosebestrebungen nicht vergeblich gewesen. Nach den amtlichen
Statistiken starben in Preussen von je 10000 Lebenden im Jahre 1890
an Tuberculose 28-11; im Jahre 1895 fiel die Zahl auf 23*26, im
Jahre 1899 weiter auf 20*71 Personen.
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422 B. Mölleüs: Verbreitung u. Prophylaxe leb Tüberculosk.
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Diese Thatsache giebt unserer Hoffnung eine feste Unterlage and
lässt uns mit freudigem Blicke und zuversichtlichem Vertrauen in eine,
wenn, auch vorläufig noch ferne Zukunft schauen, die von dieser Seuche
befreit sein wird. Wir dürfen daher nicht erlahmen in dem Kreuzzuge
gegen den gefürchteten Feind, sondern müssen, nachdem wir die Ueber-
zeugung gewonnen haben, dass der eingeschlagene Weg der richtige ist,
alle Mittel aufbieten, die uns zur Bekämpfung der Tuberculose zu Gebote
stehen, dann kann der erhoffte Erfolg nicht ausbleiben.
Zum Schlüsse ist es mir eine angenehme Pflicht, Hrn. Stabsarzt
Dr. Kleine für die Unterstützung bei dieser Arbeit meinen ergebensten
Dank auszusprechen.
Goi igle
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[Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin.]
(Director: Geh. Med.-Rath Prof. Dr. R. Koch.)
Zur Frage der Differenzirung
einzelner Hefearten mittels der Agglutinine.
Von
Dr. Albert Schütze,
Assistenten am Institut.
In dem Phänomen der Agglutination und Präcipitation habeu wir
zwei Mittel in der Hand, welche die Differenzirung von Bakterien, die
bisher ihrer Art und Stellung nach noch nicht genau gekennzeichnet
waren, auf sicherem Wege gestatten. Während wir den Vorgang der
Agglutination als eine Zusammenballung oder Verklumpung von Bakterien
unter dem Einflüsse des Serums von Thieren, welche mit demselben
Mikroorganismus behandelt worden waren, aufzufasseu haben, verstehen wir
unter Präcipitation eine Niederschlagsbildung oder Ausfüllung eiweisshaltiger
Substanzen durch das Serum von Thieren, denen das gleiche Material
einverleibt worden war. Verdanken wir die Entdeckung der Agglutinine
Gruber und Durham, so ist die Auffindung der Präcipitine an die
Namen von B. Kraus, Tchistovitch und Bordet geknüpft, von
welchen der Erste faud, dass in keimfreien Filtraten aus Cholera-, Typhus-
und Pestbouillonculturen bei Zusatz von homologem Serum specifische
Niederschläge entstehen können, und die beiden Letzteren den Nachweis
lieferten, dass das Serum von Kaniucheu, welche mit dem Eiweiss einer
anderen Thierart behandelt worden waren, in diesem zur Injection verwandten
Material Präcipitine erzeugt. Die nun im Anschluss an diese Experimente
von A. Wassermann zur Differenzirung von menschlichem und thierischem
Eiweiss in Vorschlag gebrachte biologische Methode *, durch welche das Princip
1 Verhandlungen des Congresses Jur innere Mcdicin. April HKK). S. 501.
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424
Albebt Schütze:
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für alle weiteren Arbeiten auf diesem Gebiete gegeben war, hatte mir dann
den Versuch gerechtfertigt erscheinen lassen, ob es gelingt, auf gleichem
Wege mit Hülfe der Präcipitine eine Unterscheidung einiger im Handel
vorkommenden Hefearten zu treffen, nachdem es sich gezeigt hatte,
dass sich durch Injectionen einer Hefeeiweisslösung in dem Serum
der Versuchsthiere präcipitinbildende Substanzen erzeugen lassen. 1 * * Es
hat sich nun aus unseren Experimenten ergeben, dass die in der ober-
gährigen, in der untergährigen, in der Getreide- und in der Kartoffelhefe
enthaltenen Eiweissstoffe ihrer Natur nach gleichartig sind, oder wenigstens
einander so ausserordentlich nahe stehen müssen, dass auch mit Hülfe
dieser biologischen Methode keine Differenzirung erreicht werden konnte.*
Unter diesen Umständen war der Gedanke naheliegend, ob es viel¬
leicht durch Anwendung der Agglutinine gelänge, zu einer Differenzirung
der gleichen Hefearten, welche mir wiederum in liebenswürdigster Weise
von Hm. Geh. Reg.-Rath Prof. Dr. Delbrück aus dem hiesigen Institut
für Gährungsgewerbe überlassen wurden, zu gelangen, um so mehr, als
gerade die Hefe wegen ihrer den Zellleib einschliessenden Membran zur
Auslösung des Agglutinationsphänomens besonders geeignet erschien.
Aehnliche Experimente sind nun, wie eine Durchsicht der Litteratur er-
giebt, von Skchiwan 8 , Bisseriä 4 * , Thomas, Defalle 8 und namentlich
von E. Malvoz 6 und Sanfelice 7 ausgeführt worden, welche die Eigen¬
schaften des Serams der mit Blastomyceten behandelten Thiere studirt
haben. So hat Malvoz bereits nach einer intraperitonealen Injection von
2 cera Emulsion einer Hefeart in dem Serum eines hiermit behandelten
Kaninchens agglutinirende Werthe in Höhe von 1:30 bis 1:40 erhalten,
während normales Serum im Verhältniss von 1:1 nur sehr schwach
agglutinirte. Nach den Experimenten von Thomas, welcher mehrere
Monate hiudurch Kaninchen subcutan die gleiche Hefe injicirte, erfuhr
der Titer eines solchen Serums entsprechend der längeren Dauer des
Verfahrens keine nenneuswerthe Erhöhung, indem der Werth von 1:50
bezw. 1:90 gegenüber einer aus einem Epitheliom isolirten Art niemals
1 Vgl. Sitzungsbericht der Gesellschaft der CharitS-Aerzte. 12. Decbr. 1901.
* Vgl. Deutsche med. Wochenschrift. 1902. Nr. 45.
8 Skchiwan, Sort des levures dans Torganißrae. Annales de VlnsL Pasteur .
1899. p. 770.
4 Bisseri6, Societe de biologie. 23. fevrier 1901.
6 W. Defalle, Annales de VInstitut Pasteur . Aoüt 1902.
6 E. Malvoz, Ann. de la Societe mt'dico-chirurgicale de Lüge, juin 1901. —
Centralblatt für Bakteriologie. 1901. Bd. XXIX. Nr. 17.
7 F. Sanfelice, Ueber die Immunität gegen Blastomyceten. Centralblatt für
Bakteriologie. Bd. XX. S. 219 ff.
Gck igle
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DlFFEBENZIBÜNG EINZELNEB HeFEABTEN MITTELS D. AGGLUTININE. 425
überschritten wurde, während das Serum der ebenso häufig mit Ein¬
spritzungen von Typhusbacillen behandelten Kaninchen einen agglutiniren-
den Werth von 1:50000 diesem Mikroorganismus gegenüber aufwies.
Wir gingen nun so vor, dass wir uns von der obergährigen, unter-
gährigen, Getreide- und Kartoffelhefe jedes Mal eine frische Aufschwemmung
bereiteten, indem wir 5 einer jeden Hefeart mit 20 ccm physiologischer
Kochsalzlösung in einem sterilen Mörser verrieben, und die in ein Erlen-
meyer’sches Kölbchen gefüllte Emulsion 1 j 2 Stunde in den Schüttel¬
apparat stellten. Dann wurden von dieser Flüssigkeit einem jeden
Kaninchen 4 bis 5 ccm in Abständen von 8 bis 4 Tagen, entsprechend dem
Befinden der Thiere, langsam subcutan injicirt, und diese Menge gleich¬
zeitig zwecks Vermeidung des Auftretens von grösseren Infiltraten und
Abscessen vorsichtig unter der Haut verrieben. Das Serum der Thiere,
welche diese Art der Einverleibung gut vertrugen und nach einer in
einem Zeitraum von etwa 4 Wochen erfolgten Gesammtinjection von
30 bis 40 ccm 6 Tage nach der letzten Einspritzung entblutet wurden,
wurde nun in folgender Weise auf seine Hefezellen agglutinirende Eigen¬
schaft geprüft. Um Irrthümer in der Beurtheilung des Ausfalles der
Agglutinationsprobe zu vermeiden, mussten wir die Verdünnung der
Hefeemulsion so wählen, dass innerhalb derjenigen Zeit, während welcher
der Agglutinationsvorgang im Brütschrank bei 37° beobachtet wurde, also
während 60 Minuten, die Röhrchen, welche die Hefelösung allein ohne
Serumzusatz enthielten, nach einer Stunde in den Reagensgläschen keinen
Bodensatz zeigten. Es war also ein genaues quantitatives Arbeiten er¬
forderlich. Auf Grund wiederholt vorgenommener Versuche kamen wir
nun zu dem Resultat, dass es das Zweckmässigste sei, unsere Verdünnungen
folgendermaassen herzustellen: Von der durch Verreiben von 5 s™ der zu
untersuchenden Hefeart in 20 ocm physiologischer Kochsalzlösung, also in
einem Verhältniss von 1:4 bereiteten Emulsion wurden 0*1 ccm auf 10 ccm
der gleichen Lösung aufgefüllt, und je 5 ccm dieser Flüssigkeit mit 0*5
und 1*0 ccm von dem Serum der Kaninchen, welche mit der gleichen
Hefe, also der aus der homologen Art gewonnenen Emulsion (1:4) be¬
handelt worden waren, versetzt. In eine Anzahl von Controlröhrchen
wurde die gleiche Dosis normalen Kaninchenserums zu derselben Hefe¬
verdünnung hinzugefügt, und schliesslich in einige Reagensröhrchen diese
allein ohne jeden Serumzusatz gebracht. Während wir uns nun davon
überzeugen konnten, dass sowohl in den letzteren, wie auch in den nor¬
males Kaninchenserum enthaltenden Gläschen nach 60 Minuten langem
Stehen bei 37° kein Bodensatz bezw. keine Agglutination eingetreten waren,
konnten wir während dieser Zeit in den Versuchsröhrchen eine deutliche
Zusammenballung beobachten, welche nach einer Stunde beendet und
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426
Albert Schütze:
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dadurch als echte Agglutination charakterisirt war, dass die agglutiuirten
Bakterienhäufchen auch bei kräftigem Umschütteln sich nicht wieder in
Emulsion auflösten, sondern als solche erhalten blieben. Wir haben also
in dem Frocess der Hefeagglutination ein Analogon zu dem Phänomen der
Bakterienagglutination, wie dieses wieder in neuerer Zeit von Eolle und
Martini 1 ausführlich in ihren Studien über Pest beschrieben worden ist.
Durch die oben angegebenen Zahlen war nun die Grenze der für unseren
Zweck anzuwendenden Hefeverdünnung bestimmt, und hier hatten unsere
Differenzirungsversuche einzusetzen; denn nur auf quantitativem Wege war
es möglich, zu einer sicheren Beantwortung der Frage zu gelangen, ob
überhaupt eine Unterscheidung der auf gleiche Weise hergestellten Hefe¬
lösungen mit Hülfe der agglutinirenden Sera gelingt.
Zu diesem Behufe stellten wir vier grosse Versuchsreihen an, indem wir
von der aus frischer obergähriger, untergähriger, Getreide- und Kartoffel¬
hefe bereiteten Emulsion (s. o.) 0-6 ccm auf 60 com physiologischer Kochsalz¬
lösung auffüllten, und je 5 ccm dieser Lösung mit 0*1, 0.5 und 1*0*“
eines jeden Serums der mit den vier Arten getrennt behandelten Kaninchen
versetzten. Zur Controle wurde die gleiche Dosis normalen Kaninchen¬
serums zu jeder der vier Hefelösungen hinzugefügt, und je ein Reagens-
gläschen, welches die betreffende Lösung allein enthielt, gleich den
übrigen Versuchsröhrchen bei 37 0 in den Brütschrank gestellt. Es zeigte
sich nun hierbei, dass sowohl in den Heferöhrchen, welche das Serum
der mit der entsprechenden, also der homologen Art behandelten Kaninchen
enthielten, bereits nach einer halben Stunde eine ebenso einwandsfreie
Agglutination wahrzunehmen war wie in jenen, die mit dem Serum der,
kurz gesagt, heterologen Hefekaninchen versetzt waren. Ein deutlicher,
quantitativer Unterschied in der Ausbildung dieses Phänomens, welches
nach 60 Minuten abgeschlossen war, liess sich in keinem der Reagens¬
röhrchen constatiren, deren Kuppe, entsprechend der Menge des hinzu¬
gefügten Serums, überall in gleichem Maasse von den zu Boden gesunkenen
agglutinirten Hefezellen der einzelnen Arten eingenommen, und in den
1 ccm Serum enthaltenden Gläschen etwa bis zur Hälfte ausgefüllt war.
Die Controlröhrchen waren vollkommen klar geblieben. Eine einstündige
Erhitzung der agglutinirenden Sera auf 60° hatte keine schädigende
Einwirkung auf den Eintritt und die Ausbildung der Agglu¬
tination. Wir kommen mithin zu dem Schlüsse, dass es mit
Hülfe der Agglutinine nicht gelungen ist, eine sichere Diffe¬
renz irung der von uns untersuchten obergährigen, unter-
gährigen, Getreide- und Kartoffelhefe zu treffen, so dass
1 Deutsche med. Wochenschrift. 1902. Nr. 1—4.
Gck igle
Original frum
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DlEFERENZIRUNG EINZELNER HEFEARTEN MITTELS D. AGGLUTININE. 427
wir also nicht in der Lage sind, eine Artverschiedenheit der¬
selben anzunehmen. Es ist dies ein Resultat, das mit den Unter¬
suchungsergebnissen von E. Malvoz im Einklänge steht, welcher es
für schwer hält, die agglutinirenden Sera für die praktische Diagnostik
der Hefearten anzuwenden, obgleich er kleine Unterschiede in der Ag¬
glutination einzelner Arten beobachtet hat, und welches sich unseren
früheren Experimenten anschliesst, die ebenfalls eine biologische Diffe-
renzirung der nämlichen Hefearten auf dem Wege der Präcipitinbildung
nicht zuliessen.
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[Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin.]
(Director: Geh. Med.-Rath Prof. Dr. R. Koch.)
Experimentelle Untersuchungen über das Hämolysin
der Streptokokken.
Von
Dr. Arthur Schlesinger.
I. Theil.
Nach den ersten grundlegenden Arbeiten über Bakterienhämolysine
von Vandervelde, Neisser und Wechsberg, die das Staphylolysin
zur Grundlage ihrer Untersuchungen machten, sind in den letzten Jahren
eine Reihe von Arbeiten erschienen, die sich auf die blutlösenden Stoffe
anderer Bakterien bezogen. Speciell über das Gift der Streptokokken sind
in letzter Zeit einige Arbeiten erschienen, so von Besredka 1 * , Marmorek 5 .
Aronson 3 , F. Meyer 4 und Lubenau. 6
Auf Anregung von Hrn. Prof. A. Wassermann, dem ich auch an
dieser Stelle dafür, sowie für die liebenswürdige Unterstützung bei Ab¬
fassung der Arbeit meinen ergebensten Dank ausspreche, habe ich nun
einige Punkte, die theils noch nicht, theils mit widersprechenden Resul¬
taten bearbeitet waren, einer experimentellen Prüfung unterzogen.
Erstens haben wir eine Reihe von Streptokokkenstämmen auf ihre
Hämolysinbildung geprüft, um zu sehen, oh sich dabei Differenzen bei
den verschiedenen Streptokokken arten zeigten. Speciell haben wir dabei
den Gegensatz der avirulenten Stämme zu den virulenten berücksichtigt.
1 Annales de VInstitut Pasteur . 1901.
8 Berliner klin. Wochenschrift. 1902. Nr. 14.
3 Ebenda . 1902. Nr. 42.
4 Ebenda. 1902. Nr. 40.
6 Centralblatt für Bakteriologie . 1902.
Gck igle
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Ar thur Schlesinger: Untersuchungen üb. d. Hämolysin u. s. w. 429
Marmorek fand, dass sämmtliche Streptokokkenstämme Hämolysin bilden
und zog daraus die Folgerung, dass eine Art Gleichheit sämmtlicher
Streptokokkenstämme bestehe. Indessen prüfte Marmorek ausschliesslich
nur für Thiere virulente Streptokokken, wie schon aus seiner Versuchs¬
anordnung hervorgeht. Dieselbe bestand darin, dass er die Streptokokken
zwecks Hämolysinprüfung direct aus dem Blute inficirter Thiere entnahm.
Der Grund für Anwendung dieser Methodik war, dass sich bei anderer
Technik kein Hämolysin nachweisen lassen sollte. Ebenso sind Besredka
und F. Meyer verfahren. Letzterer fand, dass die von acutem Gelenk¬
rheumatismus gezüchteten Stämme kein Hämolysin bilden; Lubenau hat
sechs verschiedene Streptokokkenstämme untersucht, von denen vier Hämo¬
lysin bildeten, zwei nicht.
Die zweite Frage, die wir uns vorlegten, war die, wie die Hämolysin¬
bildung durch Thierpassage beeinflusst wird. Es ist diese Frage deswegen
von Interesse, weil die Frage, ob wir ein Antistreptokokkenserum mit
von Menschen gezüchteten ohne Thierpassage oder mit künstlich durch
Thierpassagen virulent gemachten Stämmen hersteilen sollen, hauptsäch¬
lich davon abhängt, ob die Stämme durch Thierpassage in ihren bio¬
logischen Eigenschaften verändert werden. Von der einen Partei (Tavel,
Meyer, Menzer) wird dies behauptet, während die Anderen (Marmorek,
Aronson) ihr Serum mit sehr stark thiervirulenten Streptokokken her¬
stellten. Nach den letzten Untersuchungen von Aronson 1 scheint dieser
sich auf Grund von Agglutinationsversuchen dem Tavel’sehen Standpunkt
zuzuwenden.
Drittens haben wir untersucht, ob eine Veränderung der Hämolysin¬
bildung durch Thierpassage sich dem Blutkörperchen von Mensch und
Thier gegenüber in gleicher Weise zeigt, denn es handelt sich ja darum,
ob die Stämme dadurch, dass sie öfters durch den Körper von Thieren
gehen, in ihrer Giftwirkung auf den menschlichen Organismus verändert
werden oder nicht.
Viertens haben wir über die Constitution des Streptokokkenhämolysins
einige Experimente angestellt. Dieselben beziehen sich * auf die Zusammen¬
setzung aus haptophorer und toxophorer Gruppe, auf die Bildung von
Agglutininen und auf eine etwa vorhandene Toxoidbildung.
Fünftens versuchten wir zu entscheiden, ob das Hämolysin der
Streptokokken in den Leibern der Bakterien enthalten ist oder als echtes
Toxin in die Culturflüssigkeit secernirt wird.
1 Verein für innere Medicin. März 1903.
Ä Nach dem Vorgänge von Neisser und Weehsberg.
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430
Arthüb Schlesinger:
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II. Theil.
Was zuerst die Methodik anbetrifft, so haben wir die Stämme in
Röhrchen mit gewöhnlicher schwach alkalischer Bouillon geimpft. Es
wurde täglich ein Röhrchen besät und nach einer Reihe von Tagen je
5 ccm e j nes Röhrchens mit einem Tropfen defibrinirten Kauinchenblntes
versetzt. Die Röhrchen kamen 2 Stunden in den Brütschrank, darnach
über Nacht in den Eisschrank. Am folgenden Tage wurde das Resultat
abgelesen. Die Nomenclatur ist dieselbe wie bei Neisser und Wechs*
berg; die verschiedenen Grade der Lösung wurden mit complet, fast
complet, incomplet, ganz roth, grosse Kuppe, Kuppe, Spur, Null bezeichnet.
Eine Züchtung direct aus dem Blute, wie sie Besredka und andere
Autoren fordern, erwies sich zur Erzielung grösserer Hämolysinmengen
als unnöthig.
Dass die Züchtung aus dem Blute direct auf die Hämolysinbildung
keinen Einfluss hat, konnten wir durch mehrmals wiederholte Versuche
beweisen.
Die 0*1 procent Aronson’sche Zuckerbouillon, in der ja die Strepto¬
kokken viel reichlicher als in gewöhnlicher Bouillon wachsen, erwies sich
für diese Untersuchungen als nicht geeignet. Zwar ergab ein Versuch,
dass der Traubenzucker an und für sich in dieser geringen Quantität
nicht blutlösend wirkt, jedoch haben wir einige Male bei positiven Re¬
sultaten in gewöhnlicher Bouillon negative Resultate bei der gleichen Cultur
in Traubenzuckerbouillon bekommen. Vielleicht sind diese Unregelmässig¬
keiten darauf zurückzuführen, dass die Streptokokken aus dem Trauben¬
zucker Säure bilden und dadurch die Hämolysinbildung gestört wird.
Schon am zweiten oder dritten Tage ist meist eine saure Reaction nach¬
weisbar, während die gewöhnliche Bouillon alkalisch bleiht. Die Unter¬
suchung der Röhrchen geschah nach 1 bis 10 Tagen. Bald überzeugten
wir uns aber, dass nach dem 7. Tage nie mehr Hämolysin nachzuweisen
war, und untersuchten daher nur bis zu diesem Zeitpunkt. Es besteht
also hier ein Unterschied zwischen dem Staphylolysin und dem Streptolysin.
Die nachstehenden typischen Curven (Figg. 1 und 2 ) sollen dies er¬
läutern.
Wir sehen also: Während bei den Staphylokokken die Hämolysin¬
bildung nach dem 6 . Tage noch steigt, ist bei den Streptokokken (so ver¬
hielt es sich bei allen untersuchten Stämmen) am 6 . Tage das Hämolysin
stark im Abuehmen oder ganz verschwunden.
Wir gehen nun zu den Versuchen über die oben besprochenen
Fragen über.
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Untersuchungen über das Hämolysin der Streptokokken. 431
1 . Ist die Hämolysinbildung eine Eigenschaft aller oder nur gewisser
Streptokokkenstämme?
Wir haben zuerst neun apathogene Stämme untersucht, zwei davon
waren aus der Luft des Laboratoriums, die übrigen von der normalen
Raehenschleimhaut gezüchtet. Von diesen neun Stämmen bildete nur
einer Hämolysin.
I. Staphylococcus aureus (nach Neisser und Wechsberg).
0*025 Filtrat + 1 Tropfen Kaninchenblut.
Fig. l.
II. Streptococcus, aus dem Eiter einer Phlegmone gezüchtet.
5 ccro Str.-Bouillon + 1 Tropfen Kaninchenblut.
Drei Stämme von Streptokokken von Erkrankungen der Rachenhöhle,
einer davon von Angina, zwei von Scharlachdiphtherie hämolysirten nicht.
Vier Stämme von septischen Erkrankungen, zwei davon aus Blut,
zwei aus Eiter gezüchtet, hämolisirten sämmtlich. Dazu ist zu bemerken,
dass die aus dem Blut gezüchteten Stämme vor der Prüfung erst einige
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432
Arthur Schlesinger:
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Tage in dem Laboratorium fortgezüchtet wurden. Es geht also daraus
hervor, dass wesentliche Unterschiede in der Hämolysinbildung der ver¬
schiedenen Stämme bestehen, was wir im Gegensatz zu Marmorek fest-
stellen möchten. Der grösste Theil der saprophytischen Streptokokken
scheint kein Hämolysin zu bilden, der eine Kaninchenblut lösende Stamm
löste auch Menschenblut auf. Auf die von Angina und Scharlach aus
der Rachenhöhle gezüchteten Stämme möchten wir wenig Werth legen,
da man ja nie genau wissen kann, ob man saprophytische oder pathogene
gezüchtet hat. v. Lingelsheim spricht in seiner, im Wassermaun-
KoIle’sehen Handbuch der pathogenen Mikroorganismen erschienenen
Bearbeitung der Streptokokken die Yermuthung aus, dass die Hämolysin¬
bildung parallel mit der Virulenz der Streptokokken gehe. Die wenigen
hier gegebenen Zahlen scheinen diese Ansicht zu bestätigen. Ferner
scheint mir der oben erwähnte Versuch (Vergleich der Hämolysinmengen
bei Züchtung aus Blut und Eiter) für diese Ansicht zu sprechen. Weitere
Untersuchungen müssen zeigen, ob wir wirklich in der Prüfung auf
Hämolyse ein Mittel haben, die Virulenz verschiedener Streptokokken¬
stämme zu bestimmen.
2. Wie wird die Hämolysinbildung gegenüber Kaninchenblutkörper¬
chen durch Thierpassage beeinflusst?
Es wurde hierzu zuerst ein Stamm genommen, der aus dem Menschen
gezüchtet war und nur sehr wenig hämolysirte. Da er für Mäuse nicht
pathogen war, wurde er nach Aronson’s Vorgänge mit grossen Dosen
Diphtherietoxin zusammen weissen Mäusen injicirt. Nach vieler Mühe
gelang es, ihn für Mäuse virulent zu machen. Nach einer Anzahl Mäuse¬
passagen wurde er mit Kaninchenblut geprüft und zwar erst, nachdem er
ein Paar Tage im Laboratorium fortgezüchtet war. Das Nähere ergiebt
sich aus beistehenden Curveu:
Ohne Mäusepassage.
complet
fast complet
incomplct
ganz roth
grosse Kuppe
Kuppe
Spur
0 T,
—
—
—
'
—
_
’
L- -
—
i
1 _
z
z
Tat/ 1
? 3 'I
Fig. 8.
Gck igle
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Untebsüchungen übeb pas Hämolysin peb Stbeptokokken. 433
Nach sechs Mäusepassagen, sodann Passagen in Bouillon.
Es war also, wie wir sehen, eine sehr starke Erhöhung der hämo¬
lytischen Fähigkeit durch die Thierpassage eingetreten, die sehr langsam
wieder abnahm. Nach 12 tägiger Züchtung in Bouillon konnten wir nach
24 Stunden noch „fast complet“ verzeichnen. Die Höhe der blutauflösen-
den Wirkung scheint auch hier parallel der Virulenz zu gehen, denn als
wir den Stamm einige Zeit lang nicht fortgezüchtet hatten und die Dosis
lethalis minima fast 1 ccm war, bildeten selbst die aus dem Blut direct
gezüchteten Streptokokken nunmehr sehr wenig Hämolysin.
Bei einem Stamm, der vorher schon hämolysirt hatte, trat nach
Mäusepassage keine wesentliche Erhöhung, wohl aber eine Aenderung
der Curven ein, so dass der Höhepunkt auf einen anderen Tag fiel.
3. Tritt eine Beeinflussung auch gegenüber Menschenblutkörperchen
in Folge Passage durch Thiere ein?
Bei der Hämolysinprüfung auf Menschenblutkörperchen mussten wir
etwas anders verfahren, als bei der auf Kaninchenblutkörperchen. Im
ersteren Falle musste nämlich das Serum entfernt, also mit durch 0*88-
procentiger Kochsalzlösung gewaschenen Menschenblutkörperchen gearbeitet
werden, weil das menschliche Serum normaler Weise ein Antistrepto¬
lysin enthält, was bei Kaninchenserum nach unseren Untersuchungen
nicht der Fall ist. Es zeigte sich nun ebenfalls eine starke Erhöhung
der hämolytischen Fähigkeit für Menschenblut in Folge Thierpassage.
Die Curve des avirulenfen Stammes für Menschenblut gleicht der in
Fig. 3. Durch neun Mäusepassagen wurde dieselbe wie folgt verändert.
(Fig. 5.)
Zcltschr. f. Hygiene. XLIV. 28
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Gck igle
Original frum
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434
Abthur Schlesinoeb:
Fig. ß.
Wir ersehen demnach, dass Thierpassagen in gleicher Weise eine
Erhöhung der hämolytischen Thier- wie Henschencomponente erzielen.
Bei einem Stamm, der an und für sich schon Meuschenblut hämo-
lysirt, zeigte sich nach der Mäusepassage keine wesentlich weitere Erhöhung
der Curve, indessen auch keine Verminderung.
Die hier gewonnenen Thatsachen, dass durch Thierpassagen die
Hämolysinbildung für Thier- und Menschenblut in gleichartiger Weise
beeinflusst wird, scheint gegen die Ansicht einer biologischen Modification
der Streptokokken in Folge Thierpassagen gegenüber dem Menschen zu
sprechen. Indessen sind die hämolysinbildenden Gruppen im Streptokokken-
Protoplasma ganz verschieden von denjenigen, welche bei der Immunisirung
mit Streptokokken die specifischen Substanzen im Serum liefern, so dass
wir auf Grund unserer Versuche nicht behaupten können, dass die Thier¬
passage auch in immunisatorischer Hinsicht keine biologische Aenderung
für den Menschen hervorzubriugen vermöge.
Bei regelmässiger Fortzüchtung im Laboratorium scheint die Fähig¬
keit der Hämolysinbildung oft lange Zeit erhalten zu bleiben. Es gelang
uns bei einem Stamm nach 2 ! / 2 Monaten noch genau dieselbe Curve zu
erzielen wie vorher. (Die erste Untersuchung geschah kurze Zeit nach
der Züchtung aus dem Körper.)
4. Ueber die Constitution des Hämolysins.
a) Findet eine Toxoidbildung statt?
Wir hatten gesehen, dass, wenn man die mit Streptokokken geimpften
Röhrchen längere Zeit stehen lässt, nach einer gewissen Zeit, meist am
5. bis 7. Tage, kein Hämolysin mehr in den Culturen nachzuweisen ist.
Nun sehen wir oft eine ähnliche spontane Abschwächung bei den Toxinen
der Bakterien auftreten. Hier findet aber, wie wir durch Ehrlich’s
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Untersuchungen über das Hämolysin der Streptokokken. 435
Untersuchnngen wissen, keine vollständige Zerstörung des Toxins, sondern
nur eine Umwandlung in eine ungiftige bezw. wenig giftige Modification
statt, eine sogen. Toxoidbildung.
Es fragte sich nun, ob hier bei dem Hämolysin der Streptokokken,
wie nach Neisser und Wechsberg bei den Staphylokokken, ein
„Hämolysoid“ sich bildet. Dann würde analog der Toxoidbildung die
zytotoxische Gruppe zerstört, die haptophore Gruppe dagegen, die die
Bindung an die rothen Blutkörperchen besorgt, noch erhalten sein. Es
könnte dann, wenn die Blutkörperchen sich mit der haptophoren Gruppe
des Hämolysins beladen haben, ein zugesetztes frisches Hämolysin nicht
auf dieselben einwirken. Folgender Versuch wurde dazu angestellt:
Tabelle I.
Hämolyse
1. 5 001,1 8tägige Streptokokkenbouillon, die am 3. und
4. Tage stark löste» + 1 Tropfen Kaninchenblut.
2 Stunden Brütschrank:
Nichts gelöst.
IL Abcentrifugirt. Die Blutkörperchen ausgewaschen.
Zu ihnen zugesetzt 5 co “ einer Bouillon, von der dieselbe
Menge im Controlversuch 1 Tropfen Kaninchenblut
„fast complet“ löste.
2 Stunden Brütschrank, 18 Stunden Eisschrank:
Lösung: Kuppe.
Wir sehen aus diesem Versuche, dass das Hämolysin nicht vollständig
zerstört ist, sondern dass ein Theil desselben erhalten blieb und an die
Blutkörperchen ging, so dass bei Einwirkung frischen Hämolysins eine
Hemmung der Hämolyse auftrat
Es spricht also dieser Versuch dafür, dass die spontane Absohwächung
auf einer Art Toxoidbildung beruht, indem die haptophore Gruppe des
Streptolysins noch erhalten ist.
Auch noch auf andere Weise, entsprechend der Versuchsanordnung
von Neisser und Wechsberg bei Staphylokokken, konnten wir das Be¬
stehen einer haptophoren und einer zytotoxischen Gruppe dadurch nach-
weisen, dass bei 0° nur die haptophore Gruppe in Action tritt, während
die zytotoxische erst bei Brütschranktemperatur wirkt. Dasselbe konnten
Neisser und Wechsberg für das Staphylolysin nachweisen. Mit dem
Streptokokkengift stellten wir folgenden Versuch an:
28 *
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436
Abthub Schlksibgeb :
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Tabelle II.
I. 5 00,11 Streptokokkenbonillon (5 Mäußepassagen,
4 Tage alt) + 1 Tropfen Kaninchenblut
2 Standen Brütschrank, 18 Standen Eisschrank:
II. a) 5 oc ® derselben Bouillon + 1 Tr. Kaninchenblut.
2 Stunden bei 0° :
b) Kasch abcentrifugirt. Mit kalter Kochsalzlösung
ausgewaschen. 5 ccm physiol. Kochsalzlösg. zugesetzt.
1 Stunde Brütschrank, 18 Stunden Eisschrank:
Hämolyse
fast complet.
Spur.
fast complet.
Es verhält sich also das Streptolysin ebenso wie das Staphylolysin.
Die haptopbore Gruppe wird bei 0 ° an die rothen Blutkörperchen gebun¬
den, wirkt aber nicht giftig für dieselben. Die Giftwirkung tritt erst bei
Brüttemperatur ein.
b) Ist das Streptolysin hitzebeständig?
Betreffs der Constitution des Hämolysins war es noch von Interesse,
ob es zu dem hitzebeständigen (Typus Tetanolysin) oder hitzeempfiudlioheu
(Typus Staphylolysin) Körpern gehört. Das Streptolysin ist, wie ich im
Gegensatz zu Besredka fand, äusserst hitzeempfiudlich.
Tabelle HI.
3 ccm Streptokokkenbouillon + 1 Tropfen Kaninchenblut.
| Controle
i
Vs Std. 47-48°
l / 2 Stunde 52°
*/ 4 Stunde 6u°
Lösung:
grosse Kuppe
Spur
Spur
0
Also schon durch 1 / i stündige Einwirkung einer Temperatur von 60®
wird die Wirkung vollkommen aufgehoben.
c) Hämagglutinine.
Wir konnten weiter bei unseren Versuchen das Auftreten von Häm-
agglutininen feststellen. Solche Bakterien - Hämagglutinine sind zuerst
von Weingeroff und Kraus für verschiedene Bakterienarten nachgewiesen
worden. Für die Streptokokken sind dieselben unseres Wissens noch nicht
beschrieben worden. Während für gewöhnlich nach dem Herausnehmen
aus dem Eisschrank bei tüchtigem Umschütteln sich das Blut diffus im
ganzen Röhrchen vertheilt, findet sich bei der Hämagglutination eine
Ivlumpenbildung, so dass selbst nach stärkstem Schütteln keine Vertheilung
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U NTERSUCHT7NGEN ÜBE» DAS HÄMOLYSIN DE» STREPTOKOKKEN. 437
eintritt. Da nun die Stärke dieses Phänomens sehr verschieden ist, haben
wir drei Grade zur Bezeichnung gewählt:
Complet, wenn ein zusammenhängender Klumpen besteht.
Mittel, wenn verschiedene grössere Klumpen vorhanden.
Spur, wenn fast das ganze Blut fein vertheilt ist, aber einzelne
Klümpchen nach starkem Schütteln bestehen bleiben.
Bei den nicht mäusepathogenen Stämmen haben wir die Agglutination
nur ein Mal beobachtet, bei den mäusevirulenten dagegen öfters, ohne
dass wir aber eine Constanz im Auftreten notiren könnten.
Wir haben nun weiter untersucht, wie sich die Hämagglutinine
quantitativ zu den Hämolysinen verhalten. Dazu wurden fallende Mengen
von Streptokokkenbouillon auf das Verhalten in dieser Beziehung untersucht.
Tabelle IV.
Streptokokken¬
bouillon
Hämolyse
Agglutination
2*0
1-0
0-5
0-1
99
99
99
0-05
0*001
grosse Kuppe
Kuppe
0
0
0
complet
99
fast complet
mittel
Spur
mittel
i
Es ist also, während bei 0 • 1 ccm schon keine Hämolyse mehr eintritt,
die agglutinirende Substanz noch bei einer Dosis von 0-001 ccm nachweisbar.
5. Ist das Hämolysin in den Leibern der Bakterien selbst enthalten?
Besredka fand im Gegensatz zu Aronson in den Filtraten von
Streptokokkenculturen nie Hämolysin. Er sah dies als Beweis an, dass das
Hämolysin in den Bakterien selbst enthalten sei. Wir selbst konnten in
dieser Beziehung keine Constanz finden. Einige Male fand sich Hämolysin
im Filtrat, während meist das Gegentheil der Fall war. Um die gestellte
Frage zu entscheiden, haben wir nun folgende Versuche angestellt: Eine
grössere Menge Streptokokkenbouillon wurde in mehreren Röhrchen centri-
fugirt, dann von der überstehenden klaren Flüssigkeit 5 ccra zur Untersuchung
abgegossen, dann die Bakterien gründlich mit physiologischer Kochsalz¬
lösung ausgewaschen, wieder mit der gleichen Menge Lösung Kochsalz
aufgeschwemmt und hiervon zur Prüfung genommen. Darauf wurden
wie bei der Methode von Salge 1 , jedoch ohne Natronlauge, die Bakterien
* Naturforscher-Versammlung zu Karlsbad. 1902.
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438 Abthub Schlesengeb: Untebsuchungen üb. d. Hämolysen ü. s. w.
zerrieben, wieder mit der gleichen Flüssigkeitsmenge aufgefüllt, schliess¬
lich durch eine Thonkerze filtrirt und vom Filtrat 5 ocm entnommen. Ich
gebe hier das Resultat zweier derartiger Versuche, einen (I), bei dem die
Streptokokkenbouillon stark hämolytisch, einen anderen (II), bei dem keine
Hämolyse aufgetreten war.
Tabelle V.
5 cem Flüssigkeitsmenge
Lös
I
U n g
1 n
Streptokokkenbouillon.
incomplet
1 o
Ueber den centrifugirten Bakterien stehende Flüssigkeit
i
9t
0
Ausgewaschene Bakterien.
ganz roth
0
Zerriebene Bakterien in Kochsalzlösung aufgeschwemmt
Kuppe
Kuppe
Filtrat der zerriebenen u. wieder aufgeschw. Bakterien
Spur
0
Es geht also aus diesen Versuchen hervor, dass in den Bakterien
selbst hämolytische Stoffe enthalten sind. In Versuch I ist die über den
centrifugirten Bakterien stehende Flüssigkeit vollkommen klar, auch war
ein grosser Theil des Hämolysins darin enthalten. Es vertheilt sich hier
die Hämolysinmenge ungefähr gleichmässig auf Bakterien und Flüssigkeit.
Aus Versuch II aber geht deutlich hervor, dass, wenn in der Flüssigkeit
schon alles Hämolysin ganz oder theilweise zerstört ist, in den Bakterien
doch noch solches enthalten sein kann. Es scheint hier an das Proto¬
plasma gebunden und durch das Zerreiben frei gemacht worden zu sein.
Demnach entsteht das Hämolysin im Protoplasma der Streptokokken
und wird an die Culturflüssigkeit abgegeben, analog wie das Diphtherie-
toxiu. Es ist wie das Staphylolysin nach den Untersuchungen von Neisser
und Wechsberg als echtes Toxin aufzufassen, wird aber leicht zerstört.
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[Aus dem staatlichen hygienischen Institut in Hamburg.]
(Director: Prof. Dr. Dun bar.)
Zur Frage der Erdbestattung
vom Standpunkt der öffentlichen Gesundheitspflege.
Von
Dr. Matthes,
Assistenten am Institut.
Die Frage der Gesundheitsschädlichkeit von Friedhöfen ist bereits in
zahllosen Abhandlungen theils wissenschaftlicher theils populärer Natur
erörtert worden. Sorgfältige Erhebungen über einwandsfrei nachgewiesene
Benachtheiligungen der Anwohner durch die Nähe von Erdgräben und
experimentelle Untersuchungen von berufener Seite haben ergeben, dass
die Begräbnissplätze nur in Ausnahmefallen bei ungeeigneter Boden-
beschaffenheit und unrationeller Bewirtschaftung eine Gefahr für ihre
Umgebung bedeuten. Nichtsdestoweniger werden namentlich von An¬
hängern der Leichenverbrennung immer wieder von Neuem Bedenken
gegen die Erdbestattung erhoben. Die wichtigste Rolle wird dabei der
Gefahr einer Verunreinigung des Grundwassers durch die Producte der
Leichenzereetzung und durch pathogene Mikroorganismen beigemessen,
die mit den Opfern der Infectionskraukheiten in lebeus- und entwickelungs-
fahigem Zustand in den Boden gelangen. Das Schicksal der meisten bis
jetzt bekannten Krankheitserreger ist durch exacte Versuche an Thier-
cadavern verfolgt worden. Darnach ist die Lebensdauer der für die
menschliche Gesundheit wichtigen Mikroorganismen in der beerdigten Leiche
nur eine beschränkte und bis auf die hier seltener in Frage kommenden
Milzbrandsporen viel kürzer als die Zeit, in welcher die Gräber bei einem
geordueten Friedhofsbetrieb unberührt bleiben. Wohl könnte beim Er¬
weichen der Gewebe durch die Fäulniss austretende Leichenflüssigkeit
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440
Matthes:
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pathogene Keime mit sich reissen, aber nur bei ganz ungeeignetem, grobe
Spalten und Risse enthaltendem Boden dieselben dem Grundwasser Zu¬
fuhren, da schon eine dünne Erdschicht bei der geringen Menge und Ge¬
schwindigkeit der Flüssigkeit der Weiterführung der Keime ein Ziel
setzen muss.
Die Untersuchung von Erdproben aus der Nähe von Choleraleichen,
die Dunbar 1 * 3 in den Gräbern der Hamburger Epidemie von 1892 einige
Monate nach dem Begräbniss angestellt hat, haben denn auch in keinem
Falle zu einem positiven Ergebniss geführt. Reimers* fand auf dem
Kirchhof in Jena die Zahl der Bakterien in der Nähe der Gräber nicht
grösser wie in gutem Ackerland und beobachtete unter der Sohle der
Gräber, wo der Boden nicht umgewühlt war, einen ebenso rapiden Abfall
in der Zahl der Keime, wie auch sonst in gleicher Tiefe die Regel bildet
Lösener* fand bei der Ausgrabung seiner Yersuchsthiere die Bakterien
mit einer Ausnahme nur an Stellen, wo er sie bei der Inficirung der
Cadaver deponirt hatte. Auch wo Grundwasser Gräber und Särge erfüllte,
konnte er weder in diesem noch in dem umgebenden Erdreich pathogene
Keime auffinden. Nur in einem Milzbrandgrabe enthielt die Leichen¬
flüssigkeit am Boden des Sarges und die oberflächlichste Schicht der
Grabessohle virulente Keime, die vom Grundwasser dahin verschleppt sein
mussten. Das Erdreich dicht unterhalb der Grabessohle war auch hier,
wie in allen anderen Fällen, frei von pathogenen Bakterien — ein Beweis,
dass selbst unter den ungünstigsten, eine Verschleppung von Keimen
allein ermöglichenden Bedingungen eine Gefahr für die Umgebung der
Gräber nicht besteht, sobald nicht alle möglichen Zufälligkeiten einen
Weitertransport der zur Grabessohle gelangenden Keime zu Stande kommen
lassen.
Unter den Producten der Leichenzersetzung fürchtet man besonders
die in Wasser löslichen Substanzen, die mit den Cadaverflüssigkeiten oder
den Bodenwässern aus den Leichen in das Erdreich gelangen können, da
sich unter ihnen sehr giftige organische Verbindungen aus der Gruppe
derPtomalne und Toxine befinden, welche durch die Arbeiten von Brieger,
Selmi und Anderen bekannt geworden sind. Dieselben zerfallen jedoch
bei Luftzutritt unter dem Einfluss des Sauerstoffs meist sehr bald in ihre
1 Dunbar, Untersuchungen über die Widerstandsfähigkeit der Choleravibrionen
in laichen. Arbeiten atu dem Kaiserl. Gesundheitsamte. 1896. Bd. X. S. 156.
* J. Reimers, Gehalt des Bodens an Bakterien. Diese Zeitschrift. 1889. S. 307.
3 W. Lösener, Ueber das Verhalten von pathogenen Bakterien in beerdigten
Cadavern und die dem Erdreich uud Grnndwasser von solchen Gräbern angeblich
drohenden Gefahren. Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte. t898. Bd. XII.
S. 449.
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Erdbestattung.
441
unschädlichen anorganischen Endproducte (Kohlensäure, Wasser, Ammoniak),
so dass die Absorptionskraft und Filtrationswirkung des Bodens eine Ver¬
unreinigung des Grundwassers verhindert, wenn sein Spiegel in ausreichen¬
der Tiefe unter der Grabessohle bleibt und nicht grössere Hohlräume,
Klüfte, Spalten oder Risse im Boden ihnen den directen Zufluss gestatten.
Aber selbst in diesen Ausnahmefällen werden verunreinigende Zuflüsse im
Grundwasser in der Regel eine solche Verdünnung erfahren, dass sie
keinen nennenswerthen Schaden befürchten lassen.
In der That lassen denn auch die Ergebnisse directer Untersuchungen
von Friedhofswässern darauf schliessen, dass bei zweckmässiger Benutzung
geeigneter Begräbnissplätze unter gewöhnlichen Verhältnissen die aus den
Leichen in das Erdreich gelangenden Stoffe durch die chemischen und
physikalischen Kräfte des Bodens ihrer schädigenden Eigenschaften ent¬
kleidet oder durch das Grundwasser bis zur Unmerklichkeit verdünnt
werden. Fleck ln - 1 2 fand in Dresden die Friedhofswässer in ihrem Gehalt
an Fäulniss- und Verwesungsstoffen nicht wesentlich verschieden von der
mittleren Zusammensetzung sonstiger Brunnenwässer der Stadt. Ver¬
schiedenheiten in der chemischen Zusammensetzung der Friedhofswässer
waren weniger durch Nähe, Belegung und Alter der Gräber, als vielmehr
durch die wechselnde Beschaffenheit des Bodens zu erklären. Bach 3 sah
in Leipzig beim Vergleich des Wassers von den Friedhöfen und aus den
Brunnen der Stadt nur unbedeutende Abweichungen in dem Gehalt an
Zersetzungsproducten, nicht selten zu Ungunsten des letzteren. Schneider
fand in Sprottau und Wittmeyer in Nordhausen das Brunnenwasser auf
dem Friedhof bei Weitem reiner als im Bereich bewohnter Bezirke in der
Umgebung (citirt nach Wernher 4 5 ). Rautert konnte in Mainz, Wernher
in Giessen keine Spur von organischen Substanzen in dem Wasser der
Friedhöfe entdecken. Schuhmacher 6 fand das Wasser der Rostocker
Friedhofsbrunnen nach chemischer Zusammensetzung und Keimgehalt im
Durchschnitt besser als das Wasser der von Uffelmann untersuchten
1 H. Fleck, Untersuchungen der Kirclihofbrunnenwässer von Dresden. Zweiter
Jahresbericht der Chem. Centralstelle für öffentl. Gesundheitspflege in Dresden . 1873.
S. 49.
2 Derselbe, Untersuchungen über Gräbergase, Gräberflüssigkeiten und Kircli-
hofsbrunnen. Dritter Jahresbericht der Chem . Centralstelle für öffentl. Gesundheits¬
pflege in Dresden. 1874. S. 25.
8 O. Bach, Untersuchungen über Gräbergase. Gesundheit. 1875— 7G. I.Jahrg.
S. 102.
4 A. Wernher, Die Bestattung der Todten . Giessen 1880.
5 K. Schuh mach er, Untersuchung des Wassers der Rostocker Friedhofsbrunnen.
Deutsche Vierteljahrsschrift für öffentl. Gesundheitspflege. Bd. XXII1. S. 457.
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442
Matthes:
städtischen Brunnen, v. Rözsahegyi 1 sah auf dem grössten Friedhof
Budapests, der damals mit 180- bis 190000 Leichen belegt war, das
Grundwasser weniger verunreinigt als in der mit Wohnhäusern besetzten
Umgebung. Buchmüller 2 analysirte zusammen mit Kratter das
Wasser von sieben Brunnen, welche den Friedhof der Pfarrgemeinde
Donawitz bei Leoben in unmittelbarster Nähe von drei Seiten umgeben.
Obgleich der Begräbnissplatz in dem vorhergehenden Jahrzehnt weit über
das gesetzlich zulässige Maass hinaus belegt worden war, zeigt« das
Brunnenwasser eine tadellose Beschaffenheit und ungewöhnliche Reinheit.
Alle diese Untersuchungen lassen jedoch eine hinreichend festgesetzte
periodische Wiederholung vermissen, um allerwärts vorkommende zufällige
Schwankungen durch äussere Umstände sicher ausschliessen zu können
und ziehen die jeweiligen Grund Wasserverhältnisse, insbesondere die am
meisten in’s Gewicht fallende Richtung des Grundwasserstromes nicht
genügend in Rücksicht. Dieser Mängel entbehren einschlägige Unter¬
suchungen, die auf Hamburgs Centralfriedhof bald nach seiner Eröffnung
in Angriff genommen und bereits zwei Jahrzehnte lang systematisch durch¬
geführt worden, um den Einfluss der Verwesungsvorgänge auf die Gewässer
des Untergrundes festzustellen und die Gefahr einer Verunreinigung der
Brunnen und öffentlichen Wasserläufe in der Umgebung ermessen zu
können. Dienten dieselben auch zunächst nur einem rein örtlichen In¬
teresse, so beanspruchen sie doch in Anbetracht der Consequenz, mit der
sie fortgeführt wurden, und der Länge der Zeit, über welche sie sich er¬
strecken, eine viel weitergehende Beachtung. Bei der grossen Ausdehnung
und hohen Belegungsziffer dieses Begräbnissplatzes, der strengen Regelung
seiner Bewirtschaftung und der genauen Erforschung seiner natürlichen
Verhältnisse, wodurch alle in Frage kommenden Factoren leicht zu über¬
blicken sind, gestatten die hier gemachten Erfahrungen ohne Weiteres
allgemeinere Schlüsse, die für die Bestattungsfrage vom Standpunkt der
öffentlichen Gesundheitspflege von Bedeutung sind.
Das Friedhofsterrain 8 liegt in der Gemarkung Ohlsdorf an dem linken
Ufer der Alster dicht an der östlichen Grenze des Hamburgischen Staats¬
gebietes auf einem Höhenabhaug, hat nach mehrfachen Erweiterungen zur
Zeit eine Grösse von 186 ha und ist mit ca. ‘260000 Leichen belegt.
1 v. Rözsahegyi, Untersuchung der Friedhofswässer auf dem Kerepeselier
Kirchhof in Budapest. El>enda. Bd. XIV. S. 31.
* A. Buchmüller, Beitrag zur Beurtheilung einer Friedhofsanlage. Ocsferr.
ärztliche Vereinszeitung. 1887. Nr. 12.
* Die Ausführungen über Einrichtungen und Betrieb des Friedhofs stützen sich
auf das von Hm. Director Cordes in dankenswerther Weise zur Verfügung gestellte
Material unter Mitbenutzung der diesbezüglichen Erörterungen in der Beschreibung
von „Hamburg in naturwissenschaftlicher und inedieinischer Beziehung. 1901“.
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Gck igle
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Ebdbestattung.
443
Das Gelände ist leicht wellig, sein höchster Funkt liegt 15 m über
dem tiefsten. Der Boden, ein Gebilde der Diluvialzeit, besteht aus Thon
und Sand in wechselnder Mischung und besitzt deshalb an verschiedenen
Stellen eine verschiedene Durchlässigkeit für die atmosphärischen Nieder¬
schläge. Bei der Unebenheit des Terrains und der ungleiohmässigen Zu¬
sammensetzung des Bodens war von vornherein ein gleich hoher Abstand
des Grundwasserspiegels von der Erdoberfläche nicht zu erwarten. Um
volle Klarheit über dessen Stand und Schwankungen beim Wechsel der
Witterung und der Jahreszeiten zu gewinnen, wurden sorgfältige Unter¬
suchungen angestellt, die sich über ein Jahr hinaus erstreckten. In
216 Bohrlöchern, die sich gleichmässig über das ganze Gebiet vertheilten,
wurde monatlich zwei Mal der Grundwasserstand ermittelt und der Be¬
fund auf Karten registrirt, die durch gleichartige Grundirung der Par¬
zellen mit gleichem Grundwasserstand (von 0, % 1, l 1 /*, 2, 27s m ) ein
anschauliches Bild der jeweiligen Grundwasserverhältnisse geben. Die
Combination sämmtlicher Untersuchungsergebnisse, die auf eine undurch¬
lässige Schicht von welligem Verlauf mit muldenförmigen Vertiefungen
in ungleichmässigem Abstand von der Erdoberfläche schliessen lassen, be¬
stimmte zuverlässig die Theile des Terrains, die einer künstlichen Drainage
bedurften, um die Forderung völliger Trockenheit des Bodens bis zu einer
Tiefe von 2 1 / a m zu erfüllen.
Die Drainage ist mit glacirten Thonröhren ausgeführt, die in einer
Entfernung von 10® und in einer Tiefe von 2 1 / 2 m unter Terrain liegen.
Die Verbindungen der Saugdrains sind mit Cement gedichtet, um das
Einwachsen von Wurzeln zu verhindern. Zur Aufnahme des Wassers
sind in alle Saugröhren in einer Entfernung von 5 m nach nnten gerichtete,
offene Ansatzstücke eingefügt, die mit ihrem Rand auf Backsteinen stehen
und von einer Kiesschicht umgeben sind. Die Nothwendigkeit dieser Ein¬
richtung, die sich vollkommen bewährte, zeigte sich in einem abgetrennten
Theile des Friedhofs, wo aus besonderen Gründen davon Abstand genommen
war und nach einiger Zeit eine vollständige Verstopfung einzelner Drains
durch zahllose, dicht verschlungene Pflanzenwurzeln beobachtet wurde.
Die Rohrleitung, deren Länge zur Zeit etwa 43 km beträgt, befördert das
Drainwasser zu den tiefliegenden Punkten des Geländes, wo zu seiner
Aufnahme und znr Ansammlung des Oberflächenwassers Teiche angelegt
sind, die alle Bodenschichten durchschneiden und deshalb schon an sich
stark drainirend wirken. Aus den Teichen fliesst überschüssiges Wasser
über Wehre in flache Bäche, um dann in dem trockenen sandigen Theil
des Friedhofs zu versickern. Bei starkem Andrang wird das Wasser durch
ein besonderes Rohrnetz nach tiefliegenden Stellen geleitet. Hier vertheilt
es sich durch seitliche Oeffnungen der Röhren im Boden und wird theil-
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444
Matthes:
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weise den Wurzeln der Alleebäume zur Bewässerung zugeführt. An den
Kreuzungspunkten der Sammeldrains sind Sammelbrunnen mit Einsteig¬
schächten angelegt, in der Peripherie des Friedhofs zehn Kesselbrunnen,
in welchen der Grundwasserstand täglich gemessen und aufgezeichnet wird.
Dass mit der Drainage, die ungefähr drei Viertel des ganzen Geländes
umfasst, ein vollkommener Erfolg erzielt wurde, erhellt einmal aus der
Thatsache, dass man nach ihrer Ausführung an keinem Punkt des Fried¬
hofs in der angegebenen Tiefe auf stagnirendes Grundwasser stiess und
dann aus den beträchtlichen Wassermassen, die durch die Sammeldrains
zum Abfluss kommen. Die Menge derselben ist ersichtlich aus einer Zu¬
sammenstellung des während einer Woche aus den Sammelröhren abge¬
laufenen Wassers auf 24 Stunden berechnet:
Bezeicli-
4.1.
5. I.
6 . 1 .
7.1.
8 . L
9. L
nung des
Drain¬
ablaufs
1902
cbm
1902
cbm
1902
cbm
1902
cbm
1902
cbm
1902
cbm
Wo
gemessen ?
1
Nr. 31
172-8
240
288
288
288
288
| am Südteich
2
32
144
180
216
288
288
288
tt ft
3
„ 36
432
540
720
720
576
576
im Schacht an
der Hauptallee
4
„ 26
11
17-28
29-6
26
23
20-7
am Nordteieh
5
„ 44
432
540
720
’ 720
576
360
a. Teich früher
i
Kl. Börstel
Nr. 17
(jüdischer
1191-8
1517-28
1973-6
2042
1751
1532-7
= zusammen
6
10008-38 cl1 “
Friedhof)
86-4
102-8
144 |
144
130-9
130-9
= zusammen
1
1_
739 eb “
i
Luft¬
+ 1 - 0 °C.
+ 2-5°C.
+1-5° C.
+ 2-0 0 C.
+ 4-0 0 C.:
+ 2-5 # 0.
= Minimum
temperatur
+ 8-5°C.
+ 9*0° C.
+ 6-5° C.
+ 8 - 0 °C.
+ 8 - 0 ° C.
+ 6-5°C.
= Maximum
Nieder¬
schlage ;
0-35 niro
1
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10-40““ |
4 . 90 mm i
4.00“”
—
1
Die grosse Ausdehnung des Friedhofs bedingte die Anlage befestigter
Fahrstrassen. Von dem Haupteingang auf der Westseite führt die 1000“
lange Hauptallee in gerader Richtung nach Osten in einer Breite von 36“
mit 10 m breitem Fahrdamm. Die Grundlage für das übrige Strassennetz
bildet der kleinere südliche Ring der Capellen-, Ring- und Bergstrasse,
an welchen sich der nördliche Halbring ansetzt, der von der Thal-,
Norder-, Wald- und Oberstrasse gebildet wird. Zwischen und ausserhalb
von diesen Fahrstrassen findet sich ein dichtes Netz vielfach gewundener
Wege und gerader, rechtwinklig sich kreuzender Fusspfade, an welchen
die meisten Grabstelleu liegen.
Gck igle
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Ebdbestattung.
445
Für alle Arten von Grabstellen ist Einzelbeerdigung in Gräbern von
2 1 / a m Länge und 1 m Breite gesetzliche Vorschrift, die Tiefe der Gräber
beträgt im Allgemeinen 1 m , nur für Familiengräber in der Regel l x / 2 ra ,
weil es bei ihnen gestattet ist, nach 12 Jahren einen zweiten Sarg über
dem ersten zu beerdigen, wenn der letztere so weit zusammengesunken
ist, dass eine Erdschicht von mindestens 1 m nach oben hin den Abschluss
bildet. Bei der Belegung der allgemeinen Gräber werden die Särge in
4 m breiten, verschieden langen, fortlaufenden Doppelreihen dicht neben
einander gestellt, so dass sie mit den Kopfenden und Seitenflächen un¬
mittelbar an einander stossen; Kindersärge erhalten keine besondere Grab¬
stelle, sondern werden eingeschoben, wo der Raum es gestattet. Zwischen
den Gräberreihen befinden sich unterirdisch x /a m dicke Erdschichten, ober¬
irdisch 1 m breite Wege, die jede einzelne Grabstelle zugänglich machen.
Der Gang der Verwesung ist durch Ausgrabungen einer grösseren
Anzahl von Leichen aus verschiedenen Jahrgängen festgestellt worden,
über deren Ergebniss Hr. Medicinalrath Reineke bereits im Jahre 1899
in der biologischen Abtheilung des ärztlichen Vereins in Hamburg be¬
richtete. Im Einklang mit den sonstigen Beobachtungen stellte sich
heraus, dass zuerst ein 3 bis 4 Monate dauerndes Stadium stinkender
Fäulniss und dann Verwesung eintritt, die bei Erwachsenen in 5 bis 7,
bei Kindern in 4 bis 5 Jahren die Leichen bis auf die Knochen zum
Schwunde bringt. Bei der Zerstörung spielt die Mitwirkung niederer
Thiere hier anscheinend eine geringere Rolle wie anderwärts, eine hervor¬
ragende dagegen die Betheiligung der Pflanzen, mit denen die Gräber
und ihre Umgebung ja dicht besetzt sind. Man fand öfter, dass Baum¬
wurzeln einen Weg durch die Wandung der Särge zu den Leichen ge¬
funden und alle Knochen derselben mit einem zierlichen Geäst feinster
Wurzelfäserchen dicht umsponnen hatten. In manchen Särgen fand man
buntfarbige Rasen verschiedenartiger Pilze, in anderen war ihre Innenseite
und die Leiche mit silberweissem, eigentümlich riechendem Schwamm
überzogen. Wesentlich langsamer als die Leiche selbst fällt das Tannen¬
holz der Särge der Zerstörung anheim, offenbar weil ihm die genügende
und wechselnde Befeuchtung fehlt. Auch andere Gegenstände, die sich
im Inneren der Särge vorfanden, Kränze, Kinderspielzeug und ähnliche
Dinge, die man zu dem Verstorbenen gelegt hatte, sowie auch die als
Unterlage benutzten Papierschnitzeln und Hobelspiihne waren wohl erhalten,
wenn von den Leichen selbst ausser den Knochen nur noch eine dünne
Schicht bräunlicher Schmiere übrig war. Bei völlig bekleideten Leichen
war die Zerstörung verzögert.
Seit dem Jahre 1883 wurden fortlaufende Untersuchungen der Fried¬
hofwässer vorgenommen und zwar bis zum Jahre 1893 durch das chemische
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
446
Matthes:
Staatslaboratorium, von 1894 ab Seitens des hygienischen Instituts. Die¬
selben erstrecken sich auf das Wasser der in der Peripherie des Fried¬
hofes'gelegenen zehn Brunnen, sowie auf die Drains, soweit die letzteren
nicht in der betreffenden Zeit trocken lagen.
3
cp'
Dass die zu den Beobachtungen benutzten Bodenwässer vorzugsweise
au Ort und Stelle versickertes Grundwasser darstellen und nicht durch
stärkere Zuflüsse aus einem weiter entlegenen Niederschlagsgebiet wesent-
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Eedbestattung.
447
lieh verdünnt werden, soll durch eingehende Untersuchungen der geo¬
logischen Verhältnisse und der Grundwasserstände sichergestellt sein.
In dem beigefügten Situationsplan (Fig. 1) ist die Lage der Brunnen
und der Probeentnahmestellen für die Drainwässer durch Nummern be¬
zeichnet und die Belegung des Terrains mit Leichen durch Eintragung
der Jahreszahlen in die einzelnen Grabfelder kenntlich gemacht.
Die beste Uebersicht geben die Analysen der Brunnenwässer, die
regelmässig ausgeführt werden konnten und deshalb die Beschaffenheit der
Bodenwässer in allen Stadien der Belegung des Friedhofs lückenlos zur
Anschauung bringen. Die Untersuchungsergebnisse sind in den beige¬
fügten Tabellen zusammengestellt, in welchen sich auch Angaben über
die Belegungszeit der nächstliegen den Grabstätten finden. Der Gehalt der
Wässer an organischen Substanzen, Salpetersäure, Chlor und Keimen ist
der besseren Uebersicht halber ausserdem in Diagrammen zur Anschauung
gebracht.
Von den Brunnen müssen bei Erörterung der Frage, ob unter dem
Einfluss der Beerdigungen in der chemischen Zusammenstellung der Fried¬
hofswässer eine Veränderung eingetreten sei, vier unberücksichtigt bleiben:
Brunnen 16 steht mittels eines weiten Rohres mit dem Teich 16 a in
Verbindung, in welchem sich das Oberflächenwasser aus der ganzen Um¬
gebung, besonders von den verkehrsreichen Strassen ausammelt und ein
reiches thierisches Leben abspielt. Brunnen 23 ist zeitweise zur Versackung
von Wasser benutzt und in Folge dessen durch directe Zuleitung verun¬
reinigter Zuflüsse in seiner natürlichen Beschaffenheit zeitweise so verändert
worden, dass die Brauchbarkeit seiner Untersuchungsergebnisse in Frage
gestellt wird. Brunnen 3, dessen Salpetersäuregehalt dauernd hoch ist,
gelegentlich sogar 100 mg pro Liter wesentlich übersteigt, liegt inmitten
der Gärtnerei, deren Betrieb und stark gedüngtes Gelände Gelegenheit zu
äusseren Verunreinigungen hinreichend bietet. Der im Südwesten gelegene
Brunnen 18, dessen Wasser fortgesetzt Befunde lieferte, die gänzlich von
der Beschaffenheit der übrigen Brunnen abweichen, erhielt nachweislich
zeitweise verunreinigende Zuflüsse von Oberflächen wasser.
Einen Ueberblick über die normale Beschaffenheit des Grundwassers
n der Gegend des Friedhofs bieten die Analysenergebnisse der ausserhalb
der Richtung des Grundwasserstromes liegenden Brunnen, so lange in
ihrer nächsten Umgebung noch keine Grabfelder mit Leichen belegt
waren. Die Brunnen 20, 21 und 24 lieferten in den aus der nachstehen¬
den Tabelle ersichtlichen Jahren von diesem Gesichtspunkte aus brauch¬
bare Befunde und eignen sich auch insofern recht gut zu Typen, als sie
weit aus einander in ganz verschiedenen Himmelsrichtungen an der Grenze
des Friedhofsgeländes gelegen sind.
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448
Matthes:
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Nr. der
Brunnen
Untersucht 1
in den Jahren
Belegung der nächsten
Grabfelder in den Jahren
Normale Befunde
in den Jahren
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1888—1901
1901-1902
(fast 150“ entfernt)
1888—1901
21
1887—1901
1895—1898
1887—1895
24
1883—1901
1900—1901
1883—1900
Vergleichen wir an der Hand der Tabellen (Tabelle I) und Diagramme
(Fig. 2) die Analysenergebnisse der hier in Frage kommenden drei Brunnen¬
wässer in den Jahren, in welchen normale, durch Beerdigungen nicht
beeinflusste Befunde zu erwarten sind, so finden wir, dass die Friedhofs¬
wässer in ihrer chemischen Zusammensetzung zwar mehr oder weniger
grosse Schwankungen zeigen, andererseits aber doch eine ausserordentliche
Uebereinstimmung mit einander aufweisen.
| Ojvydirbarkeit
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Fig. 2.
Der Abdampfrückstaud schwankt zwischen etwa 100 und 450pro
Liter. Organische Substanzen finden sich in Mengen, welche dem Ver¬
brauch von 0 bis ca. 18 Kaliumpermanganat entsprechen. Der Chlor-
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Tabelle 1.
Bronnen 20 (im Nordosten).
Erdbestattung,
449
16. XII.
1899
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Spur
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29
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1
Gck 'gle
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Erdbestattung.
451
gehalt schwankt bei ein und demselben Brunnen zwischen 11 und 20,
steigt selten bis zu 35 mg an. Ammoniak, salpetrige Säure und Salpeter¬
säure sind meist gar nicht oder nur in Spuren vorhanden; jedoch zeigt
sich Salpetersäure in einzelnen Brunnenwässern zeitweise selbst in erheb¬
lichen Mengen (62 m * bei Brunnen 21 im Jahre 1893), auch unter Um¬
ständen, welche nicht immer ohne Weiteres äussere Verunreinigungen
wahrscheinlich machen. Da dies auch in Theilen des Terrains vorkommt,
die von belegten Grabfeldern weit entfernt und ausserhalb der Richtung
des Grundwasserstromes liegen, muss die Ursache in den natürlichen
Bodenverhältnissen gesucht werden.
Anhäufung von Salpetersäure findet sich ja 1 an vielen Punkten der
norddeutschen Tiefebene, wo Sandschichten mit organischen Substanzen
durchsetzt sind und Ammoniak gebildet wird, welches bei Luftzutritt die
Umwandlung in Salpetersäure erfährt. Dass höhere Werthe von Salpeter¬
säure auch in ganz ein wandsfreiem Grund wasser Vorkommen, lehren unsere
Analysen des vorzüglichen Cuxhavener Leitungs wassers, das aus einem
Gelände stammt, wo auf weite Strecken in der Umgebung ober- wie unter¬
irdische Verunreinigungen vollständig ausgeschlossen sind. In demselben
finden sich bis zu 50*18Salpetersäure, obgleich seine Oxydirbarkeit
einen Permanganatverbrauch von 4 rag pro Liter nicht überschreitet?, in
der Regel aber einem solchen von nur 1 mg entspricht und es weder Am¬
moniak noch salpetrige Säure, sowie nur 20 bis 30Chlor und 14 bis
24 mg Schwefelsäure enthält.
Man hat wohl vorübergehend geglaubt aus Befunden, wie sie eben
angedeutet wurden, den Schluss ziehen zu dürfen, dass in Schwankungen
des Salpetersäuregehaltes die mit den Jahreszeiten wechselnde Intensität
der Zersetzungsvorgänge zum Ausdruck kommen könnte, indem die Be¬
schleunigung der letzteren im Sommer einen höheren, ihre Verlangsamung
im Winter einen niedrigeren Salpetersäuregehalt des Grundwassers zur Folge
hätte. Eine nähere Prüfung dieser Frage hat jedoch mit Bestimmtheit
ergeben, dass auf diese Weise das Fallen und Steigen der Salpetersäure-
werthe sicher keine Erklärung fiudet. Das beweisen auch die in Tabelle I
zusammengestellten Analysen von Brunnenwässern, deren Beschaffenheit
durch Zersetzungsvorgänge gar nicht beeinflusst sein kann.
Die oben angeführten Analysenergebnisse geben also ein Bild von
dem ursprünglichen Charakter der Friedhofsbrunnen und liefern Grenz-
werthe ihrer normalen Zusammensetzung, deren Ueberschreituug llück-
1 Vgl. Kurth, Ueber die gesundheitliche Beurtheilung der Brunnenwässer im
Bremischen Staatsgebiet, mit besonderer Berücksichtigung des Vorkommens von
Ammoniumverbindungen und deren Umwandlungen. Diese Zeitschrift. Bd. XIX. S. 1.
29*
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Tabelle II.
Bronnen 3 (in der Gärtnerei).
452
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Tabelle III.
Brunnen 22 (im Nordwesten). Die nächsten Grabfelder sind über 200 m entfernt, wurden 1891 belegt.
Erdbestattttng,
453
21. IV.
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Salpetrige Säure . .
Chlor .
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Keimzahl in 1 ccm .
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
454
Matthes:
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Schlüsse auf eine Veränderung ihrer Beschaffenheit gestatten wird. Wenn
die chemische Zusammensetzung des Grundwassers durch die Verwesungs¬
vorgänge im Boden verändert würde, wäre mit der fortschreitenden Be¬
legung des Geländes eine Zunahme der Stoffe zu erwarten, welche sich
erfahrungsgemäss bei der Zersetzung organischen Materials bilden. Diese
Steigerung müsste sich vorübergehend besonders in den Brunnen bemerk¬
bar machen, in deren Nähe Beerdigungen stattgefunden haben und dauernd
vor allem in denjenigen, deren Lage in die Richtung des Grundwasser¬
stromes fällt. Bei den ersteren müsste sie zeitlich mit der Belegung be¬
nachbarter Grabfelder zusammenfallen, bei den letzteren müsste sie un¬
gefähr eine der wachsenden Beerdigungsziflfer proportionale Curve beschreiben.
In der Richtung des Grundwasserstromes, welcher sich dem Alster¬
bett zu nach Nordwesten wendet, liegen die Brunnen 3 und 22 (Tabelle II
und III). Die Befunde des ersteren sind allerdings nicht ohne Weiteres
verwerthbar, da er inmitten der Friedhofsgärtnerei gelegen ist, wie bereits
oben erwähnt wurde. Die Untersuchungen des letzteren sind dagegen
vollkommen einwandsfrei, zumal sich in seiner Nähe bis auf eine Ent¬
fernung von etwa 200 m überhaupt keine belegten Grabfelder befinden;
ihre Ergebnisse geben also Aufschluss über die Beschaffenheit des Gruud-
wassers beim Verlassen des Friedhofsterrains. Wie aus der nebenstehen¬
den Tabelle IV und den Diagrammen ersichtlich ist, bewegen sich die
Analysenbefunde dauernd in den oben als normal hingestellten Grenzen.
Erst seit dem Jahre 1894 zeigt sich ein etwas höherer Gehalt an Salpeter¬
säure, der dann bis zum Jahre 1901 allmählich wieder auf Null sinkt.
Ob derselbe im Zusammenhang mit der Belegung der nächsten Grabfelder
im Jahre 1891 steht, soll später erörtert werden, hier sei nur darauf hin¬
gewiesen, dass ein allmählicher Anstieg der als Endproducte der Fäulniss
bekannten Stoffe in dem Brunnenwasser bis zum Jahre 1891 nicht eiu-
getreten ist.
Ob ein zeitlicher Zusammenhang der Gehaltsschwankungen mit der
Besetzung naheliegender Grabfelder vorhanden ist, lässt sich aus den
Analysenbefunden der Brunnen 21, 19, 20, 22 und 25 entnehmen.
. Der Brunnen 21 wurde vom Jahre 1887 bis 1901 regelmässig unter¬
sucht (s. Tabelle IV) und kann, wie oben erwähnt, bis zum Jahre 1895
als normal angesehen werden, da bis dahin in seiner Umgebung Beerdi¬
gungen nicht stattgefunden hatten. In den Jahren 1895 bis 1898 wurden
die unmittelbar angrenzenden Grabfelder mit Leichen belegt. Ammoniak
und salpetrige Säure fanden sich nun in seinem Wasser seit dem Jahre
1887 höchstens in Spuren und erfuhren auch nach der Belegung des an¬
liegenden Terrains kein» 1 Vermehrung. Die Steigerung der Salpetersäure-
werthe in den Jahren 1895 bis 1898 lässt sich mit den gleichzeitigen
Gck igle
Original fro-m
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Tabelle IV.
Bronnen 21 (im Südosten). Belegung der unmittelbar angrenzenden Grabfelder 1895 bis 1898.
Ebdbestattung,
455
28. IV.
1893
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Tag der Entnahme
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Salpetersäure . . .
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
456
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Digitized by Gougle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
468
Matthes:
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Beerdigungen nicht in Zusammenhang bringen, denn sie begann nicht
erst im Jahre 1895, sondern zeigte sich bereits 2 Jahre früher bis zu
einer Höhe von 62 und 21 mg im Liter. Der Chlorgehalt war allerdings
in den Jahren 1895 bis 1899 etwas höher als früher, aber einerseits sind
diese Mengen an und für sich nur sehr gering und andererseits kam
auch vor und längere Zeit nach der Belegung hin und wieder — 1887:
17*7, 1898: 17-4, 1901: 34‘0 mg — eine Erhöhung des Chlorgehaltes
vor. Die Oxydirbarkeit endlich war gerade in den Jahren nach 1S95
geringer als vorher.
Aehnlich wie hei diesem Brunnen verhält es sich bei den übrigen.
In dem nach Nordosten gelegenen Brunnen 19 (Tabelle V) erschien zwar
nach Belegung des angrenzenden Terrains im Jahre 1887 Ammoniak in
einer Menge von 1*1 mg , auch etwas mehr salpetrige Säure, aber bereits
in der nächsten Untersuchungsperiode, also 1 Jahr nach dem Aufhören
der Belegung, waren nur noch Spuren aufzufinden. Salpetersäure zeigte
sich im Jahre 1888, verschwand aber wieder im folgenden Jahre und
wurde in den Jahren 1895 bis 1899 in Mengen bis zu 11 *8 nach¬
gewiesen, ohne dass in dieser Zeit eine Beerdigung in der Nähe statt¬
gefunden hatte.
Bei dem Brunnen 20 (Tabelle VI) ist nur der Salpetersäuregehalt
von 40 •0 m * des Jahres 1901 als auffallend hervorzuheben, doch ist dabei
zu berücksichtigen, dass dieses Wasser stets salpetersäurehaltig (bis zu
17-8 me ) war und dass die nächsten Grabfelder, mit deren Belegung die
Steigerung zeitlich zusammenfällt, beinahe 150“ von dem Brunnen ent¬
fernt sind.
Ebenso findet sich in dem Brunnen 22 (s. oben Tabelle III) 8 Jahre
nach Belegung der nächsten Grabfelder ein höherer Salpetersäuregehalt.
Wenn man aber berücksichtigt, dass diese Gräber etwa 200 m entfernt
liegen, dass ferner in dem. Wasser des Brunnens 24 (Tabelle VIl) eben¬
falls 5 Jahre hindurch Salpetersäure in Mengen von 9*8 bis 26-0"« auf¬
gefunden wurde zu einer Zeit, wo keine Beerdigung in der Nähe statt¬
fand, während in den Jahren der Belegung nahe gelegener Grabfelder
keine Salpetersäure in diesen Brunnen nachweisbar war, so erscheint ein
ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Salpetersäure im
Brunnen 22 und der Belegung der Grabfelder zum mindesten zweifelhaft,
zumal im Uebrigen die Zusammensetzung des Wassers dafür keine An¬
haltspunkte bietet.
Der im Nordwesten gelegene Brunnen 25 endlich (Tabelle VIII) zeigt
keine auffallenden Befunde. Die nächstgelegenen Grabfelder wurden in
den Jahren 1883 bis 1885 belegt, die Analysenwerthe halten sich aber
während der ganzen Zeit von 1886 bis 1901 annähernd auf gleicher Höhe.
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Tabelle VIII.
Bronnen 25 (im Nordwesten). Belegung der nächstgelegenen Grabfelder 1883 bis 1885.
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Fig. 4.
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Ebdbestattung.
463
Die dargelegten Beobachtungen, die an der Hand der Tabellen und
Diagramme (Figg. 3 bis 6), sowie der auf dem Situationsplan (Fig. 1) ver-
zeichneten Belegungsdaten leicht zu überblicken sind, lassen erkennen,
dass Ton einer ungünstigen Beeinflussung des Grundwassers durch die
Erdgräber nicht die Rede sein kann, und dass auch vorübergehende Stei¬
gerungen der Salpetersäure in den Bodenwässem nicht ohne Weiteres auf
das Anwachsen der Beerdigungsziffer bezogen werden dürfen.
Wie unberechtigt die Annahme einer Verschlechterung des Grund¬
wassers selbst durch Jahre lang fortgesetzte Beerdigungen ist und eine
wie viel grössere Bedeutung anderen Quellen der Verunreinigung zukommt,
zeigt ein Vergleich der Analysenbefunde von Brunnen 18 und 18a, die
in einer Tabelle (Tabelle IX) nebeneinandergestellt und auch in einer
Rubrik der Diagramme (Figg. 3 bis 6) zur Anschauung gebracht sind.
Die Brunnen liegen in derselben Abtheilung des Friedhofs, deren Grab¬
felder seit dem Jahre 1884 fortgesetzt mit Leichen belegt wurden, dicht
neben einander, ihr Wasser zeigt aber in seiner chemischen Zusammen¬
setzung eine auffallende Verschiedenheit. Was Zuflüsse von unreinem
Oberflächenwasser in kurzer Zeit bewirkten, haben reguläre Beerdigungen
in einer langen Reihe von Jahren noch nicht erreicht: Während im
Brunnen 18 fast alle in Frage kommenden Stoffe die normalen Grenz-
werthe andauernd weit überschreiten, liefert der Brunnen 18a ein Wasser,
das zu den reinsten des ganzen Geländes gehört
Eher als in den Brunnen müsste sich der Einfluss der Verwesungs¬
vorgänge in der Beschaffenheit des Drainwassers zu erkennen geben, das
nur 1 bis l 1 l 2 m unter den Grabfeldern hergeleitet, während deren Be¬
legung in erster Linie Veränderungen in der chemischen Zusammensetzung
erfahren könnte. Bei der Beurtheilung der Untersuchungsergebnisse ist
jedoch nicht ausser Acht zu lassen, dass die Mehrzahl der Drains Wasser
führt, welches in den Sammelbrunnen und Einsteigschächten an den
Kreuzungspunkten des Röhrennetzes stagnirt hat und hier durch thierische
und pflanzliche Organismen verunreinigt sein kann. Welchen Umfang
derartige Verunreinigungen thatsächlich oft annehmen, bewies uns die grosse
Anzahl von Fröschen, die bei der Entnahme der Wasserproben gelegent¬
lich in den Schächten angetroffen wurde.
Vollkommen einwandsfrei sind deshalb nur die Analysenergebnisse
von einzelnen Drainwässern aus abgegrenzten Parzellen in der Peripherie
des Geländes, wo hinter den Entnahmestellen noch kein Sammelschacht
eingeschaltet ist. Verwerthbar sind jedoch auch die Befunde einer Anzahl
von Drainwässern, in deren Stromgebiet sich wenigstens nur einzelne
Sammelschächte befinden, zumal auf sie zu beziehende Verunreinigungen bis¬
lang in den Untersuchungsergebnissen wenig zum Ausdruck gekommen sind.
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
464
M ATT HKS:
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Da es za weit fahren würde, sämmtliche Drains aufzuzählen, so sind
nur die Untersuchnngsergebnisse von einigen Drain wässern, welche von
diesem Gesichtspunkte aas am meisten Beachtung verdienen, in den
Tabellen X bis XIV wiedergegeben.
Tabelle X.
Drain J1 in anbelegtem Gebiet.
Entnahmestelle
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Entnahmestelle
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Tag der Entnahme
19. III. 1901
Tag der Entnahme
19. m. 1901
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Belegung von Grabfeldem im Drainagegebiet 1898 bis 1902.
Entnahmestelle
35a
35a
35a
35b
35a
35a
85.
Tag der Entnahme
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1894
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1894
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Entnahmestelle
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Salpetrige Säure . .
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Chlor.
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Ebdbestattung.
465
Tabelle XII.
Drain 38 (38a östlicher, 38b südöstlicher Arm).
Belegung der Grabfelder im Drainagegebiet 1895 bis 1897.
Entnahmestelle jj
38 a
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38 a
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Ammoniak.
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Keimzahl in 1 ccm . . . |
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44
Die Beschaffenheit des Drainwassers entspricht im Allgemeinen der
Zusammensetzung der Brunnenwässer. Sein ursprünglicher Charakter zeigt
sich in den Untersuchungsergebnissen (Tabelle X) des Drains (im Norden),
der sein Wasser nur aus jungfräulichen Theilen des Geländes bezieht und
des Drains 35 vor Beginn der Beerdigungen in seinem Entwässerungs¬
gebiet (im Jahre 1898). Nach dem Ergebniss ihrer Analysen enthält das
normale Drainwasser des Friedhofsgeländes höchstens Spuren von Ammoniak
und salpetriger Säure, dagegen Salpetersäure gelegentlich in nicht uner¬
heblicher Menge (Drain 35 im Jahre 1895: 39*3, Drain J t im Jahre
1901: 31 -5“» im Liter). Dies ist ein weiterer Beweis unserer oben aus¬
gesprochenen Ansicht, dass zeitweilige Steigerungen des Salpetersäure¬
gehaltes in den Brunnen nicht ohne Weiteres auf Rechnung der Leichen¬
zersetzung gesetzt werden dürfen, denn hier handelt es sich, wie noch¬
mals besonders hervorgehoben sei, um Drainwasser aus ganz unbelegtem
Boden. Die Oxydirbarkeit ist niedrig, entspricht höchstens einem Per¬
manganatverbrauch von 7-31 “» pro Liter. Der Chlorgehalt überschreitet
nur ein Mal, bei Drain 35 im Jahre 1896 die Höhe von 20“».
Zur Prüfung des Einflusses von Beerdigungen im Drainagegebiet
eignen sich am meisten die Untersuchungsergebnisse der Drainwässer 35
(Tabelle XI) und 38 (Tabelle XII), die aus umschriebenen Bezirken im
südöstlichen Theil des Friedhofes stammen und ohne Gefahr nachträg¬
licher Verunreinigung zu den Probeentnahmestellen gelangen. Da hier
Analysen aus der Zeit vor, während und nach der Belegung des Drainage¬
gebietes vorliegen, liefern sie ein besonders bemerke ns werthes Beobachtungs¬
material. Bei Drain 35 ist zwar in den Jahren 1898 und 1901 zur Zeit
der Belegung des Entwässeruugsgebietes der Salpetersäuregehalt gegenüber
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
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den vorhergehenden Untersuchungsperioden etwas gestiegen, aber nur un¬
wesentlich höher als er vorübergehend auch schon bei noch jungfräulichem
Zustand des Geländes gewesen war. Ammoniak und salpetrige Säure
zeigen nur im Jahre 1901 einen minimalen Anstieg, während beide Sub¬
stanzen in den ersten Jahren nach Beginn der Belegung völlig fehlten.
Der Chlorgehalt bleibt unter den vor Beginn der Beerdigungen gefundenen
höchsten Werthen. Die Oxydirbarkeit ist nicht grösser geworden und
auch hinsichtlich des Abdampfrückstandes und des Glühverlustes kann von
einer nennenswerthen Zunahme nicht die Rede sein.
Bei Drain 38 halten sich alle Analysenwerthe während der Belegung
in den oben als normal angenommenen Grenzen und zeigen erst im Jahre
1901 eine bemerkenswerthe Steigerung. Ob dieser auffallende Befund,
der in dem ganzen Beobachtungsmaterial vereinzelt dasteht, vier Jahre
nach Beerdigung der letzten Leiche als Folge der Belegung des Terrains
aufgefasst werden muss, wage ich nicht zu entscheiden.
Drain 26 und 27 (Tabelle XIII) communiciren mit einander und
führen Wasser von ziemlich übereinstimmender Beschaffenheit, weshalb
die Ergebnisse ihrer Untersuchungen sich gegenseitig ergänzen. Der erster?
zeigt im Jahre 1888 und 1891, der letztere 1890 und 1892 erheblicheren
Gehalt an Salpetersäure, nachdem im Drainagegebiet beerdigt worden war.
doch finden sich auch in den Jahren 1893 bis 1895 beträchtliche Steige¬
rungen, nachdem eine Reihe von Jahren keine Beerdigung mehr statt¬
gefunden hatte. Salpetrige Säure fehlt während der ganzen Zeit, Ammoniak
ist überhaupt nicht oder nur in geringen Mengen vorhanden und ebenst)
wenig lässt die übrige Zusammensetzung der Wässer eine Beeinflussung
durch die Belegung der Grabfelder auch nur einigermaassen deutlich er¬
kennen. Besonders ist zu beachten, wie ausserordentlich niedrig die Oxy-
dirbarkeit dauernd geblieben ist.
Das Wasser des Drain i7 (Tabelle XIV) zeigt in der langen Reihe
der häufig wiederholten Untersuchungen einen wechselnden aber keines¬
wegs allmählich zunehmenden Gehalt an den in Frage kommenden Sub¬
stanzen, obgleich das Drainagegebiet seit 1884 ununterbrochen belegt wurde.
Bei manchen der übrigen Drains geht der Salpetersäuregehalt zeit¬
weise oder dauernd über das als normal anzusehende Maass weit hinaus.
Da diese Steigerungen zuweilen mit der stärkeren Belegung der betreffen¬
den Drainagegebiete zeitlich zusammenfallen oder sich ihnen anschliessen,
muss es dahin gestellt bleiben, ob sie dadurch hervorgerufen wurden, ob
sie der Ausdruck von natürlichen Gehaltsschwankungen sind, wie sie auch
in ganz unbelegten Theilen des Geländes zur Beobachtung kommen oder
ob sie die Folge von Verunreinigungen in Einsteigschächten sind, von
denen die hier in Frage kommenden Drainwässer sämmtlich einige, viele
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Tabelle XIII. Drain 26. Drain 27.
Belegung von Grabfeldern im Drainagegebiet 1882, 1883, 1885 bis 1888, 1891.
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Matthes: Eedbestattung.
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auch eine ganze Reihe passiren müssen, ehe sie die Probeentnahmestellen
erreichen. Mag die Vermehrung der Salpetersäure nun eine Folge der
Leichenzersetzung im Boden, das Endproduct derselben sein oder nicht,
sie steigt im Allgemeinen nicht höher als in vielen Brunnenwässern, die
dauernd ohne Nachtheile getrunken werden.
Die Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchungen, die seit dem
Jahre 1893 neben den chemischen ausgeführt wurden, werden durch un¬
vermeidbare Versuchsfehler, welche in der Beschaffenheit der Probe¬
entnahmestellen gegeben sind, in ihrem Werthe wesentlich beeinträchtigt.
Die Brunnen sind mit Holzdeckeln versehen, welche den Zutritt von Staub
und sonstigen Verunreinigungen zum Wasser nicht mit Sicherheit aus-
schliessen lassen. Die Drainwässer sind durch Stagniren in den weiten
Sammelschächten zum grössten Theil nicht einwandsfrei. Dadurch er¬
klären sich die ausserordentlich grossen Schwankungen in der Keimzahl
innerhalb kurzer Zeit. Immerhin ist bemerkenswerth, dass bei keinem
einzigen der untersuchten Wässer die Tendenz zum constanten Steigen
der Keimzahl mit der fortschreitenden Belegung des Geländes mit Leichen
zu Tage tritt, und dass vorübergehende Vermehrung der Keime weder im
Brunnen- noch im Drainwasser mit einiger Regelmässigkeit gerade in die
Perioden der Belegung der in Frage kommenden Grabstätten fallt. Wie
niedrig die Keimzahl sowohl im Brunnen- wie im Drainwasser auch nach
Beerdigungen in nahen Grabfeldern oft bleiben, ist aus den Tabellen und
Diagrammen ohne Weiteres zu ersehen. Im Brunnen 18a finden sich
trotz fortgesetzter Belegung seiner Umgebung seit dem Jahre 1896 nur
vereinzelte (0 — 8) Keime. Drain 35 führt nach der Belegung seines
Drainagegebietes in den Jahren 1898 und 1899: 12 bezw. 4 Keime.
Drain 17 im Jahre 1894 nur 2, nachdem sein Entwässerungsgebiet
11 Jahre lang ununterbrochen zu Beerdigungen benutzt worden war.
Nach dem Ergebniss unserer Untersuchungen ist also mit der fort¬
schreitenden Belegung des Friedhofes eine Verunreinigung der Gewässer
seines Untergrundes nicht eingetreten. Ihr Ausbleiben trotz dichtester
Aneinanderlageruug der Leichen, die bei ca. 12000 Beerdigungen pro
Jahr zu einer beträchtlichen Anhäufung von Fäulnissmaterial auf eng-
begreuztem Raum führen muss, lehrt zur Genüge, dass bei geeigneter
Zusammensetzung des Bodens Trockenlegung des Terrains bis zu einer
Tiefe von einem halben Meter unter der Grabessohle unter allen Um¬
ständen genügt, um die Verbreitung von Stoffen, die durch ihre chemischen
oder biologischen Eigenschaften Bedenken erregen können, mit Sicherheit
auszuschliessen, dass die Filtrationswirkung und Absorptionskräfte der um¬
gebenden Erdschicht vollauf im Staude ist, sie ihrer schädlichen Eigen¬
schaften zu entkleiden.
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[Aus der medicinischen Klinik zu Breslau.]
Ein Beitrag zur Typhusdiagnose aus dem Stuhle
mittels des v. Drigalski-Conradi’schen Verfahrens.
Von
Privatdocent Dr. Paul Krause,
Oberarzt dtr Klinik.
Dr. Oeorg Sterte,
Volontär* Assistenten mm mllgem. Krmnkenhause
zu Hamburg.Eppeudorf.
Trotz vielfacher Versuche, auf eine einfache und schnelle Weise den
Typhusbacillus aus dem Stuhle Typhuskranker zu isolireu — wir erinnern
hier nur an die von Holz, von Elsner, von Piorkowski, von Weil
angegebenen Methoden —, muss nach wie vor zugegeben werden, dass sich
keine der bisherigen Methoden eine allgemeine Anerkennung verschaffen
konnte: sie gaben, auch in der Hand geübter Bakteriologen, nur unsichere
und wechselnde Resultate.
Um so freudiger war es zu begrüssen, dass, anknüpfend an die Ver¬
suche von Wurtz (1), von v. Drigalski und Conradi (2) aus dem
Koch’sehen Institute ein neues Verfahren angaben und gleichzeitig von
Erfolgen berichten konnten, die im Bestätigungsfalle zweifellos einen
Wendepunkt in der bakteriologischen Typhusdiagnose bedeuten mussten.
Es scheint sich dieses Verfahren schnell einen Kreis von Anhängern
erworben zu haben, ausführliche Berichte liegen aber darüber bisher wenig
vor und es dürfte daher bei der Wichtigkeit der Sache gerechtfertigt sein,
wenn wir hier über unsere Erfahrungen mit dem Nährboden einen kurzen
kritischen Bericht geben.
In Betreff der Darstellung desselben verweisen wir auf die Arbeit von
v. Drigalski-Conradi’s.
Wir hielten uns absichtlich mit grösster Sorgfalt bei der Herstellung
des Nährbodens an die Angaben der Autoren und können behaupten, dass
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Paul Kbause und Geobq Steexz:
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wir nach einiger Uebung stets ohne grosse Mühe ein brauchbares Nähr¬
substrat bekamen. Auch bezüglich der Herstellung der Oberflächenaussaat
ist zu bemerken, dass man in der That die schönsten Resultate erhält,
wenn man sich mit der Handhabung des von den Autoren angegebenen
Glasspatels vertraut macht.
Mehr Uebung und Erfahrung beansprucht die Aussaat der Stuhl¬
proben, um quantitativ das Richtige zu treffen. Im Allgemeinen wird
man gut thun, keine zu geringe Menge zu nehmen, vielmehr lieber eine
grössere Anzahl von Platten zu verwenden. Oft sind wir so vorgegangen,
dass wir ca. 15 bis 30 Oesen von verschiedenen Theilen des Typhusstuhles
in 5 ocm sterilen Wassers mischten und von dieser Mischung eine Anzahl
Plattenserien anlegten.
Die Erschwerung des Aufkommens von Luftkeimen auf den v. Dri-
galski-Conradi’schen Platten bietet einen unverkennbaren Vortheil,
wenn sich auch unter den zur Verdunstung des Condenswassers etwa
v. Stunde expouirten Platten, welche ein Paar Tage im Vorrath gehalten
wurden, nicht alle steril erwiesen. Jedenfalls kann das durchaus bestätigt
werden, dass der in Kölbchen auf bewahrte Agar lange Zeit haltbar ist
Von Autoren, welche mit dem neuen Typhusnährboden gearbeitet
haben, nennen wir Hünermann (3), welcher bei der Saarbrückener Epi¬
demie einen typhusähnlichen Bacillus darauf isolirte, ferner Lentz (4),
welcher den Agar zur Differenzirung des Ruhrbacillus empfiehlt. Kaiser(5)
beschreibt das Wachsthum einer Anzahl der zwischen Bacterium coli und
typhi stehenden Spaltpilze, insbesondere verschiedener Paratyphusstämme,
der Bakterien der Fleischvergiftung und einiger anderen. Er räth dem¬
gemäss zur Vorsicht bei der Beurtheilung der „blauen“ Colonieen.
Unsere eigenen Untersuchungen bezogen sich auf:,
1. Typliusreinculturen.
2. Mischculturen von Bacterium typhi und Bacterium coli.
3. Normale Stühle.
4. Enteritische Stühle.
5. Normale, mit Typhusculturen künstlich vermischte Stühle.
6. Typhusstühle.
7. Mischculturen von Typhusbacillen und einige der isolirten typhus¬
ähnlich wachsenden Keime.
Nachdem wir uus überzeugt batten, dass alle uns zugänglichen Typhus¬
stämme in der von den Autoren beschriebenen Weise auf dem Nährboden
wuchsen, nämlich als blaue, zarte, durchsichtige, in der Aufsicht nur ganz
schwach weissliche. tröpfchenähnliche Colonieen, erkannten wir durch An¬
legen von Mischculturen von Bacterium typhi und verschiedenen Coli-
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Zur Typhusdiagnose.
471
Stämmen, dass eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Keimen durch
Farbe und Grössenunterschiede auf der 16stündigeu Cultur meist ohne
Schwierigkeit möglich ist.
Bei Untersuchung von zehn normalen Stühlen zeigte es sich, dass
eine ganze Anzahl blauer_ Colonieen^. welphe zuifl Theil durch Inspektion
mebt von den TypfiusFeimen unterschieden werden konnten, wuchsen; auf
eine Beschreibüng'lTerseTheü verzichten wir an dieser Stelle: eins woTTen wir
nur hervorheben, dass die Aussaat auf dem neuen Nährboden durch die
Unterscheidung der Säure- und Alkalibildner nebst den charakteristischen
Wachsthumsunterschieden ohne viel Mühe einen guten Einblick in die
Reichhaltigkeit der Stuhlflora bietet.
Auch in 43 untersuchten euteritischen Stühlen konnten wir dasselbe
constatiren.
Bei experimentell mit Typhusbacillen versetzten Stühlen fanden wir
jedes Mal die Typhusbacillen auf den Platten wieder.
Den Haupttheil unserer Untersuchungen nahmen naturgemäss Stühle
von Typhuskranken ein; wir konnten im Ganzen 104 Typhusstühle unter¬
suchen, welche 36 verschiedenen Fällen entsprachen. In 19 Fällen (=
51 Stühle) konnten Typhusbacillen nachgewiesen werden, während in den
übrigen 17 Fällen (= 54 Stühle) das Resultat ein negatives war; dies
e ntspricht einem positiven Ergebnisse von weniger als 60 Procent.
Die hohen Erwartungen, welche die Resultate v. Ürigalslii-Öonradi’s
erweckten, erfüllten sich also bei uns leider nicht, wenigstens nicht be¬
züglich des von diesen Autoren aus ihren Resultaten gezogenen Schlusses,
dass in jedem einzelnen Falle der bacilläre Nachweis aus dem Stuhle zu
erbringen sei.
Zur Vervollständigung der oben angeführten Zahlen seien hier noch
folgende Daten angegeben: von den untersuchten 36 Fällen kamen 16
nur ein Mal zur Untersuchung; darunter hatten wir 11 negative Resultate.
Ein weiterer negativer Fall wurde erst in der vorgeschrittenen Reconvales-
cenz beforscht. Zuerst ein positives, im weiteren Verlaufe ein negatives
Resultat ergaben fünf Fälle.
20 bezw. 6 Fälle gehörten je einer in Oberschlesien seiner Zeit herr¬
schenden Epidemie (in Kätscher und Laurahütte) an, die übrigen
10 Fälle traten sporadisch auf. Von den 20 Fällen aus Kätscher wurden
12, von den 6 Fällen aus Laurahütte 4 mit positivem Resultate unter¬
sucht. Unter den zehn sporadischen Fälleu gelang der Bacillennachweis
nur drei Mal, gerade unter den übrigen 7 sind 5, die einer sehr oft
wiederholten und sorgfältigen Untersuchung zugänglich waren, so wurde
z. B. Fall S. 16 Mal, Fall B. 4 Mal, Fall F. 12 Mal, Fall R. 8 Mal,
Fall K. 5 Mal untersucht. Die Diagnose „Typhus“ beruhte in allen diesen
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Paul Kbause und Geobg Stebtz:
letztgenannten Fällen auf klinisch unzweideutigen Symptomen, bei welchen
zum Theil der Nachweis der Bacillen im Blute gelungen war.
Aus den angeführten Daten lassen sich schon einige Schlüsse ziehen.
1. Alle nur ein Mal untersuchten Fälle (10) müssen — soweit sie
ein negatives Resultat ergaben — als unzugänglich untersucht gelten,
auch v. Drigalski-Conradi empfehlen bei negativem Erfolge die Unter¬
suchung zu wiederholen.
2. Die erst in vorgeschrittener Reconvalescenz zur Untersuchung
kommenden Fälle sind jedenfalls bei Aufstellung einer allgemeinen Statistik
als vollzählig nicht anzusehen.
Es lässt sich also nicht in Abrede stellen, dass unter günstigeren
Umständen das Resultat der Untersuchungen vielleicht sehr viel besser
ausgefallen wäre. Trotzdem sind aber die vorliegenden Ergebnisse geeignet,
die allgemeine Bedeutung des Bacillennachweises sehr viel mehr ei n¬
zuschränken, als die s von v. D rig alski-Conradi ges chehen is t~
" Die Sorgfalt, mit der bei der wiederholten Untersuchung der oben
erwähnten fünf Fälle mit negativem Resultate verfahren worden ist, lässt
eigentlich einen Fehler der Methode als unwahrscheinlich erscheinen. Wir
glauben daher in der Annahme nicht fehlzugehen, wenn wir behaupten,
dass vielmehr in den betreffenden Stühlen keine Typhusbacilleu vorhanden
waren oder jedenfalls so wenig, dass ihr Nachweis allzu sehr dem Zufalle
anheim gegeben war.
Dies führt auf die wichtigen Fragen, wie oft, von welchem Zeit¬
punkte an und wie lange Typhusbacillen in nachweisbarer Menge im
Stuhle vorhanden sind.
Wir fanden in der Litteratur trotz eifrigen Suchens in bakterio¬
logischen und klinischen Darstellungen des Typhus nur recht spärliche
Angaben.
Chantemesse fand fast regelmässig vom 10.—20. Tage an Bacillen
im Stuhle. Im Albutt’schen Sammelwerke erwähnt der Autor, dass im
Typhusstuhl regelmässig Bacillen gefunden werden.
Wratsch hätte sie von 96 in 90 Fällen nachgewiesen; Karlinski
hätte sie selten vor dem 9. Tage gefunden.
Auf Grund welcher Erfahrungen diese Autoren zu ihren Angaben
kommen und mit welchen Methoden sie arbeiteten, ist nicht bemerkt.
Es liegt nun nahe, von der Ausbreitung der Darmerkrankungen, wie
sie sich anatomisch darbietet, Schlüsse auf das Vorkommen und die Menge
der Typhusbacillen im Stuhle zu ziehen. Ein wichtiges klinisches Symptom
— der Durchfall, welcher bekanntlich in einzelnen Epidemieen nur etwa
in 50 Procent der Fälle vorhanden ist — ist allerdings in diesem Sinne
nicht zu verwertheu, da er nicht als ein Product der specifisch typhösen
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Zub Typhusdiagnose.
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Processe, sondern des allgemeinen Katarrhs der Dannschleimhaut an¬
zusehen ist. Hingegen ist bekannt, dass in den geschwellten Plaques und
Follikeln, sowie in den Rändern der Typhusgeschwüre die Bacillen in
grosser Menge vorhanden sind und so liegt die Annahme nahe, dass die
Zahl und Ausbreitung dieser Affectionen auf Vorkommen und Menge,
sowie auf die Dauer des Auftretens der Typhusbacillen im Stuhle nicht
ohne Einfluss sei. In der bekannten Statistik von Schultz (8) von 304
anatomisch untersuchten Fällen waren in 93 nur wenige bezw. vereinzelte,
in 115 mässig zahlreiche und nur in 96 Fällen grössere Mengen von
Typhusgeschwüren vorhanden. Aehnliche Angaben finden sich bei anderen
Autoren. Jedenfalls giebt es vom typischen Typhus bis zum sogenannten
Typhus ohne Darmerkrankungen („Typhus sine typho“) mannigfache
TJebergänge.
Ob jedoch ein richtiges Auftreten von Bacillen im Stuhle im geraden
Verhältnisse von dem Beginne der Geschwürbildung abhängig sei, erscheint
fraglich, jedenfalls ist die Möglichkeit zuzugeben, dass in dem Darminhalte,
in dem Schleime der Mucosa ein Wachsthum der Bacillen stattfinden
kann. Dafür scheint der Nachweis derselben zu einer Zeit zu sprechen,
wo das Vorhandensein von Geschwüren noch unwahrscheinlich ist, sowie
die Erfahrungen, dass auch bei Gesunden Typhusbacillen im Stuhle nach¬
gewiesen worden sind.
Jedenfalls muss der Satz zugegeben werden, dass in einem gewissen
Procentsatze nur spärliche Typhusbacillen Vorkommen werden, deren Auf¬
finden mehr oder minder vom Zufalle abhängt.
Was die positiven Fälle anbetrifft, so ist das schnelle und mühe¬
lose Auffinden der Typhuscolonieen zweifellos ein grosser Vortheil des
neuen Nährbodens.
Wäre nun der Typhusbacillus das einzige blauwachsende Bacterium,
so wäre die Diagnose ausserordentlich einfach. ""Dehler aber wird dieselbe
durch' den Umstand, dass es offenbar noch eine ganze Anzahl’solcher
Keime giebt, wesentlich complicirt. Schon bei der Untersuchung normaler
und enteritischer Stühle konnten wir eine ganze Anzahl typhusähnlicher
Keime Isoliren,, auf deren "Beschreibung wir hier nicht näher eingehend
Es ist unter allen Umständen daher nothwendig, aus weiteren Kriterien
die Diagnose des Typhusbacillus zu sichern.
Eins der wichtigsten und am leichtesten auszuführenden ist das Vor¬
handensein der Eigenbewegung — ein unbewegliches Stäbchen von einer
16stündigen v.Drigalski-Platte ist sicher kein Typhusbacillus. Wir haben
sämmtliche uns zur Verfügung stehenden Typhusstämme in Reincultur
auf dem neuen Nährboden untersucht und kounten stets eine lebhafte
Eigenbewegung der Keime constatiren.
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Paul Keause und Geobg Steetz:
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A ls wich tigstes und untrüglichstes Mittel zur Identificirung gel>en
v. Drigalski-Conradi aIe ~Ä'ggTutinationsprobe mit Typhusimmuuserum
am Die" Erfahrungen der neueren Zeit stehen jedoch einer allzu grossen
'WerthscEaTzüng derselben entgegen. Angeregt durch die Erfahrungen
Slei n’s, 'nach '^’dlcTReff“emTfacilTüs auch dann noch nicht als Typhus-
bacillus anerkannt werden dürfe, wenn er durch das Serum eines Typhus-
kranken ebenso stark oder sogar noch stärker agglutinirt würde, als eine
zweifellose Typhuscultur, haben mehrere Autoren festgestellt, dass auch
das künstlich hergestellte Typhusimmunserum nicht bloss Typhusbacillen,
sondern auch eine Anzahl coliänhnlicher Bakterien agglutiniren könne, so
dass die Agglutinirung der letzteren und die des Bact. typhi höchstens
graduelle Unterschiede aufweise.
Burdach (10) und Klinger nehmen auf Grund ihrer Erfahrungen
den Standpunkt ein, dass die Agglutination durch ein hochwertiges
Ziegenimmunserum (1:10000) in 200- und selbst in lOOOfacher Ver¬
dünnung nicht genüge, um einen verdächtigen Bacillus als Typhus¬
bacillus zu identiüziren. Selbst Jatta (11), welcher in Uebereinstimmung
mit Beco fand, dass bei hochwerthigen Serum in sehr starken Ver¬
dünnungen in der That schliesslich ein sicherer Unterschied bestände,
hinsichtlich der Wirkung desselben auf die coliähnlichen Bakterien einer¬
seits und Batt. typhi andererseits, will doch diesem Umstande eine völlig
ausschlaggebende Bedeutung nicht beimessen. Es konnte nämli ch e in
exacter Gjgnzwerth bisher nicht aufgestellt werden und es "Ist,"”wje Jjula
zugiebtj a priori nicht ausgeschlossen, dass man gelegentlich auf ein coli-
ähuliches Bacterium stös&t, welches sich bezüglich jeiner Agglutinirung
dem Typhusbacillus nähert oder ihn sogar erreicht.
‘Wenn' auch Fehldiagnosen bei dem v. Drigalski-Conradi’schen
Verfahren der Ideutificirung der Typhusbacillen selten sein mögen, so
steht nach alledem fest, dass zu einer absolut einwandfreien Diagnose die
bisher üblichen biologischen Wachsthumsmerkmale des Typhusbacillus
nach wie vor nicht zu entbehren sind.
Jedenfalls glaubten wir bei dem gleichzeitigen Vorhandensein folgen¬
der Eigenschaften:
1. charakteristisches Wachsthum auf dem neuen Agar,
2. lebhafte Eigenbewegung,
3. positive Agglutinationsprobe,
4. fehlende Vergährung des Traubenzuckers,
5. geringe Säurebildung in Lackmusmolke,
6. keine Veränderung des Neutralrothagars,
in der Lage zu sein, mit Sicherheit die Diagnose „Typhusbacillus“ stellen
zu können. In vereinzelten Fällen haben wir nachträglich noch das
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Zur Typhusdiagnose.
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Wachsthum auf Kartoffel und in Milch, sowie die Indolreaction heran¬
gezogen, ohne dadurch jemals zu einer Aenderung der Diagnose geuöthigt
gewesen zu sein.
Die Zeit, innerhalb derer man unter diesen Umständen zu einer
sicheren Diagnose kommt, wird dadurch freilich auf 24 bis 48 Stunden
verlängert: in Anbetracht der Sicherheit ein immerhin gutes Resultat
Ueberblicken wir noch einmal die wichtigsten Ergebnisse der Unter¬
suchungen, so steht zunächst fest, dass der von v. Drigalski-Conradi’-
sche Agar die Möglichkeit gewährt, mit Leichtigkeit und in kurzer Zeit
den Bacillus typhi von seinem wichtigsten Nebenbuhler, dem Bacterium
coli, zu treunen. Die Vorzüge, die das Verfahren gegenüber den bisher
angewandten hat, liegen unseres Erachtens weniger auf dem Gebiete einer
weiteren Beschleunigung der Diagnose, als auf der verhältnissmässig
leichten Handhabung und der bestehenden Deutlichkeit der Farbenreaction,
die auf dem richtigen und schnellen Weg zur endgültigen Diagnose führt.
Eine Einschränkung seines absoluten Werthes im Vergleiche mit dem Bacillen¬
nachweise im Blute, welcher zur Zeit als die sicherste klinisch-bakterio¬
logische Methode der Typhusdiagnose gilt, erleidet das Verfahren — wie
alle übrigen Methoden des Bacillennachweises aus den Fäces — dadurch,
dass eben nicht in allen Fällen Typhusbacillen in denselben vorhanden
sind oder wenigstens nur in so geringer Menge, dass ihr Nachweis dem
Zufalle anheimgestellt ist.
Wie oft und inwieweit dies zutrifft, darüber bleiben weitere Unter¬
suchungen abzuwarten.
So sehr also im Falle eines positiven Resultates die Diagnose über
allen Zweifel erhaben ist — das Vorhandensein von Krankheitserschei¬
nungen vorausgesetzt — so wenig ist man in der Lage, auf Grund eines
einmaligen oder selbst bei wiederholter Untersuchung erzielten negativen
Resultates die Diagnose Typhus auszuschliessen: höchstens liesse dieser
Umstand einen Schluss auf das Fehlen einer ausgebreiteten typhösen
Darmerkrankung zu.
Bemerkung bei der Correctur: Inzwischen untersuchte ich weitere
58 Typhusstühle von 8 verschiedenen Fällen; 4 Mal mit positivem Befunde. In den
übrigen konnten, trotzdem z. Th. mehr als ein Dutzend Stühle untersucht wurden,
keine Typhusbacillen nachgewiesen werden (in zwei Fällen fanden sic sieh reichlich
im Stuhle). Dr. Paul Krause.
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476 Paul Kbause und Geobg Stebtz: Zub Typhusdiagnose.
Litteratur-Verzeiclmißs.
1. Wurtz, Arch. de M6d. expSriment. 1892.
2. v. Drigalski u. Conradi, Diese Zeitschrift. Bd. XXXIX. S. 283.
3. Hünermann, Ebenda . Bd. XL.
4. Lentz, Handbuch von Kolle und Wassermann.
5. Kaiser, Centralblatt für Bakteriologie. Bd. XXXI.
6. Chantemesse, Traitt d. Med. Paris 1901.
7. Albut, A System of Medicine. London 1896.
8. Schultz, Jahrbücher der Hamburger Staats-Krankenanstalten. 1899.
9. Stern, Centralblatt für Bakteriologie. Bd. XXIII. S. 673.
10. Bur dach. Diese Zeitschrift. Bd. XLI.
11. Jatta, Ebenda. Bd. XXXIII.
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[Aus dem Institut zur Erforschung der Infectionskrankheiten in Bern.]
(Direotor: Prof. Dr. Tavel.)
lieber Morphologie der Colonieen pathogener Bakterien.
Von
Cäsar Axelrad,
Magister pharm, in Wien.
(Hieran Taf. VIII — X.)
I. Einleitung.
Gegenwärtig vertritt die Bakteriologie den Standpunkt, dass jede
Bakterienspecies nur eine bestimmte sehr einfache Form (Kokken,
Bakterien, Bacillen, Spirillen) besitze und dieselbe auch bei der einzigen
bekannten Vermehrungsweise durch Theilung beibehalte.
Alle Ansammlungen von Bakterien entstünden auf diese Weise aus
dem einzelnen Individuum.
Die Beschreibung der einzelnen in der Literatur aufgeführten
Bakterienarten und ihres Wachsthums zu einer Bakteriencolonie ist viel¬
fach eine absolut ungenügende gewesen und gegenwärtig noch wird in
dieser Beziehung nicht allen berechtigten Forderungen entsprochen.
Die Cohn’sche 1 Lehre von der Coustanz der Arten ist heute nicht
mehr im alten Umfange haltbar, indem die fortgesetzte immer tiefer
greifende Forschung zur Evidenz bewiesen hat, dass fast alle Eigen¬
schaften einer wohl umgrenzten Art in gewissem Umfange schwanken
können.
Schiatter* betrachtet die Bakterien als eine systematische Einheit,
die nach ihrem Bau wenigstens in drei Hauptgruppen unterschieden werden
müssen. 1. als Autoblasten (ohne nachweisbarer Structur), 2. als Moneren
1 Pr. Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen. 1872. Bd. I.
* Centralblall für Bakteriologie. 1897. S. 833.
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CEsar Axelrad:
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(mit der einfachsten Differenzirung des Plasmas in zwei Bestandteile) und
3. schliesslich als Metamoneren (mit Differenzirung in Centraltheil und
peripherischen Theil), letztere ähnlich den Cyanophyceen.
Migula 1 nimmt für die Bakterien eine dreifache Beziehung an.
Nach ihm haben die Mikroorganismen Verknüpfungspunkte mit den
Saccharomyceten, den Cyanophyceen und den Flagelaten. Es ist somit
ihre Stellung im Pilzsystem noch ganz unsicher.
Wiederholt hat man versucht, die Bakterien auf höhere Pilze zurück¬
zuführen, zu den bekannten Versuchen Hallier’s 2 haben sich im letzten
Jahre die Untersuchungen von J. H. Müller 3 gesellt. Ueber die An¬
sichten Hallier’s äussert sich Müller selbst folgender Weise: „Nach
Hallier gehen die Bakterien aus dem Plasma der Hefe und der Phyto-
phtoraarten hervor und er spricht die Ansicht aus, dass dies allgemein
bei den Pilzen der Fall sein dürfte. Bestimmte Bakterienarten als
Züchtungsproducte erwähnt er nicht und seine einst von de Bary scharf
bekämpften Theorieen harren auch heute noch auf die wissenschaftliche
Bestätigung.“
A. Fischer 4 * * führt eine neue Terminologie ein, die sich aber nur
schwer einbürgern dürfte, indem die Bakteriologie so wie so schon mit
fremden Bezeichnungen geradezu überhäuft ist.
Nach Flügge 8 soll als Erkennungsmerkmal der Bakterien das Ver-
hältniss der Länge zur Dicke des Individuums maassgebend sein, ein
Charakteristicum, das Flügge veranlasst hat, in seinem Haudbuche
Bacterium prodigiosum (Ehreuberg-Cohn) in Bacillus prodigiosus „Flügge“
umzutaufen. Eine derartige Werthung der Maassverhältuisse scheint uns
aber übertrieben, indem wir bei consequenter Durchführung solcher
Differenzierungsmittel wohl auch beispielsweise dazu gelangen könnten,
Bacillenarten wie: Bac. aerogenes, Bact. syncyaneum, Bact. acidi lactiei,
deren Länge fast in gleichem Verhältnisse zur Breite steht, zu den
Kokken zu rechnen, für welche ein solches Maassverhältniss doch charakte¬
ristisch ist.
Cramer 0 und Sander 7 beweisen, dass die Grösse bezw. Länge und
1 Migula, System der Bakterien. S. 56.
* Die Hefe der A/koholgährung, insbesondere der Biergährung. Weimar 1 >96.
* Bakterien und Eumyceten ohne, was sind und woher stammen die Spaltpilze.
Berlin 1898.
4 A. Fischer, Jena, Vorlesung über Bakterien. S. 82.
6 Flügge, Die Mikroorganismen. II. S. 300.
* E. Cramer, Die Zusammensetzung der Bakterien in ihrer Abhängigkeit von
dem Nährmaterial. Archiv für Hygiene. 1893. Bd. XVI. S. 157.
1 Sander, Ueber das Wachsthum der Tuberkelbacillen. E>>enda. Bd. XVI.
S. 300.
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Übeb Mobphologie deb Colonieen pathogenkb Bakterien. 479
Dicke der Stäbchen von der Art der Nährböden, auf welchen sie gezüchtet
worden sind, abhängig ist; so sollen z. B. die Tuberkelbacillen auf pflanz¬
lichen Nährböden besser wachsen als auf animalen.
Einen ähnlichen Nachweis lieferten de Bary 1 * bei Bac. megaterium,
Billroth 8 und Ehrenfest 3 bei Darmbakterien und Hauser 4 * bei Fäuluiss-
bakterieu.
Werfen wir einen Blick in die Handbücher der Bakteriologie älteren
oder auch neueren Datums, so finden wir die Stäbcheuarten in viel weit
grösserer Anzahl vertreten als die Kokken und ebenso sieht man, dass
viele Gattungen der Mikroorganismen, die früher zu den Kokken gezählt
wurden, jetzt als Bacillen anerkannt werden.
Sollte dieser Umstand nicht darauf zurückzuführen sein, dass die
Mikroorganismen während ihrer Entwickelung von der Keimtühigkeit an
bis zum vollständigen Auswachsen zu einer Colonie nicht genau beobachtet
wurden?
Klein 6 in seinen „botanischen Bakterienstudien I“ äussert sich
darüber wie folgt „Die Keimfähigkeit kann in unzweifelhaft sicherer
Weise nur durch directe Beobachtung des Vorganges am Individuum
constatirt werden. Die Vorgänge der Sporeubildung und Sporenkeimung
sind nur verhältnissmässig in sehr spärlichen Fällen hinreichend genau
bekannt. Die wenigen directen Beobachtungen, die über die Keimung der
Bakteriensporen vorliegen, lassen uns schon deutlich erkennen, dass die
anscheinend so gleichmässig gebauten Sporen, doch bei den verschiedenen
Arten in Wirklichkeit recht verschieden gebaut sein müssen. So sind die
Sporenhäute von Bac. subtilis ausserordentlich fest und elastisch, sie reissen
bei der Keimung immer nur einseitig in einer äquatorialen Zone auf und
klappen nach dem Austritt des Keimstäbchens wieder so kräftig zusammen,
dass sie nicht selten an ziemlich langen, vielzelligen, lebhaft beweglichen
Keimfäden noch deutlich erkennbar sind und bei der Bewegung mit¬
geschleppt werden.
Bei Bac. anthracis verquillt entweder die Sporenmembran bei der
Keimung allmählich und vollständig, oder es geht direct aus ihr die
Membran des jüngeren Milzbrandstäbchens hervor.“
Diese Unterschiede im Verhalten der Sporenmembran bei der Keimung,
die sich gewiss noch vermehren lassen, legen unzweifelhaft Zeugniss dafür
1 de Bary, Vorlegungen über Bakteriologie. S. 61.
* Hueppe, Die Form der Bakterien u. s.w. S. 18, 42, 51, 58.
* Ehrenfest, Studium über Bacterium coli ähnlichen Mikroorganismen. Archiv
für Hygiene. Bd. XXVI. S. 373.
4 Hauser, Ueber Fäulnissbakterien. Biolog. Centralblatt. Bd. XV. Nr. 18—20.
* L. Klein, Centralblatt für Bakteriologie. 1889. Bd. VI. S. 313.
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CfcsAB Axelbad:
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ab, dass die Festigkeit der Sporenmembran bei diesen einander so ausser¬
ordentlich ähnlichen Sporenarten recht verschieden ist
Die morphologischen und biologischen Kenntnisse der Bakterien sind
nur durch das continuirliche Studium des Einzelwesens zu erzielen, das
Wachsthum der einzelnen Individuen zu einer Kolonie soll ein wichtiges
und werthvolles differential-diagnostisches Merkmal sein, was seitens vieler
Bakteriologen übereinstimmend angenommen wird, trotzdem sind bis heute
noch keine genaueren Angaben über die Yerwerthung dieses Merkmales
gemacht worden.
Gegenwärtige Arbeit, die auf Veranlassung des Hrn. Prof. Dr. Tavel
im Institut zur Erforschung der Infectionskrankheiten in Bern unter¬
nommen und durchgeführt wurde, bezweckt an der Hand von Klatsch¬
präparaten das Studium der Structurverhältnisse junger Colonieen, wobei
als Hülfsmittel sowohl die directe mikroskopische Beobachtung, sowie die
mikrophotographische Wiedergabe der betreffenden Präparate herangezogen
wurden.
Bei dieser Art der Untersuchung hoffte man auch einige Aufschlüsse
über gewisse, auf die Aehnlichkeit im Bau und der Organisation der
Colonieen gegründete Verwandschal'tsbeziehungen, die unter den einzelnen
untersuchten Arten herrschen mögen, zu erlangen, oder doch wenigstens
eine bis jetzt nur selten geübte Methode geläufig zu machen, durch die
eine solche Kenntuiss erreicht werden kann.
Die Arbeit, die sich bloss auf die hauptsächlichsten Vertreter der
pathogenen Bakterien beschränkt, und diese nur in einem einzigen Moment
ihrer Entwickelung zu fixiren sucht, will bloss als Beitrag auf diesem fast
noch völlig unbearbeiteten Gebiete betrachtet sein.
An dieser Stelle sei mir zugleich gestattet, meinem hochverehrten
Lehrer, Hrn. Prof. Dr. Tavel, Director des Institutes, für die Anregung
zu dieser Arbeit, sowie für die vielfachen Rathschläge und Unterstützungen
und insbesondere für die grosse Mühewaltung bei der Herstellung der
Mikrophotographieen meinen herzlichsten und aufrichtigsten Dank aus¬
zusprechen.
II. Methodik.
Die grösste Anzahl der pathogenen Mikroorganismen sind morpho¬
logisch so einfach gestaltet, dass ein Studium des individuellen Ent-
wickelungsganges wenig, oder gar keine specifischen Merkmale zu liefern
im Stande ist. Ausserdem bereitet eine derartige Untersuchung des
einzelnen Individuums in Folge seiner ausserordentlichen Kleinheit die
allergrössten Schwierigkeiten.
Gck igle
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Über Morphologie der Colonieen pathogener Bakterien. 481
Es ist daher viel zweckmässiger, das Studium auf die verschiedenen
Stadien zu concentriren, die die Bakterienansammlungen bei ihrer Ent¬
wickelung zu einer Colonie durchlaufen.
Bei meinen Untersuchungen, bei welchen ich die auf Wachsthums¬
vorgängen beruhende Formenbildung der Colonieen festzustellen suchte,
bediente ich mich der Methode der Klatschpräparate.
Die Anfertigung der Klatschpräparate geschah in folgender Weise.
Ein vorher gut mit absolutem Alkohol gereinigtes und sterilisirtes Deck¬
gläschen wurde auf eine beliebig bezeichnete Stelle des mit den betreffen¬
den Bakterien geimpften und verschieden lange Zeiten im Brütraum
bezw. bei Zimmertemperatur (je nach dem Nährsubstrat) belassenen festen
Nährbodens (in Petrischalen) ohne Druck hingelegt und darauf mittels
einer feinen, sterilisirten Pincette abgehoben, bei gelinder Wärme ge¬
trocknet und in üblicher Weise an der Flamme fixirt. Wie bereits an¬
geführt, wurde dieses Verfahren nach verschieden langen Zeiten der Be¬
brütung ausgeführt (alle 2 Stunden) und zwar von solchen Stellen des
Nährbodens, von welchen eine Probeentnahme bei der mikroskopischen
Untersuchung ein stattgefundenes Wachsthum ergab, obzwar makro¬
skopisch ein solcher Vorgang nicht zu constatiren war. Durch diese
Methode erhielt ich vortreffliche Aufschlüsse über das ganze Wachsthum.
Als Nährböden dienten Agar, Gelatine und Löfflerserum in Petri’schen
Doppelschalen, die mit Keinculturen der betreffenden zu untersuchenden
Bakterienarten geimpft wurden. Die Dauerbeobachtung, während welcher
die Culturen bei der ihnen entsprechenden Temperatur erhalten wurden,
erstreckten sich auf 3 bis 4 Tage.
Die Impfung der Nährböden wurde in der Weise ausgeführt, dass
eine Oese Bakterienmaterial in ungefähr 3 ccm Bouillon aufgeschwemmt
wurde. Diese Verdünnung des Materials wurde deshalb vorgenommen,
weil ich während meiner Arbeit die Erfahrung gemacht hatte, dass die
Entwickelung bezw. die Formbildung der Colonieen nicht nur von der
Brüttemperatur und der Art des Nährbodens abhängt, sondern dass sie
auch von der Quantität des Impfmaterials sehr erheblich beeinflusst wird
und zwar in solch’ tiefgreifender Weise, dass eine reichlichere bezw. eine
spärlichere Aussaat gleicher Keinculturen Colonieen zur Folge hat, die
morphologisch sich vollständig verschieden verhalten.
Flügge 1 äussert sich über diesen Punkt wie folgt: „Nur auf den
festen Nährböden kann man die charakteristischen Merkmale der von
einer bestimmten Bakterienart gebildeten Colonie rein zur Anschauung
bekommen. Gerade die äusseren Merkmale der isolirten reinen Colonieen
1 Flügge, Charakter der Bakterien . S. 129.
Zcitschr. f. Hygiene. XLIV.
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Original fram
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482
CBsab Axelbad:
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sind aber deshalb von grosser Bedeutung, weil dieselben fast für jede
Bakterienart modern sind und weil sich auf diese Weise viel prägnantere
Charaktere und besser unterscheidende Kennzeichen darbieten als mit
Hülfe der mikroskopisch wahrnehmbaren Formdifferenzen. Aus diesem
Grunde lässt sich das Aussehen der isolirten Colonieen besonders gut zu
einer diagnostischen Erkennung der Bakterien benutzen, die sonst auf so
grosse Schwierigkeiten stösst. Es kommt aber sehr oft der Fall vor, da»s
mehrere Arten in ihrem Wachsthum auf Platten ähnlich sind sowohl in
Gestalt als Farbe und Grösse, darum ist es nothwendig, ein Mittel zu finden,
womit man die Colonieen von einander leichter unterscheiden kann.“
Die Färbung der Klatschpräparate bereitete insofern einige Schwierig¬
keiten, als die Objecte nicht nur für die mikroskopische Untersuchung
bestimmt waren, sondern auch zur späteren Anfertigung von Mikro-
photographieen verwendet werden sollten, wobei sich die gewöhnlichen
Laboratoriumsfarbstofflösungen in ihren färberischen Effecten als zu wenig
intensiv erwiesen; ich benutzte daher bei der Färbung meiner Präparate
theils eine wässerige 10 procent. Methylviolettlösung, theils eine 3 procent,
Thyoninlösung, womit ich gute Resultate erzielte.
Die Wiedergabe der betreffenden Präparate geschah auf mikrophoto¬
graphischem Wege, ein Verfahren, das bei derartigen Objecten entschieden
jedem anderen vorzuziehen ist. Die Aufnahmen fanden jedes Mal bei
1000- und 250facher Vergrösserung statt.
III. Fortpflanzung und Wachsthuni der Mikroorganismen.
Coccus.
NachMigula: 1 „Zellen im freien Zustande völlig kugelrund. Theilung
nach ein, zwei oder drei Richtungen des Raumes, indem sich jede Kugel¬
zelle in Kugelhälften, Quadranten oder Octanten theilt, die wieder zu
Vollkugeln herauswachsen.“
Nakanishi* will von einer Dreitheilung absehen und behauptet, dass
es sich hier nur um eiue scheinbare Dreitheilung handelt, welche dadurch
zu Stande kommt, dass sich das eine Kugelsegment einer soeben getheilten
Zelle wieder theilt, ohne von seinem Bruder loszukommen.
Theilen sich alle beide Kugelsegmente in erwähnter Weise, so kommt
die Tetradenform zu Stande.
1 Migula, System der Bakterien.
a Nakanislii, Ueber den Bau der Bakterienarten. Centralblatt für Bakterio¬
logie. 1901. I. 101.
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Original fro-m
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Über Morphologie der Coloneeen pathogener Bakterien. 483
Bacterium.
Nach Flügge: „Vor der Spaltung wachsen die Zellen in die Länge,
dann entsteht gewöhnlich eine deutliche Einschnürung in der Mitte der
Läugswandungen und schliesslich trennen sich an der Einschuürungsstelle
die zwei Hälften. Beide nun selbstständige Individuen können dann ent¬
weder getrennt weiter Schaltungen erfahren, oder sie bilden vielleicht
durch zarte Gallerthülle verbunden Ketten und Scheinfäden, indem die
Quertheilung immer weiter in derselben Richtung vor sich geht“
Nach Nakanishi: „Der Membranschlauch verengt sich an einer
Stelle der sich theilenden Zelle, wo die Theilung des Endoplasmas durch
Ektoplasma begonnen oder bereits vollendet ist, und es entsteht aussen
eine circuläre Furche, nach innen zu aber ein Ring. Dieser Ring wird
allmählich enger, greift immer tiefer in das Cytoplasma ein und theilt
letzteres schliesslich iu zwei Hälften.“ Ueber das Zustandekommen und
die Bedeutung der Kapseln ist man noch nicht vollkommen im Klaren.
Kruse inFlügge’s Mikroorganismen S. 70 erklärt: „Die Hülle muss
aufgefasst werden als ein Product der Bakterienzelle, das bald reichlicher,
bald spärlicher ausgebildet wird, aber wohl niemals gänzlich fehlt. Ge¬
wöhnlich bezeichnet man sie als Zellschicht und zwar der Bakterien¬
membran, deren Existenz freilich meistens ohne Weiteres voraus¬
gesetzt wird.“
A. Fischer 1 meint: „Die Gallerthülle entsteht durch Umwandlung,
Wasseraufnahme der äussersten Membranschicht, während durch die
Thätigkeit der Protoblasten die innersten dichten Schichten immer wieder
erneuert werden.“
Migula* schreibt der Bakterienmembran einen complicirteren Bau
zu, die Membran spiele bei Bakterien nicht die gewissermaasseu passive
Rolle wie bei den übrigen Pflanzenzellen, sondern betheiligt sich activ
an den Lebensvorgäugen der Bakterienzelle. Die Membran sei nach
aussen nicht so scharf begrenzt, sondern gehe in eine dünnere, schwächer
lichtbrechende Hülle über. Bei der Färbung ziehe sich die Zellhülle
durch das Eintrocknen gewöhnlich ganz um die Zelle zurück und bilde
bei ihrem ausserordentlichen Wasserreichthum in getrocknetem Zustande
eine so dünne Schicht um die festere Zellmembran, dass sie nicht wahr¬
genommen wird, nur unter besonderen Umständen trockne sie früher an,
und sei dann in gefärbten Präparaten sehr deutlich ausgeprägt. Die
stark gequollene Hülle besitze wahrscheinlich noch eine äussere wasser-
1 A. Fischer, Vorlesungen über Bakterien, S. 9.
* Migula, System der Bakterien, S. 56.
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ärmere Schicht, und wenn diese sehr widerstandsfähig sei, so dass sie beim
Eintrocknen ihre Lage behalte, so blieben die Kapseln sehr deutlich er¬
halten, besonders bei den sogenannten Kapselbakterien.
Die Kapselbildung scheine durchaus nicht, wie Babes meint, eine
Folge ungünstiger Lebeusbedingungen zu sein, sondern sie sei eine
einfache Reaction der Zelle auf gewisse äussere Einwirkungen, die durch¬
aus nicht zu den für die Zelle ungünstigen zu gehören brauchen, dass
übrigens die Einwirkung für die einzelnen Arten verschieden sein können,
um zur Kapselbildung zu führen, ist schon daraus zu ersehen, dass bei
dem Froschlaichpilz vergährbarer Zucker, bei anderen Arten die Säfte des
lebenden thierischen Gewebes dazu führen.“
Bacillus.
Die Hauptcharakteristik vieler Bacillen ist die Fortpflanzung durch
Sporen und zwar durch Endosporen.
Nach Flügge: „In langen Fäden bilden sich meist eirunde, dunkel
contourirte und stark lichtbrechende Sporen, die in perlschnurartige An¬
ordnung in den Fäden liegen, die Fäden lösen sich allmählich auf und
die Sporen bestehen von da ab frei und sinken in den Flüssigkeiten zu
Boden. Oder die Bacillen verdicken sich an einem Ende, dabei nehmen
sie Spindel-, Ellipsoidform an. Die Membran verdickt, dann trübt sich der
Inhalt, es sondert sich ein grösserer stark lichtbrechender Tropfen aus,
der sich zur Spore umbildet.
In anderem Falle verdickt sich der Bacillus nicht, sondern kriegt an
der Oberfläche zwei, drei oder mehrere kleine, kugelige, glänzende Punkte,
welche die Sporen repräsentiren, oder an dem einen Polende des Stäbchens
kommt es zur Bildung einer kugeligen oder ovalen Spore.
Findet derartige Sporenbildung an beiden Polenden des Bacillus statt,
so entstehen Gebilde, die an Hanteln erinnern.“
Spirillum.
Nach Migula: „Vegetationskörper einzellig, bogig oder spiralig ge¬
krümmt und gedreht, mehr oder weniger gestreckt. Theilung immer
senkrecht der Axe. Zellen oft zu kurzen, wenig gliederigen Ketten ver¬
bunden, sehr oft paarweise, meist lebhaft, durch endständige Geissei u
beweglich.“
Coryuebacterium und zwar die Diphtheriegruppe.
Nach Flügge: „Die Stäbchen sind unbeweglich, in der Mehrzahl
leicht gekrümmt, von sehr verschiedener Länge, im Durchschnitt den
Tuberkelbacillen an Länge etwa gleich, aber nicht unerheblich dicker als
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Üb kr Morphologie der Coloniekn pathogener Bakterien. 485
diese. Sehr häufig findet man das eine Ende, oft auch beide angeschwollen,
hier und da resultiren ausgeprägte Hantelformen. Im ungefärbten Zustand
erscheinen oft die Pole, hier und da auch andere Partieen der Bacillen
stärker lichtbrechend. Nach der Färbung mit Methylenblau treten die¬
selben Partieen der Bacillen durch stärkere Tiuction hervor. Dabei zeigt
sich zugleich nicht selten eine Gliederung des einen Bacillus in kürzere,
unregelmässig begrenzte Stücke. An einzelnen Bacillen, namentlich wenn
man dieselben Culturen entnimmt, die auf ungünstigem Nährboden ge¬
züchtet waren, sieht man die Enden ausserordentlich stark aufgetrieben,
oder die Mitte ist erheblich verdickt, oder es tritt eine Gliederung in
grosse, rundliche oder ovale Partikel ein. Offenbar haben diese Ab¬
weichungen von der gewöhnlichen Bacillenform, die keuligen An¬
schwellungen und die durch Gliederung entstandenen Zerfallsproducte die
Bedeutung von Involutionsformen. Dafür spricht, dass sie im adäquatesten
Nährmedium, im lebenden Körper selten und viel geringfügiger auftreten,
so dass nur eine leichte Verdickung einzelne Partieen und namentlich der
Polenden hier und da wahrgenommen wird; dass sie dagegen um so
reichlicher zur Beobachtung kommen, je schlechter der Nährboden und
je kümmerlicher und langsamer das Wachsthum ist. Man könnte geneigt
sein, die stärker lichtbrechenden Theile der Bacillen für Sporen, oder
wenigstens anfängliche Bildungen von Sporen zu halten, aber Löffler
konnte zeigen, dass die Stäbchen, auch wenn sie reichlich solche Partieen
zeigten, ausnahmslos durch eine halbstündige Einwirkung von 60° zu
Grunde gingen. Ebenso erscheint eine Auffassung der erwähnten Gliede¬
rung der Bacillen als Arthrosporenbildung nicht eher gerechtfertigt, als
bis wenigstens einer der wichtigsten schädlichen Einflüsse gegenüber eine
grössere Resistenz jener Glieder nachgewiesen ist.“
Nach Nakanishi 1 sieht mau oft in den hellen Zonen, sowie in keil¬
förmigen kurzen Individuen, welche sich in der Regel schwach färben
lassen, Kerne. Da aber das Protoplasma, wie allgemein, die Farbe rasch
aufzunehmen vermag, ist ein scharfes Structurbild schwer zu erzielen.
Wenn aber die Culturen alt geworden sind, das Cytoplasma der Bakterien¬
zellen mehr oder weniger verändert ist, so kann mau die Structur besser
sehen.
Derselbe Autor verfolgte das Wachsthum und Theilung dieses Bacillus
im hängenden Tropfen unter dem Mikroskope und kam zu folgendem
Resultate: Eine Keilform wächst allmählich in die Länge, nimmt eine
unregelmässige Spindelform an. Mitten in dieser Spindel wird bald eine
Einschnürung bemerkbar, diese greift immer tiefer und theilt schliesslich
1 Centralblatt für Bakteriologie. Bd. XXX. S. 153.
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eine Spindel in Keile. Die beiden Keile gehen dann nicht ganz aus
einander, sondern nehmen sofort die bekannte V-Stellung an. Dieser
Vorgang wiederholt sich so lange, als die dazu erforderlichen Be¬
dingungen vorhanden sind, fängt aber die Erschöpfung des Nährbodens
an, so theilt sich der Bacillus nicht mehr auf diese Weise, sondern wächst
in die Länge. Die Kerntheilung setzt sich dabei weiter fort, während
die Protoplasmatheilung mit derselben nicht ganz Hand in Hand geht. So
entstehen lange mehrkernige Individuen, oder aus mehreren kurzen Zellen
zusammengesetzte Stäbchen. Werden solche, oder Keulen wieder in
frische Nährsubstrate gebracht, so theilen sie sich bald in zwei Individuen,
diese wieder in zwei, ohne dass sie zunächst merklich in die Länge wachsen.
Die Theilung dauert fort, bis ein langes Stäbchen schliesslich in
mehrere isodiametrische Körper zerfällt. Nun wächst dieser kurze Körper
zu einer Spindel, durch deren Theilung jene Keilformen entstehen.
Im Folgenden sei ein kleiner Ueberblick über den
IV. Ban der Bakterien
gegeben.
Im Allgemeinen besitzen die Bakterien nach Feinberg 1 ebenso wie
die Zellen ein Kerngebilde, mag man das Kerngebilde als Chromatin be¬
zeichnen, oder ihm einen anderen Namen beilegen.
Die Bakterien, so verschieden sie in ihrer Wirkung, in ihrem Vor¬
kommen, in ihrem Wachsthum auf Nährböden, in ihrer Form u. s. w. sind,
ebenso verschieden sich verhalten in der Gestalt ihrer Kerugebilde. Selbst
bei so ähnlich aussehendeu Bakterien, wie dem Baet. coli und typhi, glaubt
der Autor noch auf eine Differencirung in der Gestalt ihrer Kerngebilde hin-
weisen zu dürfen. So gicbt es Bakterienarteu, deren Leiber, fast ganz au;
dem Kern bestehen, z. B. Coli und wiederum andere, wo das Kerngebilde nur
einen geringen Bruchtheil des Zellinhaltes ausmacht, z. B. Tuberkelbacilleu.
So hat Bütschli 2 als einer der Ersten die Wahrheit ausgesprochen,
dass die Bakterien wohl Kerne besitzen. Bütschli sprach nämlich bei
Oscillarien Körper, welche bei der Verdauung nicht aufgelöst wurden, und
die sich nachher färben liessen, als Kerngebilde an. Andere Forscher sahen
die Bakterien als solche als Kerne an, in Folge ihrer leichten Tingirbarkeit
mit Kernfärbemitteln. Ganz besonders haben Fischer und Migula diese
1 Feinberg. Ueber den Bau der Bakterien. Centralhlatt für Bakferioknju.
Bd. XXVII. S. 417.
2 Bütschli, Ueber den Bau der Bakterien . Leipzig 1890.
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Uber Morphologie der Colonieen pathogener Bakterien. 487
Frage in den Kreis ihrer Untersuchungen gezogen, da es gelungen ist,
mit demselben Farbstoff (Methylenblau und Eosin) die Kerne der Amöben,
die Kerne der thierischen Zelle stets roth bis rothbraun zu färben,
während das Plasma der Amöben, das Plasma aller untersuchten Zellen,
nur den blauen Farbstoff annahmen, so ist wohl der analoge Schluss zu
fällen, dass auch die Bakterien aus Plasma und Kerngebilde bestehen,
mag das letztere nun so gross sein, dass es fast den ganzen Bakterienleib
ausfüllt, oder mag es nur einen kleinen Theil des Bacteriums bilden. Ob
dies Kerugebilde der Bakterien allen denjenigen Anforderungen entspricht,
die an die Kerne der thierischen und Pflanzenzelle gestellt werden, soll
hier nicht erörtert werden. Nur das darf hervorgehoben werden, dass bei
einzelnen Bakterienarten sich Formen der Kerngebilde (z. B. Bacterium coli,
Diphtheriebacillus) zeigten, die im Sinne der Kerntheilung gedeutet
werden können.
Y. Gruppirung und Lagerung der Bakterien.
Nach Flügge: 1 „Die durch Zelltheilung neu gebildeten Individuen
lagern sich nicht regellos an einander, sondern vereinigen sich nach be¬
stimmten, hei verschiedenen Arten der Mikroorganismen verschiedenen Ge¬
setzen zu regelmässigen Anordnungen in Form von Haufen, Ketten u. s. w.“
Der physiologische Mechanismus, nach dem diese Gesetze wirken, ist
noch ganz unbekannt. Auf festem Nährsubstrat entstehen endlich makro¬
skopisch sichtbare Anhäufungen, Colonieen in charakteristischer Erschei¬
nungsweise, die eine sichere Erkennung der Art ermöglichen.
Die Verschiedenheit der Colonieen wird theilweise durch chemische
Processe, durch Absonderung peptouisireuder Fermente, Farbstoffe u. s. w.,
theilweise aber auch durch einfache Wachsthums- und Formverschieden¬
heiten ähnlich den differenten Bildungen von Organtheilen höherer Pflanzen
bewirkt. Die Factoren, welche die Form der Colonie bedingen, sind im
Einzelnen noch nicht genau anzugeben, doch kann man sehr wohl im
Allgemeinen die Momente bezeichnen, die hierbei eine Bolle spielen.
Zunächst ist hervorzuheben, dass die verschiedenen Colonieformen
ebensowenig wie die morphologische Gruppirung der Einzelbakterien speci-
üsche „Artcharakteristica“ darstelleu, sie sind vielmehr nur Wachsthums¬
typen, von denen ein und derselbe sehr vielen Arten zukommen kann
und von denen andererseits mehrere in den Entwickelungskreis einer und
derselben Art gehören.
1 Flügge, Die Mikroorganismen. I. S. 425—426.
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Dann weiter sei der Hauptfactor „der Zutritt atmosphärischen Sauer¬
stoffs“. Die auf der Oberfläche in directem Contact mit der Luft befind¬
lichen Keime eine intensivere Vermehrung und grössere Ausbreitung ge¬
winnen, als der in der Tiefe des Nährbodens liegenden Individuen. Auch
mag hierbei der Umstand mitwirken, dass bei letzteren ein allseitig
gleicher Wachsthumswiderstand durch den Nährboden stattfindet, daher
eine gleichmässige, kugelige Ausbreitung der Colonie zu Staude kommt,
während bei den oberflächlichen Colonieen der Wachsthumswiderstand nur
von der unteren Seite her wirkt, also die Entstehung glatter Häutchen, der
scheibenartiger Colonieformen bedingt. Ferner zeigt die Anordnung der
einzelnen Individuen einen deutlichen Einfluss auf die Form der Colonie.
liegen die einzelnen Bakterien in Ketten, wie z. B. hei Streptokokken,
beim Bac. anthracis und insbesondere bei manchen Proteusarten, so
weisen auch die Colonieen lockige, fädige oder netzartig verstrickte Bil¬
dungen auf. Sehr merkwürdig sind die bei einzelnen Arten, zuerst bei
Proteus von Hauser beobachteten, versprengten kleinen Colonieen, die
massenhaft um eine grössere geschart liegen und zwar in einer centrischeu
Anordnung, die ihren Ursprung von jener unzweifelhaft darthut. Die¬
selben entstehen durch Ausschwärmen eines Bakterienfadens in die Um¬
gebung, wobei vielleicht eine chemotaktische Anlockung durch die noch
unberührten Nährstoffe in der Nähe der Colonie mitwirken mag, unter
günstige Ernährungsbedingungen gelangt, bilden diese Schwärmer eine
neue Tochtercolonie, die scheinbar unabhängig von der ursprünglichen
erscheint, oft aber noch durch dünne Fäden mit ihr verknüpft ist
Dass eine Schwärmbewegung bei manchen Bakterien auch in gallertiger,
fast weicher Masse thatsächlich vorkommt, konnte Beijerinck bei der
Darstellung seiner „Athmungsfiguren“ in 1 pro mille Agar direct uacli-
weisen.
In letzter Zeit erschien ebenfalls eine Arbeit von Serkowski. 1 Der¬
selbe giebt an, dass die Bakteriencolonieen einen ziemlich complicirten
Bau aufweisen, und dass bei einzelnen Bakterienarten ein bestimmter
Typus constant zu beobachten ist. Auf Grund seiner Untersuchungen
nimmt er die Existenz von Intercellularsubstanz, welche in den Colonieen
durch Zusammenfliessen der einzelnen Zellen umgebenden Kapseln ent¬
steht, an. In jeder Bakteriencolonie liegt ein „centrales Gebilde“, welches
häufig mit blossem Auge gut sichtbar ist (Bact. coli) und welches bei
genauer Untersuchung sich als ein specielles Organ der Colonie von
1 St. Serkowski,“ Ueber [den Bau der BakteriencolonieeD. Warschauer med-
Jahresbericht. Bd. LXXXV. Hft. 2.
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"Ober Morphologie der Colonieen pathogener Bakterien. 489
ziemlich complicirtem, für wohlcharakterisirte Bakteriengattungen con-
stanten Bau herausstellt. Dieses centrale Gebilde (Matrix) ist als Keim¬
centrum aufzufassen. Das Keimcentrum kann sich aus einer einzigen
Zelle, aber auch aus einem einzigen Zellconglomerat entwickeln.
Die Zufuhr des für das Keimcentrum nöthigen reichlichen und frischen
Nährmaterials wird mittels eines leicht sichtbaren „Centralcanals“ besorgt.
Das durch die Thätigkeit des Keimcentrums gebildete „Parenchym“ der
Colonieen ist nicht aus einzelnen Zellindividuen, sondern aus Zellconglo-
meraten, welche vom Autor als „innere Tochtercolonieen“ benannt werden,
zusammengesetzt.
Die inneren Tochtercolonieen kommen dadurch zu Stande, dass die
einzelnen Elemente gegenseitig angezogen (positive Biotaxis), die gebildeten
Tochtercolonieen gegenseitig abgestossen (negative Biotaxis) werden.
Die Colonieen sind je nach der Bakteriengattung verschiedenartig
zusammengesetzt; es giebt gleichmässig granulirte, kugelförmige u. s. w.
Colonieen. Es liegt die Annahme nahe, dass in den sternförmigen Colonieen,
die Radien eine Art von Skelet bilden, und dass in den ringförmigen
der concentrische Bau eine gleichmässige Vertheilung der Nährsäfte er¬
leichtert. In den Coli-, Typhus- und anderen weinblattförmigen Colonieen
sind constant sich vom Centrum aus astförmig verzweigende Furchen
sichtbar, welche möglicher Weise eine den in Pflanzen blättern vor¬
kommenden Gefässbündeln analoge Bedeutung besitzen.
Auf Grund der Thatsache, dass jede Bakteriencolonie aus wohl-
charakterisirten Theilen zusammengesetzt ist, und dass diese Zusammen¬
setzung immer und unter verschiedensten Lebensbedingungen für je eine
Bakteriengattung constant bleibt, muss die Bakteriencolonie als ein zu¬
sammengesetzter Organismus aufgefasst werden. Die chemische Zusammen¬
setzung des Nährmediums ist nicht im Stande, den Typus der
Colonieen irgend einer Bakteriengattung umzugestalten, durch verschiedene
Nährmedien ist man im Stande, nur die Wachsthumsgeschwindigkeit, die
Farbe, die Grösse, die Durchsichtigkeit, das Peptonisirungsvermögen der
Colonie zu beeinflussen; ihr Bau, ihre feinere Zusammensetzung bleibt
dabei unverändert.
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VI. Eigene Beobachtungen.
Beschreibung der einzelnen Colonieen.
I. Streptococcus pyogenes.
Wuchsthum auf Agar 8 Std. bei 37° C.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. VIII, Fig. 1.
Die Kokken liegen in Ketten meist zu zwei hinter einander gelagert.
öfters sieht man auch wie Einschnürungen au den einzelnen Gliedern,
was wohl als ein Theilungsproduct betrachtet werden muss.
b) grob mikroskop. Aussehen, 250 fache Vergrösserung, Taf. VIII, Fig. 2.
Eine compacte centrale Masse ist gut zu unterscheiden. Sie ist jedoch
bis in die äusserste Peripherie hin total zersprengt und in grobe Ausläufer
aufgelöst, die die Bandzone durchbrechen, und es entsteht eine Art Stech¬
apfelform. Demgemäss stellt auch die äussere Zone keine einheitliche,
scharf umrissene Bildung dar. Man erkennt sie theilweise an der weniger
dichten Lagerung der einzelnen Ketten, ihr äusserer Band ist ebenfalls
aufgelockert und fransenartig gestaltet. Parallel zu dem Band der Colonie
lagern versprengte Ketten in unregelmässiger Anordnung wirr durch ein¬
ander und bilden gleichsam als zweite Umgrenzung eine Art Gürtel um
die ganze Colonie.
II. Streptococcus lanceolatus. Pneumococcus.
Wachsthum auf Agar 15 Std. bei 37 0 C.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. VIII, Fig. 3.
Das Bild Fig. 4 zeigt die Lagerung der Kokken meist zu zwei, häufig
auch in kurzen Ketten von 4 bis 6 Gliedern. Die Kokken selbst sind
meist von rundlicher, hier und da von lanzettförmiger Gestalt. Die Kapsel
besitzt eine ziemliche Ausdehnung und ist gut sichtbar.
In Fig. 4 erkennt man die Anhäufung der Ketten während der Bildung
einer Colonie. Hier findet man grosse, dicke Kokken, die Iuvolutions-
furmen darstellen.
b) grob mikroskop. Aussehen, 250 fache Vergrösserung, Taf. VIII, Fig. 5.
Das Centrum besitzt eine mittlere, compacte Masse, die namentlich
au dem einen breiten Ende in strahlenförmige Ausläufer sich aui'löst.
Seitlich und an dem entgegengesetzten schmäleren Ende nimmt die Auf¬
lösung keine solchen Dimensionen au. Hier und da sind auch winzige
Inselchen in die Bandzone versprengt. Die Bandzone selber ist deutlich
erkennbar, glatt, leicht gewellt und besitzt eine zarte, jedoch continuirliche
scharfe Abgrenzung gegen die Umgebung. Die ganze Colonie hat eine
leicht polygonale Gestalt.
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Übek Morphologie der Colonieen pathogener Bakterien. 491
III. Hikrococcus gonorrhoeae, Gonococcus.
Wachsthum auf Wassermann’s Nährboden. 8 Std. bei 37° C.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. VIII, Fig. 6.
Die Lagerung der Kokken meist zu zwei, nicht selten zu Tier, ist
gut sichtbar. Die Kapsel ziemlich gut ausgebildet.
b) grob mikroskop. Aussehen, 250 fache Vergrösserung, Taf. VIII, Fig. 7.
Centrum und Randzone sind gut unterscheidbar. Das Centrum besitzt
in diesem Bilde eine längliche, ovale Form, die sich wie die Colonie nach
dem einen Ende zu zuspitzt und in einen schwanzartigen Fortsatz auflöst.
Die Grenze zwischen Centrum und Randzone ist nicht scharf markirt,
trotzdem ist der Uebergang zwischen den beiden Gebilden kein allmählicher.
Die Randzone besitzt eine mächtige Ausdehnung und ist nach aussen
ziemlich gut und glattrandig abgegrenzt, ohne jedoch zusammenhängende,
scharf markirte Linien aufzuweisen, wie es beim Staphyl. aureus der Fall
ist. Die einzelnen Gruppen sind in dieser Zone gut sichtbar. Die ganze
Colonie besitzt eine längliche, ovale Form, entsprechend der Gestalt des
Centrums.
IV. Staphylococcus citreus.
Wachsthum auf Agar 8 Std. bei 37° C.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. VIII, Fig. 8.
Im Gegensatz zu Staphl. aureus ist im fein mikroskopischen Bilde
Centrum und Randzone nicht zu unterscheiden. Man sieht die typischen
Packetformen von einer zarten Kapsel umgeben. Es kann sich aber bei
dieser Bildung bloss um eine schleimige Hülle handeln, die in Folge des
Zusammenschrumpfeus der einzelnen Packete als Product der statt¬
gefundenen Retraction resultirt.
b) grob mikroskop. Aussehen, 250 fache Vergrösserung, Taf. VIII, Fig. 9.
Das Centrum ist gegen die Randzone hin zersprengt, wie aufgelockert,
und besitzt deshalb keine scharfe Umgrenzung. Immerhin sind auch hier
beide Gebilde gut sichtbar. Die Randzone selbst ist meist glatt begrenzt,
hier und da jedoch zeigt sie ein ausgebuchtetes Aussehen und manchmal
sieht man vereinzelte Ausläufer von nur geringer Länge. Bei stärkerer
Vergrösserung kann man in der Randzone einzelne Tetradenformen unter¬
scheiden.
V. Staphylococcus aureus.
Wachsthum auf Gelatine 24 Std.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. VIII, Fig. 10.
Man sieht das dunkle compacte Centrum, das in den peripheren
Partieen nur wenig zerklüftet ist und sich von der Randzone sehr deutlich
abhebt. Die periphere Zone ist gut abgegrenzt und mit ausgebuchteteu
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Riiudern versehen. Die Kokken in dieser Zone sind in Gruppen von zwei
oder vier Gliedern gelagert. Versprengte Inseln in die Umgebung, wie
bei manchen anderen Bakterien, sind nicht zu coustatiren.
b) grob mikroskop. Aussehen, 250 fache Vergrösserung, Taf. VIII, Fig. 11.
Das Centrum bildet im Allgemeinen eine compacte Masse von rund¬
licher oder ovaler Gestalt, selten sind gelappte Formen sichtbar. Bei
genauer Betrachtung unterscheidet man im Centrum selbst eine centrale
gleichmässig dunkle Partie, die von einer etwas helleren äusseren Zone
umgeben wird. Die eigentliche Randzoue ist deutlich sichtbar, ziemlich
breit, und folgt in ihrer Gestaltung der Form des Centrums, das nie den
äusseren Rand der Zone erreicht. Die ganze Colonie besitzt ein ovales,
hier und da ein blattförmiges und nur selten ein herzförmiges Aussehen.
Letzteres tritt bei der gelappten Form des Centrums ein. Die Ränder
der Colonie sind nach aussen scharf markirt, ohne jedoch eine eigentliche
Verdickung aufzuweiseu. In diesem Bilde ist eine junge Colonie sichtbar,
die noch gar keine Differenzirung zeigt. Vielleicht weist es darauf hin, dass
die Bildung des Centrums erst ein späteres secundäres Stadium darstellt.
VI. Bact. coli non capsulat.
Wachsthum auf Agar 6 Std. bei 37° C.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. VIII, Fig. 12.
Die einzelnen Stäbchen sind viel feiner wie bei Coli capsulat. Die
Anordnung ist unregelmässig, das dunkle ovale Centrum ist gut von der
Randzone abgegrenzt, ebenso die Randzone von der Umgebung. Die
Colonie besitzt eine bimförmige Gestalt, die durch die Verlängerung der
Randzone gegeben ist und wodurch das Centrum excentrisch gelagert erscheint.
b) Fig. 13 grob mikroskop. Aussehen, 250fache Vergrösserung von Bact.
coli non capsulat.
Bact. typhi. Wachsthum auf Agar 8 Std. bei 37° C.
Fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. IX, Fig. 14.
Ziemlich dicke, an den Enden fast immer leicht abgerundete, in ihrer
Länge wechselnde Stäbchen, die meist parallel gelagert sind. Sanduhr¬
formen, die als Product der Theilung resultiren, sind nicht selten.
XI. Bact. pestis.
Wachsthum auf Gelatine 20 Std.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. IX, Fig. 15.
Ziemlich dicke, in ihrer Länge variable, an den Enden meist abge¬
rundete Stäbchen, die grösstentheils eine parallele Lagerung einnehmen.
Häufig sieht man leicht gewundene, gekrümmte oder spitzwinklig ge¬
bogene Individuen.
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Über Morphologie der Colonieen pathogener Bakterien. 493
Sanduhrformen sind nicht selten. Charakteristisch ist die Schleifen-
bildung, die sich durch ihre Regelmässigkeit auszeichnet,
b) grob mikroskop. Aussehen, 250 fache Yergrösserung, Taf. IX, Fig. 16.
Es fällt auf das vollständig zersprengte Centrum, das in wenige
grössere und zahlreichen kleineren Partieen über den ganzen hellen
Untergrund zerstreut ist. In diesem Untergrund sieht man, wenn auch
schattenhaft, die einzelnen Bacillen in ihrer charakteristischen Anordnung.
Eine ähnliche Form des Centrums weisen der Typhus und die Cholera
auf, wenn auch dort im Ganzen mehr der Charakter einer weitgreifenden,
zusammenhängenden Verzweigung vorherrscht.
Bact. Friedländer.
Wachsthum auf Agar 24 Std. bei 37 °C.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Yergrösserung, Taf. IX, Fig. 17.
Die Bacillen, meist kleine Gebilde mit abgerundeten Enden, sind
entweder in Mono- oder Diploform gelagert. Selten werden lange Fäden
wahrgenommen. Die Kapsel ist überall sehr deutlich zu sehen. Häufig
sind Sanduhrformen sichtbar, die auf die stattfindende Quertheilung hin-
weisen.
b) grob mikroskop. Aussehen, 250 fache Vergrösserung, Taf. IX, Fig. 18.
Das Centrum ist sehr deutlich von der Randzone abgeset.zt. Es
besitzt eine rundliche oder hier und da eine längliche Gestalt. Die
ziemlich schmale äussere Zone zeigt nach aussen eine scharfe, glatte Ab¬
grenzung. Seitliche Fortsätze, die sich mit den gleichen Bildungen be¬
nachbarter Colonieen vereinigen, sind häufig. Das Centrum setzt sich
nur selten in diese Ausläufer fort.
VH. Bact. coli caps.
Wachsthum auf Agar 14 Std. bei 37° C.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1U00 fache Vergrösserung, Taf. IX, Fig. 19.
Kurze, dicke, plumpe Stäbchen von ovaler oder mehr rundlicher
Gestalt. Hier und da Sanduhrformen. Die Lagerung ist unregelmässig.
Die Kapsel stets gut erkennbar. Die gesummte Anhäufung besitzt eine
ovoide Gestalt.
b) grob mikroskop. Aussehen, 250 fache Vergrösserung, Taf. IX, Fig. 20.
Das Centrum hat eine längliche Gestalt und ist gegen die Randzoue
nur sehr wenig aufgelockert. Von der gut sichtbaren und scharf be¬
grenzten Randzone, die im Allgemeinen der Form des Centrums folgt,
gehen seitüche oder polare Fortsätze ab, die sich mit den gleichen Fort¬
sätzen benachbarter Colonieen vereinigen. Die einzelnen Bacillen sind in
der Randzone leicht erkennbar.
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494
CfiSAB Axelrad:
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IX. Bact. fluorescens.
Wachsthum auf Agar 8 Std. bei 37° C.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. IX, Fig. 22.
Schlacke, zierliche, ziemlich lauge Stäbchen mit paralleler Lagerung.
Die einzelnen Gruppen siud meistens uach einer Richtung orientirt.
Durch diese parallele Lagerung wird eine fast kreisrunde, glattraudige
Umgrenzung der Colonie bedingt.
b) grub mikroskop. Aussehen, 250 fache Vergrösserung, Taf. IX, Fig. 21.
Das Centrum ist zerklüftet, ohne contiuuirliche Ränder gegen die
Randzoue, trotzdem lässt sich diese deutlich unterscheiden. Die Randzone.
in der die Bacillen in ihrer charakteristischen Anordnung erkennbar sind,
ist ziemlich schmal, gegen die Umgebung gut abgesetzt.
Die Colonie besitzt ein birnförmiges Aussehen, wobei das eine breitere
Ende abgerundet, oder geradkautig ist, während das entgegengesetzte Finde
stielartig sich verjüngt. Die einzelnen Colonieen confluiren mit den be¬
nachbarten, theils seitlich, theils an ihren Enden.
X. Bact. pyocyaneum.
Wachsthum auf Agar 15 Std. bei 37° C.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. IX, Fig. 23.
Schlanke Stäbchen in ihrer Länge variabel, öfters sieht man peitscheu-
artig gewundene, sehr lauge Individuen mit hellen punktförmigen Lüekeu.
Die Lagerung ist manchmal parallel, grössteutheils jedoch gekreuzt und
wirr durch einander.
b) grob mikroskop. Aussehen, 250 fache Vergrösserung, Taf. IX, Fig. 24.
Es fällt auf, dass das Centrum excentrisch gelagert ist, es besitzt eine
fast kreisförmige Gestalt und ist peripher strahlenartig aufgelockert. Die
Randzone contrastirt schattenhaft gegen die compacte Masse des Centnims,
in ihr sind die wirr gelagerten Bacillen leicht wahrnehmbar. Die Colonie
weist keine continuirlicken Linien in ihrer Umgrenzung auf, die mehr
oder weniger wellig verläuft.
Proteus. Wuchsthum auf Agar 8 Std. bei 37° C.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. X, Fig. 25.
Ziemlich lauge, dicke Bacillen, mit meist abgerundeten, hier und da
auch gerade abgekantete Euden. Sie sind parallel zu einander augeordnet
und die einzelnen Gruppen verlaufen grösstentheils nach einer Richtung.
Der helle Saum um die Bacillen wird durch die zahlreichen langen
Geissein bedingt.
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Übeb Mobphologie deb Colonieen pathogener Baktebien. 495
b) grob mikroskop. Aussehen, 250 fache Vergrösserung, Taf. X, Fig. 26.
Von der centralen compacten Masse des Centrums erstreckt sich ein
plumpes Netzwerk in die Randzone, theils als einheitliches Geflecht, theils
als einzelne losgelöste dicke und kurze Schnüre, stets aber doch massige
und gedrängte Anhäufung von der viel helleren Umgebung scharf con-
trastirt. In der Randzone sind die Bacillen in ihrer parallelen Lagerung
sehr deutlich erkennbar. Diese Zone besitzt scharfe, glatte Ränder, die
mehr oder weniger gewellt erscheinen und auffällig verdickt sind. Dass
diese Verdickung der Umgrenzung nicht im Sinne einer Wachsthums¬
grenze und der daraus resultirenden Involutionsformen aufgefasst werden
kann, spricht wohl der Umstand, dass auch einzelne Lacunen, die inner¬
halb der Randzone sichtbar sind, ebenfalls derartige verdickte Ränder
aufweisen. Vielleicht aber lässt sich dieser Befund durch die Annahme
erklären, dass die Vermehrung der Bakterien in den centralen Partieen
und ihre Verdrängung nach den abhängigen Theilen viel schneller vor
sich geht, als die Ausbreitung der gesammten Colonie.
Die Verdickung der Ränder werden demnach gleichsam eine An¬
häufung gedrängt an einander gelagerter Individuen darstellen.
XIV. Bacillus anthracis.
Wachsthum auf Gelatine 24 Std.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. X, Fig. 27.
Dicke, mittellange, an den Enden leicht abgerundete, oder ziemlich
gerade abgekantete in kurzen und in längeren Verbänden an einander
gereihte Stäbchen. Die gegenseitige Lagerung ist meist parallel, hier und
da auch unregelmässig gekreuzt. Die Spore ist meist polar, nur selten
mehr mittelständig gelegen. Eine Auftreibung des Bacillenleibes durch
die Spore ist nur selten zu constatiren.
b) grob mikroskop. Aussehen, 250 fache Vergrösserung, Taf. X, Fig. 28.
Das compacte, dunkle Centrum, von dem ein dicker, plumper Fortsatz
in die Randzone sich erstreckt, ist von dieser nicht seharfrandig ab¬
gegrenzt, jedoch trotzdem gut erkennbar. Es bestehen zahlreiche, ab¬
gesprengte, verzweigte Nebenkerne. Die Gestillt des Centrums ist äusserst
unregelmässig und polymorph, ln der Randzone bilden die Bacillen ein
netzförmiges Geflecht, das nach aussen durch einen verdickten Rand ab¬
gesetzt ist.
Bacillus oedematis maligni. 1
Wachsthum anaerob in Hoch-Agar 24 Std. bei 87° C.
Fein mikroskop. Aussehen, 1000fache Vergrösserung, Taf. X, Fig. 29.
1 Votteler giebt in seiner werthvollen und mit schönen Photograinmen ver¬
sehenen Arbeit: „Ueber die Differentialdiagnose der pathogenen Anaeroben durch die
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496
Cesar Axelrad:
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Lange, dicke, gerade, an den Enden leicht abgerundete Bacillen, die
theilweise in Ketten verbunden angeordnet sind. Häufig sieht man auch
mehr oder weniger gewundene Stäbchen. Keine regelmässige Anordnung.
Der helle Saum um die Bacillen wird durch die Geissein bedingt.
Bacillus tetani. 1
Wachsthum anaörob in Hoch-Agar 24 Std. bei 37° C.
Fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. X, Fig. 30.
Ziemlich lange, dicke Stäbchen mit abgerundeten Enden. Die fast
kreisförmige Spore ist polar gelagert und von einem dünneren oder auch
dickeren Protoplasmasaum umgeben. Immer bedingt die Spore in aus¬
gebildeten Stadien eine Auftreibung des Bacillenleibes. Nicht selten sieht
man Bacillen mit bipolaren Sporen, wodurch der Bacillus eine Hantel form
gewinnt. Eine charakteristische Disposition ist nicht wahrnehmbar.
XVII. Vibrio cholera.
Wachsthum auf Agar 8 Std. bei 37° C.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. X, Fig. 31.
Ziemlich dicke, gekrümmte Stäbchen. Die Krümmuug ist bald nur
schwach ausgesprochen, bald stark sichelförmig. Die Lagerung ist ver¬
schieden, im Allgemeinen unregelmässig. Bei den einzelnen Gruppen
jedoch besteht Neigung zur Netzbildung.
b) grob mikroskop. Aussehen, 250 fache Vergrösserung, Taf. X, Fig. 32.
Das Centrum ist in ein weitverzweigtes Netzwerk aufgelöst, in dessen
Geflecht einzelne grössere Anhäufungen gelagert sind. In älteren Culturen
zerfallen häufig die Verbindungsstränge dieses Maschen Werkes und es
resultirt eine Colouie mit mehreren isolirten Centren.
XVIIL Corynebact. mallei.
Wachsthum auf Agar 5 Std. bei 37° C.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. X, Fig. 33.
Schlanke Stäbchen, die Enden theils zugespitzt, theils rundlich.
Kolbenbildungen, die als Involutionsformen aufgefasst werden, sind nicht
selten. Iu dem Bacillenkörper bemerkt man helle punktförmige Steilen.
Cultur auf Schrägagar und durch ihre Geisseln“ (Diese Zeitschrift, Bd. XXVII, S. 491)
eine Methode für die Züchtung von anaeroben Bakterien auf Schrägagar an; lur
meine Zwecke fand ich es jedoch bequemer, die Züchtung in ausgekochtem, erstarrtem
Hochagar vorzunehmen, wobei ich nach erfolgtem Wachsthum den Boden des be¬
treuenden Culturrührehens abbrach, die Agarsäule nach aussen vorschob und sie mit
sterilem Messer in Scheiben zerhackte, um von diesen dann in üblicher Weise
Klatschpräparate anzufertigen.
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Über Morphologie der Colonieen pathogener Bakterien. 497
einzeln oder mehrfach. Durch diese isolirt färbbaren Antheile gewinnt
der Bacillus ein rosenkranzförmiges Aussehen.
Die Lagerung der Bacillen ist meist parallel. Die einzelnen Gruppen
gehen netzförmige Verbindungen ein.
b) grob mikroskop. Aussehen, 250 fache Vergrösserung, Taf. X, Fig. 34.
Das Centrum hat eine ovale Gestalt und ist gegen die Randzone
etwas aufgelockert.
Die Randzone ist breit, sehr gut sichtbar und löst sich peripher
mehrfach in ein ziemlich engmaschiges, mehr oder weniger ausgedehntes
Netzgeflecht auf.
Corynebaot. diphtheriae.
Wachsthum auf Löffler’schem Blutserum 8 Std. 37° C.
a) fein mikroskop. Aussehen, 1000 fache Vergrösserung, Taf. X, Fig. 36.
Man sieht die kurzen, zuweilen auch schlanken, an einem oder au
beiden Enden meist an geschwollen, oft etwas gekrümmten Stäbchen, die
häufig in V-Form, hier und da auch in X-Form gelagert sind.
Im Allgemeinen liegen die Bacillen wirr durch einander.
b) grob mikroskop. Aussehen, 250 fache Vergrösserung, Taf. X, Fig. 35.
Man unterscheidet am Centrum selbst eine compacte, dunkle, centrale
Scheibe und einen helleren peripheren Hof, der continuirlich die mittlere
Masse umgiebt.
Die eigentliche Randzone setzt sich von dem äusseren Centrumring
ziemlich gut ab.
Ihre Abgrenzung gegen die Umgebung ist eine continuirliche.
Zeitsclir. f. Hygiene. XLIV.
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[Aus dem allgem. Krankenhause zu Hamburg-Eppendorf, medicin. Abthlg.]
(Oberarzt: Dr. Rumpel.)
Ueber das fast constante Vorkommen
intiuenzaähnlicher Bacillen im Keuchhusten-Sputum.
Weitere Beiträge zur Aetiologie des Keuchhustens.
Von
Dr. Georg Jochmann,
Assistenzarzt der medtcln. Universitätsklinik Breslau,
früher Assistenzarzt am allgemeinen Krankenhause Hamburg-Eppendorf.
In einer im Jahre 1901 1 erschienenen Arbeit (1) hatten wir die bis
dahin über die Bakteriologie des Keuchhustens vorhandene Litteratur einer
kurzen Betrachtung unterzogen und hatten über eine Reihe systematischer
eigener Untersuchungen berichtet, als deren Ergebnisse wir folgende Sätze
aufstellten:
„Im Keuchhustensputum finden sich in der Mehrzahl der Fälle
kleinste influenzaähnliche Bacillen.
Diese morphologisch sich gleichenden Bacillen gehören nicht einer
Species an, sondern es giebt drei verschiedene Arten, die sich biologisch
bezw. durch ihr Verhalten der Gramfärbung gegenüber unterscheiden.
Daraus erklären sich die auseinandergeheuden Ansichten der Unter¬
sucher über die biologischen Eigenschaften des im Ausstrichpräparat
gesehenen Stäbchens.
Wir halten den von Czaplewski und Hensel angegebenen Bacillus
nicht für den Erreger des Keuchhustens, weil wir denselben nur in vier
Fällen im Sputum gesehen haben und weil von diesen Untersuchen!
methodische Aussaaten auf Blutagar unterlassen worden sind.
1 Diese Zeitschrift. Bd. XXXVI.
Gck igle
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Geobg Jochmann: Influenzaähnliche Bacillen u. s. w. 499
Wir haben in 18 Fällen, darunter bei drei Sectionen ein influenza¬
ähnliches Stäbchen isolirt, welches im Gegensatz zu allen ähnlichen von
den Autoren angegebenen Bacillen ausschliesslich auf hämoglobinhaltigen
Nährböden gedeiht, und das wir als Bacillus pertussis Eppendorf
bezeichnen.“
Seitdem sind eine Anzahl Arbeiten erschienen, die über denselben
Gegenstand sich verbreiten und denen wir eine kurze Besprechung widmen
müssen, bevor wir über die Resultate unserer weiter fortgesetzten Be¬
obachtungen berichten.
Rahner (2) berichtet über eine Keuchhustenepidemie im Unter¬
münsterthal (Amt Staufen bei Freiburg), bei welcher die Einschleppung
durch einen aus Freiburg i. B. stammenden Fall erwiesen war, wodurch
auf’s Neue die Annahme eine Stütze erhält, dass wir im Kenchhusten
eine contagiöse Infectiouskraukheit zu erblicken haben, wenn anders über¬
haupt diese Annahme noch einer Stütze bedarf. Aus einem Vergleich
verschiedener Statistiken kommt er zu dem Schluss, dass die Jahreszeiten
an sich keinen bestimmten Einfluss auf die Pertussis-Epidemieen erkennen
lassen. Bezüglich der Aetiologie des Keuchhustens spricht sich Rahner
dahin aus, dass er das Polbacterium von Czaplewski und Hensel nicht
für den specifischen Erreger halte, da er ihn unter 30 Fällen nur ein Mal
gefunden hat. Er hält den Czaplewski'sehen Bacillus für einen Pseudo¬
diphtheriebacillus und nimmt im Uebrigen an, dass der eigentliche Er¬
reger der Tussis convulsiva noch unbekannt sei. Rahner erwähnt nichts
von Aussaaten des Sputums auf hämoglobinhaltige Nährböden. Es ist
also sehr erklärlich, dass die influenzaähulichen Stäbchen, die wir als
Bacillus pertussis Eppendorf beschrieben, bei seinen Culturversuchen
nicht zur Beobachtung kommen konnten.
Weill et P6hu (3) schliessen sich, ohne eigene Untersuchungen ge¬
macht zu haben, der Ansicht Rahner’s au, wonach man das speciüseh
pathogene Agens des Keuchhustens noch nicht kenne, vor allem deshalb,
weil die Meinungen der Autoren über die biologischen Eigenschaften der
vielfach im Sputumausstrichpräparat gesehenen Kurzstäbchen sich wider¬
sprechen. Den Grund für die Verschiedenheit der Angaben über die
Aetiologie des Keuchhustens sehen die Verfasser darin, dass alle Unter¬
suchungen zumeist den Auswurf im Stadium couvulsivum untersucht
haben und dieses Stadium ist nach Ansicht der Verfasser nicht mehr
ansteckend. Als Beweis für die Richtigkeit dieser Anschauung führen sie
ihre im Hospital zu Lyon gemachte Beobachtung an, dass niemals Kinder,
die an irgend welchen anderen Krankheiten litten, aber mit Keuchhusten¬
kindern zusammenlagen, an Tussis convulsiva erkrankten. Verlf. wählten
sich als Probe auf das Exempel 93 Kinder aus, die nicht au Keuchhusten
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500
Georg Jochmann:
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litten und brachten sie mit 15 Keuchhnstenkindem im Stadium convul-
sivum zusammen. Kein einziges der 93 Kinder soll Keuchhusten be¬
kommen haben.
Verfasser schlagen deshalb vor, zwecks Auffindung des specifischen
Infectionskeimes im Stadium catarrhale Untersuchungen vorzunehmen und
sich zu diesem Zwecke an Schwestern und Brüder der im Stadium con-
vulsivum befindlichen Keuchhustenkinder zu wenden.
Entsprechend ihrer Anschauung über die Zeit der Uebertragungs-
fähigkeit des Keuchhustens halten die Verfasser eine Isolirung des Kindes
vom Eintritt des Stadium convulsivum an nicht mehr für nothwendig.
ebensowenig eine Desinfection der Kinder und ihrer Umgebung.
So lange eine Bestätigung dieser sehr erstaunlich klingenden Angaben
der französischen Forscher nicht erfolgt ist, dürfte es sich wohl empfehlen,
an der bisher üblichen Ansicht über die Contagiosität des Keuchhustens
festzuhalten.
Aus jüngster Zeit stammt eine Arbeit von Leuriaux (4), der einen
neuen, von ihm gezüchteten Bacillus als Keuchhustenerreger beschreibt.
Er gewinnt ihn auf folgende Weise. Er nimmt zunächst eine Waschung
des Sputums in sterilem Wasser vor, verreibt es dann in Bouillon und
legt Verdünnungsplatten an mit flüssig gemachtem Agar. Er isolirt so
ein plumpes Kurzstäbchen, fast ebenso dick als lang, von ovolder Form,
mit abgerundeten Enden. Dasselbe ist beweglich, färbt sich nach Gram,
ist aßrob. Es wächst auf Gelatine, die es nicht verflüssigt, sehr langsam,
besser auf anderen Nährböden bei 37°. Auf Agar bildet es runde, mehr
oder weniger transparente, leicht glänzende Colonieen, auf Kartoffeln einen
dicken, schleimigen Belag; auf Bouillon verursacht es Trübung uud
Häutchenbildung. Auf Serum wächst es in längerer und schlankerer
Form als auf Agar.
Impft Verfasser V 2 ccm Bouilloncultur seines Bacillus unter die Haut
eines Kauinchenohres, so erzielt er nach einigen Stunden Oedem, Böthung,
Schwellung. 48 Stunden nach der Impfung bildet sich ein umfangreicher
Abscess mit gelbem dicken Eiter. Demnach wäre also dieser Keuchhusten¬
bacillus auch ein Eitererreger.
Wenn man die angegebene pyogene Eigenschaft unberücksichtigt
lässt, so ist der Beschreibung nach der von Leuriaux als Keuchhusten¬
erreger aufgefasste Bacillus einer von den gewöhnlichsten Sputum¬
bewohnern; wir haben denselben nicht nur im Keuchhustenauswurf,
sondern in dem Sputum der verschiedensten Kranken wiederholt gefunden.
Leuriaux behauptet, bei der von ihm geübten Methode der Sputum¬
aussaat ein vollständiges Bild der Flora des Keuchhustenauswurfs zu be-
Gck igle
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Lnfluenzaähnliche Bacillen im Keuchuustenspütum. 501
kommen. Er irrt sich darin insofern, als die influenzaähnlichen Stäbchen,
die sich regelmässig darin finden und die wir Bacillus pertussis Eppen¬
dorf nannten, nur auf hämoglobinhaltigen Nährböden gedeihen.
Ausserdem haben sich nach dem Erscheinen unserer Arbeit noch
zur Aetiologie des Keuchhustens geäussert Spengler (5) im Jahre 1900
und Vincenzi (6) im Jahre 1902.
Beide versuchten, den von uns beschriebenen Bacillus pertussis Eppen¬
dorf zu identificiren mit früher von ihnen beschriebenen Kurzstäbchen.
Wir haben seiner Zeit auf beide Publicationen erwidert und nachgewiesen,
dass der Vincenzi’sche Coccobacillus inseineu biologischen Eigenschaften
vollkommen abweicht vom Bacillus pertussis Eppendorf, während der
Spengler’sche Bacillus (P. B.) morphologisch von dem unsrigen differirt
und in seinen biologischen Eigenschaften nicht genügend charakterisirt
ist, um mit dem unsrigen verglichen werden zu können. Wir kommen
jedoch auf beide Publicationen weiter unten noch einmal zurück.
Um eine klarere Uebersicht über die Forschungsergebnisse der letzten
Jahre bezüglich der Bakteriologie des Keuchhustensputums zu gewinnen,
lohnt es sich vielleicht, einmal an der Hand eines bestimmten Schemas
die wichtigsten Arbeiten zu recapituliren.
Afanassiew 1887 (7).
Sputumausstrich: Kleine schlanke Kurzstäbchon von 0-6 bis 2*2/»
Länge, theils einzeln, theils zu zweien liegend, theils in Ketten oder in
kleinen Haufen, die nur bei sehr starker Vergrösserung sichtbar sind.
Reincultur: Ziemlich plumpe Stäbchen von coliähnlichem Wachsthum,
lebhaft beweglich.
Wachsthum auf hämoglobinhaltigen Nährböden: o
Wachsthum auf hämoglobinfreien Nährböden:
Auf Agar: Grauweisser oberflächlicher Belag.
Gelatine: Nicht verflüssigend.
Kartoffel: Anfangs gelber, später brauner Rasen.
Resistenz: Endogene Sporenbildung.
Ritter 1892 (8).
Sputumausstrich: Kleine, nur mit Hülfe der stärksten Vergrösserung
als Diplokokken erkennbare Gebilde. Bei Anwendung des Gram’schen Ver¬
fahrens und überhaupt bei grösserer Hitzewirkung schrumpfen sie zusammen.
In allen möglichen Anordnungen als kleine Häufchen, in geraden oder ge¬
wundenen Ketten, stets gepaart.
Reincultur: Ganz ebenso verhalten sich die Diplokokken, wenn man
sie den Originalcolonieen in frischen Reinculturen entnimmt. Von je länger
stehenden Culturen die Präparate gewonnen sind, desto deutlicher gehen sie
gewisse Formveränderungen ein. Wir sehen dünn die einzelnen Paare aus
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502
Georg Jochmann:
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einander rücken, anschwellen und schliesslich echte Semmelformen bilden,
ein Zeichen, dass hier Theilungsprocesse vor sich gehen.
Hämoglobinhaltige Nährböden: Nicht erwähnt.
Hämoglobinfreie Nährböden:
Auf gewöhnlichem Agar: Sehr feine, völlig circumscripte und isolirte
opalescirende mattgraue, schon dem Aussehen nach sehr fest cohärente
Körperchen. Schliesslich zusammenhängende Decke nach einigen Tagen.
Auf Bouillon: Kein Wachsthum.
Auf Gelatine: „ „
Auf Kartoffel: „ „
Temperaturansprüche zwischen 36° und 38°. Unter 30° kein
Wachs thum.
Der Ritter’sche Diplococcus tuss. convuls. 1899 (beschrieben
nach Buttermilch) (9).
Sputumausstrich: Der einzelne Coccus hat keine ganz runde Gestalt.
Man sieht die Keime auch einzeln.
Reincultur: Nach Gram entfärbt. Bei mittlerer Vergrösserung ist
Niemand im Zweifel, eine Kugelgestalt vor sich zu haben, bei stärkster Yer-
grösserung dagegen bekommt der Coccus eine etwas ausgezogene Form.
Hämoglobinhaltige Nährböden: Nicht erwähnt.
Häraoglobinfreie Nährböden:
Auf Agar: Nach 20 bis 24 Stunden bemerkt man die einzelnen Co-
lonieen als sehr kleine transparente rundliche, niemals mit einem anderen
confluirende Knöpfchen, ziemlich fest zusammenhängend und schwer aus
einander zu reissen.
Auf Bouillon: Nach 20 bis 24 Stunden allgemeine Trübung des
Nährbodens, und nach längerem Stehen ein Niederschlag am Boden des
Reagensglases.
Auf Gelatine: Kein Wachsthum.
Von Buttermilch mit dem Vincenzi’schen Coccobacillus identifieirt.
C Spengler 1897 (10).
Sputumausstrich: Etwas dicker und länger als der Influenzabacillus.
Sie liegen meist zu zweien, dicht an einander gekettet, haben eiförmig zu-
gespitzte Finden und bilden lange Scheinfäden. Eine charakteristische Lage¬
rung beobachten sie nicht. Zuweilen ist das Protoplasma von Zellen ganz
von ihnen erfüllt.
Reincultur: Auch in der Cultur erscheinen die Bacillen zu zweien
an einander gekettet. Vielfach ergänzt sich die Kette weiter, eine lange
Stäbchenkette bildend. Zwischen dieser, mit distincter Abgrenzung der
Einzelindividuen und den zu voller Entwickelung gelangten massiv gefärbten
Scheinfäden bestehen alle Uebergänge. In der Cultur gehört die Ent¬
wickelung von Scheinfäden massiver Colorirung zur Regel und Kettenbildung
wird häutig beobachtet. Die Pertussisbacillen sind unzweifelhaft länger und
dicker als die Intiuenzabacillen.
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Influenzaähnliche Bacillen im Keuchhustensputüm.
503
Hämoglobinhaltige Nährböden:
Auf Blutagar thautropfenartig, klarer als die Colonieen der Influenza
und deshalb noch schwerer zu sehen als diese.
Hämoglobinfreie Nährböden: Uebertragungsversuche nicht erwähnt.
Empfindlich gegen Eintrocknen.
Czaplewski und Hensel 1897 (11, 12).
Sputumausstrich: Vorherrschend ist ein kleines kurzes Polbacterium,
in schweren Fällen äusserst reichlich, in leichten und in den Anfangsstadien
spärlich. Sie liegen theils regellos zerstreut, einzeln oder in kleinen
Haufen, seltner nesterweise oder in grösseren Anhäufungen, welche an die
bekannte Fischschwarmanordnung der Choleravibrionen erinnern. Die Bak¬
terien liegen meist frei, viel seltener in Zellen eingeschlossen. In gut ge¬
waschenem Sputum erscheinen die Bakterien häufig in Reincultur.
Reincultur: Sehr kleines Kurzstäbchen mit eiförmig abgerundeten
Enden, die kleinsten Formen wie Kokken. Bei vorsichtiger Färbung Pol-
farbung. Aehnlich den Influenzabacillen, etwas grösser. In Culturen, seltener
auch im Sputum kommen noch längere Formen vor.
Mitunter liegen mehrere Individuen kettenartig hinter einander. Durch
seine morphologische Vielgestaltigkeit (auch abnorme Involutionsformen
kommen zur Beobachtung) erinnert das Bacterium an den Pestbacillus, der
aber viel grösser ist. Nach Gram meist entfärbt. Unbeweglich.
Hämoglobinhaltige Nährböden: Nicht erwähnt.
Hämoglobinfreie Nährböden:
Auf Löffler-Serum: Weisslicher bis graugelblicher Belag.
Auf Agar: Sehr kleine, meist confluirende transparente Colonieen.
Auf Bouillon: Kaum Trübung. Am Boden ein scharf abgesetztes
linsenartiges Sediment.
Auf Gelatine: Nicht verflüssigt.
Auf Kartoffeln: Kein Wachsthum.
Temperaturansprüche: Bei 37° schnelleres und üppigeres Wachs¬
thum als bei 23°.
Koplik 1897 (13).
Sputumausstrich: Nicht nur in Epithelzellen, sondern auch frei in
den Maschen von Schleimfäden. Sie sind sehr zart und kurz und färben
sich gleichmässig. Sie kommen meist in Zooglöen vor.
Reincultur: Beweglich. Auffallend zarter, kurzer Bacillus. Fein punk-
tirtes Aussehen, erinnert dadurch an Diphtheriebacillen. Aeltere Culturen
zeigen eigenthümliche keulenförmige Fäden ähnlich den Diphtheriebacillen.
Hämoglobinhaltige Nährböden: Nicht erwähnt.
Hämoglobinfreie Nährböden:
Auf Hydrocelen-Nährboden: Fein punktirte Schicht von perlweisser
Farbe.
Auf Agar: Opake perlweisse Schicht.
Auf Gelatine: Colonieen mit unregelmässigem Rand, bei reflectirtem
Licht weisslich.
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Gkoug Jochmann:
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Auf Peptonbouillon: Nach 24 Stunden Niederschlag auf dem Boden
des Reagensglases. Nach einer Woche Häutchenbildung auf der Oberfläche
der Bouillon.
Keine Sporenbildung.
Von Koplik identificirt mit dem Afanasiew’schen Bacillus.
Zusch 1898 (14).
Sputumausstrich: Kleine ovaläre Kurzstäbchen, ähnlich den Influenza¬
bacillen, jedoch meist etwas grösser und dicker als diese, zwei bis drei Mal
so lang als breit, zuweilen auch länger. Niemals echte Scheinfädenbildung.
Mitunter Eindruck von Diplokokken, da die Mitte bei schwacher Vergröße¬
rung sich schlecht färbt.
Reincultur: Nach Gram meist entfärbt, bei starker Jodcaliumlösung
nicht entfärbt.
Hämoglobinhaltige Nährböden: Kein besseres Wachsthum als auf
Glycerinagar.
Hämoglobinfreie Nährböden:
Auf Anasarkaflüssigkeit-Glycerinagar: Tröpfchenartige Colonieen
grau bei auffallendem Licht, blassbläulich bei durchfallendem Licht.
Auf Agar: Ausreichendes Wachsthum, aber weniger lebhaft als auf
Anasarkaflüssigkeit.
Gelatine nicht verflüssigt.
Auf Bouillon: Nach 24 Stunden klar. Am Boden ein krümeliges
Sediment, keine Häutchenbildung.
Auf Kartoffel: Kein Wachsthum.
Milch: Nicht coagulirt.
Temperaturansprüche: 37°, weniger gut bei Zimmertemperatur.
Vincenzi 1898 (15).
Sputumausstrich: Sehr grosse Anzahl ganz kleiner Bakterien von
.ovalärer Form, fast in Reincultur.
Reincultur: Kleines Kurzstäbchen, manchmal kettenartig angeordnet.
Unbeweglich, sehr klein, so wie jenes der Influenza. Nach Gram entfärbt.
Hämoglobinhaltige Nährböden: Nicht erwähnt.
Hämoglobinfreie Nährböden:
Auf Agar: Kleine, wie Luftbläschen aussehende Colonieen, von un¬
regelmässigem Detritus begrenzt. Jede Colonie hat in der Mitte einen
lichtbrechenden Punkt.
Auf Bouillon: Bei 37° nach 24 Stunden eine leichte diffuse Trübung.
Nach 2 Tagen linsenartiges Sediment, Reaction wird sauer. Nach 3 Tagen
hört jedes Wachsthum auf.
Auf Gelatine: Kein Wachsthum.
Milch: Wird zur Gerinnung gebracht.
Lebensfähigkeit sehr kurz.
Elmassian 1899 (16).
Reincultur und im Sputumausstrich: Ein sehr kleiner morpho¬
logisch dem Influenzabacillus zum Verwechseln ähnlicher Bacillus.
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Ineluenza ähnliche Bacillen im Keichhustensputum. 505
Auf hämoglobinhaltigen Nährböden: Farblose, scharf abgerundete
Colonieen, transparent, nicht grösser als 1 / l ,nm .
Auf hämoglobinfreien Nährböden: Nur gedeihend, wenn mensch¬
lich-seröse Flüssigkeit, Ascites oder dergl. auf dem Nährboden vorhanden.
Luzzatto 1900 (17).
Sputumausstrich: Zwei Bakterienarten: 1. sehr kleine plumpe Stäbchen,
welche im Sputum und in der Reincultur die Gram’sche Färbung behalten
und die als Diplococcus lanceolatus anzusprechen waren; 2. ein sehr dünner
schlanker Bacillus, welcher mit dem Influenzabacillus eine grosse
Aehnlichkeit hat. Nach Gram entfärbt. Er erscheint zerstreut oder in
kleinen Haufen.
Reincultur des letzteren: Differenzirt sich von dem Influenzabacillus
durch die oberflächliche Granulirung der Colonieen und durch sein Wachs¬
thum auf menschlich-serösen Flüssigkeiten, während der Pfeiffersche In¬
fluenzabacillus nur bei Anwesenheit von Hämoglobin zu züchten ist.
Hämoglobinhaltige Nährböden: Am besten auf mit menschlichem
Blut bestrichenem Agar.
Hämoglobinfreie Nährböden: Er wächst auch auf mit seröser
Flüssigkeit bestrichenem Agar.
Arnheim 1900 (18).
Sputumausstrich: Bei einer Vergrösserung von 1:1000 grosse An¬
zahl von kleinen, mitunter auch in kurzen Ketten liegenden Stäbchen, die
scheinbar wie getheilt aussehen, weil der Farbstoff nur die Pole färbt. Sie
liegen meist ausserhalb der Zellen, aber gegen Schluss des Keuchhustens
auch zahlreiche intracellulär. Nach Gram partiell gefärbt, partiell entfärbt.
Reincultur: Die Individuen der ersten Generation zeigen noch den
ausgesprochenen Typus. Später viel Involutionsformen. Kolbige Verdick¬
ungen der Enden nach Art der Diphtheriebacillen.
Auf Blutserumplatte: Sehr kleine, 1 bis 2 imn grosse, wasserklare
runde Colonieen wie Tautropfen.
Auf Agar: Wachsthum.
Auf Gelatine: Wachsthum.
Bouillon: wird getrübt, Reaction wird sauer.
Jochmann und Krause 1901 (1).
Sputumausstrich: In grosserUeberzahl vorhanden, in Haufen, Nestern,
und Zügen liegende, mitunter in Zellen eingeschlossene, kleinste ovoule Kurz¬
stäbchen von der Grösse des Influenzabacillus. Dieselben gaben bei schwacher
Carboifuchsinfärbung, besser noch bei Methylenblaufärbung deutliche Pol¬
färbung und machten deshalb hier und da den Eindruck von kleinsten
Diplokokken. Bei der Gramfärbung entfärbt.
Reincultur: OvoTd, von der Grösse des Influenzabacillus, plump, mit¬
unter von etwas wechselnder Grösse, oft zu zwei liegend, oft auch in Haufen
angeordnet. Man beobachtet hier und da einmal im Präparat einen kurzen
Scheinfaden.
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506
Georg Jochmjlnn:
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Hämoglobinhaltige Nährböden:
Auf einer mit sterilem menschlichen Placentablut bestrichenen Glycerin¬
agarplatte, gedeiht er gut in der Gestalt tröpfchenähnlicher Colonieen, welche
bei durchscheinendem Licht stark Licht brechen, bei auffallendem Licht zart
bläulich grau aussehen. Bei schwacher Vergrösserung zeigt sich ein glatter
Rand der Colonieen, die nach 24 bis 48 Stunden so gut wie structurlos sind.
Hämoglobinfreie Nährböden: Kein Wachsthum.
Resistenz sehr gering.
Vergleichen wir diese hier zusammengestellten Untersuchungsresultate
der verschiedenen Autoren, so fällt bei aller Verschiedenheit in der Be¬
schreibung der biologischen Eigenschaften der aufgeführten Bakterien doch
vor Allem eins auf: das ist die überraschende Uebereinstimmuug in der
Beschreibung des im Sputumausstrich-Deckglaspräparat gesehenen
Stäbchens.
Sehr kleine ovaläre influenzabacillenähnliche Stäbchen, theils einzeln,
oft auch zu zwei liegend, mitunter in Zellen eingeschlossen, bei schwarzer
Färbung manchmal als Diplokokken imponirend, da dann die Mitte un¬
gefärbt bleibt, sehr reichlich im Sputum vertheilt, diese Beschreibung passt
auf die im Sputumausstrich gesehenen Stäbchen von Czaplewski,
Spengler, Koplik, Zusch, Vincenzi, Luzzatto, Arnheim und
Jochmann und Krause.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch die von Ritter 1892 im
Sputumausstxich beschriebenen und später auch von seinem Assistenten
Buttermilch gesehenen Diplokokken nichts auderes sind als die eben
aufgeführten Gebilde, die auch die anderen Forscher gesehen haben; denu
da oftmals die Mitte ungefärbt bleibt, so erwecken sie in der That oft
den Eindruck von Diplokokken.
Es wäre ja auch sehr verwunderlich, wenn bei dem massenhaften
Auftreten ovalärer influenzaähnlicher Stäbchen in dem von Mundspeichel
durch Waschen befreiten Keuchhustensputum die Untersucher nicht darauf
aufmerksam geworden wären.
Diflerirende Angaben in der Beschreibung des Ausstrichpräparates
bestehen bei den Autoren bezüglich der Gramfärbung und der Schein¬
fädenbildung.
Nachdem wir nachgewiesen haben, dass durch die Culturmethode
drei verschiedenartige iufluenzaähnliche Stäbchen im Pertussisauswurf ge¬
funden werden können, die sich im directen Ausstrichpräparat zum
Verwechseln gleichen, sich aber durch ihr Verhalten gegenüber der Gram¬
färbung bezw. ihrer biologischen Eigenschaften unterscheiden, hat die
Differenz in den Angaben der Autoren nichts Befremdliches mehr. Die
Differenzen bezüglich der Gramfärbung des im directen Ausstrichpräparate
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Influenzaähnliche Bacillen m Keuchhustenspütum. 507
des Sputums gesehenen Stübchens sind meines Erachtens dadurch ge¬
nügend erklärt.
Lange Scheinfädenbildung sollen die ovalären Kurzstäbchen im Sputum¬
ausstrich zeigen, nach Spengler, während Zu sch niemals echte Schein-
fädenbildung beobachtet und Jochmann und Krause nur selten Schein¬
fädenbildung sahen.
Diese Differenz in der Beschreibung des Sputum-Ausstrichpräparates
erklärt sich auch sehr ungezwungen dadurch, dass eben verschiedenartige
inlluenzaähnliche Stäbchen im Auswurf Vorkommen.
Da eine Anzahl morphologisch zum Verwechseln ähnlicher Bacillen
im Keuchhustensputum Vorkommen, die in ihren biologischen Eigen¬
schaften völlig von einander differiren, so war es erklärlich, dass die
Angaben der Forscher ganz auffällig aus einander gingen, wenn es darauf
aukam, das so häufig im Sputumausstrich gesehene ovaläre Kurzstäbchen
nun auch biologisch zu charakterisiren.
Ein Versuch, die divergenten Angaben über das biologische Verhalten
des von verschiedenen Forschern im Ausstrichpräparate gesehenen Kurz¬
stäbchens unter einen Hut zu bringen, hat deshalb wenig Zweck, und es
ist ein vergebliches Bemühen, wenn z. B. Ritter seine Angaben von 1892
im Jahre 1899 so zu modiiiciren unternimmt, dass man den ehemaligen
kleinen, bei der Gramfärbung zusammenschrumpfenden Diplococcus, der
in fest cohärenten Colonieen auf Agar wächst, nicht auf Bouillon gedeiht
und nicht auf Gelatine, auch nicht unter 80°, nun plötzlich in dem
Czaplewski’schen Polbacterium wieder erkennen soll, das in absolut
nicht cohärenten transparenten Thautropfencolonieen auf Agar gedeiht,
auch , auf Bouillon und Gelatine wächst und selbst bei 23° sich noch
weiter entwickelt.
Es sind eben biologisch völlig von einander differente Mikroorganismen.
Noch näher auf einen Vergleich der von den verschiedenen Autoren
beschriebenen Stäbchen einzugehen ist unnöthig. Es lag uns daran, festzu¬
stellen, dass im Ausstrichpräparat ziemlich constant von allen Forschern
ein ovales Kurzstäbchen von der Form und Grösse des Influenzabacillus
beschrieben wird, während die Angaben über die biologischen Eigenschaften
desselben völlig differiren.
Eine Reihe systematisch durchgeführter Untersuchungen im Hamburg-
Eppendorfer Krankenhause ergab: Dasjenige inlluenzaähnliche Kurzstäbchen,
das am häufigsten im Keuchhustensputum culturell nachgewiesen werden
kann und das in der Reincultur völlig dem im Sputumausstrich gesehenen
Stäbchen entspricht, ist ein auf hämoglobinhaltige Nährböden angewiesener
Bacillus, der morphologisch und biologisch dem Influenzabacillus zum Ver¬
wechseln gleicht. Wir naunten es im Gegensatz zu den so verschieden
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508
Georg Jochmann:
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benannten Bakterien anderer Untersucher „den in Eppendorf bei Keuch¬
husten vorherrschenden Bacillus“, „Bacillus pertussis Eppendorf“.
Vincenzi (6) machte den Versuch, seinen Coccobacillus mit dem von
uns beschriebenen Stäbchen zu identificiren. Ueber die Thatsache, dass
der Bacillus pertussis Eppendorf nur auf hämoglobinhaltigen Nährböden
weiter gezüchtet werden kann, während sein Coccobacillus auf gewöhn¬
lichem Agar gedeiht, ferner auf Bouillon, die er trübt, und auf Milch, die
er zur Gerinuung bringt, setzt sich Vincenzi folgendermaassen hinweg:
Er betont bei seiner Beweisführung besonders den Umstand, dass wir das
Keuchhusteusputum vor der Aussaat in sterilem Wasser auswaschen.
während er den Auswurf direct ungewaschen zur Aussaat bringt. Er
hebt besonders die Wichtigkeit der ersten angewandten Nährsubstanz
und ihren Einfluss auf das biologische Verhalten der Bacillen hervor und
meint, aus der eben erwähnten Differenz in der Methodik der Cultur-
verfahren erkläre sich der Unterschied zwischen seinem Coccobacillus und
unserem Bacillus pertussis Eppendorf.
Nun beweist er aber an einer anderen Stelle, dass alle von ihm
untersuchten Keuchhustensputa, die er auf gewöhnlichen Agar aussäte,
Blut enthalten haben. Die so erzielten Colonieen sind also auf einem
hämoglobinhaltigen Medium gewachsen und befinden sich daher bezüglich
der ersten angewandten Nährsubstanz genau in derselben Lage wie die
Colonieen des Bacillus pertussis, die wir auf Blutagar nach vorherigem
Auswaschen des Sputums erzielten. Wenn nun die Colonieen des Eppen-
dorfer Bacillus sich niemals auf hämoglobinfreien Nährböden weiter züchteu
liessen und der Vincenzi’sehe Coccobacillus bei dem Versuche der Fort¬
züchtung stets auf gewöhnlichem Agar, Milch und Bouillon gedieh, so
kann doch wohl von einer Identität der beiden keine Rede sein. 1
Der einzige Bacillus, der in der Beschreibung der Reincultur und
auch biologisch eine grosse Aehnlichkeit mit unserem Bacillus pertussis
Eppendorf hat, ist der von Spengler seinerzeit beschriebene P.B. (Per¬
tussis-Bacillus). Auch Spengler hat versucht, eine Identität seines Bac-
teriums mit dem von uns beschriebenen herbeizuführen. Wir haben
jedoch bereits darauf erwidert (20), dass die Beschreibung der Reincultur
seines Kurzstäbchens nicht mit der unseres Mikroorganismus übereinstimmt.
Spengler schreibt: In der Cultur gehört die Entwickelung der Scheiu-
fädeu massiver Colorirung zur Regel und Kettenbildung wird häufig
beobachtet. Die P. B. sind unzweifelhaft länger und dicker als die
1. B. (Influenza-Bacillen). Im Gegensatz dazu besteht bei unserem Bacillus
1 Vgl. im Uebrigen unsere Erwiderung (19) an Vincenzi. Centralblatt für
Bakteriologie. 1902. Bd. XXXII. Nr. 1.
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Influenzaähnliche Bacillen m Keuchhüstenspütum. 509
pertussis eine nur sehr geringe Neigung zur Scheinfadenbildung; nur ganz
selten sieht man hier und da einmal bei dem Ausstrich aus Reincultur
einen kurzen Scheinfaden, der höchstens drei bis vier Mal so lang ist als
die gewöhnliche Länge des Bacillus pertussis Eppendorf. Ausserdem be¬
schrieben wir ihn stets als von der Grösse des Influenzaerregers. Die
biologischen Eigenschaften des Spengler’scheu P.B. hielten wir deshalb
nicht für genügend charakterisirt, weil in Spen gl er’s Originalmittheilung
nirgends Versuche erwähnt sind, die auf Blutagar gezüchteten Stäbchen
weiter auf hämoglobinfreie Nährböden zu übertragen. Nachdem wir nach¬
gewiesen hatten, dass eine Anzahl biologisch völlig verschiedener influenza¬
ähnlicher Stäbchen im Keuchhustensputum Vorkommen, war es für eine
Identificirung nothwendig zu verlangen, dass solche Uebertragungsversuche
auf hämoglobinfreie Nährböden ausdrücklich bei der Beschreibung erwähnt
werden, denn die Möglichkeit ist natürlich denkbar, dass auf der Blut¬
agarplatte, auf welcher das Keuchhustensputum ausgestrichen ist, sowohl
Colonieen von solchen influenzaähnlichen Stäbchen wachsen, die auch auf
hämoglobinfreien Nährböden gedeihen, als auch Colonieen vom Bacillus
pertussis Eppendorf, die zwar äusserlich Anfangs gleich aussehen, aber eben
ausschliesslich auf hämoglobinhaltigen Nährböden wachsen. Die im Gegen¬
satz zu unserem Bacillus pertussis bei dem Spengler’sehen P.B. so aus¬
geprägte Scheinfaden- und Kettenbildung musste in uns natürlicher Weise
den Gedanken erwecken, dass Spengler bei der mikroskopischen Unter¬
suchung der auf dem Blutagar gediehenen Thautropfencolonieen nicht immer
das gleiche Bacterium vor sich gehabt hat. Das heisst absolut nicht,
„Publicationen mystificiren“, wie sich Spengler in seiner temperament¬
vollen Weise ausdrückt (21), sondern das heisst, auf der Suche nach der
Wahrheit alle Möglichkeiten abwägen, um Differentes zu erklären.
Ich habe nun, um an einem grösseren Beobachtungsmateriale fest¬
zustellen, wie häufig der von uns gesehene Bacillus pertussis im Keuch¬
hustensputum zu finden ist, die Untersuchungen am Hamburg-Eppen-
dorfer Krankenhause weiter fortgesetzt und bin zu folgenden Ergebnissen
gelangt:
Nachdem wir in unserer ersten Untersuchungsreihe 18 Mal unter
80 Fällen den Bacillus pertussis isolirt hatten, untersuchte ich 42 weitere
Keuchhustenfälle, die sämmtlich im Stadium convulsivum des Keuchhustens
sich befanden und durchschnittlich 10 bis 15 Mal pro die ihre typischen
Keuchhustenanfälle bekamen. Ausserdem wurden fünf abgelaufene Fälle
untersucht, die etwa nur ein Mal am Tage noch husteten.
Der Untersuchungsgang war derselbe wie der früher von uns be¬
schriebene.
Das Sputum wurde in sechs sterilen, mit sterilem Wasser gefüllten
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510
Georg Jochmann:
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Petrischalen ausgewaschen und dann kleinste Flöckchen auf Blutagar und
gleichzeitig auf hämoglobinfreien Glycerinagar übertragen. Als Blutagar
wurden Glycerinagarplatten, bestrichen mit sterilem menschlichen Placenta-
blut, verwendet.
Das Auswaschen des Sputums ist unbedingt erforderlich. Ich betone
das im Gegensatz zu Spengler und Vincenzi. Die üppig wuchernde
Flora von Mundbakterien überwuchert im ungewaschenen Sputum sehr
häufig die Thautröpfchencolonieen des Bacillus pertussis.
In den mit Carbolfuchsiu 1:10 oder mit Methylenblau gefärbten
Ausstrichpräparaten des Sputums sah ich stets in grosser Menge, mitunter
vermischt mit Kettenkokken, Lanceolatusformen und Sarcinen, mitunter
beinah in Reincultur sehr kleine ovolde Kurzstäbchen von der Form und
Grösse des Iutluenzabacillus, die in Haufen, Nestern und Zügen, häutig
auch zu zweien liegen. Sie liegen oft frei, oft auch in Zellen eingeschlosseu.
Bei schwacher Färbung bleibt die Mitte mitunter ungefärbt und erweckt
dadurch den Eindruck, als handele es sich um Diplokokken.
In allen 42 Fällen aus dem Stadium convulsivum gelang es
mir bei dieser Untersuchungsreihe jedes Mal, unseren Bacillus pertussis zu
isoliren. Bei den fast abgelaufenen Fällen, die nur noch ein Mal etwa
husteten, fand ich denselben nicht.
Auf der Blutagarplatte präsentirten sich seine Colonieen als tautropfen¬
ähnliche, von Infiueuzacolouieen nicht zu unterscheidende, krystallhelle
Colonieen, die bei durchfallendem Licht stark Licht brechen und bei auf¬
fallendem Licht zart blaugrau aussahen. In den allermeisten Fällen er¬
schienen die Colonieen in ganz enormer Menge auf der mit Sputum be¬
schickten Blutagarplatte.
Unter dem Mikroskop erscheinen die Colonieen nach 24 bis 28 Stunden
structurlos bei schwacher Yergrüsserung; ältere Colonieen zeigen in der
Mitte eine feine Körnelung.
Nach gelungener Reinzächtung wurde nun jedes Mal wieder der Ver¬
such gemacht, den Bacillus pertussis auch auf hämoglobinfreie Nährböden
zu übertragen. Verwendet wurde dazu: gewöhnlicher Glycerinagar, Gelatine,
Peptonwasser, Lackmusmolke, Bouillon, Kartoffeln, Hydrocelenfiüssigktii.
Lüfflerserum, ferner auch mit klarem, menschlichem Blutserum und Ascites¬
serum bestricheue Agarplatten; die beiden letztgenannten Versuche füge
ich hinzu, weil Elmassian einen infiuenzaähulichen Bacillus beschrieb,
der sich nur dadurch von dem Pfeiffer’scheu unterscheiden soll, dass
er auf mit menschlichem Serum bestrichenen Agar gedeiht.
Wir haben also bis jetzt im Ganzen den Bacillus pertussis
60 Mal aus Keuchhustensputum isolirt und zwar jedes Mal in Reincultur.
die in mindestens einer Generation, meist aber bis zu zehn Generationen
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Inkluenzaähnliche Bacillen im Keuciihustensputum. 511
weiter auf Blutagar fortgezüchtet wurden, während Parallelzüchtungs¬
versuche auf hämoglobinfreieu Nährböden stets versagten.
Er verhielt sich stets negativ gegen die Grainfärbung und war stets
unbeweglich.
Es herrschte immer eine völlige Uebereinstimmuug des in Reincultur
isolirten Stäbchens mit dem im Sputumausstrichpräparat als häufigster
Bewohner desselben gesehenen Kurzstäbchens. Form und Grösse ist die
des Influenzabacillus; er liegt häufig zu zweien, fast nie in Ketten und
hat nur sehr geringe Neigung zur Scheinfädenbildung; nur kurze Schein¬
fäden etwa von der drei- bis vierfachen Länge des Bacillus kommen vor.
Bei schwacher Färbung besteht eine Andeutung von Polfärbung. Fast stets
war eine gewisse Regelmässigkeit in der Form und Grösse der einzelnen
Individuen vorhanden. Nur in seltenen Fällen (4 Mal) beobachteten wir
eine Abweichung von dieser Regelmässigkeit, indem dünnere und plumpere,
kürzere und längere Individuen in der Reincultur mit einander ab¬
wechselten. Diese vier Stämme wurden ein Mal aus Sputum und drei
Mal aus bronchopneumonischen Lungenherden verstorbener Keuchhusten¬
kinder gezüchtet. Eine Uebertragung dieser vier Stämme auf hämoglobin¬
freie Nährböden gelang nicht, während wir sie auf Blutagar in mehreren
Generationen weiter cultivierten. Nach Pielicke (22), Lindenthal (23),
Grassberger (24) kommt eine solche Variabilität auch bei dem Influenza¬
bacillus nicht selten vor, mit dem der Bacillus pertussis eine so weit¬
gehende Aehnlichkeit hat.
Wir sehen also, dass der Bacillus pertussis den Influenza-
bacilleu zum Verwechseln gleicht. Ein deutliches Unterscheidungs¬
merkmal ist nicht vorhanden und wir wären berechtigt, nach seinen
morphologischen und biologischen Eigenschaften den Bacillus pertussis
Eppendorf für identisch mit dem Influenzabacillus zu erklären,
wenn es nicht sonderlich wäre, dass wir ihn in einer völlig influeuza-
epidemiefreien Zeit bei Keuchhustenkinderu gefunden haben und nicht
nur ein oder das andere Mal, sondern in 60 Fällen bei jedem von uns
untersuchten Keuchhustenkinde im Stadium convulsivum und nicht etwa
nur innerhalb eines bestimmten Zeitabschnittes, z. B. innerhalb eines be¬
stimmten Monats, sondern zu jeder Jahreszeit in einer über 2 Jahre sich hin¬
ziehenden Untersuchungsperiode. Man könnte hier eventuell einwenden, dass
bei den im Krankenhaus behandelten Kindern vielleicht eine Hausinfection
vorliegen könnte, so dass dadurch die gleichartigen Befunde bei so vielen
Kindern erklärt werden könnten. Dabei ist jedoch zu bemerken, dass
stets sofort nach der Einlieferung des Kindes ins Krankenhaus das aus¬
gehustete Sputum aufgefangen und untersucht wurde, bevor also zu einer
derartigen Infection Gelegenheit gegeben worden war.
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512
Georg Jochmann:
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Eine weitere Aehnlichkeit unseres Bacillus pertussis mit dem In¬
fluenzabacillus liegt in der Eigenschaft, bei Gegenwart von Staphylokokken -
colonieen auf der Blutagarplatte Riesencolonieen zu bilden. Wir hatten
schon in unserer ersten Arbeit a. a. 0. auf die eigenthümliche Thatsache auf¬
merksam gemacht, dass bei der Anwesenheit von Lanceolatuscolonieen auf
der Blutagarplatte in der nächsten Umgebung derselben ein freier Hof
frei blieb von Pertussiscolonieen und dass in der unmittelbaren Nähe
dieses Hofes die Pertussiscolonieen sich dichter als in den übrigen Theilen
der Platte zusammendrängten, grösser und üppiger wuchsen und sogar
confluirten.
Wir versuchten nun nach dem Vorgang von Grassberger (25), der
den Einfluss der Anwesenheit von Staphylokokken auf das Wachsthum der
Influenzacolonieen prüfte, diesen Einfluss auch auf das W T achsthum des
Bacillus pertussis und es ergab sich das interessante Resultat, dass bei
gleichzeitiger Verimpfung von Staphylococcus aureus oder albus und
Bacillus pertussis auf Blutagarplatten in der nächsten Umgebung der auf¬
geschossenen Staphylokokkencolonieen ganz auffällig grosse Colonieen der
Pertussisbacillen wuchsen. Solche Colonieen waren bläulichgrau bei auf¬
fallendem Licht, hell lichtbrechend bei durchfallendem Licht, bis zu 2 mtn
Durchmesser gross. Die morphologischen Eigenschaften des Stäbchens
waren jedoch in diesen Riesencolonieen nicht verändert.
Nachdem wir auf diese Thatsache aufmerksam geworden waren,
achteten wir auch bei den directen Sputumaussaaten mehr auf solche
Riesencolonieen und es fand sich, dass viel häufiger, als wir früher ge¬
wusst hatten, der Bacillus pertussis solche sogenannten Riesencolonieen
bildet, am schönsten in der Umgebung der Staphylokokkencolonieen, in
geringerem Grade auch bei Streptokokkencolonieen und Lanceolatus¬
colonieen. Dadurch wird bei geringer Anzahl von Pertussiscolonieen
auf der Platte ihr Auffinden sehr erleichtert, indem man nur in der Um¬
gebung von Staphylokokkencolonieen die stark lichtbrechenden graublauen,
1 bis 2 mm grossen Colonieen zu suchen braucht und nicht gezwungen
ist, nach den so winzigen kleinen Thautröpfchencolonieen zu suchen,
welche sie sonst bei Abwesenheit solcher begünstigender Factoren auf
Blutagar zu bilden pflegen.
Versuche, durch Uebertragung von Reinculturen unseres Bacillus
pertussis auf die Nasen- und Rachenschleimhaut von Meerschweinchen.
Kaninchen und jungen Hunden irgend welche entzündliche Symptome
auszulösen, blieben stets erfolglos. Die intraperitoneale Injection von einer
Culturaufschwemmung in Bouillon blieb bei Kaninchen 2 Mal ohne jede
Reaction. Subcutane und intraperitoneale Verimpfung auf weisse Mäuse
war ebenfalls von negativem Resultat begleitet.
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Influenzaähnliche Bacillen im Keuchhustenspütum.
513
Nachdem wir nun bereits in 60 Fällen aus dem Sputum von Keuch¬
hustenkindern ein dem Influenzabacillus zum Verwechseln ähnliches
Stäbchen isolirt haben, das wir Bacillus pertussis Eppendorf nannten,
und nachdem wir bei 23 verstorbenen Keuchhustenkindern, wie
das an anderer Stelle 1 genauer ausgeführt wird, diesen selben Bacillus
aus dem Parenchymsaft der bronchopneumonisch erkrankten
Lungen — wo es meist in Reincultur zu finden war — isoliren und so
seine für den Menschen pathogene Eigenschaft nachweisen konnten, ist
es ausser Zweifel, dass demselben eine nicht unbedeutende Rolle bei der
Keuchhustenerkrankung zukommt.
Wir könnten nach unseren Befunden unserem Bacillus pertussis fast
mit derselben Berechtigung eine ätiologische Bedeutung bei dem Keuch¬
husten einräumen, mit der der Iufluenzabacillus für die Aetiologie der
Influenza verantwortlich gemacht wird. Nun besteht jedoch die Möglich¬
keit, dass der Bacillus pertussis, da er morphologisch und biologisch dem
Influenzabacillus zum Verwechseln gleicht, völlig identisch mit demselben
ist. Beweisen lässt sich diese Identität zunächst nicht, es sei denn, dass
wir in der Lage wären, mit demselben Stamm ein Mal Influenza und
ein Mal Keuchhusten beim Menschen erzeugen zu können. Wir vermögen
deshalb nicht ohne Weiteres den Standpunkt von Elmassian a. a. 0.
einzunehmen, welcher sagt:
„Nous pensons que le bacille de Pfeiffer dont le röle dans l’iufluenza
n’est que tres vraisemblable et ne peut etre considere comme prouve appartient
ä une esp&re microbienne dont l’existence saprophytique sur les muqueuses
des vories respiratoires est comparable ä celle du pneumocoque. Ce microbe
se multiplie et peut devenir pathogene au cours d’antres infections broncho-
pulmonaires (pneumonie coqueluche etc.).“ Wir begnügenuns festzustellen:
Unser Bacillus pertussis ist ein dem Influenzabacillus äusserst
nahestehender, vielleicht mit ihm identischer Bacillus, der,
auf der Suche nach der Aetiologie der Tussis convulsiva, iu
erster Linie in Betracht gezogen werden muss, da er fast con-
stant im Keuchhustenauswurf während des Stadium convul-
sium gefunden wird und sich nicht mehr gegen Ende der
Krankheit findet, wo die Kinder nur etwa ein Mal pro die
Husten und Auswurf haben und da er ferner in den meisten
Fällen die im Verlaufe des Keuchhustens vorkommenden com-
plicirenden Bronchopneumonieen bedingt Jedenfalls lehren
unsere Befunde, eine wie grosse Rolle den Bacillen der In-
•fluenzagruppe bei Erkrankungen der Luftwege im Kindesalter
zukommt.
1 Centratblaü für Bakteriologie . 1903. Bd. XXXIV. Nr. 1.
Zcitschr. f. Hygiene. XLiV. 33
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Ineluenzaähnliche Bacillen im Keuchhustensputum.
517
Litteratur-Verzeichntes.
1. Georg Jochmann und Paul Krause, Zur Aetiologie des Keuchhustens.
j Diese Zeitschrift. 1901. Bd. XXXVI.
2. R. Rahner, Zur Epidemiologie und Aetiologie des Keuchhustens. Archiv
für Hygiene. Bd. XL.
3. E. Weill et M. P6hu, Prophylaxie et traitement de la coqueluche. La
semaine mtdicale. 1901. Nr. 49.
4. C. Leuriaux, L’agent pathogene de la coqueluche et la seroth^rapie de
cette affection. Ebenda. 1902. Nr. 29.
5. Carl Spengler, Zur Aetiologie des Keuchhustens. Centralblatt f. Bakterio¬
logie. Bd. XXIX Nr. 18.
6. Vincenzi, Zur Aetiologie des Keuchhustens. Ebenda . Bd.XXXI. Nr. 7.
7. Afanasiew, Ueber die Aetiologie und klinische Bakteriologie des Keuch¬
hustens. Petersburger med. Wochenschrift. 1887. — Ref. in Baum garten's Jahres¬
berichten.
8. Ritter, Berliner Jclin. Wochenschrift. 1892. Nr. 50.
9. Buttermilch, Ueher den Erreger des Keuchhustens. Ebenda. 1899. Nr. 17.
10. Carl Spengler, Bakteriolog. Untersuchungen bei Keuchhusten. Deutsche
med. Wochenschrift. 1897. Nr. 52.
11. Czaplewski und Hensel, Bakteriologische Untersuchungen bei Keuch¬
husten. Ebenda. 1897. Nr. 37.
12. Czaplewski und Hensel, Centralblatt für Bakteriologie. 1897. Bd. XXII.
Nr. 22-25.
13. H. Koplik, The bacteriology of pertussis. British med. Journal. 1897.
14. Zusch, Bakteriologische Untersuchungen bei Keuchhusten. Münchener
med. Wochenschrift. 1898. Nr. 23. — Centralblatt für Bakteriologie. 1898. Nr 20|21.
15. Vincenzi, Zur Aetiologie der Tussis convulsiva. Deutsche med. Wochen¬
schrift. 1898. Nr. 40.
16. Elmassian, Note sur un bacille des vois respiratoires et ses rapports avec
le bacille de Pfeiffer. Annales de VInstitut Pasteur. 1899.
17. Lnzzatto, Zur Aetiologie des Keuchhustens. Centralblatt für Bakteriologie.
1900. Bd. XXVII.
18. Arnheim, Beitrag zur Bakteriologie des Stickhustens. Berliner medicin.
Gesellschaft. Sitzung vom 14. Februar 1900.
19. Georg Jochmann und Paul Krause, Zur Aetiologie des Keuchhustens.
Centralblatt für Bakteriologie. 1902. Bd. XXXLI. Nr. 1.
Digitized by
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
518 Georg Jochmann: Choleraähnliche Bacillen u. s. w.
Digitized by
20. Georg Jochmann, Zur Aetiologie des Keuchhustens. Erwiderung auf die
von Dr. C. Spengler publicirten Bemerkungen. Centralblatt für Bakteriologie..
Bd. XXX. Nr. 1.
21. Carl Spengler, Zur Aetiologie des Keuchhustens. (Schlussbemerkungen.i
Ebenda. 1901. Bd. XXX. Nr. 7.
22. Pielicke, Bakteriolog. Untersuchungen in der Influenzaepidemie 189894-
Berliner klin . Wochenschrift. 1894. Nr. 23.
23. O. Th. Lindenthal, Ueber die sporadische Influenza. Wiener klin. Wochen¬
schrift. 1897. Nr. 15.
24. R. Grassberger, Zur Frage der Scheinfädenbildung in Influenzaculturen.
Centralblatt für Bakteriologie. 1898. Abth. I. Bd. XXÜL Nr. 9 u. 10.
25. Derselbe, Beiträge zur Bakteriologie der Influenza. Diese Zeitschrift.
Bd. XXV. S. 453.
Gch igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
[Aus dem Laboratorium
für allgemeine Pathologie und Histologie der K. Universität Pavia.]
(Leitung: Prof. C. Golgi.)
Zur Aetiologie der Tollwuth.
Die Diagnose der Tollwuth auf Grund der neuen Befunde . 1
Von
Dr. A. Negri,
▲adstentao.
Im jüngst vergangenen März hatte ich die Ehre mitzutheilen*, dass
im Nervensystem wuthkranker Thiere ein Mikroorganismus vorgefunden
wird, den wir mit Eücksicht auf seine sämmtlichen Merkmale unter die
Protozoen verweisen müssen.
Ich hob damals hervor, dass dieser Mikroorganismus mittels bekannter
technischer Methoden zur Anschauung gebracht werden kann, auch nur
durch einfache Untersuchung in frischem Zustande, dass ferner unter
Voraussetzung einer gewissen Dauer der Incubationsperiode sein Vorhanden¬
sein im Nervensystem wuthkranker Thiere, wenn auch mit verschiedener,
je nach dem Einführungsweg der Krankheit varirender Vertheiluug, eine
ständige Erscheinung bildet, schliesslich, dass bei nicht wuthkranken
Thieren er vermisst wird, und daher als ein specifisches Vorkommniss der
Wuthinfection angesehen werden muss.
Gelegentlich meiner Berichterstattung über meine Untersuchung habe
ich auf die feinere Structur des Parasiten, auf dessen Gestalt und Grösse
mit Bezug auf die verschiedenen Versuchstiere hingewiesen und hierbei
an die Vertheilungsweise, sowohl iu den einzelnen Nervenzellen, als auch
1 Di© Resultate dieser Untersuchungen wurden der „Societü Medico Chirurgien“
zu Pavia in der Sitzung vom 14. Juli 1903 mitgetheilt.
1 Diese Zeitschrift. Bd. XLIII.
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Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
520
A. Negri:
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in den verschiedenen Theilen des Nervensystems, sowie an die charakte¬
ristischen Eigenschaften dieses bisher unbekannten pathogenen Protozoons
(Widerstand gegen Fäulniss und gegen die Einwirkung von Glycerin)
erinnert.
Auf Grund meiner Beobachtungen habe ich mich für berechtigt ge¬
halten, zu behaupten, es sei dieser ausschliesslich in den Nervenzellen
wuthkranker Thiere anzutreffende Mikroorganismus der specifische Erreger
der Tollwuth.
Die Kürze des seit der Veröffentlichung meiner Mittheilung ver¬
strichenen Zeitraums hat eine Wiederholung meiner Versuche in grösserem
Maassstabe leider nicht zugelassen, darum sind meine Schlussfolgerungen
noch keiner Controle unterzogen worden. Der Umstand jedoch, dass meine
Befunde bereits eine volle Bestätigung erfahren haben, und zwar durch
Untersuchungen, die ein bekannter, tüchtiger Forscher der Tollwuth,
Dr. Daddi 1 vom antirabischen Institut zu Florenz, an einer beträchtlichen
Anzahl von Thieren angestellt, sowie noch weitere von anderen verdienst¬
vollen Forschern mir zugekommene partielle Beistimmungen berechtigen
mich zu der Hoffnung, dass die von mir beschriebenen Thatsachen recht
bald von Allen verificirt, und die von mir gegebene Deutung derselben
als die richtige erkannt werde.
Unterdessen halte ich es nicht für überflüssig, auf das Thema wieder
zurückzukommeu, um theilweise die Ergebnisse meiner Arbeit dieser letzten
Monate bekannt zu machen. Um so mehr glaube ich, es verdienen die¬
selben hier mitgetheilt zu werden, da sich aus diesen weiteren Unter¬
suchungen eine gewiss nicht uninteressante praktische Anwendung für
eine rasche und sichere Diagnose der Tollwuth ergiebt.
Die Beobachtungen dieser Zeitperiode sind ganz besonders am Hunde
angestellt worden, der Säugethierspecies, die bei uns das allerhäufigste
Uebertragungsmittel der Tollwuth abgiebt und andererseits, wie ich schon
mehrmals hervorgehoben, sich zum Studium des neuen Mikroorganismus
am besten eignet.
Diese Untersuchungen, welche die Aufklärung mancher Seiteu der
Frage zum Ziele haben, sind nunmehr in genügender Anzahl vorhanden
und setzen mich daher in den Stand, das in meiner ersten Mittheilung
Berichtete bis zu einem gewissen Punkte zu ergänzen. Durch das Experi¬
ment gelingt es nämlich, jene Gesetze, die sich bereits beim Kaninchen
geltend gemacht, und von denen es zu erwarten stand, dass sie für alle
1 Daddi, Süll’eziologia della rabbia. Rivista crifica di clinica medica . 1903.
Anno IV. Nr. 22,
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Zur Aetiologie rer Tollwuth.
521
für die Wuthinfection empfänglichen Säugethiere die nämlichen sein
müssen, in ihren allgemeinen Umrissen auch beim Hunde festzustellen;
nur bedurften sie bezüglich dieses letzteren noch eines directen Nachweises.
Vorsätzlich verzichte ich hier auf eine genauere Beschreibung der
feineren Structureigenthümlichkeiten des Parasiten.
Es ist dies ein Studium, das gar bedenkliche Schwierigkeiten darbietet,
und zwar sowohl in Bezug auf die Untersuchungstechnik, als auch auf die
Interprätation; meinem Dafürhalten nach ist zu einer so wenig als möglich
unvollständigen Durchführung desselben noch eine geraume Zeit erforder¬
lich; auch beansprucht es eine besondere Besprechung, die ich hoffentlich
später werde liefern können.
Ich werde an dieser Stelle nur daran erinnern, dass schon jetzt bei
mehr als hundert wüthenden Hunden — gleichgültig, ob dieselben im
Laboratorium inficirt worden, oder aber auf natürlichem Wege erkrankt
waren — ich stets den Parasiten mit jenen von mir in grossen Zügen
bereits deutlich angegebenen Structureigenthümlichkeiten angetroffen habe.
Mit Hülfe einer zweckmässigen Färbung, besser noch ohne jederlei
Farbe überhaupt, oder auch durch Untersuchung im frischen Zustande,
gestattet der Mikroorganismus in seinem Innern jene besonderen Gebilde
wahrzunehmen, die sich in zwei Kategorieen einreihen lassen: a) licht¬
brechende, kleine, rundliche; b) wenig lichtbrechende, grössere, rundliche
bezw. eiförmige Gebilde.
Die parasitären Formen enthalten grösstentheils je ein einziges dieser
grossen Gebilde; dasselbe ist central gelegen oder auch gegen die Peripherie
hin verschoben; rings umher finden sich die glänzenden Körperchen an¬
geordnet, mehr oder weuiger zahlreich, je nach der Grösse, die der Mikro¬
organismus erreicht hat.
Was die Deutung dieser inneren Gebilde anbetrifft, so sehe ich mich
vorläufig noch zu einer strengen Zurückhaltung genöthigt.
Eine Reihe von Ergebnissen, noch mehr aber der bei der Unter¬
suchung der parasitären Formen im frischen Zustande gewonnene Ein¬
druck, könnte zur Vermuthung berechtigen, der grosse Centralkörper lasse
sich als ein Kern ansprecheu. Ob aber eine solche Deutung auch die
richtige wäre, getraue ich mir gar nicht zu sagen, auch nicht als blosse
Vermuthung auszusprechen.
Ich verlege daher die Besprechung dieses Punktes auf eine spätere
Mittheiluug, nachdem es mir nämlich möglich gewesen sein wird, die
Beobachtungen zu vervielfachen und sie hierbei mit Hülfe der ver¬
schiedensten und feinsten Untersuchungsmethoden zu erweitern und zu
vervollständigen. Vorläufig werde ich nur über die Ergebnisse jener
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A. Negbi:
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Untersuchungen Bericht erstatten, die mit dem praktischen Zweck der
gegenwärtigen Mittheilung inniger Zusammenhängen und die Grösse, den
Zeitpunkt des Auftretens der endocellulären Formen des Parasiten, die
Vertheilung derselben in den verschiedenen Theilen des Nervensystems
des Hundes zum Gegenstände haben.
Bezüglich der Grösse des Mikroorganismus muss ich zu dem bisher
Gesagten noch hinzufügen, dass, wie auch schon Daddi hervorgehoben,
ein Unterschied wahrzunehmen ist, je nachdem nämlich die Untersuchung
an jenen Hunden angestellt wird, die auf natürlichem Wege an Tollwuth
erkrankt oder an solchen, die man künstlich wüthend gemacht hat.
Bei ersteren — obwohl in ansehnlicher Anzahl zur Untersuchung
gelangt — ist es mir niemals möglich gewesen, parasitäre Formen mit
so grossen Durchmessern anzutreffen, wie solche hingegen ziemlich leicht
bei experimenteller Tollwuth zu finden sind.
Beim wüthenden Strassenhund übersteigen die grössten Formen
selten 10 bis 15 fi Maximaldurchmesser; in der Regel verharren sie bei
niedrigeren Maasszahlen, sie sind jedoch stets charakteristisch und an
ihrer feineren Structur erkennbar. Ich kann augenblicklich noch keine
erschöpfende Erklärung dieser Verschiedenheit geben.
Von einiger Bedeutung ist ohne Zweifel der Umstand, dass die durch
den Biss eines anderen wuthkranken Thieres inficirten Hunde beim ersten
Ausbruch der Krankheit getödtet werden, zu einer Zeit nämlich, da, wie
wir später sehen werden, die im Innern der Nervenzellen bereits vor¬
kommenden parasitären Formen noch wenig entwickelt sind. Allein, so
beachtenswerth auch dieser Umstand erscheinen mag, so liefert doch die
Thatsache, dass auch bei den an der natürlichen Evolution der Krankheit
verendeten Strassenhunden die endocellulären Formen, wenn auch zahlreich
und entwickelt — bisher wenigstens — niemals die in meiner ersten
Mittheilung angegebenen und ausschliesslich auf die experimentelle Toll¬
wuth sich beziehende Maximaldurchmesser aufgewiesen haben, einen Be¬
weis dafür, dass zur Erzeugung des oben erwähnten Unterschiedes noch
andere Factoren mitwirken.
Es gehören vielleicht zu denselben die Uebergänge, die das Virus
eventuell durch das Kaninchen erfahren hat, möglicher Weise übt auch
die Dauer der Aufbewahrung des Virus in Glycerin hierin einigen Einfluss.
Genauere Angaben in dieser Richtung überlasse ich weiteren Nach¬
forschungen, da mir dieser Punkt als von untergeordneter Bedeutung er¬
scheint, und beschränke mich vorläufig darauf, davon Erwähnung zu
thun, zur Darnachrichtung für jene Forscher, die geneigt sein sollten,
vorliegende Untersuchungen zu wiederholen.
Gck igle
Original frum
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Zue Aetiologeg dee Tollwuth.
528
Diese weiteren von mir angestellten Untersuchungen haben mir
ferner gestattet festzustellen, dass beim Hunde ein reichlicher Befund an
gut entwickelten endocellulären typischen Parasitärformen auch dann
möglich ist, wenn das Thier vor dem 14. bis 15. Tage zu Grunde geht,
welchen letzteren Zeitraum ich in meiner ersten Mittheilung als eine —
obwohl annähernde — Grenze für den guten Erfolg der Untersuchung
bezeichnet habe.
Diese Angabe bezüglich der Krankheitsdauer war von mir auf Grund
dessen, was ich insbesondere bei den Kaninchen beobachtet, gemacht
worden, und ich kann das für diese Thierspecies bereits Mitgetheilte nur
bestätigen. Beim Hunde gehört diese Zeitdauer stets zu den aller-
günstigsten Bedingungen; doch können zahlreiche, ziemlich entwickelte
Parasiten in den verschiedenen Theilen des Nervensystems auch dann
angetroffen werden, wenn das Thier 12 bis 13 Tage nach der Infection
zu Grunde geht.
Dies habe ich wiederholt bei verschiedenen Subjecten feststellen können,
die ich mit mehreren Strassenvirus, deren Virulenz durch Uebergänge
erhöht worden, und die eben nach 12 bis 13 Tagen den Tod herbeiführten,
subdural inoculirt hatte. Bei diesen Hunden ist es mir gelungen, den
specifischen Mikroorganismus in den verschiedenen Gegenden des Nerven¬
systems, und zwar am zahlreichsten und am besten entwickelt in den
Zellen des Ammonshorns zur Anschauung zu bringen. Bei den mit den
nämlichen Virusarten inoculirten und binnen der gleichen Anzahl von
Tagen gestorbenen Kaninchen waren in den entsprechenden Theilen die
parasitären Formen recht spärlich vertreten und sehr wenig ausgebildet;
in der Regel machten sich dieselben als kleine Körnchen bemerkbar, die
erst nach vollständig gelungener Färbung und durch mühevolle Unter¬
suchung ihre wahre Natur zu erkennen gestatteten.
Während nun zwischen Hund und Kaninchen Unterschiede bezüglich
der Entwickelungsstadien des Parasiten und dessen Aussehen, im Zu¬
sammenhang mit der Incubationsdauer der Krankheit bemerkbar sind,
zeigen die beiden Species eine sehr geringe Verschiedenheit in Betreff der
Lage des Mikroorganismus in den verschiedenen Partieen des Nerven¬
systems, je nach dem Einführungsweg der Infection.
Ich habe bereits angegeben, wie sich beim Kaninchen die endocellu¬
lären Parasitärformen vertheilen, je nachdem die Infection auf subduralem,
oculärem, conjunctivalem Weg oder in den N. ischiadicus beigebracht
worden ist. Ich kann hier noch hinzufügen, dass, wenn man das Ka¬
ninchen in den N. medianus inficirt, im Grossen und Ganzen dieselben
Resultate erzielt werden, wie bei subduraler Inoculation: man erhält
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Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
524
A. Negbi:
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nämlich einen nicht nur in den Nervenzellen der Spinalganglien und des
Rückenmarkes, sondern auch in den verschiedenen Theilen des Endocephalus
reichlichen parasitären Befund.
In Bezug auf den Hund hat diese Seite der Frage vielfach den Gegen¬
stand meiner Untersuchungen gebildet.
Ich habe es daher bei zahlreichen Thieren unternommen, die Krank¬
heit durch Inoculationen von Virus in den N. ischiadicus bezw. in den
N. medianus, oder auch durch endooculäre Infection, auf dem Wege der
Schleimhäute (Bindehaut, Lippen u. s. w.) hervorzurufen.
Wie vorauszusehen, haben viele dieser Hunde der Infection wider¬
standen; bei den tollwüthend gewordenen aber habe ich eine vollkommene
Bestätigung der oben für das Kaninchen angegebenen Gesetze erzielen
können.
Bei subduraler bezw. oculärer Infection, oder einer solchen auf dem
Wege der Schleimhäute, des N. medianus — und selbstverständlich auch bei
einer gewissen Dauer der Incubationsperiode — ist es mir stets möglich
gewesen, die endocellulären Formen des Mikroorganismus in den verschie¬
denen Gegenden des Encephalus und der Spinalganglien anzutrefleu. In
der Regel finden sich die meisten und am besten entwickelten Formen
im Ammonshorn, ferner im Kleinhirn und der Reihe nach in den übrigen
Gegenden. Ein einziger Hund hat hierin eine Ausnahme gebildet: bei
demselben war der Parasit fast ausschliesslich auf die Nervenzellen der
Brücke und des verlängerten Markes localisirt.
Hatte hiergegen die Inoculation in den N. ischiadicus stattgefunden,
so zeigte sich der Mikroorganismus in den Zellen der Spinalgauglien sowie
in jenen des Rückenmarkes; in den Nervenzellen des Kleinhirns, des
Ammonshorns und der Hirnrinde kann derselbe auch gänzlich fehlen; ist
er daselbst aber vorhanden, so ist der Durchmesser stets ein sehr kleiner.
Entsprechend dieser Verschiedenheit ist auch das klinische Bild der
Krankheit ein beträchtlich verschiedenes.
Die in den Ischiadicus inoculirten Hunde wurden sämmtlich von der
classischen Lähmung befallen, die an den hinteren Gliedmaassen ihren
Anfang nahm und bis zum Tode aufsteigend weiter fortschritt. Hierbei
zeigten die Thiere — stets mit Bezug auf meine Beobachtungen —
keinerlei schwere Irritations- bezw. Erregungserscheinungen von Seiten der
höheren Centren, mit anderen Worten, es wurde bei ihnen das Bild der
eigentlichen Tollwuth vermisst. Bei den auf anderen Wegen inficirten
Hunden kam hingegen diese letztere in ihrer wohl bekannten Form zum
Ausbruch.
Alles dies, glaube ich, ist nicht ganz ohne Interesse, namentlich vom
praktischen Standpunkte aus.
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Zue Aetiologie dee Tollwgth.
525
Warum aber der Parasit zu einer gewissen Periode seines Evolutions-
cyklus angelangt, wenn er nämlich die Nervenzellen invadirt, gerade die¬
jenigen bestimmter Gegenden bevorzugt, ist gegenwärtig noch sehr schwer
zu sagen.
Merkwürdig, ja unerklärlich ist beim jetzigen Stande unserer dies¬
bezüglichen Kenntnisse jedenfalls die Vorliebe, die der Parasit an den
Tag legt, sich vornehmlich in den Nervenzellen des Ammonshoms zu
localisiren und dies bei den meisten Inoculationsmethoden. Dass aber
andererseits diese Gegend diejenige ist, wo man in der Regel den Mikro¬
organismus in grösserer Menge und am besten entwickelt vorfindet, wird,
glaube ich, durch die ansehnliche Zahl meiner Beobachtungen, die nicht
nur die experimentell erzeugte, sondern auch die durch den Biss eines
anderen wuthkranken Thieres verursachte Erkrankung betreffen, ausser
Zweifel gesetzt.
Dass das Ammonshorn in den meisten Fällen thatsächlich einer der
Lieblingssitze des specifischen Mikroorganismus ist, wird durch eine zweite
Reihe von Versuchen dargethan, die gleichzeitig dazu dienen, noch ein
anderes wichtiges Moment festzustellen. Dieselben wurden von mir ange¬
stellt, um zu ermitteln, in welchem Stadium der Krankheit die endocellu-
lären Formen des Parasiten beim Hunde aufzutreten beginnen, eine Frage,
mit der ich mich bereits beim Kaninchen befasst habe, die aber meines
Erachtens beim Hunde eine sorgfältigere Prüfung erheischt, vor allem mit
Rücksicht auf die möglicher Weise sich daraus ergebenden praktischen
Anwendungen. Bei diesen Untersuchungen bin ich in gleicher Weise wie
bei den Kaninchen vorgegangen; es wurden mehrere Hunde mit Strassen-
virus subdural inficirt und dieselben zu verschiedenen Zeiten vom Tage
der Einimpfung an geopfert.
Ohne hier im Einzelnen die hierbei erzielten Resultate mitzutheilen,
wird es für den Augenblick genügen, zu erwähnen, dass sowohl beim
Hunde, als auch beim Kaninchen, gleichzeitig mit den ersten Symptomen
auch das Auftreten von deutlich erkennbaren endocellulären Parasitär¬
formen bemerkbar wird.
Ich habe in dieser Richtung an mehreren Thieren wiederholte Ver¬
suche unternommen, und zwar mit Virus verschiedener Provenienz: das
Resultat ist stets ein constantes gewesen. Bei Anwendung von Virus¬
arten, die den Tod nach 12 bis 18 Tagen zur Folge gehabt hätten, war
der Mikroorganismus bereits nach 10 bis 11 Tagen sichtbar.
Diese Untersuchungen haben mir ferner den Beweis geliefert, dass
das Ammonshorn eine der Gegenden ist, in deren Zellen die endocellu¬
lären Formen zuerst auftreten. So habe ich bei verschiedenen Hunden,
die beim ersten Anzeichen von Wuthsymptomeu gotödtet worden, ziemlich
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Gck igle
Original from
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526
A. Negw:
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zahlreiche, obwohl sehr kleine, Parasiten im Ammonshorn zur Wahr¬
nehmung bringen können, während in anderen Gegenden, im Kleinhirn,
in der Hirnrinde, selbst bei beharrlicher Untersuchung nur höchst seltene,
winzig kleine endocelluläre Formen zu erblicken waren.
Bei anderen Hunden dagegen, die in einem anscheinend gleichen
Zustande geopfert wurden, fanden sich die parasitären Gebilde mit geringen
Abweichungen in den verschiedenen Gegenden umhergestreut.
Ob nun diese Verschiedenheit auf ein verschiedenes Entwickelungs¬
stadium der Krankheit zu beziehen oder aber von individuellen Unter¬
schieden . oder sonstigen Umständen abhängig ist, vermag ich vorläufig
nicht anzugeben; mir liegt jetzt einzig und allein daran, die Möglichkeit
hervorzuheben, den Parasiten in den Nervenzellen des Ammonshorns zu
einer Zeit anzutreffen, da derselbe in den übrigen Theilen des Nerven¬
systems auch gänzlich fehlen kann oder doch wenigstens sehr schwer auf¬
zufinden ist.
Bei diesen bei den ersten Anzeichen eines Ausbruches der Krankheit
getödteten Thieren ergiebt sich aus dem Studium des von mir beschriebenen
Mikroorganismus, dass der Parasit zur Zeit seines Eindringens in die
Nervenzellen wahrhaft minimale Dimensionen besitzt, dass es ferner in
der Nervenzelle ist, wo derselbe gedeiht, an Volum zunimmt und dessen
Structur eine complicirtere wird.
Die Frage nach Gestalt, Eigenschaften und Vertheilung der extra-
cellulären Gebilde ist noch immer ein in tiefem Dunkel schwebender
Punkt. Es ist einleuchtend, wie schwer dieselbe zu beantworten ist
— wenigstens mit den bisher in Gebrauch stehenden Untersuchungs¬
mitteln —, wenn der Parasit jene verschwindend kleine Dimensionen be¬
sitzt, die er — alles berechtigt uns zu dieser Annahme — in den ausser¬
halb der Nervenzellen sich entwickelnden Stadien sicherlich haben muss.
Ich werde in diesem höchst wichtigen Studium eifrig fortfahren, nur
wünsche ich, es möge dasselbe auch von Seiten anderer Forscher, die mit
bewährter Sachkenntnis das schwierige Problem ohne Zweifel werden lösen
können, einige Beachtung finden.
Ich habe die Besprechung obiger durch das Studium der experimen¬
tellen Tollwuth gewonnenen Erfahrungen aus dem Grunde hier voraus¬
geschickt, da es mir zweckmässig erschien, zum genaueren Verständnis
uud zur besseren Würdigung des im Nachstehenden Dargelegten an die¬
selben zu erinnern. Ich gehe nun ohne Weiteres zum Hauptzweck dieser
meiner Mittheiluug über.
In meiner im vergangenen Monat März in dieser Zeitschrift erschienenen
Mittheilung habe ich bei Berichterstattung über die Ergebnisse meiner
Gck igle
Original frum
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Zun Aetiologie deb Tollwuth.
527
das Nervensystem einiger wüthenden Strassenhunde betreffenden Unter¬
suchungen die Hoffnung ausgesprochen, dass die neuen Befunde ein zur
Stellung einer sicheren Diagnose viel rascheres Mittel als die gegenwärtig
in Anwendung stehenden Methoden an die Hand geben könnten. Auch
Dr. Daddi (a. a. 0.) hat es nicht unterlassen, in seiner Mittheilung auf
die Möglichkeit einer nützlichen praktischen Yerwerthung der neuen Re¬
sultate hinzuweisen.
Von welchem Interesse es ist, die rabische Infection in kurzer Zeit
mit Sicherheit diagnosticiren zu können, speciell in Betreff der den
Menschen anfallenden Thiere, leuchtet von selbst ein, und ich brauche
nicht viel Worte zu verschwenden, um es darzuthun. Bewiesen wird es
uns durch die zahlreichen eifrigen Bemühungen vieler hervorragenden
Forscher, die bestrebt waren, in gewissen eigenthümlichen Verände¬
rungen des Nervensystems ein Mittel zur Feststellung dieser Krankheit
ausfindig zu machen; klar und deutlich hervortretend wird auch die
Tragweite einer solchen schnellen Diagnose der Tollwuth durch die überaus
grosse Anzahl von Personen, die jährlich zu Tausenden nach den anti-
rabischen Instituten wandern, um daselbst Schutz und Hülfe zu suchen
gegen eine Infection, die erst nach langer Zeit mit Sicherheit nachzu¬
weisen ist.
Mit diesem hochpraktischen Ziel vor Augen habe ich in dieser Zeit¬
periode meine Untersuchungen vervielfältigt und glaube nun, es sei mit
der Bekanntmachung der hierbei erzielten Ergebnisse — die zu meiner
grossen Freude von einem meine Erwartungen übertreflfenden Erfolge ge¬
krönt worden — nicht länger zu zögern.
Ich halte es hier für meine Pflicht, an die verehrtesten Herren Collegen,
die mir die zur Ausführung meiner Untersuchungen nöthigen Mittel freund-
lichst verschafft haben, ein dankbares Wort zu richten.
Den Herren Dr. Segrö (Director des antirab. Instituts zu Mailand),
Dr. Baschieri (Director des antirab. Instituts zu Faenza), Prof. Fermi,
(Director des antirab. Instituts zu Sassari), Dr. Daddi (vom antirab. Institut
zu Florenz), die mir sämmtlich das Material ihrer Institute gütigst zur
Verfügung gestellt und mir auch bereitwilligst die Ergebnisse ihrer ein¬
schlägigen Untersuchungen, sowie alle möglichen die einzelnen Fälle be¬
treffenden Aufschlüsse haben zukommen lassen, statte ich hiermit meinen
verbindlichsten Dank ab.
Mit diesem werthvollen Beistand ist es mir möglich gewesen, ein
Material von 88 verdächtigen Thieren zusammen zu bringen, 1 die den
1 Den in der Sitzung vom 14. Juli d. J. der Societä Medica di Pavia mitge-
theilten Fällen kann ich jetzt auch das Resultat der an noch anderen wüthenden
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Gck igle
Original frum
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
528
A. Negbi:
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verschiedenen Instituten behufs Feststellung der Krankheit zugesendet
worden waren.
Diese Thiere, fast lauter Hunde, hatten grösstentheils Menschen auge¬
fallen und gebissen.
Nebenbei sei hier bemerkt, dass das Resultat der einzelnen Unter¬
suchungen von mir stets viele Tage vorher mitgetheilt worden, bevor ich
noch von dem Erfolge der an den erwähnten Instituten ausgeführten
Inoculationen und der hierbei gestellten Diagnose Kenntniss gehabt
Die Fälle, die es mir gestattet haben, die typischen parasitären Formen
zur Anschauung zu bringen, habe ich stets entschieden als Wuthfälle
diagnosticirt; bei jenen hingegen, wo die Untersuchung bezüglich des
Vorhandenseins des Parasiten negativ ausgefallen war, habe ich mich
darauf beschränkt, das Resultat mitzutheilen, ohne mich darüber irgendwie
auszusprechen.
Von den 88 mir zugeschickten Thieren habe ich bei 75 das Ammons¬
horn — fast immer zusammen mit Theilen anderer Gegenden — unter¬
suchen können; bezüglich der übrigen 13 stand das Ammonshorn nicht
zu meiner Verfügung.
Von den 75 Fällen waren drei (siehe Uebersichtstabelle Nr. 32, 79 und
83) im Institut nicht diagnosticirt worden, theils mit Rücksicht darauf,
dass wegen bereits eingetretener Fäulniss des Nervensystems des ver¬
dächtigen Thieres die Versuchskaninchen nach wenigen Tagen an der
durch die Verunreinigung des Impfmaterials verursachten Infection zu
Grunde gegangen (Nr. 32), theils deshalb, weil die Probeimpfungen gar
nicht ausgeführt worden waren (Nr. 79 und 83).
In Betreff dieser drei Thiere werde ich nur nebenbei erwähnen, dass
der Hund Nr. 32 6 Personen gebissen hatte; es gelang mir im Ammons¬
horn desselben endocelluläre, typische Formen des Parasiten zu constatiren
und ohne Weiteres festzustellen, dass das Thier sicherlich wuthkrank war.
Von den übrigen 72 haben es mir 47 gestattet, den von mir be¬
schriebenen Mikroorganismus in den Zellen des Ammonshorns zur Wahr¬
nehmung zu bringen; bei den übrigen 25 aber ist mir dies nicht möglich
gewesen.
Unter den 47 Fällen, die ich auf Grund des parasitären Befundes
als sicher wuthkranke diagnosticirt hatte, war bei 46 die am Institut ge¬
stellte Diagnose ebenfalls positiv ausgefallen: bei allen hatten die an den
Strassenkunden angestellten Untersuchungen hinzufügen. Einen Theil derselben
hatte ich damals nicht berücksichtigen können, weil mir das Ergebniss der Probe¬
impfungen noch unbekannt war; wieder andere habe ich erst nach der Sitzung zu¬
geschickt bekommen; da sie nun der Controle der biologischen Probe bereits unter¬
zogen worden sind, so halte ich ob für angezeigt, dieselben vorznführen.
Gck igle
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Zur Aetioeogie der Tolewuth.
529
Yersuchsthieren ausgeführten Inoculationen das classische Bild der Krank¬
heit zur Folge gehabt
In einem einzigen Falle (Hund Nr. 25) ist die Diagnose des Institut
Pasteur zu Mailand eine negative gewesen, wiewohl ich int Nerven¬
system des wuthverdächtigeu Thieres den specitischen Erreger der Infection
beobachtet hatte. Diese Diagnose erschien durch den Umstand begründet,
dass von den zwei in die vordere Augenkammer inoculirten Kaninchen
das eine am zweiten Tage starb, das andere hingegen stets gesund blieb.
Bezüglich der anderen 25 verdächtigen Thiere, bei denen ich den
Parasiten im Ammonshorn nicht zu Gesicht bekommen habe, wurde für
21 derselben durch die biologische Probe die rabiselie Infection ausge¬
schlossen; für die übrigen vier war hingegen die Diagnose des Instituts
eine positive.
Ich halte es wohl kaum für not big, beim Hunde Nr. 25 länger zu
verweilen, bei dem trotz dem Vorhandensein des specilischen Mikroorga¬
nismus die Inoculationen keine Diagnose der Hundswuth zugelassen haben.
Der Umstand, dass ein einziges mit dem verdächtigen Nervensystem in
die Vorderkammer inoculirte Kaninchen die Operation überlebt hat, genügt
gewiss nicht, um — dem parasitären Befund gegenüber — die Tollwuth
bei diesem Hunde auszuschliessen, da es bekanntlich Vorkommen kann
— obwohl sehr selten —, dass manches Kaninchen der ihm auf diesem
Wege beigebrachten Infection auch widerstellt.
Vielmehr scheint mir dieser Umstand die Genauigkeit der zu diagno¬
stischen Zwecken angestellten Forschung nach der Gegenwart des Para¬
siten in’s Licht zu stellen, da ein positiver Befund im Nervensystem des
verdächtigen Thieres zu einem sicheren Ausspruch berechtigt; bleibt hin¬
gegen, wie dies zuweilen geschehen kann, nur ein einziges Versuchsthier
unter Beobachtung, so wird man in gewissen Fällen ganz perplex, wenn
es sich darum handelt, ein sofortiges Unheil zu fällen, das dazu noch
ein irriges sein kann.
Eine grössere Beachtung verdienen dagegen die 4 Fälle, bei denen
die — nur au Kleinhirn und Ammonshorn unternommene — Aufsuchung
des Parasiten erfolglos geblieben, wahrend in den Tagebüchern der ein¬
zelnen Institute diese Thiere als wuthkrank eingetragen sind.
Auf Grund der mir von Seiten der Herren Dr. Segre und Baschieri
zugekommenen Angaben und der Controlen, die dadurch möglich gemacht
wurden, bin ich nun in der Lage, bei zwei dieser Thiere (Nr. 50. und 5U)
die rabiselie Infection mit aller Entschiedenheit ausschliessen zu können.
Mit dem Nervensystem des Hundes Nr. 50 (Bellusco) waren zwei Versuchs-
thiere in die Vorderkammern inooulirt worden; das eine derselben wurde
am Morgen des 15. Tages todt aufgefunden, ohne dass es in den vorher-
Zeitschr. f. Hygiene. XLIV.
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Original fro-m
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5B0
A. Negri:
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gehenden Tagen irgend welche Symptome gezeigt hätte; das zweite blieb
am Leben.
Da mir einige Stücke des Nervensystems des Kaninchens unter
Glycerin zur Verfügung gestellt worden waren, so habe ich damit Inocu-
latiouen an einer weiteren Reihe von Thieren vorgeuommen. Es ergab
sich in der auffälligsten Weise, dass das Kaninchen nicht an Tollwuth
zu Grunde gegangen war, denn die Impfungen fielen völlig negativ aus.
Dieser überzeugende Beweis im Verein mit dem Umstande, dass der Hund
nur deshalb getödtet worden, weil er einen Radfahrer angefallen hatte und
einem zweiten nachgerannt war, ohne vorher irgend welche charakteristische
Wuthsymptome gezeigt zu haben, scheint mir wohl dazu zu berechtigen,
die rabische Infection bei diesem Thiere ohne Weiteres auszuschliessen.
Mit dem Nervengewebe des Hundes Nr. 56 (Fusignano), über den
dem Institut sehr unvollständige Angaben zugekommen waren, wurden
zwei Kaninchen inoculirt: das eine subdural, das andere in die vordere
Augenkammer. Das erste starb 42 Tage darauf und scheint früher keine
Lähmungserscheinungen je gezeigt zu haben; das zweite Kaninchen blieb
hingegen bei guter Gesuudheit.
Obwohl es mir nicht möglich gewesen ist, wie für den vorhergehen¬
den Fall eine Gegenprobe der Impfungen auszuführen, so wurde mir doch
durch die Bereitwilligkeit des Hm. Dr. Baschieri die Gelegenheit ver¬
schafft, das Ammonshorn und das Kleinhirn des verdächtigen Kaninchens
zu untersuchen. In keiner dieser Gegenden ist es mir gelungen, die
endocellulären Formen des Parasiten zu entdecken, die in diesen Theilen
des Nervensystems eines subdural inoculirten Kaninchens niemals vermisst
werden, wenn die Incubatiou der Krankheit länger als 13 bis 14 Tage
gedauert hat.
Der Tod nur des einen Kaninchens, die mit Rücksicht auf die Impf¬
methode gar lange Dauer der Incubation, das Fehlen der charakteristischen
Symptome und des specifischen Parasiten in jenen Gegenden des Kaninchens,
in denen, bei Tollwuth und subduraler Injection, der Mikroorganismus
constant vorkommt, schliesslich die Zurückhaltung, womit am Institut die
Diagnose formulirt worden: dies Alles gestattet uns auch für diesen Fall
auszuschliessen, dass der Hund thatsächlich wuthkrank gewesen ist.
Es erübrigt nur noch, die zwei anderen verdächtigen Thiere, d. i. die
Hunde Nr. 48 (Bosnasco) und Nr. 70 zu besprechen. Beide waren sicher¬
lich wuthkrank, dies muss jedenfalls angenommen werden, sowohl auf
Grund des von den Herren Directoren der betreffenden Institute mir
Mitgetheilteu — die Impfungen hätten sämmtlich das classische Bild der
Tollwuth zur Folge gehabt — als auch deshalb, weil die von mir vor¬
genommene Prüfung des Nervensystems der in Folge der Probeimpfuugen
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UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Zub Aetiologie i>ek Tollwuth.
531
gestorbenen Kaninchen das Vorhandensein des specitischen Parasiten in
den verschiedenen Gegenden ergeben hat.
Der Hund aus Bosnasco (Nr. 48) hatte keinerlei Wuthsymptome auf¬
gewiesen und auch keinen Menschen gebissen; nur hatte derselbe seinem
Herrn gegenüber eine seltsame Veränderung seines Benehmens gezeigt;
im Zweifel und aus Furcht vor der Tollwuth wurde er mit Strichnin
vergiftet und der Kopf an das Institut zu Mailand geschickt Das negative
Resultat meiner Untersuchung darf daher nicht wundern, sobald man
diese Umstände sowie das im ersten Theile meiner Mittheilung Erwähnte
gehörig berücksichtigt: es fehlten in diesem Falle die endocellulären
Formen des Parasiten, weil die Krankheit sich noch in ihrer Incubations-
periode befand, und der Mikroorganismus in die Nervenzellen noch nicht
eingedrungen war.
Ganz anders verhält es sich mit dem Fall Nr. 70 (Hund, Eigen-
thümer Dalle Fabbriche).
Das Thier hatte zwei Personen gebissen; unter Beobachtung gehalten,
war es 2 Tage darauf unter den Erscheinungen der typischen Tollwuth
gestorben. In seinem Nervensystem, bezw. in irgend einer Partie des¬
selben musste gewiss der Mikroorganismus in seinen charakteristischen
endocellulären Formen vorhanden sein. Leider habe ich nur das Ammous-
horn und das Kleinhirn untersuchen können, welche beide ein negatives
Resultat ergaben. Offenbar hatte bei diesem Subject eine abnorme Loca-
lisation der endocellulären Formen des Parasiten stattgefunden, ein zwar
seltener — unter 53 Strassenhunden der einzige — aber auch bei experi¬
menteller Tollwuth möglicher Fall, wie ich dies im ersten Abschnitt dieser
Mittheilung bereits erwähnt habe.
Ich bin überzeugt, dass, wenn ich auch Stücke noch anderer Gegenden
— Hirnrinde, Brücke, Bulbus, Spinalganglien — zu meiner Verfügung
gehabt hätte, die Formen des Mikroorganismus zur Anschauung gebracht
worden wären, und die Diagnose hätte sich mit ebenso grosser Sicherheit
stellen lassen, wie bei den übrigen Thieren.
Will man nun alle diese Resultate kurz zusammenfassen, so sehen
wir, dass unter 75 verdächtigen Thieren 52 sicher wuthkrauk waren; bei
den übrigen 23 muss hingegen Tollwuth ausgeschlossen werden.
Bei den 52 wuthkrauken Hunden hat die Ermittelung des Parasiten
es gestattet, die Diagnose bei 50 derselben zu stellen, und zwar durch
blosse Untersuchung des Ammonshorns; bei den zwei Fällen, für welche
dieselbe nicht möglich gewesen, hatte bei dem einen der specitische Mikro¬
organismus die endocellulären Formen wahrscheinlich noch nicht erreicht,
und zwar deshalb, weil die Krankheit noch nicht zum Ausbruch gekommen
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532
A. Negki:
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war; beim anderen war die Localisation des Parasiten ohne Zweifel eine
von der Regel abweichende.
Diese Möglichkeit einer Vertheilungsanomalie wird in der Praxis wohl
berücksichtigt werden müssen.
Ich muss hier aber noch erwähnen, dass für die Mehrzahl der obigen
52 Fälle eine sichere Diagnose auch durch Untersuchung noch anderer
Gegenden des Nervensystems, speciell des Kleinhirns, und zwar bei einigen
Thieren leicht, bei anderen hingegen mit einiger Mühe hätte gestellt
werden können.
Wie nothwendig, ja nahezu unerlässlich die Untersuchung des Ammous-
horus ist, geht aber aus der Prüfung der übrigen 13 Thiere, bei denen
diese Gegend nicht zur Untersuchung gelangte, recht deutlich hervor.
Bei diesen ist es nur in drei Fällen möglich gewesen, typisch para¬
sitäre Formen in den untersuchten Stücken anzutrefi'en; bei den übrigen
zehn blieb die am Kleinhirn und anderen Gegenden angestellte Unter¬
suchung ganz ohne Erfolg, und doch gelang es biologisch festzustellen,
das fünf dieser Thiere sicher wuthkrank waren.
Wir interessant diese Thatsachen sind, brauche ich nicht erst zu be¬
weisen, auch werde ich keine Erklärung derselben versuchen, da sie weiter
nichts als eine Wiederholung und eine Bestätigung dessen darstellen, was
ich durch das Studium der im Laboratorium erzeugten Tollwuth habe
feststellen können.
Vorliegende Untersuchungen, die, so viel ich glaube, in Bezug auf
Richtigkeit und Genauigkeit wohl kaum etwas zu wünschen übrig lassen,
berechtigen mich nun zu behaupten, dass bei den Thieren, welche auf
natürlichem Wege an Tollwuth erkrankt sind und die Symptome derselben
gezeigt haben, der speciüsche Mikroorganismus der Infection in den Zellen
des Ammonshorns — und ausserdem noch in jenen anderer Theile —
nahezu beständig vorhanden ist; nur in seltenen Fällen geliugt dessen
Wahrnchmbarmachung in dieser Gegend nicht; daun aber ist er in anderen
Theilen des Nervensystems localisirt.
Diese von mir erzielten Resultate liefern überdies noch den deutlichen
Beweis, dass die Ermittelung des specilisclien Parasiten uns ein sicheres
Verfahren an die Hand giebt zur Diagnosticirung der Tollwuth in den
meisten in der Praxis vorkommenden Fällen.
Fast immer wird auch nur das Amnionshorn allein die Feststellung
der Infection ermöglichen; auf diese Gegend wird deshalb zunächst die
Untersuchung zu richten sein.
Gelingt es, in derselben den von mir beschriebenen Mikroorganismus
in seinen typischen Formen und seiner eigentümlichen Structur zur
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Zub Aetiologie deb Tollwuth.
583
Wahrnehmung zu bringen, so wird es gestattet sein, die Diagnose ent¬
schieden auf Wuth zu stellen und hierbei von jedem weiteren Nachweis
abzusehen.
Hat die Untersuchung keinen positiven Erfolg ergeben, so müssen
die anderen Theile des Nervensystems sorgfältig geprüft werden; ist auch
diese Prüfung negativ ausgefallen, so wird auch der Gedanke, dass das
Thier nicht wuthkrank gewesen, gerechtfertigt erscheinen können. Doch
wird es stets angezeigt sein, in solchen bezüglich des Vorhandenseins von
endocellulären Formen des Parasiten negativen Fällen Probeimpfungen an
Versuchsthieren vorzunehmen, da es niemals möglich sein wird, von vorn¬
herein auszuschliessen, dass das wuthverdächtige Thier sich in jener Incu-
bationsperiode der Krankheit befindet, in der, trotzdem dass sein Speichel
die Virulenz bereits erlangt hat, die im Innern der Zelle zur Entwickelung
gelangenden Stadien des Mikroorganismus im Nervensystem noch immer
fehlen.
Ich mache jedoch darauf aufmerksam, dass in der Praxis derartige
Fälle recht selten sein dürften und es daher fast immer gelingen wird,
durch Ermittelung des Parasiten die Infection eben dann nachzuweisen,
wenn deren Feststellung sich als nothwendig erweist, um unverzüglich
zur Behandlung der verletzten Individuen schreiten zu können.
Mit Hülfe der neuen Kriterien wird es möglich werden — wenn das
verdächtige Thier wirklich wuthkrank ist —, sich rasch und sicher aus¬
zusprechen, was den gegenwärtig üblichen Methoden gegenüber als ein
grosser Vortheil erscheinen muss. 1
Ein solches sicheres Urtheil wird ferner auch dann möglich sein,
wenn die bereits der Fäulniss anheimgefallene Leiche des verdächtigen
Thieres bedenkliche Schwierigkeiten entgegenstellt, und die biologische
1 Die Natur und der Zweck vorliegender Arbeit gestatten mir nicht, auf die
verschiedenen, auf den histologischen Veränderungen des Nervengewebes beruhenden
Methoden zur Diagnosticirung der Tollwuth näher einzugehen. Ich werde mich so¬
mit darauf beschränken, nur das in Erinnerung zu bringen, was von einer Reihe
tüchtiger Forscher dargethan worden ist, dass nämlich auch die von van Gehuchten
und von Nelis als pathognomisch für Tollwuth gehaltenen Veränderungen keine der¬
artigen sind, dass deren Vorhandensein eine sichere Diagnose der Krankheit bezw.
ein sofortiges Ausschlüssen derselben gestatten könnte. Höchstens berechtigen diese
Veränderungen zu einem Urtheil über die Wahrscheinlichkeit, welche letztere eine
grössere wird, wenn dieselben wahrnehmbar sind. Einen Beweis hierfür liefert der
Umstand, dass man an den antirabischen Instituten die histologische Untersuchung
nach den Vorschriften der beiden hervorragenden belgischen Forscher zwar stets
durchführt, aber doch bis jetzt niemals unterlassen hat, daneben auch die Probe der
Inoculationen an Versuchsthieren anzustellen.
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A. Negki:
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Probe zahlreiche Experimente, grosse Opfer an Thiereu und viel Zeit zu
deren Ausführung erfordert.
Auf Grund dieser Erwägungen, sowie aus rein wissenschaftlichen
Gründen zögere ich nicht, die Einführung des die Ermittelung des Para¬
siten bezweckenden Verfahrens in der ärztlichen Praxis vorzuschlagen.
Auch bei der Mittheilung dieser Reihe meiner Untersuchungen habe
ich mich streng an die wahrgenommenen Thatsachen gehalten.
Es geht aus diesen letzteren klar und deutlich hervor, dass meine
— wenn auch relativ neueren — Forschungen nicht nur ein grosses
theoretisches Interesse darbieten, sondern auch wichtige, unmittelbare
Anwendungen bereits gefunden haben. Ich kann zum Schlüsse nur noch¬
mals den Wunsch aussprecheu, den ich schon gelegentlich meiner ersten
Mittheiluug geäussert habe: es mögen nämlich meine Untersuchungen in
grossem Maassstabe wiederholt und einer sorgfältigen Nachprüfung unter¬
zogen werden, damit, nach erkannter Richtigkeit derselben, sie auch zum
ajlgemeinen Wohl verwerthet werden.
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Zur Aetiologie der Tollwuth.
535
Uebersicht8>Tabelle der bei Untersuchong des Nervensystems
von $8 wnthverdächtigen Thieren erzielten Resultate.
I
Species u. Provenienz
qs des verdächtigen
ß ! Thieres
^ i |
1 Hund aus S. Miniato j
! (Provinz Florenz)
2 jHunda.CasteldiPoggio
(Prov. Florenz)
I |
3 i Hund aus Brozzi
I (Prov. Florenz)
4 I Hund, Eigenth. Puliti
(Florenz)
5 Hund aus Acquanegra
(Prov. Cremoua)
6 Katze aus Malnate
(Prov. Mailand)
7 Hund aus Mailand j
I
8 Hund aus Vologno
(Prov. Cremona)
9 Hund aus Ferno
(Prov. Mailand)
10 Hund ausTerevenzuolo*
(Prov. Verona)
11 | Hund aus Albiolo
(Prov. Como) ;
12 Katze aus Ternate |
| (Prov. Como)
13 Hund aus
S. Damiano al Colle
(Prov. Pavia)
14 1 Hund aus Gavirate
(Prov. Como)
15 Hund aus
| Monsummano
(Prov. Lucca)
16 Hund aus Carezzo
| (Prov. Como)
17 * Katze aus Mailand
Antirab. | x ~ Ergehn, derj Diagnose,
Institut, S §*c Untersuch, gestellt im
von dem 1 ^* 5 ^ i.Bezugauf Inst ,v.dem
die Stücke | Vorhanden- die Stücke
zugesendet H g w sein d. spec. zugesendet
wurden I _ *ri Parasiten] jwurden
Institut
Florenz
1902
Mai
positiv im
Kleinhirn
positiv
desgl.
1903
Januar
positiv im
Ammons*
l horn
M
Anmerkungen
Ammonshorn
nicht untersucht.
de? gl.
desgl.
positiv im
Ammonsh.
desgl.
desgl.
negativ im
Ammonsh.
negativ
Institut
Mailand
Nr. 45
1.April negativ im
Kleinhirn
1
99
Amraonshorn
nichtuntersucht.
Die Stücke waren
dem Institut im
Glycerin zu ge¬
sendet worden.
desgl.
Nr. 46
4.
*»
positiv im
Kleinhirn
positiv
Ammonshorn
nicht untersucht.
dosgl.
Nr. 47
3.
negativ im
Kleinhirn
negativ
desgl.
desgl.
Nr. 48
10 .
*1
positiv im
Ammonsh.
positiv
desgl.
Nr. 49
11.
99
desgl.
99
desgl.
Nr. 50
11.
1 »
desgl.
”
i
desgl.
Nr. 51
17.
99
negativ im
Kleinhirn
99
desgl.
desgl.
Nr. 52
17.
99
desgl.
1 »
desgl.
desgl.
Nr. 53
20.
99
positiv im
Ammonsh.
»»
desgl.
Nr. 54
25.
99
desgl.
»»
Institut
Florenz
25.
99
1
j desgl.
99
Institut
Mailand
Nr. 55
27.
»)
desgl.
99
desgl.
Nr. 56
27.
99
negativ im
Kleinhirn
negativ
desgl.
i
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536
A. Negbi:
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£
| Antirab.
Species u. Provenienz Institut,
des verdächtigen 1 von
Thier es
18 Hund aus Camaiore
(Prov. Lucca)
19 S Hund aus Albizzate
(Prov. Mailand)
20 | Hund aus Mamoiada
(Prov. Sassari)
21 | Hund aus Sassari
(Nr. 2)
22 1 Hund aus Sassari
j (Nr. 3)
23 ! Katze aus Mailand
24 ! Hund aus Cittiglio
(Prov. Comoj
25| Hund aus
Cologna Veneta
(Prov. Verona)
26 | Hund aus Laveno
(Prov. Como)
27 ! Hund aus
San P Anton io aTrebbia
(Prov. Piaoenza)
28 Hund aus Roncadelle
j (Prov. Brescia)
29 Hund aus
S. Giovanni Valdarno
(Prov. Arezzo)
30 j Hund aus Cremeno
(Prov. Coiuo)
31 Hund aus
Bagnolo S. Vito
(Prov. Mantova)
32' Hund aus Agazzano
I (Prov. Piaoenza)
die Stücke
zu gesendet
wurden
Institut
Florenz
Institut
Mailand
Nr. 57
Institut
Sassari
desgl.
desgl.
Institut
Mailand
desgl.
Nr. 59
desgl.
Nr. 60
desgl.
Nr. 62
desgl.
Nr. 63
desgl.
Nr. 64
Institut
Florenz
Institut
Mailand
Nr. 65
desgl.
Nr. 66
desgl.
Nr. 67
« c .2
1> D h.
rr »tr
bc
Ergehn, der, Diagnose,
Untersuch.' gestellt im
i. Bezug auf. Inst.,v. dem
Vorhanden- die Stucke
sein d. spec. zugesendet
Parasiten ! wurden
Anmerkuugeij
28. April positiv im
Ammonsh.
29. „ Inegativ im
, Ammonsh.
30. „ positiv im
; Ammonsh.
30. „ jncgativ im
Kleinhirn
30. „ negativ im
, Bulbus u.
i.Rückenm.
1. Mai negativ im
Ammonsh.
3.
4.
7.
15.
16.
16.
16.
positiv im
Ammonsh.
desgl.
desgl.
negativ im j
Ammonsh.
desgl.
positiv
negativ
positiv
i»
negativ
>»
positiv
negativ
positiv
negativ
Von Kleink. nur
sehr klein. Stücke
, untersucht.
Andere Gegen¬
den nicht
! untersucht.
positiv im ! positiv
Ammonsh. I
desgl.
negativ im
Ammonsh.
positiv im |
Ammonsh.!
negativ
Im Institut
wurden 2 Ka¬
ninchen in die
Vorderkam nur
inoculirt: das
eine starb am
2. Tage, das
andere überlebte.
Diagn. .nicht im
Institut gestellt.
Wegen Fauln. d.
Materials starb
das eine der in die
Vorderkammer
inoc. Kau. am 2-,
d.and.ainlMage.
Der Hund hatte
6 Pers. gebissen.
Gck igh
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Zub Aetiologie deb Tollwuth.
537
-—
, - ----
Antirab.
GQ
OO ^ '
Ergebn. der
! Diagnose,
X.
Species u. Provenienz
des verdächtigen
Institut,
V fl .2 |
V M 1
Untersuch, gestellt im
von dem
die Stücke !
-O <ä ©
© +Z i
i. Bezug auf Inst.,v. dem
Vorhanden-j die Stücke
Anmerkungen
Thieres
zugesendet
!
se'n d.spec-
zugesendet
wurden
!
Parasiten 1
! wurden
33
Hund aus Piacenza
Institut
21. Mai
negativ im
negativ
i
Mailand
Nr. 69
| Ammon sh.
34
Hund aus Trenno
desgl.
21. „
1 desgl.
>»
(Prov. Mailand)
Nr. 70
35
Hund aus Galliate
desgl.
23. „
desgl.
»»
i (Prov. Como)
Nr. 71
3G
Hund aus Faenza
Institut
26. „
positiv im
positiv
(Prov. Ravenna)
Faenza
Ammonsh.
Nr. 43
i
37
Hund aus Sarsina
desgl.
26. „
negativ
negativ
nur einige Stücke
(Prov. Forli)
Nr. 44
i
der Hirnbasis
l
untersucht
3S
Hund a. Maggiate Sup.
Institut
27. „
negativ ira
»»
(Prov. Novara)
Mailand
Ammonsh.
Nr. 72
31)
Hund aus Ri mini
Institut
27. „
positiv im
positiv
(Prov. Forli)
Faenza
Nr. 45
Ammonsh.
i
40
Hund aus Brescia
Institut
, 29. „
negativ im
negativ
i
Mailand
Nr. 73
Ammonsh.
41
i Hund aus Gallarate
desgl.
2. Juni
positiv im
positiv
(Prov. Mailaud)
Nr. 74
; Ammonsh.
42
Hund aus Pollen za
Institut
3. „
desgl.
M
1
(Prov. Macerata)
i
Faenza
Nr. 47
43
! Hund aus Albiolo
Institut
4.
negativ im
negativ
1
(Prov. Como)
Mailand
Nr. 77
Ammonsh.
44
Hund aus Morinion do
desgl.
4. „
positiv im
positiv
(Prov. Mailand)
Nr. 78
Ammonsh.
45
Hund aus Mercurago
desgl.
5.
negativ im
negativ
(Prov. Novara)
Nr. 79
Ammonsh.
i
4G
Hund aus Mezzomonte
Institut
Florenz
5. „
i
desgl.
”
47
Hund aus Gallarate
Institut
6. „
1 desgl.
Der Hund war
(Prov. Mailand)
Mailand
Nr. 80
in. Strychnin ver¬
giftet worden, da
seit einigen Tag.
48
Hund aus Bosnasco
desgl. ,
G. „
desgl.
, positiv <
dessen Benehmen
(Prov. Pa via)
i
Nr. 81 .
dem Hrn. als ein
ungewöhnliches
| erschienen war.
Niemand von
ilirn gebissen.
Difitized by Gougle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
588
A. Negei:
Digitized by
49
50
Species u. Provenienz
des verdächtigen
Thi eres
Hund aus Gallarate
(Prov. Mailand)
Hund aus Bellusco
(Prov. Mailand)
Antirab.
Institut, |
von dem |
die Stücke
zugesendet
wurden_
Institut I
Mailand '
Nr. 83 1
desgl.
N r 84
«'S
tu p .2
^
T's-I
$
TT
Ergehn. der| Diagnose,
I Untersuch, gestellt im
i. Bezug auf Inst.,v. dem
Vorhanden-1 die Stücke i
sein d.spec.,zugesendet I
i Parasiten I wurden I
Anmerkungen
9. Juni positiv im
Ammonsh.
negativ im
Ammonsh. j
positiv
Im Institut wur¬
den 2 Kaninchen
in die Vorder¬
kammer inocul.«
* das eine wurde
am 15. Tage todt
gefunden, das
andere überlebte.
51
Hund a. Castellucchio
(Prov. Mantova)
desgl.
Nr. 86
10. ..
negativ im
Kleinhirn
»*
Ammonshorn
nicht untersucht.
52
Hund aus Jerago
(Prov. Mailand)
desgl.
Nr. 87
U. „
positiv im
Ammonsh.
-
53
Hund aus Gozzano
(Prov. Novara)
desgl.
Nr. 88
13. „
desgl.
54
Hund aus Sogliano
al Rubicone
(Prov. Forli)
Institut
Faenza
Nr. 49
13. ..
negativ im
Ammonsh.
negativ
55
Hund aus Seregno
(Prov. Mailand)
Institut
Mailand
Nr. 89
14. ..
positiv im
Ammonsh.
positiv
56
Hund aus Fusignano
(Prov. Ravenna)
i
!
!
Institut
Faenza
Nr. 50
16. „
1
negativ im
Ammonsh.
i
y
Im Institut wur¬
den 2 Kaninchen
inoeulirt: das
eine subdural,
das andere in die
Vorderkammer.
Das erste stirbt
am 42.Tage ohne
i vorangehende
Lähmungser¬
scheinungen, das
zweite überlebte.
57
Hund aus Goito
(Prov. Mantova)
Institut
Mailand
Nr. 90
22. „
positiv im ,
Ammonsh.
1
|
»i
58
Hund aus Sassari
(Nr. 1)
Institut
Sassari
22. „
i
positiv im
Kleinhirn
!
Ammonshom
nicht untersucht.
59
Hund aus Sassari .
(Nr. 2)
desgl.
22. „
positiv im
Ammonsh.
»
60
Hund aus Osilo
(Prov. Sassari)
desgl.
1
22. ., '
desgl.
>*
61
!
Hund aus Orgosolo
(Prov. Sassari)
desgl.
»1
negativ im
Ammonsh.
negativ
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
Zub Aetiologie deb Tollwüth.
539
3
Ui
, Species u. Provenienz
des verdächtigen
Thieres
Antirab.
Institut, i
von dem
die Stücke
j zugesendet
wurden’
1 00 73
! «j s .5
<ts O
bo£J!
ja ^ ^
^3 *
T3
(Ergehn, der Diagnose,
Untersuch, gestellt im
i. Bezug auf Inst.,v. dem
Vorhanden- die Stücke
sein d.spee. zugesendet
Parasiten ; wurden
Anmerkungen
62
Hund aus Oniferi
1 (Prov. Sassari)
Institut
Sassari
22. Juni negativ im
Kleinhirn
negativ .
|
i i
Ammonshorn
uicht untersucht.
63
Hund aus Sormano
! (Prov. Como)
Institut
Mailand
Nr. 93
1 Juli negativ im
I Ammonsh.
!
I
64
Hund aus Brescia
desgl.
Nr. 94
| 3. ..
i
positiv im
Ammonsh.
positiv
i
65 !
Hund aus Mornieo
Losana (Prov. Pavia)
desgl.
Nr. 95
4.
!
negativ im
Ammonsh.
negativ
1
66 '
Hund aus Dovadola
(ProY. Florenz)
Institut
Faenza
Nr. 52
6. Juli
positiv im
Ammonsh.
i
I positiv 1
67
Pfund aus Faenza
(Prov. Ravenna)
desgl.
Nr. 53
6. „
tt
68
Hund aus Meldola
(Prov. Forli)
desgl.
Nr. 54
6.
negativ im
Ammonsh.
negativ
69
1
Hund a. Meldola, Nr. 1
(Prov. Forli)
desgl.
Nr. 55
6. „
desgl.
99 1
■
70
Hund, Eigenth. Frau
C. Dalle Fabbriehe
desgl.
Nr. 56
6. ,.
desgl.
positiv
im Institut wur¬
den 2 Kaninchen
Hund, Eigenth. Herr
R. Raggi
desgl.
Nr. 57
! 6.
99
positiv im
Ammonsh.
>*
Hund aus Galliate
(Prov. Novara)
Institut
Mailand
Nr. 97
8.
desgl.
i °
Hund aus Boca
(Prov. Novara)
desgl.
Nr. 98 1
8.
ff
desgl.
»»
Hund aus Bellano
(Prov. Como)
l desgl. |
Nr. 100
9.
Pf
desgl.
r>
Hund aus Faenza
(Prov. Ravenna)
Institut
Faenza
Nr. 58
11.
desgl.
i»
Hund aus Rimini
(Prov. Forli)
desgl.
Nr. 60
|l5.
i
99
desgl.
Hund aus Facr.za
(Prov. Ravenna)
desgl.
Nr. 62
21.
i ■
99
desgl.
in die Vorder¬
karn 111 er inocu-
lirt: das erste am
22. Tage unter
d. typ. Lähmung
i gestorben; das
zweite am 42.Tg.
noch immer am
Leben
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Original from
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
540
A. Negri: Zur Aetiologie der Toluwuth.
Forti. Nr.
Species u. Provenienz
des verdächtigen
Thieres
Antirab.
Institut,
von dem
die Stücke
zu gesendet
wurden
Tag des
Eintreffens
des Materials
Ergehn.der
Untersuch.
i.Bezugauf
Vorhanden¬
sein d. spec.
Parasiten
Diagnose,
gestellt im
Inst.v. dem
die Stücke
zugesendet
wurden
78
Hund aus
S. Giuliano Milanese
(Prov. Mailand)
Institut
Mailand
Nr. 103
22. Juli
positiv im
Ammonsh.
positiv
79
Hund aus Romano
(Prov. Bergamo)
desgl.
Nr. 105
27.
desgl.
80
Hund aus Russi
(Prov. Ravenna)
Institut
Faenza
Nr. 63
26. „
desgl.
positiv
81
Hund aus Marradi
(Prov. Florenz)
desgl.
Nr. 64
26. „
desgl.
82
Hund aus Faenza
(Prov. Ravenna)
desgl.
Nr. 65
l.Aug.
desgl.
83
Katze aus Lugo
(Prov. Ravenna)
desgl.
Nr. 66
1. „
desgl.
—
84
Hund aus Lugo
(Prov. Ravenna)
desgl.
Nr. 67
1 . „
desgl.
positiv
85
Hund aus Bosisio
(Prov. Como)
Institut
Mailand
Nr. 106
1.
desgl.
86
Hund aus Cinisello
(Prov. Mailand)
desgl.
Nr. 1U9
1- »
i
desgl.
87
Hund aus Me de
(Prov. Pavia)
i
Direct zu¬
gesandt V.
D. C. Gor-
reggiari
9. „
i
desgl.
88
Hund aus Campionc
(Prov. Como)
Direct zu-
1 gesandt v.
I)r. C. Bez-
zola
10. „
desgl.
1
i
»?
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Gck 'gle
Anmerkungen
keine Ein¬
impfungen an
Tkieren ausge¬
führt
Diagnose so¬
gleich möglich
durch Unter¬
suchung des
Ammonshorn im
frisch. Zustaude
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Zeitschrift für Hygiene. Bd. XLIV
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